Return, The
- Regie:
- Kapadia, Asif
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
1 Review(s)
13.12.2007 | 09:31Seit sie im Alter von elf Jahren beinahe einem Verkehrsunfall zum Opfer fiel, leidet Joanna Miles unter psychischen Störungen. Sie hat Halluzinationen, die ihr wie Visionen aus dem Leben einer anderen Person erscheinen. Dabei 'sieht' sie Orte, an denen sie niemals war, und 'erlebt' Erinnerungen, die nicht die ihren sind. Besonders erschreckend wirkt dabei die Erscheinung eines grobschlächtigen Kerls, der sie als "Sunshine" anspricht und "nur mit ihr reden will", was Joanna stets panisch in die Flucht treibt.
Nachdem sie auch noch begann, sich an Armen und Beinen Schnittwunden zuzufügen, gaben Joannas ratlose Eltern sie in psychiatrische Obhut, was die Tochter ihnen nie verzieh und ihr außerdem nicht geholfen hat. Im Alter von 25 Jahren ist Joanna eine beruflich erfolgreiche, aber rastlose Frau, die vor festen Bindungen zurückscheut und sich nie lange an einem Ort aufhält.
Seit jeher scheute Joanna davor zurück, den US-Staat Texas zu bereisen. Ihr aktueller Auftrag führt sie nun hierher, und prompt nehmen die Visionen an Stärke zu. Eine unbekannte Kraft zieht sie in das Nest La Salle. Dort trifft sie den Außenseiter Terry Stahl, der als Mörder seiner Ehefrau gilt, die er angeblich vor 14 Jahren tödlich verletzt in seiner Scheune fand. Seine Schuld war ihm allerdings nicht nachzuweisen. Zu dem viel älteren Mann fühlt sich Joanna seltsam hingezogen. Sie kennt sich in Terrys Haus, das sie nie betreten hat, erschreckend gut aus.
Die fremden Erinnerungen konkretisieren sich. In La Salle ist ein Mord geschehen und ungesühnt geblieben. Joanna fährt kreuz und quer durch den Ort, um weitere Indizien zu sammeln. Allerdings geht sie dabei leichtsinnig vor, was den gar nicht geisterhaften Mörder erst aufmerksam und schließlich aktiv werden lässt ...
Zu den Besonderheiten, die in Hollywood und dort im Filmgeschäft tätige Zeitgenossen an den Tag legen, gehört die verblüffende Fähigkeit, sich selbst und dem Publikum vorgaukeln zu können, dass eine auf die Leinwand gebrachte Geschichte noch nie zuvor erzählt wurde. Man kann diese Einstellung natürlich dreist nennen; es kommt freilich darauf an, wie das Ergebnis ausfällt: Auch Bekanntes kann unterhalten, wenn es geschickt variiert wird.
"The Return" - dumm-denglish geht diese Welt zugrunde ... - kann diese Entlastung allerdings nicht geltend machen. Obwohl sich Regisseur Kapadia und Drehbuch-Autor Sussman im "Making-of" weit aus dem Fenster lehnen und scheinbar weise Worte über das Phänomen Reinkarnation und die filmisch absolut bahnbrechende Behandlung dieses Themas von sich geben, straft sie ihr Werk Lügen. Immerhin flott und geradlinig präsentieren sie einen Streifen, der bar jeder echten Überraschung ist. Wer sich einigermaßen im phantastischen (Trivial-)Film auskennt, weiß schon nach wenigen Minuten, wohin dieser ektoplasmische Hase laufen wird.
Das Bild soll den Inhalt ersetzen: Mächtig strengt sich Kapadia an, seine Geschichte durch allerlei Effekte aufzupeppen. Dabei greift er tief in die Trickkiste und kombiniert beispielsweise das überraschend auftauchende Schreckbild mit dem schockartigen Anschwellen der Musik, was den klassischen "Buh!"-Effekt erzeugt, der sich zumindest unter Kleinkindern weiterhin großer Wirksamkeit erfreut.
Die Brüchigkeit der Welt, in der sich Joanna bewegt, soll dem Zuschauer darüber hinaus durch Zoomsprünge, Wackelbilder und perspektivische Verzerrungen nahe gebracht werden. Wer dann noch nicht begreift, wird durch die Szenensets darauf hingewiesen, dass wir auf der Kante der Realität balancieren: Terry Stahl haust auf einer Farm, die so malerisch verlottert ist, dass nur beste Bühnenbildner-Kunst aus Hollywood dahinterstecken sein kann: Dies soll Terrys gebrochene Seele verdeutlichen. Der böse Griff betreibt eine Werkstatt, die Satan persönlich nicht schmieriger hätte gestalten können. Joanna haust in einem Hotel, für das vermutlich Franz Kafka als Architekt und Innenausstatter engagiert wurde.
Um der ganzen Verlorenheit optisch den letzten Schliff zu geben, ließ Kapadia den Film künstlich entfärben, bis nur matte Braun- und Grautöne blieben. Stolz ist er außerdem auf das exzessive Spiel mit Licht und Schatten, das freilich nicht so eindrucksvoll zum Tragen kommt wie geplant, da die Sepia-Bilder selbst bei heller Texassonne trüb und düster bleiben.
Zu den wenigen guten Entscheidungen, die Regisseur Kapadia traf, gehört die Besetzung der Hauptrolle mit Sarah Michelle Gellar. Sie ist eine Ausnahmeerscheinung in einem Geschäft, das von 15-Minuten-'Stars' und gehypten Promi-Proleten dominiert wird: ein Profi - seit dem 6. Lebensjahr tritt Gellar in Film und Fernsehen auf - mit einem Gesicht, das sich abhebt von der ausdruckslosen Masse OP-getunter Barbie-Klone. Zur angenehmen Abwechslung muss Gellar nicht lachhaft verschminkten 'Vampiren' in die Ärsche treten ("Buffy") oder besinnungslose Pseudo-Komik mimen ("Scooby-Doo"), sondern kann eine verstörte Durchschnittsfrau darstellen, was ihr überzeugend gelingt. Die innere Dramatik von "The Return" lässt zu wünschen übrig, doch ist es Regisseur Kapadia hoch anzurechnen, dass er seine Darstellerin nicht zwingt, die Lücke durch hysterische Überreaktion zu füllen.
Dienst nach Vorschrift leisten die übrigen Schauspieler, die auf diese Weise das Beste aus dem Drehbuch machen, das einfach kein Biotop für Originalität bietet. Was hat Sam Shepard in diesem Film verloren? Sarah Michelle Gellar wünschte ihn sich als Schauspielpartner, aber das dürfte nicht den Ausschlag für seine Zusage gegeben haben. Wie alle organisierten Darsteller streut Shepard, der sein Können in zahlreichen Werken, die als 'Filmkunst' gelten dürfen, unmissverständlich unter Beweis gestellt hat, in seine Filmografie immer wieder Streifen ein, die möglichst viele Zuschauer sehen und dabei seine Person zur Kenntnis nehmen oder für die er wenigstens gut bezahlt wird. Für "The Return" ist Shepards Besetzung als Ed Mills so logisch, als würde man Bruce Springsteen in einem bayrischen Bierzelt auftreten lassen.
Daten
Originaltitel: The Return
USA 2006
Regie: Asif Kapadia
Drehbuch: Adam Sussman
Kamera: Roman Osin
Musik: Dario Marianelli
Darsteller: Sarah Michelle Gellar (Joanna Mills), Peter O'Brien (Terry Stahl), Adam Scott (Kurt), Kate Beahan (Michelle), Sam Shepard (Ed Mills), Erinn Allison (Annie), Frank Ertl (Ambrose Miller), Bonnie Gallup (Bella), Brad Leland (Mr. Marlin), J. C. MacKenzie (Griff), Darrian McClanahan (Joanna als Kind), Angela Rawna (Doktor), Brent Smiga (Higgins), Robert Wilson (Billy) uva.
Label: UFA Home Entertainment
Anbieter: Universum Film
Erscheinungsdatum: 07.11.2007 (Verleih-DVD) bzw. 11.12.2007 (Kauf-DVD)
Bildformat: 16 : 9 (2,35 : 1 anamorph)
Audio: Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: 81 min.
FSK: 16
DVD-Features
Unter den Features ragt einmal mehr das "Making-of" unrühmlich hervor. Regisseur, Drehbuchautor, Hauptdarstellerin und andere Auserwählte von vor oder hinter der Kamera sitzen herum und äußern inhaltslose Nettigkeiten übereinander. Selbstverständlich wird auch der Film über den grünen Klee gelohnt, was verzeihlich ist, weil sich die daran Beteiligten über Wochen kräftig ins Zeug gelegt haben und darüber betriebsblind geworden sind. Außerdem sind "Makin-ofs" dieser Art nichts als die Fortsetzung von Filmwerbung im verschlissenen Gewand des Infotainments.
Sehr viel interessanter sind dagegen die "Geschnittenen Szenen" und das "Alternative Ende", denn sie geben Aufschluss über die Genese des Films und verraten dabei oft mehr, als der Regisseur preiszugeben gedenkt. In diesem Fall künden die entfernten bzw. veränderten Szenen von der Ratlosigkeit, diesem Film eine logische Auflösung zu geben. Das letztlich gewählte Ende ist schwach, aber es übertrifft die Alternative immer noch weit: Ursprünglich gedachten Kapadia & Sussman das Thema Reinkarnation auf die Klischeespitze zu treiben und dabei dem Film in letzter Minute eine dritte Zeitebene zu verpassen.
Was im Film geschnitten wurde, lässt sich tatsächlich als unwichtig und ablenkend nachvollziehen. Leider wird beim Anschauen dieser Szenen deutlich, dass die Schere durchaus noch heftiger hätte klappern dürfen. Zurückgeblieben sind diverse sinnarme Handlungsstümpfe (wie der um den Zwist mit Joannas Ex-Freund Kurt), die sich nicht vollständig entfernen ließen, weil sie zu eng mit der eigentlichen Geschichte verwoben sind. Schlimmer wirkt die Erkenntnis, dass auf viele, viele, VIELE weitere Szenen verzichtet werden könnte, ohne dem Verständnis der Handlung dadurch zu schaden. Als 45-minütige Episode der TV-Serie "Twilight Zone" wäre "The Return" vermutlich besser aufgehoben ...
- Redakteur:
- Michael Drewniok