Lovesong für Bobby Long
- Regie:
- Shainee Gabel
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Love Song for Bobby Long, A
1 Review(s)
10.12.2007 | 13:01Es gibt Filme, bei denen bin ich mir schon beim Anblick des Covers ziemlich sicher, dass er mir gefallen wird. "Love Song für Bobby Long" ist so ein Film. Im Laden habe ich die DVD stehen sehen und habe sofort zugegriffen, obwohl ich vorher noch nie etwas davon gelesen oder gehört hatte.
Inzwischen habe ich etwas recherchiert und erfahren, dass "Love Song für Bobby Long“ auch für den Golden Globe nominiert war. Kein Wunder also, dass die Note der Imdb relativ hoch ausgefallen ist.
Handlung:
Die 17-jährige Purslane Hominy (Scarlett Johansson) lebt mit ihrem primitiven Macho-Freund in einem Trailerpark in Florida. Purslane kümmert ihren Freund eigentlich nicht die Bohne und so erfährt sie dann auch nur ganz nebenbei, dass ihre Mutter, von der sie schon eine Ewigkeit nichts mehr gehört hat, kürzlich gestorben ist.
Bobby Long, der ehemalige Freund der Mutter, hatte schon mehrmals angerufen, weil er sie gerne auf der Beerdigung ihrer Mutter sehen wollte. Zudem ist ihr Erscheinen unbedingt von Nöten, weil sie einen Teil des Hauses, in dem ihre Mutter wohnte, geerbt hat. Purslane hatte zwar keine besonders gute Meinung von ihrer Mutter, weil sie von ihrer Großmutter immer nur Schlechtes über sie gehört hatte, aber eine Mutter bleibt nun mal eine Mutter. Voller Wut über ihren egoistischen Freund packt sie ihre Sachen und reist sofort nach New Orleans, um an der Beerdigung teilzunehmen – aber zu spät, denn diese war bereits am Tag zuvor.
Mit einiger Verwunderung stellt Purslane fest, dass ihre Mutter Lorraine in ihrer Heimatstadt anscheinend sehr beliebt war und sucht nun den früheren Freund der Mutter, Bobby Long (John Travolta) auf, der überraschender Weise mit einem Freund in Lorraines völlig heruntergekommenem Haus wohnt. Er ist ein inzwischen verwahrloster und alkoholabhängiger Literaturprofessor und sein Schützling Lawson Pines (Gabriel Macht) wohnt mit ihm in diesem Haus. Dumm gelaufen, denn sie dachte, sie hätte dieses Haus alleine geerbt und könnte dort einziehen. Die beiden "Schmarotzer" eröffnen ihr, dass sie nur ein Drittel dieser Bruchbude geerbt hat und sie möge doch so schnell wie möglich wieder nach Hause gehen. Spoiler: Was sie ihr verschwiegen haben, ist, dass sie nur ein Jahr Wohnrecht haben und danach das Haus völlig Purslane gehört.
Sie will eigentlich auch sofort abreisen, da fällt ihr aber ein Buch ihrer Mutter in die Hände, was ihr Interesse an deren Leben weckt. Sie zieht daraufhin in diese verwahrloste Männer-WG, um vielleicht ein wenig mehr Einblick in das Leben ihrer Mutter zu gewinnen. Schließlich kannte sie ihre Mutter nur aus den Erzählungen ihrer Großmutter. Jetzt geht sie auf die Suche nach ihrer wahren Identität und das Leben ändert sich nicht nur für Purslane, sondern für alle Bewohner des Hauses grundlegend.
Kritik:
Es hat lange gedauert, bis die Dreharbeiten zu "Lovesong für Bobby Long“ endlich anfangen konnten. Volle fünf Jahre arbeitete die Regisseurin Shainee Gabel an der Verwirklichung des Drehbuches und es gab wohl viele Probleme, die richtigen Schauspieler zu verpflichten und die Finanzen dafür aufzutreiben. Aber das Ergebnis ist alle Mühe Wert gewesen – ein perfekter und ruhiger Film mit hervorragenden Schauspielern ist entstanden, der alle Filmfans weltweit begeistert.
Als ersten Pluspunkt möchte ich die Wahl der Location anführen. Denn besonders gut gelungen fand ich die authentische Südstaaten Atmosphäre - etwas schmuddelig, schwül/heiß - in New Orleans, bevor der große Hurrikan alles zerstört und unter Wasser gesetzt hat. Dabei bleibt die Regisseurin bei der Ortswahl bewusst weg von den Vorzeigevierteln wie z.B. dem French Quarter und zeigt New Orleans aus einem anderen Blickwinkel – eben realistischer und ohne die bekannten Klischees.
In dieser eigenen kleinen schmuddeligen Welt sind die grundverschiedenen Charakter eingebettet – sie haben es sich in ihrer Nische der Gesellschaft gemütlich gemacht wie Zecken im Pelz eines Hundes. Am Anfang des Films ist aber von ihrem Leben noch nicht besonders viel bekannt. In dieser für den Zuschauer anfänglich abstoßenden Welt wird dann die Geschichte der Personen langsam vorangetrieben und es entsteht so Stückchen für Stückchen ein großes Gesamtbild. Langsam und mit viel Fingerspitzengefühl bekommt der Zuschauer, aber auch die handelnden Personen im Film selbst, die Hintergründe serviert und man beginnt alle Zusammenhänge zu verstehen. Ein Puzzle wird langsam zu einem Bild.
Als zweiten Pluspunkt kann ich die tollen Schauspieler anführen. John Travolta als schmuddeliger Literaturprofessor, der mit Zitaten aus den großen Werken der Literatur um sich wirft, aber gleichzeitig sein eigenes Leben nicht mehr im Griff hat und dem Alkohol verfallen ist. Diese schauspielerische Leistung ist wirklich sehenswert. Die bezaubernde Scarlett Johannson spielt für mich die bislang beste Rolle ihrer Karriere. Sie verkörpert die anfangs naive, aber charakterstarke Purslane Hominy, die sich mit fortschreitender Handlung immer weiter zu ihrem Vorteil entwickelt und ihr Leben trotz vieler Widrigkeiten in den Griff bekommt. Wirklich toll gespielt – auch von den anderen beteiligten Schauspielern.
Mehr möchte ich nun aber von diesem Meisterwerk nicht verraten! Ich kann diesen Film wirklich jedem ans Herz legen, der auf gutes Erzählkino Wert legt. Schön, dass es in Amerika auch solche Filme noch gibt. Meine Empfehlung!
Die DVD:
Die DVD von Universum überzeugt, wie bei aktuellen Filmen eigentlich nicht anders zu erwarten, mit einem sehr scharfen Bild ohne nennenswerte Schwächen. Lediglich ein leichtes Bildgrieseln konnte ich bei näherer Betrachtung feststellen.
Der Ton in DD5.1 (Englisch, Deutsch) ist mir aber schon eine besondere Erwähnung wert. Bei Filmen, die so eine ruhige „Gangart“ an den Tag legen, sind gute Surround-Effekte sonst eher die Ausnahme – nicht so bei dieser Veröffentlichung. Durch die räumlich gut verteilten (Hintergrund-) Geräusche fühlt man sich förmlich in die Südstaaten versetzt (Grillenzirpen etc.). Der Subwoofer bleibt in Ermangelung von Explosionen natürlich meistens stumm. Dialoge sind ebenfalls meistens auf den Centerspeaker beschränkt und sehr gut verständlich.
Die Extras - sehr überschaulich:
- Kinotrailer,
- Making Of, Animiertes ,
- Interviews mit Cast & Crew,
- Behind the Scenes,
- Deleted Scenes,
- Cast & Crew,
- Bildergalerie
Fazit:
Ich werfe normalerweise ja nicht gerne mit Superlativen um mich, aber dieser Film ist ein kleines Meisterwerk geworden. Die schwüle Südstaaten Atmosphäre, die feine und behutsame Charakterzeichnung und die wirklich tolle Geschichte verbinden sich in diesen Film zu einer untrennbaren Einheit, die das Werk schon fast physisch erlebbar machen. Intelligente Unterhaltung, die ohne Effekte auskommt und den Schauspieler die Möglichkeit gibt, ihr ganzes Können zu zeigen. Ich habe mich jedenfalls beim Anschauen sehr wohl gefühlt und hatte immer ein kleines Lächeln auf den Lippen. Mehr braucht gutes Kino eben nicht!
- Redakteur:
- Detlev Ross