Reisen durch die Zeit
- Regie:
- Diverse
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Dokumentarfilm
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- Time Machine
1 Review(s)
01.06.2005 | 07:26Wenn man von einem Termin zum nächsten hetzen muss, weil der Terminkalender überquillt, wird einem erst richtig bewusst, wie sehr man unter dem Einfluss der Zeit steht. Aber nicht nur in solchen Situationen beeinflusst die Zeit unser Leben. So bestimmt sie durch die wechselnden Tageszeiten unseren Tagesrhythmus und strukturiert durch die Jahreszeiten das Jahr. Und natürlich ist es die Zeit, die irgendwann auch dem längsten und gesündesten Leben ein Ende bereitet. Aber nicht nur momentan wirkt die Zeit auf uns, auch alles, was auf der Welt in mehreren Millionen Jahren Zeit entstanden ist, hat uns Menschen geprägt.
2004 entstand in einer Co-Produktion zwischen der BBC und dem Discovery Channel die Fernseh-Doku "Reisen durch die Zeit", die sich mit verschiedenen Zeitphänomenen beschäftigt und zeigt, zu welchen Veränderungen die Zeit fähig ist. Die Doku gliedert sich in drei Episoden à 45 Minuten, die jetzt in ihrer Gesamtheit auch auf DVD erschienen.
Die erste Episode "Die Geschichte der Erde" beschäftigt sich mit der Entstehung der Kontinente und der Landschaften. So wird gezeigt, wie über einen für uns Menschen unvorstellbar langen Zeitraum der Grand Canyon seine typische Form erhielt und wie das Himalaya-Gebirge entstand, als der Subkontinent Indien vor Urzeiten auf Asien 'prallte'. Außerdem wird darauf eingegangen, wie sich das Antlitz der Erde immer wieder verändert, sei es nun durch Erdbeben, Vulkanausbrüche oder Erosion durch Wasser oder Sandstürme. Auch Klimawechsel werden angesprochen, und so wird zum Beispiel geklärt, warum sich die Schwalben Jahr für Jahr der mühsamen Reise über die Sahara aussetzen.
In der zweiten Episode "Die Geschichte des Lebens" geht es um den Einfluss, den die Zeit auf Lebewesen hat: Warum haben verschiedene Lebewesen eine unterschiedliche Lebensdauer? Wie wirkt sich die 'innere Uhr' der Lebewesen auf deren Verhalten aus? Und wie entwickelten sich die Tierarten im Laufe der Zeit? So wird unter anderem gezeigt, zu welcher Tageszeit und warum ausgerechnet dann bestimmte Blumen blühen, wie sich Krabben an die Gezeiten anpassen, warum wir Menschen altern und wie manche Kolibriarten während der Evolution zu ihren extrem langen Schnäbeln kamen. Außerdem wird noch gezeigt, wie der Mensch es immer wieder schafft, die Zeit zu überlisten, indem er beispielsweise die Nacht mittels elektrischem Licht zum Tag macht.
Und schließlich gibt es mit der auf der DVD als 'Bonus' deklarierten Episode "Wettlauf gegen die Uhr" noch eine Folge, die sich fast gänzlich dem Menschen und dessen Verhältnis zur Zeit widmet. Gezeigt wird, wie der Mensch im Kampf gegen die Zeit seine Umwelt verändert. Schon die Aborigines in Australien versuchten vor Tausenden vor Jahren, ihre Zeit optimal zu nutzen, indem sie mit Brandrodungen in den Lauf der Natur eingriffen. Bis zum heutigen Tag hat der Mensch es geschafft, in vielfältigen Bereichen die Zeit zu überlisten. Mittels Elektrizität kann er die Nacht erhellen, in perfekt ausgeklügelten Treibhäusern verringert er die Reifezeit von Obst und Gemüse und durch moderne Fortbewegungsmittel schafft er auch längere Distanzen in kurzer Zeit. Weiterhin wird in dieser Episode noch die Frage des Älterwerdens und des Tagesrhythmus des Menschen behandelt, wobei aber seltsamerweise weite Teile einfach aus der zweiten Episode kopiert wurden.
Die Themen, die "Reisen in die Zeit" behandelt, sind überwiegend alles andere als neu und wurden bestimmt schon in unzähligen anderen Dokus vielleicht in anderem Zusammenhang aufgegriffen und behandelt. Die Zeit ist eben ein solches Themengebiet, das eine ganze Palette an Themen ermöglicht, die dann hier auch ziemlich durcheinandergewürfelt wurden. Das Thema ist also nicht wirklich das Besondere an "Reisen in die Zeit"; das Besondere sind vielmehr die Bilder, mit denen diese behandelt werden.
So hat die Doku eine ziemlich gute Mischung aus Zeitraffer- und Zeitlupen-Aufnahmen und ein wahrhaftes Sammelsurium an computergenerierten Trickaufnahmen zu bieten, bei denen innerhalb kurzer Zeit die Entstehung des Grand Canyon, des Himalaya oder das Heranwachsen verschiedener Tiere gezeigt wird – und das in Bildern, die tatsächlich real wirken. So kommt es aber auch, dass man nicht immer unterscheiden kann, ob man es jetzt mit einer tatsächlich so gefilmten Szene, einer nachbearbeiteten oder gar einer gänzlich im Computer entstandenen zu tun hat. Das mag zwar ein Beweis dafür sein, wie gelungen diese Aufnahmen sind, stiftet aber auch ein wenig Verwirrung und läuft damit dem erklärten Ziel einer Doku – nämlich für Aufklärung zu sorgen – entgegen.
Dafür gibt es aber auch einige sehr gut gelungene Zeitsprünge, die dann auch klar als solche erkennbar sind. So möchte ich vor allem einen Teil aus der zweiten Episode hervorheben, der von Zikaden handelt, oder besser: von einer bestimmten Zikadenart, die nur alle 17 Jahre aus der Erde hervorkriecht, um sich zu paaren. Um eben diesen Zeitraum zu veranschaulichen, wagten die Macher zuerst einen Sprung nach 1952, das sie mittels Spielszenen und einigen historischen Aufnahmen zum Leben erwecken, um dann zum Sprung ins Jahr 1969 anzusetzen. Dort begegnet man in einer Spielsequenz ein paar Hippies beim Picknick, wobei sie von den anströmenden Zikaden doch etwas genervt werden. Und dann folgen noch etwas verkürzt 1986 und 2003. Dieser Teil gefällt mir vor allem deswegen, weil man es hier geschafft hat, diesen Zeitraum von jeweils 17 Jahren, der erst einmal nur etwas abstrakt wahrnehmbar ist, vorstellbarer und fühlbarer zu machen.
Das größte Manko der Doku ist allerdings neben dem schon erwähnten Zusammenwürfeln der Themen, die nur lose durch Allgemeinaussagen über die Zeit zusammengehalten werden, der sehr spärliche und nicht wirklich gelungene Kommentar. Zwar wurde dieser in der deutschen Fassung von Christian Brückner, dem Synchronsprecher von Robert de Niro und einem Meister seines Faches, eingesprochen, aber was hilft das dann noch groß, wenn das, was gesagt wird, inhaltlich nicht immer zu überzeugen weiß. Am meisten haben mich die floskelhaften und immer wieder in ähnlicher Weise wiederholten Aussagen über die Zeit allgemein genervt, da diese die Doku weder bereichern noch ihr etwas Neues hinzufügen konnten und noch dazu manchmal reichlich naiv wirken.
Aber auch bei dem restlichen Kommentar hatte ich sehr oft das Gefühl, dass die vollmundig gestellten Fragen zu Beginn jedes Themenparts nur unbefriedigend beantwortet wurden. So ist mir immer noch nicht ganz klar, warum die nordamerikanischen Karibus in der zweiten Episode immer wieder eine tausend Kilometer weite, lebensbedrohliche Reise durch die Tundra unternehmen, nur um an einem bestimmten Ort, an dem sie nur für eine relativ kurze Zeit an Nahrung kommen können, zu gelangen, um dann wieder die gleiche Reise von diesem Ort weg zu starten.
Wenn man Kommentar und Inhalt aber beiseite schiebt, bleiben zumindest noch die sehr gelungenen Aufnahmen, die stellenweise auch auf filmisch sehr geschickte Art ineinander verwoben wurden. Bei den Szenen, die sich um das Nachtleben Las Vegas drehen, hat man sich sogar sehr stark von dem Klassiker "Koyaanisqatsi" (1983) inspirieren lassen; und auch, wenn diese nie die filmische oder konzeptionelle Qualität des Originals erreichen, so sind sie deshalb nicht minder beeindruckend.
Die Doku-Serie "Reisen durch die Zeit" beschäftigt sich mit allen möglichen Phänomenen der Zeit und setzt diese auch durch eindrucksvolle Trickaufnahmen außer Kraft, mittel derer es ihr leichter fällt, einzelne Sachverhalte zu veranschaulichen. Allerdings beschränkt sie sich über weite Teile tatsächlich auch nur auf Veranschaulichungen, weshalb der Kommentar meist viel zu spärlich und manchmal auch nervig ist. Insgesamt ist "Reisen durch die Zeit" also mehr ein Film für Augen- als für Kopf-Menschen.
Auf der DVD von Polyband sind die behandelten zwei Episoden plus eine Bonusepisode enthalten. Letztere wurde aber wohl nur aufgrund einiger Überschneidungen mit der zweiten Episode als eine solche deklariert. Ansonsten handelt es sich um eine ebenso vollwertige Episode, wie die anderen beiden es sind. Neben einigen Trailern gibt es allerdings keine weiteren Extras, und auch der englische Original-Kommentar wird uns vorenthalten. Dafür sind die Episoden im anamorphen Widescreen-Format, in dem die gelungenen Bilder erst ihre ganze Wirkkraft entfalten können.
- Redakteur:
- Andreas Fecher