Lagardère - Der maskierte Rächer
- Regie:
- Henry Helman
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Abenteuer
- Land:
- Frankreich
1 Review(s)
02.09.2005 | 08:49Mutige Fechter, schöne Damen, finstere Schurken
Frankreich im frühen 18. Jahrhundert: Der junge Henri Lagardère tritt in die Dienste des Herzogs von Nevers, der wiederum eine heimliche Ehe mit der bezaubernden Inès de Caylus führt und mit ihr bereits eine Tochter, Aurore, hat. Weil der Vater von Inès den Herzog hasst, hat er sie dessen Cousin, dem Fürsten de Gonzague, versprochen. Als der Fürst von dem familiären Verrat erfährt, beschließt er, seinen beneideten Nebenbuhler zu beseitigen und lässt ihn in einen tödlichen Hinterhalt laufen. Lagardère kommt zu spät, um seinen Herrn und Freund zu retten. Sterbend bittet ihn dieser, sich seiner Tochter Aurore anzunehmen. Von nun an kennt Lagardère nur ein Ziel: Tod den Mördern seines Freundes. (Klappentext)
Filminfos
O-Titel: Lagardère (F 2003 für TV)
Erst-VÖ-Datum: 18.08.2005
Vertrieb: E-M-S
FSK: ab 16
Länge: 199 Minuten
Regisseur: Henry Helman
Drehbuch: Lorraine Levy, Didier Lacoste, nach dem Roman "Le bossu" von Paul Feval
Musik: Marc Marder
Darsteller: Bruno Wolkowitch, Frederic van den Driessche, Florence Pernel, Yvon Back u. a.
Handlung
Der junge Henri Lagardère (Wolkowitch) wächst bei seinen zwei Fechtlehrern am Rande von Paris auf, doch eines Tages muss er erkennen, dass seine Fechtkunst weit davon entfernt ist, perfekt zu sein. Der die Straße entlangfahrende Herzog von Nevers (van den Driessche) springt ihm bei und macht die Straßenräuber reihenweise nieder. Dabei sieht Henri mit Staunen und Bewunderung den eigentümlichen Todesstoß des Herzogs: "le bossu". Der Stoß ist riskant, weil er die Deckung öffnet, doch wenn er gelingt, so trifft er den Gegner mitten in die Stirn - und dagegen gibt es keine Abwehrmöglichkeit.
Der Herzog hat jedoch Besseres zu tun, als einen Bauernlümmel auszubilden und schickt Henri weg, er soll wiederkommen, wenn er gut genug ist. De Nevers ist nämlich in die schöne Inès de Caylus (Florence Pernel) verliebt und gedenkt sie zu heiraten, doch ihr alter Vater verweigert die Zustimmung aus altem Hass heraus. Der Herzog heiratet sie heimlich, nachdem sie ihm eine Tochter geboren hat, die nach der Hochzeit auf den Namen Aurore getauft wird.
Doch de Nevers ahnt nicht, dass er einen Nebenbuhler hat, der ihm nach dem Leben trachtet: seinen eigenen Cousin, den Fürsten de Gonzague (Yvon Back). Als er daher von Inès erfährt, dass sie einen anderen heiraten soll, bittet er ausgerechnet diesen Unbekannten um Hilfe: es ist natürlich de Gonzague, dem de Caylus die Hand von Inès versprochen hat. Gonzague fällt aus allen Wolken, als de Nevers mit seinem Geheimnis herausrückt, Inès sei bereits mit ihm selbst verheiratet. Er befiehlt seinem Handlanger Peyrolles (Christian Hecq), den Duc de Nevers umzubringen.
Inzwischen ist es Henri Lagardère gelungen, die Achtung und Freundschaft des Herzogs zu gewinnen. In letzter Sekunde erfährt er von dem Komplett gegen den Herzog und reitet ihm nach. Er ahnt nur vage, dass seine zwei Ziehväter sich aus Geldnot ebenfalls für den Hinterhalt bei Schloss Caylus haben anheuern lassen. Dort holt der Herzog seine Tochter ab, um sie in sein Schloss in Sicherheit zu bringen. Als er aufbrechen will, schnappt die Falle zu.
Lagardére kann seinem Herrn und Freund zwar beistehen, aber dann trifft diesen ein Messer in den Rücken. Henri kann den hinterhältigen Schurken an der Hand verletzen, doch dieser entkommt unerkannt. Als der Herzog im Sterben liegt, gibt er Henri seinen Degen und bittet ihn, sich um seine Tochter Aurore zu kümmern. Henri verspricht, ihn zu rächen. Nach seinem Tod bringen Henris Ziehväter die Kleine unversehrt wieder, doch der Weg zu ihrer Mutter ist versperrt.
Fortan ist Lagardéres Leben der Rache an den Mördern seines Freundes und der Fürsorge an dessen Tochter geweiht. Den Todesstoß seines Herrn, le bossu, benutzt er als Vermächtnis und Signatur. Unterdessen treibt de Gonzague seine fiesen Pläne weiter voran, um Inès zu bekommen.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate:1,78:1 (anamorph)
Tonformate: Dt. in DD 5.1, Frz. in DD 2.0
Sprachen: D, F
Untertitel: D
Extras:
- Original Trailer
- Animierte Menü- und Kapitelübersicht
Mein Eindruck
Ein Epos soll erzählen, das liegt schon in der Natur der Sache. Doch muss besagtes Epos gleich dermaßen lang sein? Dreieindrittel Stunden - na ja, mancher sitzt das vielleicht auf einer Backe ab, aber ich habe eine Woche dafür gebraucht. Denn nach einer Stunde reichen einem die Verwicklungen der Handlung wirklich. Und nach dem Tod des Duc de Nevers fällt die Spannung erst einmal in ein tiefes Loch, aus dem sie sich erst nach geraumer Zeit wieder erhebt - im Endspiel.
Die Dramaturgie weist alle Merkmale einer Fernsehproduktion auf. Schon bald nach Beginn der Erzählung werden die männlichen Zuschauer mit dem textilfreien Anblick blanker Busen geködert, doch wer dachte, davon noch mehr zu sehen zu bekommen, sieht sich schließlich enttäuscht. Ständig muss etwas passieren, laufend werden neue Figuren eingeführt, die nach einer gewissen Zeit bald wieder einen - mehr oder weniger gewaltsamen - Abgang machen. So kann man im Grunde eine Endlosserie aufziehen. Beispielsweise könnte Lagardère ja nicht nur sieben, sondern zehn oder zwanzig Schurken jagen müssen und sie nacheinander von seiner Liste streichen. Der Film könnte durchaus aus sechs oder sieben Folgen à 55 Minuten zusammengesetzt worden sein.
Erst am Hofe von Gonzague werden die Handlungsfäden wieder zusammengeführt. Lagardère tritt bei Gonzague als buckliger Alter auf, der ihm am Spieltisch erkleckliche Sümmchen erspielt. Gleichzeitig beginnt er zu spionieren und zu intrigieren. Gonzague entpuppt sich als richtiger Teufel, der auch vor Vergewaltigung nicht zurückschreckt, während sich Peyrolles in Sachen Mord einen üblen Ruf verschafft. Das Meiste davon ist weder logisch noch folgerichtig, sondern dient lediglich der Ausschmückung des Abenteuers. Immerhin ist das Motiv des Inzests ganz schön heikel: De Gonzague treibt es mit seiner vorgeblichen Tochter, einer Prostituierten, und Lagardère soll nach dem Willen seiner Ziehtochter Aurore (Clio Baran) auch ihr Liebhaber werden. Dieses Ansinnen weist er, der nach einem Ehrenkodex lebt, weit von sich.
Ob Lagardère diesen Gonzague-Saustall aufräumt? Es fällt ihm nicht leicht, besonders dann, als er im Kerker sitzt. Aber was wäre ein Abenteuerfilm ohne einen rechten Showdown als Finale? Und am Ende darf man raten, welcher Boy welches Girl bekommt.
Die DVD
Die DVD weist eine sehr gute Bild- und Tonqualität auf, so dass man sich nicht beschweren kann. Das Menü und die Kapitelauswahl weisen animierte Elemente auf, die mit einem typisch romantisch-abenteuerlichen Score (Marc Marder) unterlegt sind. Dass lediglich der Originaltrailer als Extra beigelegt ist, könnte auf die Überlänge des Films zurüchzuführen sein. Der Mangel an Hintergrundinfos ist aber trotzdem ein Armutszeugnis. Für ein paar Texttafeln reicht der Platz eigentlich immer.
Unterm Strich
Vor knapp zehn Jahren (1997) war die erste Verfilmung des Romans "Le bossu" von Paul Féval schon einmal ein Kassenschlager. Nun haben sich gleich zwei Produzentinnen daran gemacht, die Sache richtig anzupacken, will heißen: nah an der Buchvorlage. Herausgekommen ist ein Spielfilm von Überlänge, der genauso gut aus einer TV-Serie zusammengesetzt sein könnte (und es tatsächlich ist). Es gibt laut IMDb.com auch eine gekürzte Version, die lediglich 144 Minuten lang ist. Immerhin ist die Bild- und Tonqualität der des Fernsehens überlegen.
Da aber die Handlung nicht immer die spannendste ist, sondern vielfach nur romantische Verwicklungen schildert, fragte ich mich mitunter, ob man all die hier zu besichtigenden Schlösser und Herrenhäuser wohl extra für solche Produktionen gut in Schuss hält. Wer auf romantische Abenteuer mit vielen Fechtszenen steht und sich gerne Burgen und Schlösser ansieht, vom alten Paris (1710-1727) ganz zu schweigen, ist hier genau an der richtigen Adresse. Mantel und Degen als in Reinkultur. En garde!
- Redakteur:
- Michael Matzer