Robin Hood (Director's Cut, Blu-ray)
- Regie:
- Scott, Ridley
- Jahr:
- 2010
- Genre:
- Historienfilm
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Robin Hood
1 Review(s)
15.02.2011 | 15:56Rächer der Enterbten? Die Vorgeschichte der Legende
Robin Longstride, ein Sölldner in Diensten von König Richard Löwenherz, will eigentlich bloß das Schwert des ermordeten Ritters Sir Robert of Loxley zurückbringen. Statt dessen wird er an dessen Stelle in den Haushalt von Walter Loxley und dessen Tochter Marian aufgenommen. Und so gerät er in den Bürgerkrieg zwischen den nördlichen Baronen und König Richards Nachfolgers John Ohneland….
Diese BluRay-DVD bietet sowohl die Kinofassung als auch den Direct’s Cut. Ich bespreche beide Fassungen, denn die Unterschiede sind eklatant.
Filminfos
O-Titel: Robin Hood (GB 2010)
Dt. Vertrieb: Universal
FSK: ab 12
Länge: ca. 141 bzw. 157 Min. (Kinofassung / Director’s Cut)
Regisseur: Ridley Scott
Drehbuch: Brian Helgeland
Musik: Marc Streitenfeld
Darsteller: Russell Crowe, William Hurt, Cate Blanchett, Mark Strong, Mark Addy u.a.
Handlung
Im Jahr 1199 wird König Richard Löwenherz bei der Belagerung der französischen Burg Châlus von einem Armbrustbolzen getötet. Sir Robert Loxley von Nottingham wird mit der Aufgabe betraut, die Krone und die köngiliche Standarte nach England zu bringen, auf einem bereits wartenden Schiff. Doch ein Verräter namens Sir Godfrey (Mark Strong) macht mit dem französischen König Philipp gemeinsame Sache und tötet Sir Roberts kleinen Trupp in den Wäldern der Bretagne. Der tödlich verwundete Ritter verrät ihm, dass der König tot sei, und verflucht den Verräter.
Robin Longstride (Russell Crowe), ein englischer Bogenschütze in König Richards Diensten, will sich mit drei Gefährten gerade zur Küste durchschlagen, als er auf Godfreys französische Mörder stößt. Er vertreibt Godfrey, tötet die Attentäter, rettet die Krone und die Schlachtflagge zusammen mit Sir Roberts Pferd. Sir Robert bittet ihn, sein Schwert nach Hause zu bringen: Nach Nottingham zu seinem Vater, den er unerlaubt verließ. Eine Karte verrät Robin, wo ein Schiff bereits auf den König wartet. Fortan gibt sich Robin als Sir Robert aus, um so die wertvollen Rüstungen, Waffen und Pferde zu rechtfertigen. Die Inschrift auf Sir Roberts Schwertgriff erinnert ihn dunkel an etwas aus ferner Vergangenheit: Robin weiß nicht, wer sein Vater war…
Das Schiff bringt ihn direkt zur Anlegestelle vor dem Tower of London. Dort warten bereits die Königsmutter Eleonore von Aquitanien (Eileen Atkins) und ihr jüngster Sohn John, Richards Bruder, auf das Schiff. Robin alias Robert übergibt ihr die Krone, und sie krönt John (Oscar Isaac) zum neuen König. Weder sie noch John oder Robin ahnen, dass der Verräter Godfrey bereits im Hintergrund auf seine Stunde lauert. Godfrey findet jedoch Robins Aufzug und Vorspiegelung einer anderen Identität sehr interessant… Auf Godfreys Rat hin, feuert König John erst einmal seinen Oberbefehlshaber William Marshal (William Hurt) und setzt Godfrey an dessen Stelle ein: Er soll Steuern eintreiben. Doch Godfrey benutzt dafür heimlich ins Land gebrachte französische Soldaten.
|Nottingham|
In Nottingham trifft Robin auf dem Gut von Sir Walter Loxley (Max von Sydow) ein. Ihm gibt sich Robin als einfacher Mann zu erkennen, und zu seinem Erstaunen erzählt ihm Sir Walter, dass er der Sohn des Steinmetzes und Freigeistes Thomas Longstride, der hingerichtet wurde, als Robin erst Sechs war. Thomas habe sogar ein Vermächtnis hinterlassen. Es warte in Barnsdale auf ihn. Das Schwert Sir Roberts weist im Griff eine Inschrift auf, die Robin erstaunt: „Erhebt euch immer wieder, bis Lämmer zu Löwen werden“. Wie sich herausstellt, war dies auch Thomas’ Wahlspruch. Selten, dass einfache Bürger und Adlige sich in den Dienst einer gemeinsamen Idee stellen. Sir Walter bewahrt sogar eine Kopie der Magna Carta auf.
Sir Walter hat noch mehr verrückte Ideen. Als Gegenleistung für das wertvolle Schwert soll sich Robin als sein Sohn Robert ausgeben und als Gatte seiner Tochter Marian (Cate Blanchett) umher reiten, um so zu zeigen, dass das Landgut Peper Harow nicht verwaist sei, sondern wieder einen Herrn und Erben besitze. Der Sheriff würde es sich nur zu gerne unter den Nagel reißen – und Lady Marian gleich mit dazu. Marian bleibt daher nichts anderes übrig, als diesem Plan zuzustimmen, aber sie hat sowieso bereits ein Auge auf Robin kampfgestählten Körper geworfen und es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie ihn in ihr Bett lässt. Robin ist geduldig und arbeitet für das Wohl der Menschen auf diesem Gut.
|Verrat und Aufstand|
Die Steuereintreiber Godfreys, die aus Frankreich eingesickert sind, sorgen in den nordenglischen Baronien für derart viel Not und Mord, dass sich der Widerstand der Adligen formiert. Heimlich unterstützt William Marshal ihren Auftstand. Und als Godfreys Mordbrenner herausfinden, dass Robin als Sir Robert in Nottingham lebt, ergeht der Befehl, ganz Nottingham und Barnsdale niederzubrennen. Dies betrifft auch Lady Marian, die gefangengenommen wird. Doch Godfreys Leutnant, der sich an ihr vergehen will, endet mit einem unerwarteten Schicksal, als das vermeintlich wehrlose Opfer einen Dolch zückt…
Mein Eindruck
Der Director’s Cut macht es viel deutlicher als die Kinofassung: Dieser Film erzählt nicht nur die VORGESCHICHTE der Legende eines bekannten Gesetzlosen, sondern rückt ihn dadurch zugleich in die Mitte des lang dauernden Freiheitskampfes des englischen Volkes gegen die tyrannischen Könige, die aus der Normandie kamen und die angestammten Sachsen von ihren Ländereien vertrieben. Longstride ist ein sächsischer Name, Godfrey ein normannischer. Und Königsmutter Eleonore von Aquitanien, die Erfinderin der „höfischen Liebe“, kam aus Südfrankreich, bevor sie acht Kinder gebar.
Robin selbst ist die Figur eines wurzellosen Mannes, der weder über eine Vergangenheit noch über eine Zukunft verfügt. Er hat vergessen, wer sein Vater war und wofür dieser vor Jahrzehnten kämpfte. Ja, er vergaß sogar dessen Freunde Sir Walter Loxley und William Marshal. Erst die Rückkehr in die vermeintliche Heimat Nottingham bringt ihn einen Schritt weiter: Es ist eine Pseudo-Identität, nämlich die von Robert Loxley. Erst nachdem er sich für Loxley gegen Godfrey eingesetzt hat, gelingt es ihm, durch Rückbesinnung und Wiederentdeckung in Barnsdale, seine eigene Identität als Robin Longstride zu erringen.
So gewappnet und mit der Liebe von Marian und dem Erbe Sir Walters versehen, kann er sich dem Kampf der Barone um die Freiheit anschließen. Doch dieser Kampf wäre ohne Zukunft, würde die französische Invasion gelingen. Deshalb führt er die Barone, deren Ideen er vor König John er vertritt („Liberty and Law“), zusammen mit den königlichen Truppen gegen die Franzosen.
Im Director’s Cut nimmt Lady Marian eine viel aktivere Rolle ein. Sie hat frühzeitig Kontakte zu den Waisenjungen geknüpft, die krank im Wald leben. Um sie von ihren Krankheiten zu befreien, gibt sie ihnen Kräuter und Tees. Als Robin von den Jungen gefangen genommen wird, ist sie es, die ihn vor einer Messerklinge bewahrt. Und er bietet den Jungen an, sie zu Kriegern mit zuverlässigen Waffen zu machen. Erst mit dieser Truppe kann es Marian wagen, schließlich in den kampf gegen die französische Invasionsarmee einzutreten - unter Loxleys Kommando.
Diese Schlacht auf dem Strand unter den Klippen von Dover (real liegen diese Klippen in Wales) vereint drei Fraktionen: die königlichen Soldaten, die rebellischen Barone des Nordens sowie die Gesetzlosen aus dem Sherwood Forest. Jetzt besteht nationale Einigkeit. Doch im Nachspiel zerstört König John diese Einheit wieder, indem er die Magna Carta verbrennt, die Barone verrät und Robin zum Gesetzlosen und Vogelfreien erklärt. Die Gesetzlosen, so Lady Marian, haben jedoch bereits die Gesellschaft der Zukunft gegründet: Die Demokratie.
|Liebesgeschichte|
Der Film würde ohne die zentrale Liebesgeschichte zwischen Robin und Marian nicht funktionieren. Denn diese An- und Beziehung ist die Kraft, die den wurzellosen Robin in Nottingham hält und ihn zum legitimen Erben Sir Walters werden lässt, nicht nur im Fleisch, sondern auch im Geiste. Und an Marians Seite findet er die Zukunft, die ihm bislang gefehlt hat. Das Gleiche gilt umgekehrt für Marian: Ohne Robert / Robin verliert sie Land und Status, sobald ihr Vater stirbt, wird in der Gosse als Hure enden. Und dann ist er auch noch ein Bewahrer und Behüter, ganz zu schweigen von einem Mordskerl – sobald erstmal seine komplizierte Rüstung entfernt ist; ein Erzeuger kräftiger Nachkommen. Jedenfalls eine bessere Wahl als der schleimige Sheriff.
|Action und Humor|
Schon der Auftakt des Films ist Action pur: die Belagerung der Burg Châlus in Frankreich. In der Kinofassung fehlen die blutigeren Details, für die Scott bekannt ist, aber im Director’s Cut sind sie drin. Auch das Ende, der Höhepunkt besteht in einer langen Actionsequenz. Dazwischen gibt es immer wieder Kämpfe, die in der Kinofassung nicht immer enthalten sind! Diese Fassung ergibt weitaus mehr Sinn als die Kurzfassung – ohne deshalb auch nur eine Sekunde lang langweilig zu werden.
Der Director’s Cut ist im Original, in dem ich ihn angeschaut habe, auch wesentlich witziger und amüsanter als die deutsche Synchronisation. Da gibt es entlarvende Wortspiele und Anspielungen, auch von Seiten Lady Marians, und die Songs sind wirklich frivol. Das ist zwar vielfach männlicher Humor, aber ich denke, auch Frauen können durchaus darüber lachen. Sofern sie Englisch verstehen.
Die DVD
|Technische Infos|
Bildformate: 2,40:1
Tonformate: DD 5.1, DTS 5.1, Englisch in DD 2.0 und DTS-HD Master Audio 5.1
Sprachen: D, GB, F, I, E
Untertitel: D, Englisch, Dänemark, FI, F, I, IS, NL, Norwegisch, PO, Schwedisch, E, Mandarin, Kantonesisch, Koreanisch
|Extras:|
- Director’s Cut (16 min länger)
- Die Kunst von Nottingham: Das Produktions- und Kostümdesign sowie Storyboards und Behind-the-Scenes-Photos
- Interviews mit den Hauptdarstellern sowie Randbemerkungen des Regisseurs (nur in Kinofassung)
Mein Eindruck: die Bluray-DVD
Während die Qualität des Tons besonders auf der Master Audio DTS Tonspur hervorragend ist, kann man dies von der Qualität des Bildes in der Kinofassung nicht behaupten. Ständig grieselt es im Halbdunkel vieler Szenen, so etwa im White Tower zu London. Das ist sehr schade und lässt den Zuschauer, der Topqualität erwartet hat, frustriert zurück. Zum Glück sind solche Szenen selten.
Im Director’s Cut des englischen Originals sind solche Mängel nicht zu finden, wie ich feststellte. Auch der Surround-Ton ist viel besser: Dies ist eben HD-Qualität direkt von den „Masterbändern“. Da hört man jedes Vöglein zwitschern, jedes Husten, und wenn man die englischen Untertitel zuschaltet, bekommt man jedes Wort und jedes menschliche Geräusch mit. Erst da fiel mir auf, dass der sterbende Godfrey nicht röchelt, sondern LACHT!
EXTRAS
|1) Interviews mit den Hauptdarstellern sowie Randbemerkungen des Regisseurs (nur in Kinofassung)|
Die Bluray bietet etwa zehn Interviews und Randbemerkungen des Regisseurs. Diese sind allerdings nicht wie gewohnt in einer Art Making Of zusammengefasst, sondern über sämtliche Kapitel verstreut. Der Zuschauer sieht sich vor der Herkulesaufgabe, sie einzeln anzusteuern, um sie als Bild im Bild anzeigen zu können. Dies geht folgendermaßen:
Da die Beiträge nur in der Kinofassung angeboten werden, ist diese auszuwählen. Sodann aktiviert man auf der Fernbedienung mit der roten Taste die Funktion „U-Control“. Sie dient der Ansteuerung der Beiträge; eine Bedienungsanleitung wird als Videoclip (OmU) angeboten. Durch Ausprobieren stellte sich folgende Methode als effizienteste heraus:
Man gehe in die Kapitelübersicht der DVD und wähle das Kapitel mit dem Symbol U aus. In diesem Kapitel lasse man den Schnellvorlauf so lange laufen, bis am rechten unteren Bildrand das U-Symbol auftaucht. Man drücke sofort STOP oder Normallauf. Sofort wird das Bild im Bild angezeigt, zusammen mit deutschen Untertiteln. Leider habe ich es nicht geschafft, von der Tonspur des Films auf die der PIP-Einblendung umzuschalten. Ist ja aufgrund der Untertitel nicht unbedingt nötig. Sobald die Einblendung fertig ist, verschwindet das entsprechende Symbol. Da es nur einen Kommentar pro Kapitel gibt, geht man wieder zurück in die Kapitelübersicht, um den nächsten Beitrag zu finden. Dann beginnt das Spiel von vorne.
Nach den etwa zehn Beiträgen ist der Zuschauer aber fix und fertig und sehnt sich nach einer Pause.
Die Interviews: Ridley Scott, Brian Helgeland (Skript), Russell Crowe, William Hurt, Cate Blanchett, Mark Strong (Godfrey), Oscar Isaac (König John) und Matthew Macfadyen (Sheriff v. Nottingham).
Scotts Anmerkungen: Über die Legende und den Menschen Robin Hood; die Story des Films und seine Aussage; Scotts Arbeitsweise (Modelle, Drehbuch etc.); die Rolle der Pinewood Studios für die Nahkampfszenen bei der Invasion.
|2) Die Kunst von Nottingham: |
Dieses riesige Extra umfasst vier Unterkapitel. In jedem Unterkapitel kann man zwischen dem Klicken in der Galerie und einer selbstablaufenden Diaschau wählen. Ich wählte stets die Diaschau. Die Gesamtzahl aller in den vier Dischauen gezeigten Bilder und Grafiken dürfte sich der Tausend nähern. Allein die französische Invasion ist mit über 200 Bildern vertreten – hinter den Szenen. Hinzukommen noch die Storyboards.
|a) Das Produktionsdesign|
Nach einer Einleitung durch Arthur Max, den Produktionsdesigner, folgen etliche Entwürfe, die schon stark an die Endversion angenähert sind, so etwa Modelle der Burgen und Bauerngebäude. Ein ungewöhnlicher Bestandteil dieser Galerie ist das Wappen für Robin Hood. Dieses Design wurde für die Sweater der Crew angefertigt.
|b) Das Kostümdesign |
Die Kostümdesignerin Jantry Yates erklärt in der Einleitung, welche Vorbilder für welche Figurengruppe ausgewählt wurden. Die Maler Pieter Brueghel und Gustave Corot lieferten die Brauntöne der Landschaft und der Bauernkleider. Der Maler Georges de la Tour versorgte Yates mit Vorlagen für adlige und königliche Gewänder. Und die Präraffaeliten der Renaissance inspirierten zu den Gewändern mancher Frauen, vermutlich besonders bei Lady Marian.
|c) Storyboards und Previsualizations|
Die Diaschau umfasst etwa 400 Bilder aus der Previsualization- und Storyboard-Phase. Allein die drei Teile der Invasion umfassen über 200 Bilder und Grafiken.
|d) Behind-the-Scenes-Photos|
Für diese Sektion gibt es keine Einleitung, deshalb schaut der Zuschauer verblüfft auf Ritter im Waffenrock, die ein Handy am Gürtel tragen. Auch Sonnenhüte und Sonnebrillen sind nicht tabu, ganz schweigen von Hubschraubern, Mercedes-Geländewagen und Allradgefährten. Der Regisseur hatte lediglich neun Tage Zeit für seine Schlacht auf den Dünen. Normal sind 30 Tage! Folglich warf er alle verfügbaren Kameras in die Materialschlacht, die bis ins kleinste Details vorausgeplant sein musste. Diese Sektion enthält daher über 200 Fotos, alle von bester Qualität. Wie nicht anders zu erwarten, tauchen Scott und Crowe auf den meisten Motiven auf.
|3) Eine App für iPhone und iPod Touch:|
Mangels Hardware nicht getestet.
|4) Eine Personalisierungsfunktion: „Meine Szenen“.|
Der Zuschauer kann durch die grüne und blaue Taste seiner Fernbedienung bevorzugte Szenen auswählen und zu einem Clip zusammenstellen. Diesen kann er dann ablaufen lassen. Sehr sinnvoll, wenn man auf Actionszenen steht, nicht nur hier, sondern v.a. auch in „Gladiator“!
Unterm Strich
Ridley Scott erzählt die Geschichte der Kreuzritter dort weiter, wo sie bei „Königreich der Himmel“ aufhörte. Richard Löwenherz ist bei ihm kein strahlender Held, sondern ein Blutsauger, der sein Land in den Ruin trieb. Allein für das Lösegeld an die Österreicher, die Richard gefangenhielten, mussten vier Jahreseinkünfte an Steuern geblecht werden. Geld, das nun nicht nur seinem Nachfolger Johann Ohneland fehlt, sondern vor allem der Bevölkerung.
Auch die Kirche sitzt auf der Anklagebank: Lady Marians Flehen um Saatgut wird brüsk von Pater Tancred abgewiesen – der Bischof von York müsse bekommen, was ihm gehöre. Prompt ereilt ihn seine gerechte Strafe, als die Steuereintreiber das Münster von York plündern und alle Mönche massakrieren.
Wohlgemerkt: Nicht das Königtum an sich wird in Grund und Boden verdammt, sondern nur seine missbräuchlichen Vertreter. Sonst müsste man ja gleich das Haus Windsor abschaffen. Was Sir Walter Loxley, William Marshal und Thomas Longstride wollen, ist Rechtssicherheit in Freiheit. Diese uns heute so selbstverständlichen Institutionen wie ein Prozess mit Richter, Ankläger und sogar Verteidiger gab es damals noch nicht mal. Es gab keine Habes-corpus-Akte noch die Magna Carta, die die Rechte von Adligen und Bürgern gegenüber dem Herrscher verbriefte.
Die Könige waren aber davor nicht nur von Gott eingesetzte Despoten, sondern – gemäß Ridley Scott – auch gottlos. Sie widersprachen damit ihrer eigenen Legitimation. Robin Longstride, der einzige „ehrliche Mann“ in Richard Löwenherz’ Armee, spricht dies ganz klar aus: Als Richard 3000 Muslime in Akron hinrichten ließ, wurde er wahrhaft gottlos. Und mit ihm alle seine Komplizen, mithin also auch Robin. Wenn aber selbst der christliche Glaube versagt, was bleibt dann noch übrig? Es ist der Wahlspruch seines Vaters „Rise and rise again until lambs become lions“, der Robin ein ideelles Ziel setzt. Selbst wenn er sich dafür außerhalb des geltenden Rechts stellen muss. Solange jedenfalls, bis ihm dieses Recht gefolgt ist: in die Demokratie.
Mir gefiel der Film ausnehmend gut. Es ist der beste, den Ridley Scott seit „Gladiator“ gemacht hat. Allerdings beschlich mich angesichts der Kinofassung ein undefiniertes Unbehagen. Erst beim Ansehen des Director’s Cut wurde mir klar, woher dieses Unbehagen rührte: Es gibt Logiklücken und offene Fragen. So etwa jene nicht ganz unwichtige Frage, woher Robin und der König überhaupt wissen, wo die Invasion der Franzosen stattfinden soll. Nirgendwo wird eine Quelle erwähnt.
Auch das Auftauchen von Lady Marian als eine Art Jeanne d’Arc ist überhaupt nicht erklärt. Erst recht nicht, wie es kommt, dass ihre zuvor so kranken und schwach bewaffneten Waldjungs jetzt eine so schlagkräftige Truppe auf Pferden bildet. Erst jetzt kann sie es mit den französischen Soldaten aufnehmen. Wer hat sie ausgebildet? Es war Robin! Davon erfahren wir in der Kinofassung aber rein gar nichts.
|Die Blu-ray|
Wie man sieht, ist der Director’s Cut bei weitem vorzuziehen. Und wer direkt vergleichen möchte, bekommt in der Blu-ray beide Fassungen angeboten. Die Qualität von Ton und Bild sind im englischen Original des Director’s Cut hervorragend (s.o.), Fotomaterial gibt es in Hülle und Fülle: an die 1000 Bilder. Doch der Regisseur macht es seinem Zuschauer wirklich nicht leicht, seine Anmerkungen anzusteuern und die Interviews zu finden. Ich bekam davon jedenfalls Kopfschmerzen und werde wohl U-Control nie wieder nutzen. Diese Beiträge hätte der Produzent in ein simples Making Of packen sollen. Daher: Punktabzug.
Michael Matzer (c) 2010ff
- Redakteur:
- Michael Matzer