Revolver
- Regie:
- Guy Richie
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Großbritannien, Frankreich
1 Review(s)
20.10.2008 | 19:02Die Geschichte vom talentierten Mr. Richie, der die falsche Frau traf
Mr. Madonna, geboren Guy Richie, war einst ein aufstrebender britischer Regisseur, der mit kultigen Gangsterfilmen wie "Bube, Dame, König, Gras" und "Snatch" auf sich aufmerksam machte. Große Stücke wurden auf ihn gehalten und Kritiker sagten ihm eine rosige Zukunft voraus. Doch dann geschah etwas unerwartetes: Guy Richie heiratete die Königin des Musik-Massenmarkts, Madonna. Ihr riesiger Schatten fiel auf den talentierten Regisseur, ihr gleißendes Licht blendete ihn und verführte ihn – die Katastrophe "Swept Away" (mit Madonna in der Hauptrolle) folgte. Richies Ruf war am Boden und seine Karriere kurz nach dem Start schon am Ende. Von Hohn und Spott überschüttet fristete Guy Richie sein exklusives Dasein an der Seite Madonnas. So ganz konnte er sich aber nicht vom Filmgeschäft trennen.
2005 erschien Richies neuster Streifen "Revolver" in Großbritannien und wurde prompt zum schlechtesten Film des Jahres gewählt, noch hinter Perlen wie "The Dukes of Hazzard" und "Alexander". Waren die Briten nach "Swept Away" so erbost, dass sie Richie als Filmemacher nicht mehr ernst nehmen konnten und vorurteilsbehaftet alles schlechtreden mussten? Oder war "Revolver" wirklich so schlecht? Eine eindeutige Antwort fällt schwer.
"Revolver" erzählt die Geschichte von Jack Green (Jason Statham, "Crank", "Transporter"), einem Ganoven neuer Schule und seinem Antagonisten Mr. Macha (Ray Liotta, "Goodfellas"), seines Zeichens Casiobesitzer und kleiner Mob-Boss. Jack saß die letzten sieben Jahre im Gefängnis und kam durch Trickbetrügereien in diversen Casinos wieder zu Geld. Seine Siegesserie scheint jedoch zu reißen, als er Mr. Macha in einem kleinen Spiel vor dessen Angestellten ausnimmt und bloßstellt. Macha schwört Rache und hetzt Auftragskiller auf Jack. Unerwartete Hilfe bekommt der Betrüger dabei von Zach (Vincent Pastore, "Sopranos") und Avi (Rapper André Benjamin von Outcast), die ihn fortan gegen Bares in Schutz nehmen. Es beginnt ein Verwirrspiel in dem niemand weiß wer Held und wer Feind ist.
Nach der Handlungsangabe zu urteilen scheint "Revolver" ein klassischer Gangsterfilm zu sein, der zudem einen guten Cast aufzuweisen hat (Statham, Liotta). Doch nicht nur das: auch die Kinematografie weiß zu gefallen. Die Optik ist kunstvoll, jede Einstellung wirkt bis ins Kleinste durchdacht. Gerade bei den Close Ups fühlt man sich fast in eine düstere Graphic Novel versetzt. Die kräftigen, satten Farben und die starken Kontraste tragen hierzu ihr übliches bei. Auch die Klangkulisse begeistert – wie von Guy Richie üblich – und trägt den Film mit orchestralen Klängen.
Wo liegt der Hund dann begraben? Schon beim Blick auf die Darsteller lassen sich erste Mängel ausmachen. Während Jason Statham (bärtig, mit langen Haaren kaum wiederzuerkennen) in der psychotischen Hauptrolle (überraschend) durchaus überzeugen kann ist es gerade Routinier Ray Liotta der einen negativen Eindruck hinterlasst. Vom Drehbuch zu unnachvollziehbarem Overacting bester japanischer Schule gezwungen wirkt seine Interpretation des Mob-Bosses unfreiwillig komisch und regelrecht dämlich. Nur in einer Szene zeigt er sich in gewohnter Form und zeigt auf, dass er eigentlich einer der großen Charakterdarsteller Hollywoods ist. Die dritte Überraschung ist André Benjamin. Eher durch belanglose Pop-Rap-Musik bekannt zeigt der Outcast Musiker eine solide Leistung, die ins filmische Konzept passt.
Dieses Konzept ist aber die größte Schwäche von "Revolver". Spirituell und psychologisch angehaucht versucht Guy Richie mit diesem Film den täglichen Kampf des „Ich“ gegen das „Über Ich“ zu veranschaulichen. Was ist gut und was ist böse? Wer ist der Feind? Wer bin ich und was will ich? Richies Antwort äußert sich in einem wirren Schnitt, der die Kontinuität des Films mit vielen Falshbacks zerstört und keinen Raum für Charakterentwicklung lässt. Die Handlung wird zwischen den Schnitten erzählt, oder viel mehr zwischen den Schnitten liegen gelassen – der Zuschauer darf sich selbst einen Sinn aus dem Ganzen machen.
Hinzu kommen teilweise dümmliche Dialoge, die aus billigen Psychologieheftchen stammen dürften und sich wie die Sprüche des Orakels oder des Architekten aus "Matrix" anhören: „The greatest enemy will hide in the last place you would ever look.“, oder „In every game and con there's always an opponent, and there's always a victim. The trick is to know when you're the latter, so you can become the former.“ Dieser psychologische Einschlag steht dem Graphic Novel Flair des Films alles andere als gut zu Gesicht und sorgt in Verbindung mit dem schlimmen Schnitt und des schlecht vorgetragenen Plots dafür, dass man sich fragt warum man "Revolver" 110 Minuten gefolgt ist.
Sicherlich, die Action stimmt und bietet einige nette und durchaus interessante Shoot Outs (in denen das Blut nicht zu kurz kommt). Auch die Optik macht was her. Die halbgare Psychologie und die stumpfe „der-Feind-im-Inneren“ Botschaft mach das alles hingegen vergessen. Konstruiert und gewollt zerbricht der Film schließlich an seinem eigenen Anspruch, den er seinem Publikum anscheinend nicht zutraut: in kurzen Einspielern reden Psychologen und Philosophen über das „Über Ich“ und erklären die Zusammenhänge – damit am Ende auch der Letzte verstanden hat was er da in diesem Film gesehen hat.
Die DVD
Das Bild in 2,35:1 ist herrlich scharf und kontrastreich. Die Farben sind kräftig und Bilddefekte sind nicht auszumachen. Ein vorbildlicher Transfer!
Ähnliches trifft auch auf den Ton zu. Deutsch DTS, sowie je eine DD5.1 Spur in deutscher und Englischer Spreche stehen zur Auswahl. Große Unterschiede zwischen den Spuren lassen sich jedoch nicht ausmachen. Ein ordentlicher Bass zieht sich durch den Film und viele direktionale Effekte während der Schießereien sorgen für Freude. Auch in den Dialogteilen wird Wert auf Räumlichkeit gelegt, die Rears treten recht oft in Erscheinung. Zur Synchronisation lässt sich sagen, dass insgesamt ein gutes Ergebnis vorliegt, wenn auch nicht jede Nuance aus dem Original übersetzt werden konnte. Einige Sprüche bleiben wie zu erwarten war in der Sychro auf der Strecke, weshalb die Originaltonspur wie so oft die bessere Wahl ist.
Leider sieht es bei den Extras eher mau aus. Außer einem Audiokommentar von Guy Richie befindet sich lediglich eine hauseigene Trailershow auf der DVD. Fans von Deleted Scenes oder Making Ofs schauen in die Röhre, oder greifen zur Special Edition des Films.
Fazit
"Revolver" ist einer dieser Filme geworden der sich viel vornimmt aber nur wenig erreicht. Überall ist das Bemühen Guy Richies wieder dort anzuknüpfen wo er vor der Eheschließung mit Madonna aufgehört hat spürbar. Die Kamerarbeit ist klasse, die Kulissen sind vortrefflich und die Optik überragend. Leider hapert es am Drehbuch und am Schnitt, wodurch der Film sehr viel Potential verschenkt. Wäre das Drehbuch so ausgeklügelt wie die Kameraeinstellungen, wir würden vom Comeback Guy Richies sprechen. Nach der Scheidung von Madonna bleibt zu hoffen, dass er (dank neuer Muse) wieder zu alter Stärke findet und die guten Ansätze eines "Revolver" zu einem grandiosen Film weiterknüpft.
- Redakteur:
- Martin Przegendza