Lissi und der wilde Kaiser
- Regie:
- Herbig, Michael
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
19.05.2008 | 19:26Story
Lissi und Franzl leben zufrieden und glücklich auf ihrem paradiesischen Anwesen und sorgen sich lediglich darum, wie sie ihre Freizeit möglichst entspannt gestalten können. Hier einmal ein Tanzabend, dort eine Gala, und wenn zwischen Hobby-Golf mit Schokoküssen und dem samstäglichen Turteltag noch ein wenig Zeit bleibt, sehen sich die beiden Monarchen auch mal dazu genötigt, ein wenig zu regieren.
Die Umstände ändern sich jedoch schlagartig, als Lissi mitten in einer Turtelei von einem Yeti entführt wird und an dessen Seite spurlos verschwindet. Kurzerhand nimmt Franzl mit seinem Feldmarschall die Verfolgung auf und entdeckt bei seiner Suche nach vergeblicher Jagd eine Flaschenpost. Tatsächlich enthält diese einen Text von Lissi, der den Kaiser jedoch zur Vermutung hinreißen lässt, Lissi habe sich neu verliebt. In Wahrheit sind jedoch nur einige Worte vom Wasser ausgelöscht worden. Denn eigentlich braucht Lissi die Hilfe ihres Gatten mehr denn je ...
Persönlicher Eindruck
Als Michael Bully Herbig vor einigen Jahren mit seinem "Schuh des Manitu" Kinopremiere feierte und einen Running Gag seiner wöchentlichen TV-Show zum Welterfolg machte, galt der Münchener Comedy-Star für lange Jahre als unantastbar. Dort, wo Raab für Situationskomik unter der Gürtellinie steht und Schmidt eher für das anspruchsvollere Publikum berichtet und gestikuliert, schaffte es der sympathische, wortgewandte Herbig mit bodenständigem Humor und reichlich Klischees an die Spitze, wobei ihm hier seine bizarre Anspielungen an eher homoerotische Vergnüglichkeiten sicherlich zugute kamen.
Nachdem in besagter Winnetou-Persiflage bereits intensiv geturtelt wurde und auch die berühmte Enterprise mit homosexueller Besatzung ihren womöglich erfolgreichsten Flug hinter sich brachte, ließ sich Bully nun dazu hinreißen, auch die dritte Erfolgsserie seiner Comedy-Sendung auf die Leinwand zu bringen. In "Lissi und der wilde Kaiser" zog er in bewährter Manier die Schicksalsjahre einer gewissen Kaiserin durch den Kakao. Lediglich die Rahmenbedingungen sollten sich ändern: Die Realverfilmung wich vorab einer rein animierten Umsetzung, in der die bekannten Gesichter jedoch stilecht auf die Charaktere übertragen wurden. Aber dennoch: Irgendwas ist anders an diesem dritten Herbig-Streifen - und insgeheim spiegelt sich dies auch in der gebremsten Euphorie wider, die "Lissi und der wilde Kaiser" umgibt. Oder anders gesagt: Die aktuelle Produktion des Erfolgsteams kann den ersten beiden Filmen nicht das Wasser reichen.
Das wesentliche Problem konzentriert sich dabei weitestgehend auf das Startdrittel, in dem die Regie sich redlich darum bemüht, das Maximum an Gags zu präsentieren, ohne dabei näher auf die Story einzugehen. Die einzelnen Figuren werden samt all ihrer Banalitäten vorgestellt, es darf in der Tat häufig gelacht werden, aber irgendwie kommt dadurch die Geschichte nicht wirklich voran, weil man eben diese regelrecht mit humoristischen Einschüben überlädt. Erst mit dem Zeitpunkt, an dem Lissi vom merkwürdigen Yeti entführt wird, kommt das Ganze langsam aber sicher in Fahrt, ohne dabei an Wort- und Situationskomik einzubüßen. Allerdings ergibt das ganze Drumherum endlich auch ein wenig mehr Sinn, da die Action maßgeblich gesteigert wird, ein wenig Logik in die Story kommt und auch die Interaktion zwischen den Charakteren von nun an prima harmoniert.
Allerdings muss Bully sich abseits der bewussten Nachahmungen bekannterer Filmszenen den Vorwurf des Ideendiebstahls vorwerfen lassen. Die eigentliche Geschichte setzt sich aus der Quintessenz der "Shrek"-Trilogie zusammen, aber auch die allgemeine Szenerie ist maßgeblich vom Dreamworks-Meisterwerk inspiriert worden. Die Eigenständigkeit erlangt der Plot allerdings über den superben Sprachschatz der bekannten Sprecher. Vor allem Rick Kavanian, der gleich drei Rollen übernimmt, erweist sich einmal mehr als linguales Multitalent, der seinen Part mit absoluter Leidenschaft übernimmt. Ähnliches lässt sich für Christian 'Franzl' Tramnitz sagen, der in seinen Passagen wirklich aufgeht, allerdings nicht mehr ganz so heftig Dialekt spricht, wie man es von ihm gewohnt ist. Dies wiederum erledigt der Regisseur, Drehbuchautor und Inszenator in Personalunion stattdessen, wenn er seine Sprechparts für den stets betrunkenen Jäger Ignaz abliefert. Hier ist Bully voll in seinem Element und mitunter auch mit der größten Ambition am Werke - Qualitäten, die er in seinem Part als Lissi leider nicht immer zur Schau stellt. Nicht selten kommt hier zu deutlich die langjährige Routine zum Vorschein, die nicht nur der Rolle, sondern auch dem Film selber so manches Mal das Besondere nimmt.
Und genau damit ist schließlich das eigentliche Manko auf den Punkt gebracht: "Lissi und der wilde Kaiser" ist ein starker Film, keine Frage, nur eben ist der Inhalt nicht in dem Maße besonders, wie es der Anspruch an Bullys Produktionen mittlerweile erfordert. Man fühlt sich gut unterhalten, entdeckt einige sehr gelungene Gags, aber es schleicht sich mitunter das Gefühl ein, dass man in den vorherigen Filmen einen Teil des Pulvers verschossen hat. Von einer Enttäuschung zu sprechen, läge zwar alleine schon wegen der brillanten Animationen und der nach wie vor superben Sprachakrobatik fern, aber, um es auf den Punkt zu bringen: Die Herren Herbig, Tramnitz und Kavanian hatten auch schon bessere Storys auf Lager.
Nichtsdestotrotz sollten Bully-Anhänger sich nicht lange bitten lassen und ihre Sammlung mit der zugehörigen DVD bereichern. Hier fällt übrigens die brillante Aufarbeitung auf, die im audiovisuellen keine, aber auch wirklich keine Mängel aufweist. Die Bildqualität der Standardfassung hat schon HD-Format, der Ton wiederum ist prächtig und sehr dynamisch. Auch das Extramaterial ist sehenswert, wenngleich auf der Einzel-DVD etwas knapp bestückt. Fans greifen deshalb logischerweise zur Premium-Variante, auf der es haufenweise Impressionen aus dem Backstage-Bereich zu bestaunen gibt.
Fazit
"Lissi und der wilde Kaiser" ist ein richtig guter Film, was aber auch zu erwarten war. Dem direkten Vergleich mit Herbigs bisherigen Produktionen hält der erste komplett animierte Streifen des Müncheners aber nicht stand, dafür mangelt es schlichtweg an innovativen Einschüben und gänzlich neuen Ideen. Dennoch lässt sich festhalten, dass begeisterte "Traumschiff"- und "Manitu"-Fans mit der kaiserlichen Persiflage ihren Spaß haben werden, weil die Sprecher schlichtweg geniale Parts beisteuern und das quicklebendige Vergnügen zu einem weiteren Humor-Garanten der Bully-Crew avancieren lassen - nur eben nicht zu jenem Geniestreich, den man gerne gesehen hätte!
- Redakteur:
- Björn Backes