Land & Freedom (Teil der Ken-Loach-Box-Edition)
- Regie:
- Ken Loach
- Jahr:
- 1995
- Genre:
- Drama
- Land:
- Großbritannien
1 Review(s)
17.09.2005 | 08:43Keine Armut mehr, gleicher Lohn für alle, genug zu Essen, Frieden, Freiheit – ein Ideal für die Menschheit, ein Traum, für den es sich zu kämpfen lohnt. In dem Film "Land & Freedom" von Regisseur Ken Loach denkt der junge englische Kommunist Dave Carr (Ian Hart) auch so, er möchte 1936 die Welt verändern. In dieser Zeit scheint solch ein Wunsch kaum besser erfüllbar als in Spanien – denn dort hat die Faschistendiktatur unter General Franco gerade die demokratisch gewählte Regierung aus dem Amt geputscht und das Land damit in einen furchtbaren Bürgerkrieg gestürzt. So reiht sich Carr ein in ein Heer von vielen tausend jungen europäischen Linken, die in dieser Zeit auf der iberischen Halbinsel gegen den Faschismus kämpfen. Sie alle haben einen Traum: Mit einem Sieg über Franco ein Zeichen gegen die ebenfalls von faschistischen Regimen kontrollierten Länder Deutschland und Italien zu setzen und die Ideale der Französischen Revolution von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit endlich in einem Staat zu verwirklichen; eine Welt zu kreieren, die keine Ausbeutung mehr kennt. Doch je länger David Carr an der Front kämpft, desto mehr verliert er diesen träumerischen Idealismus – denn die eigenen Leute streiten sich immer stärker untereinander über die richtige Ideologie und den wahren Weg zur Freiheit, als überhaupt noch gegen den eigentlichen Feind zu kämpfen. Hoffnung scheint ihm da nur seine Liebe zu der ebenfalls von Idealen und Träumen beseelten Milizionärin Blanka (Rosana Pastor) zu geben.
"Land & Freedom" ist Teil einer Vier-Filme-Box von Ken Loach; dabei sind noch "The Navigators", "Carla's Song" und "Bread And Roses". Loach gilt als Meisterregisseur, sein Metier ist der so genannte britische Sozialrealismus. Was im Falle von "Land & Freedom" für einen durchschnittlichen Filmgucker mit viel Popcorn-Kino-Erfahrung bedeutet: Es zieht sich. So lässt Loach minutenlang Leute diskutieren, ob das Ackerland des gerade eingenommenen Dorfs nun kollektiviert werden soll oder nicht – was für den Zuschauer so ermüdend wirkt wie für manche der Figuren im Film auch. Doch gerade diese historischen Umstände möchte Loach den Zuschauern zeigen, dass nämlich die spanische Revolution gegen Franco vor allem an der Uneinigkeit der Linken untereinander scheiterte.
Besonders richtet der Regisseur dabei den Finger auf den sowjetischen Machthaber Stalin, dessen Leute im Verlauf der spanischen Revolution immer stärker vor allem gegen Anarchisten, Gewerkschafter und Sozialdemokraten vorgingen, weil die einen anderen Weg einschlagen wollten, als ihn Stalin in der fernen Sowjetunion gegangen war. So wird aus Carrs Begeisterung für das Ideal des Kommunismus bald nacktes Entsetzen über die Realität – und der Zuschauer muss mit ihm diesen langwierigen Erkenntnisprozess von Gesprächen und Alltagsszenen miterleben. Selbst die wenigen Kriegsszenen sind bedächtig inszeniert und zeigen in langen gemächlichen Bildern, wie Menschen andere Menschen erschießen – die DVD bringt dieses ruhige Feeling durch ihre ganz leicht grisseligen Bilder noch deutlicher rüber. Ja, "Land & Freedom" ist ein schwierig zu sehender Film, noch komplizierter wird er durch die Sprache – denn wie es sich für einen Realisten gehört, wählt Ken Loach viele Dialekte und als eigentliche Hauptsprache seines Streifens Spanisch, das in Untertiteln übersetzt wird. Ein Film also, der besonders für Arte- und 3sat-Fans interessant ist - der aber eigentlich ein noch viel größeres Publikum verdient hätte, wird doch eindrucksvoll eine Zeit heraufbeschworen, in der politische Unterschiede noch existenziell und nicht auf die Höhe des Mehrwertsteuersatzes reduziert waren. Dazu kommt eine recht interessant erzählte Geschichte mit vielen Wendungen und kleinen dramatischen Höhepunkten, frei von Kitsch und ohne Klischees: eben einfach eine realistische Sicht auf eine hoffnungslose Lage. Deswegen hat auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung recht, wenn sie über "Land & Freedom" schreibt: "Ein ungemein bewegender Film".
- Redakteur:
- Henri Kramer