Prison on Fire II
- Regie:
- Ringo Lam
- Jahr:
- 1991
- Genre:
- Action
- Land:
- Hongkong
1 Review(s)
25.08.2005 | 08:09Prison Action mit dem Duft der Freiheit
Der Gefangene Nr. 41671 alias Ching (Chow Yun Fat) wird in ein neues Gefängnis verlegt. Dort führt der Oberwärter Zau (Elvis Tsui) ein eisernes Regime. Während Ching sich durchschlägt, gerät einer der Bandenbosse durch einen Verrat unter Mordverdacht und flieht. Als auch Ching selber durch den Verräter in Schwierigkeiten kommt, muss auch er fliehen. In den Bergen treffen sich die beiden Männer wieder ... (O-Ton Klappentext)
Filminfos
O-Titel: Prison on Fire II (HK 1991/92)
DVD-Hersteller: E-M-S
Kauf-DVD: 18.08.2005
FSK: ab 16
Länge: 109 Min., HD-ready
Regisseur: Ringo Lam
Drehbuch: Nam Yin
Musik: Lowell Lo
Darsteller: Chow Yun Fat, Elvis Tsui Kam-kong, Chen Sung-yung (alias Chen Cong Song) u. a.
Handlung
Chung Tin-Ching (Chow Yun Fat) ist in ein anderes Gefängnis verlegt worden, das offenbar auf einer gebirgigen Insel liegt. Er hat seine Frau getötet und muss drei Jahre absitzen, aber weil er ständig rebelliert, bekommt er immer wieder einen "Nachschlag", also Haftverlängerung. Momentan hat er noch 14 Monate, aber es sieht nicht so aus, als bliebe es dabei.
Denn der Oberwärter Zau (Elvis Tsui) kennt seine Vorgeschichte und hat ihn auf dem Kieker. Egal ob Regensturm oder brütende Hitze: Er lässt Ching immer büßen, auch wenn der gar nichts verbrochen hat. Aber auch bei den Mitinsassen hat Ching kein kuscheliges Plätzchen, denn die Hongkong-Gangster - die "Honkies" - prügeln sich ständig mit den Rotchinesen, die den Triaden angehören. Der Boss der Chinesen ist der "Drachenmann" Fai-Long (Chen Sung-yung), ein vernünftiger Typ, mit dem sich Ching anfreundet. Fai-Long war früher Kommandeur in der Roten Armee. Er kann Zau Paroli bieten, weil seine Leute auf ihn hören.
Mit einer Ausnahme: Skull ("Totenschädel") wird von Zau so unter Druck gesetzt, dass er Fai-Long verrät und sich für Zaus Intrigen einsetzen lässt. Zau will sowohl Ching vernichten als auch Fai-Long brechen. Er sorgt dafür, dass nach einer Prügelei Fai-Long unter Mordverdacht gerät und in Einzelhaft kommt. Dort begegnet er wieder mal Ching, der eine Ausgangssperre nach der anderen aufgebrummt bekommt: Er darf weder die Beerdigung der Mutter noch seinen kranken Sohn Shun-leung besuchen. Deshalb war Ching ausgebrochen, um seinen Sohn im Waisenheim zu besuchen.
Von Ching erfährt Fai-Long, dass man von der Klippe springen könne: Es seien bloß drei Meter. Als aber Fai-Long wirklich ausbricht, stellt sich heraus, dass Ching ihn veräppelt hat: Die Klippe ist mindestens 30 Meter hoch! Fai-Long entkommt. Die Chinesen machen irgendwie Ching für das Anschwärzen Fai-Longs verantwortlich. Also muss er sterben. Das weiß auch Zau.
Als Zau Ching zu den Chinesen in den Zellenblock stecken will, weiß Ching genau, was ihm dort blüht. Deshalb sieht er nur die Flucht als einzigen Ausweg: Auch er springt von der Klippe. Verletzt entkommt er den ausschwärmenden Aufsehern, schlägt sich durch den schlangenverseuchten Dschungel und trifft Fai-Long beim Hühnerklauen wieder. Sie entkommen in die Berge, aber dort gibt es kaum etwas zu essen.
Wieder einmal wetten die Insassen des Gefängnisses, wie lange es den Ausbrechern gelingt, in Freiheit zu bleiben. Doch Ching hat ein bestimmtes Ziel: Er will mit seinem Sohn Shun in die Stadt fliehen.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,85:1 (anamorph)
Tonformate: DD 5.1
Sprachen: D, Kantonesisch
Untertitel: D
Extras:
- Originaltrailer
- Interviews mit Chow Yun Fat und Ringo Lam
- Bei den Dreharbeiten
- Bio-Filmografien von Chow Yun Fat, Tony Leung Ka Fai, Ringo Lam
- 4-seitiges Booklet: Liner Notes von Ralph Umard
- Trailershow: The Machinist; R-Point; Ginger Snaps 2 + 3; Into the Mirror u. v. a.
Mein Eindruck
1997 stand die Rückgabe der gepachteten britischen Kronkolonie an. Im Hinblick darauf macht Ringo Lams Film von 1991 eine hoffnungsvolle Aussage: Dass es möglich sei, dass Hongkonger (Honkies) und Rotchinesen in Frieden und Freundschaft miteinander leben könnten, auch in der Unterwelt. Aber dafür müssen beide Seiten einander verstehen und begreifen und schätzen lernen. Das ist gar nicht so einfach, wenn man sich ständig prügelt (Ching und Fai-Long halten sich da raus). Und erst dann, als Ching und Fai-Long zeitweilig in Freiheit sind, finden sie in die Gedankenwelt des jeweils anderen.
Ching hat seine Frau Ayeh durch seine eigene Schuld verloren: Weil er arbeitslos war, ging sie anschaffen im Bordell, was er aber als Fremdgehen missdeutete und sie in Eifersucht so verletzte, dass sie starb - vor den Augen seines kleinen Sohnes. Inzwischen kann Ching ihr vergeben, doch auch der Geist seiner Mutter macht ihm schwere Vorwürfe, weil er sich nicht um seinen Sohn kümmert, wie es sich für einen Vater gehört.
Auch Fai-Long, der Chinese, ist allein, denn auf der Flucht nach Hongkong ist seine Frau kurz vor dem Ufer ertrunken. Seitdem betrachtet er den Himmel als den Deckel eines Sarges. Das entsprechende Gedicht ist der Code, der die chinesischen Häftlinge zusammenhält. Fai-Long sagt, das Schlimmste, was einem passieren kann, ist, wenn man keinen Ort seine Heimat nennen kann. Als Ching erkennt, dass genau dies gerade seinem Sohn im staatlichen Waisenhaus passiert, muss er etwas unternehmen.
Allerdings gibt es da ein kleines Problem: Oberaufseher Zau und sein Handlanger Skull. Folglich muss der Showdown für Ching darin bestehen, mit den beiden ein für allemal fertig zu werden. Und das passiert wie in einem abgeschlossenen Raubtierkäfig, aus dem nur einer lebend wieder rauskommt ... Dass über dem Ganzen die britische Flagge weht, ist ein überraschender Schlusspunkt des Films. Man glaubte sich die ganze Zeit im tiefsten China.
~ Die Darsteller ~
Chow Yun Fat kann alle seine Talente voll ausspielen: Er ist vorzugsweise der Clown, Joker, Spaßmacher, aber das fordert natürlich die Aufseher heraus. Und so muss er auch der Opportunist und Speichellecker sein. Aber auch das kommt nicht an, und so muss er entweder ums Leben kämpfen oder fliehen. Als auch die Flucht nichts mehr nützt, entpuppt sich seine Figur Ching als ein zäher Kämpfer. Er hat schon einmal einen Aufseher besiegt, er kann es wieder tun.
Der Drachenmann Fai-Long, gespielt von Chen Sung-yung, ist als Bandenboss der Big Circle Gang ein schlauer Fuchs, der zwar seine Kettenhunde für Ordnung sorgen lässt, aber auch mal selbst dem Oberaufseher Paroli bietet. Aber auch er weiß, wann es Zeit für die Flucht ist. Er springt wirklich von der 30-Meter-Klippe: ein mutiger Mann, der sympathisch und integer erscheint. Allerdings erweist er sich als ein klein wenig zu selbstsicher, was seine Kenntnisse der lokalen Botanik angeht. Man kann nicht alles wissen, oder?
Elvis Tsui spielt seinen fiesen Oberaufseher Zau mit Gusto. Ist er am Anfang noch halbwegs beherrscht, so entpuppt er sich zunehmend als größenwahnsinnig, genau wie Hung "The Killer" in Teil 1. In diesem Wahnsinn wendet er sich schließlich auch gegen seine gemäßigten Kollegen, missachtet alle Gesetze und Vorschriften, nur um Ching erledigen zu können - und bezahlt dafür einen hohen Preis.
~ Die Mission ~
Die Action des Finales ist nicht so brutal wie im ersten Teil, lässt aber am Ernst der Lage für die Beteiligten keinen Zweifel. Auch die Fights erscheinen nicht mehr so blutig, denn dem Regisseur geht es nicht in erster Linie um Gewalt, sondern um Wege zur Versöhnung. Diese werden auf mehreren Ebenen aufgezeigt. "Bei dem Film ging es mir darum, den Aspekt der Freundschaft in der Story zu betonen", erklärt Regisseur Ringo Lam (im Booklet und im Interview). "Ich wollte den Leuten zeigen, dass Zuchthäusler auch normale Menschen sind und keine Tiere. Man kann sich mit ihnen anfreunden, sie sind nicht anders als wir."
~ Die DVD ~
Die Qualität von Ton und Bild wurden für HDTV-Wiedergabe aufbereitet, so dass man nun mit einem sehr guten Bild und einem passablen Ton zufrieden sein kann. Die Bildfehler aus Teil 1 (Blendeffekte) waren nicht mehr festzustellen. Beim Ton machen sich aber keine Surroundeffekte bemerkbar, was sicherlich an der technischen Einschränkung durch die Entstehungszeit liegt.
Das Booklet enthält neben zahlreichen Farbfotos auch einen kenntnisreichen Artikel von Ralph Umard über die Fortsetzung von "Prison on Fire". Ich habe oben daraus zitiert. Umard wiederum zitiert aus dem Interview mit Ringo Lam, das ein deutscher Journalist (Umard selbst?) mit ihm am Drehort zu "Prison on Fire II" führte. In 22 Minuten lassen sich eine ganze Menge Fragen behandeln, und die Antworten sind die eines intelligenten, nachdenklichen Menschen, der nicht hinter jedem Dollar herjagt und der sich in seiner Profession a) selbst ausdrücken und b) selbst kennen lernen möchte. Er ist kein Fließbandarbeiter, sondern macht nur einen Film pro Jahr. Seine Botschaft ist - auch in POF2 - recht politisch: siehe oben. Und auch auf das chinesische Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens am 4. Juni 1989 reagierte Lam, u. a. mit seinem Film "The Undeclared War" über internationale Terroristen.
Das Interview mit Chow Yun Fat ist mit 4:20 Minuten wesentlich kürzer, aber das ist okay, denn der Superstar hat keine Botschaft zu verbreiten. Aber auch er wird nach den harten Arbeitsbedingungen in Hongkong gefragt und verrät, dass sein Rekord bei drei Tagen Arbeit ohne Schlaf liegt. 1980 spielte er in einem Jahr in 14 Filmen mit, aber das ist doch gar nichts: Manche Leute schaffen in Nebenrollen bis zu 30 Filme pro Jahr. Ein Filmdreh im Ausland wie etwa für "Once a Thief" sei dann für ihn wie Urlaub.
Die Dokumentation zu den Dreharbeiten an POF2 dauert exakt 12:43 Minuten und zeigt unkommentiert, wie das Finale gedreht wird sowie einige Ansichten vom Regisseur. Am Schluss sieht man den schmalen Eingang zu den Cinema City Studios und einen chinesischen Altar, wahrscheinlich um für Glück und Erfolg zu bitten.
Die Bildergalerie zeigt das Filmplakat, einige Szenenfotos und auch Aufnahmen von den Dreharbeiten. Der Originaltrailer kombiniert Standfotos aus POF1 mit Bewegtbildern aus POF2 zu einer Art "Saga von Ching dem Überlebenskünstler".
Alles in allem kann man sich anhand dieses Bonusmaterials einen guten und lebendigen Eindruck von Film, Dreharbeiten und den Mitwirkenden machen, was einem Audiokommentar oder Making-of doch recht nahe kommt.
Unterm Strich
"Prison on Fire II" (POF2) ist durch die zwei Ausbruchsversuche der beiden Hauptfiguren noch abwechslungsreicher als sein Vorgänger, ist nicht so brutal in den Gewaltszenen und konzentriert sich mehr auf das Thema der Versöhnung und Zukunftssicherung. Dies betrifft nicht nur die Versöhnung zwischen Rotchinesen und den Honkies - schließlich sind beide Gruppen Chinesen -, sondern auch Chings Sorge um seinen heranwachsenden Sohn Shun-leung. Hier hat Ching im Privatbereich einiges wieder gutzumachen. Und im Knast gelingt es ihm, die Oberhand zu behalten und mit Fai-Long die Aussöhnung der rivalisierenden Banden herbeizuführen. Ching bleibt eben der Überlebenskünstler, und dafür muss man ihn einfach mögen.
Die DVD überzeugt durch ein gutes Bild, einen passablen Ton und das zufriedenstellende Bonusmaterial, das dem Filmkenner sogar ein Making-of ersetzen dürfte. Es bietet dem Einsteiger die Gelegenheit, in Ringo Lam einen der wichtigen Filmemacher Hongkongs kennen zu lernen - und mit Chow Yun Fat natürlich den Superstar aus "Tiger & Dragon". Diese DVD ist eine runde Sache - in jeder Hinsicht.
- Redakteur:
- Michael Matzer