Kommissarin Lund - Das Verbrechen - Staffel III (Blu-ray)
- Regie:
- diverse Regisseure
- Jahr:
- 2012
- Genre:
- Kriminalfilm
- Land:
- Dänemark
- Originaltitel:
- Forbrydelsen III
1 Review(s)
19.04.2013 | 11:11Wettlauf gegen die Zeit: Sarah Lund in Action
Zehn Tage vor den Parlamentswahlen - Premierminister Kristian Kamper steckt mitten im turbulenten Wahlkampf. Seine Wiederwahl ist durch die Finanzkrise gefährdet. Erschwerend kommt für ihn hinzu, dass der Vorstand der finanzstarken Reederei Zeeland, unter Leitung von Robert Zeuthen, diskutiert, den Firmensitz ins Ausland zu verlegen.
Zeitgleich ist Kommissarin Sarah Lund mit einem vermeintlichen Routinemordfall beschäftigt, der aber schnell an Brisanz gewinnt, als weitere Leichen gefunden werden. Lund wird daraufhin ein alter Bekannter zur Seite gestellt, der für den dänischen Geheimdienst PET (in der Synchronisation die "Sondereinheit" genannt) arbeitet. Der Fall erfährt eine plötzliche Wendung mit ungeahnter Tragweite, als CEO Zeuthens kleine Tochter Emilie entführt wird. Ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Wird es Sarah Lund gelingen, das kleine Mädchen zu retten? (Verleihinfo)
Filminfos
O-Titel: Forbrydelsen III (DK/D 2012)
Dt. Vertrieb: Edel Germany
EAN: 4029759085485
VÖ: 12.4.2013
FSK: ab 12
Länge: ca. 565 Min.
Regisseur: Mikkel Serup, Hans Fabian Wullenweber, Natasha Arthy, Kathrine Windfeld
Drehbuch: Sören Sveistrup, Torleif Hoppe, Michael W. Horsten
Musik: Frans Bak
Darsteller: Sofie Gråbøl,, Nikolaj Lie Kaas, Anders Berthelsen, Helle Fagralid, Sigurd Holmen Le Dous, Jonatan Spang, Morten Suurballe, Stig Hoffmeyer, Olaf Johannessen, Trine Pallesen u.a.
Handlung von Folge 1 (von 5)
8. November
Ein gefesselter Seemann kann sich befreien und setzt von der Brücke seines Schiffes - es stellt sich später als die "Medea" heraus - einen kurzen Notruf ab. Als er die Silhouette eines Mannes sieht, den er für seinen Folterer hält, springt er ins eisige Wasser des Hafens von Kopenhagen. Am nächsten Morgen wird er tot aufgefunden.
9. November
Das Land befindet sich in einer tiefen Wirtschaftskrise, allenthalben verlieren Menschen Job und Obdach, hausen als Landstreicher überall in und um Kopenhagen herum. Kristian Kamper, der Ministerpräsident, befindet sich wenige Tage vor den Parlamentswahlen und beschwört die Bürger (und Medien): "Jeder muss einen Beitrag leisten!" Doch bekanntlich sind manche gleicher als gleich, und so fragt man ihn ständig, wie er den Reedereikonzern Zeeland zu behandeln gedenke, der gerüchteweise nach Asien übersiedeln wolle - was den massiven Verlust von weiteren Jobs bedeuten würde.
Sondereinheit
Auf diese Weise fällt dem Reeder Robert Zeuthen im Spiel der Politik der Regierungspartei eine Schlüsselrolle zu. Einen Konzern, der 300 Milliarden Kronen Jahresumsatz einfährt, kann niemand ignorieren, schon gar nicht der Regierungschef. Folglich lässt er Zeuthen wie ein Mitglied der Königsfamilie behandeln, als durchsickert, dass Zeuthens kleine Tochter Emilie verschwunden sei.
Der Polizei wird eine Sondereinheit an die Seite gestellt, die offenbar direkt dem Justizminister untersteht. Deren Mitglied Mattias Borg wendet sich an seine frühere Bekannte, Kriminalhauptkommissarin Sarah Lund, um sie mit den polizeiseitigen Ermittlungen zu betrauen. Die will sich gerade zu einem Schreibtischjob in der Vebrechensanalyse versetzen lassen. Daraus wird vorerst nichts.
Geisterschiff
Lunds junger neuer Mitarbeiter Esbjörn Junker ist ein ganz Schlauer. Im Handumdrehen hat er herausgefunden, dass der im Hafen angeschwemmte Seemann (von der "Medea") ermordet wurde. Die im Hafen hausenden Obdachlosen, die der Ministerpräsident medienwirksam besucht (wahrscheinlich sollen auch sie "ihren Beitrag leisten"), sind gute Zeugen. Aber erst Lund entdeckt, dass das Rückentatoo des Toten zur "Medea" gehört.
Die "Medea" - ein unheilvoller Name voller Mord und Gift - gehört der Reederei Zeeland und soll eigentlich längst abgwrackt werden. Es ist mittlerweile ein Geisterschiff: Die anderen beiden Besatzungsmitglieder wurden ebenfalls ermordet. Ihre Leichen verwesen. In einer Ecke der Brücke findet Lund einen Stapel Fotos: Sie zeigen Robert Zeuthen und Emilie...
Forderungen
Endlich meldet sich der Entführer des Mädchens. Aber nicht etwa bei den seelisch ins Schleudern geratenenen, geschiedenen Eltern, sondern bei Lund, denn sie hat als einzige Emilies Handy unter dem Kopfkissen gefunden. "Eine alte Schuld muss beglichen werden", behauptet er und überlässt dem Vater die Wahl: Wie viel ist der Reeder bereit, für seine Tochter zu zahlen?
Lund und Borg machen sich daran zu ermitteln, was es mit dieser "alten Schuld" auf sich haben könnte. Der Fall scheint auf einen vertuschten Mord an einem dreizehnjährigen Waisenmädchen aus Jütland hinzuweisen. Doch bei der Nachbereitung tun sich Abgründe an Korruption auf: Jemand ganz weit oben hat befohlen, den Mordfall als Selbstmord zu deklarieren.
Verstrickung
Während sich der Ministerpräsident immer enger mit diesem Entführungsfall befasst, verknüpft sich sein politisches Schicksal mit dessen Ausgang. Seine engsten Mitarbeiter - seine rechte Hand Renate und sein Bruder Kristoffer - warnen ihn vergeblich: Dies könnte böse ausgehen, ganz besonders jetzt, kurz vor dem Wahltag. In der Tat: Schon bald erfreut sich die Opposition besserer Informationen als der Regierungschef selbst: willkommene Munition, die sich in Fernsehduellen bestens verwenden lässt.
Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als das ganze Land gebannt auf die wachsenden Dimensionen des Falles Emilie Zeuthen starrt...
Mein Eindruck
Ich werde hier nichts über den Ausgang der Ermittlungen verraten. Auch nicht, ob Emilie noch lebend gefunden und gerettet werden kann.
Die drei Handlungsstränge um Robert Zeuthen, den Wirtschaftskapitän, um den Ministerpräsidenten Kamper und um Sarah Lund wechseln sich durchgehend ab. Ein ständiger Informationsfluss sorgt für die enge Verflochtenheit der jeweiligen Ereignisse. Deshalb darf es nicht verwundern, dass ständig irgendwo ein Handy trillert und Leute sich so einen Telefonknochen (und zwar keineswegs das neueste Modell, sondern das von 2007!) an den Kopf halten. Deshalb sieht es nach einer Weile so aus, als hingen sie alle an unsichtbaren Fäden, wie Marionetten. Doch wer ist der Puppenspieler?
Der ist der Mann mit den tausend Handys. Eigentlich hat er ja nur fünf, aber das reicht völlig, um alle anderen auf Trab zu halten, bis er bekommen hat, was er will: Vergeltung und Gerechtigkeit. Er schafft es, zu Lund ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, und zwar ausschließlich zu ihr. Das verpflichtet sie ihm und am Schluss veranlasst sie dies zu einer - für eine Polizistin - unfassbaren Handlung.
Überhaupt Lund! Sonja Graböl verleiht ihr die meiste Zeit ein undurchdringliches Pokerface, so dass es schwer ist, ihre Gemütsverfassung abzulesen. Zuerst dachte ich, dass sie die größte Fehlbesetzung sei, die ich je in einer TV-Krimiserie gesehen habe. Aber das ausdrucklose Gesicht ist vollkommen Absicht, denn dahinter verbirgt die Polizistin Lund ihre Aufgewühltheit und ihre Wut auf Leute, die sie für tatverdächtig hält - sogar den Regierungschef selbst!
In Vernehmungen geht sie aus sich heraus und bohrt intensiv nach. Selbst wenn sie auf dem Holzweg ist. Immer wieder konstatiert sie frustriert, dass der Verdächtige ein Alibi hat. Dies geht solange, bis sie das Muster dahinter registriert. Diese vielen Alibis haben Methode. Sie sollen bestimmte wichtige Leute in Politik und Wirtschaft in Schutz nehmen. Und immer kommen die Alibis aus den Reihen der Sondereinheit, die direkt dem Justizminister untersteht. Offenbar kocht er sein eigenes Süppchen für die Zeit nach der anstehenden Wahl. Aber auf welcher Seite steht er?
Lund hat nur einen einzigen Verbündeten und den stößt sie ständig vor den Kopf: Mattias Borg. Der Schauspieler hat es zweifellos schwer, neben der Hauptdarstellerin einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Das gelingt ihm nur, indem er seinen Borg immer wieder loyal zu ihr stehen lässt. Selbst als in der Mitte der Serie alles verloren zu sein scheint, bohrt Borg weiter und gelangt zu einem neuen Hoffnungsschimmer, der Lund weiterbringt. Als sie schließlich mit ihm eine Nacht verbringt, erfolgt dies spontan. Denn Ausdrucksfähigkeit ist nie Lunds Stärke und das frustriert den Zuschauer ein ums andere Mal: Sie kriegt den Mund nicht auf, wenn's um Gefühle geht.
Dass es drei Handlungsstränge gibt (nimmt man Brix hinzu, so sind es sogar vier), stellt die Aufmerksamkeit des Zuschauers permanent auf die Probe. Zum Glück gibt es am Anfang jeder der fünf FOLGEN eine Zusammenfassung der wichtigsten zuvor gezeigten Ereignisse. Jede FOLGE lässt sich leicht erkennbar in zwei EPISODEN aufteilen. Denn am Ende jeder Episode ist eine Art Kaleidoskop von kurzen Szenen ohne Dialog zu sehen, quasi als Epilog. Diese Unterteilung ist aber zum Verstehen nicht wichtig.
Die Blu-ray
Technische Infos
Bildformate: 1,78:1
Tonformate: DTS HD Master Audio 5.1
Sprachen: D
Untertitel: keine
Extras: Trailershow
Mein Eindruck: die Blu-ray
Erwartungsgemäß bietet die Blu-ray hinsichtlich Bild und Ton die beste herstellbare Qualität - sofern man über die entsprechende Anlage verfügt. Das Bild ist gestochen scharf, selbst in dunkelsten Szenen, die es reichlich gibt. Vielfach bemerkte ich sehr tiefe Bässe, die auf einer guten Heimkinoanlage ausgezeichnet zur Geltung kommen. Sie vermitteln Bedrohung, Gefahr, Unheil.
Wie beim ZDF üblich gibt es keinerlei Untertitel und wieder mal kein Bonusmaterial. Die Trailer dienen lediglich der Werbung.
Die Trailer
a) Arne Dahl Staffel 1 (siehe meinen Bericht)
b) Die Brücke - Transit in den Tod (dito)
c) Nordlicht - Mörder ohne Reue (dito)
Unterm Strich
Man muss sehr lange - nämlich neun Stunden - bis zum ersten Finale warten, und selbst dann ist die Handlung noch nicht abgeschlossen. Denn es geht ja um zwei Verbrechen, die aufzuklären sind: die Entführung Emilies und der Mord an Louise Jälby in Jütland. Diese beiden Verbrechen hängen eng zusammen, und wie sich herausstellt, hat der erste Mord auch noch einen zweiten herbeigeführt.
Das ist raffiniert geplottet, und der Zuschauer ahnt nie, wohin dies alles führen wird. Nur dass Unheil droht, ist ziemlich klar. Doch wie wird die Ermittlung, die Lund & Co. vorantreiben und die Sondereinheitsleute hintertreiben, den Wahlausgang beeinflussen? Auch das bleibt bis zur letzten Sekunde offen.
Am Schluss müssen drei Hauptfiguren mit einer schweren Entscheidung ringen und deren Folgen tragen. Hier kommt der kritische Ansatz des Krimis zum Tragen: Wenn diese drei Figuren moralisch konsequent mit sich selbst wären, würden sie sich der Gerichtsbarkeit stellen. Genau dies geschieht in keinem der drei Fälle. Nur Lund fällt für sich - und für den Täter, der nur Gerechtigkeit wollte - eine folgenschwere, für eine Polizistin unfassbare Entscheidung und handelt danach. Sie ist meine Heldin. Ihre Tat dürfte nicht jedermanns Geschmack sein, und ich freue mich schon auf die dadurch angestoßene Debatte.
Dass der Serienkrimi auf dem im Jahr 2007 aktuellen technischen Niveau steht, ist ja wohl klar: sechs Jahre alte Handys, keinerlei Cloud-Computing, kein einziger Tablet Computer, von Smartphones ganz schweigen - so sieht also Legacy-Fernsehen aus. Trotzdem ist er spannender und tiefgründiger als so manche Fernsehkost, die heute als Krimi durchgeht.
Die Blu-ray
Die Blu-ray hat gegenüber der DVD-Version den Vorteil, nur 3 statt 5 Discs zu enthalten. Man muss als die Scheibe weniger oft wechseln. Außerdem ist die Bild- und Tonqualität höher. Leider finden sich weder Untertitel noch - außer Werbetrailern - keine Extras. Auch das Booklet und der Beileger enthalten nur Werbung für die von ZDF/Edel vertriebenen Videos.
Michael Matzer (c) 2013ff
- Redakteur:
- Michael Matzer