Samaria
- Regie:
- Kim Ki-Duk
- Jahr:
- 2004
- Genre:
- Drama
- Land:
- Korea
- Originaltitel:
- Samaritan Girl
1 Review(s)
04.10.2005 | 08:55Regisseur Kim Ki-Duk hat bereits 2003 mit "Frühling, Sommer, Herbst, Winter" die Kritiker begeistern können, doch sein endgültiger Durchbruch auf dem Regiestuhl brachte ihm der im letzten Jahr erschienene Film "Samaria", für den er unter anderem mit dem silbernen Bären ausgezeichnet wurde, auch wenn die Preisvergabe ein wenig umstritten war. Ki-Duk spielt nämlich in seinem neuesten Werk mit den Extremen und benutzt bei "Samaria" einige recht krasse Metaphern, um seinem Streifen Wirkung zu verschaffen. Für meinen Geschmack ist ihm das aber nur teilweise gelungen, denn obwohl "Samaria" inhaltlich viele Fragen aufwirft und teilweise auch sehr brisant daherkommt, enthält der Film einfach zu viele Längen und wirkt insgesamt auch zu sperrig, als dass einen das Thema wirklich berühren könnte. Doch dazu später mehr ...
Story:
Jae-Young träumt davon, eines Tages nach Europa zu reisen, und um sich diesen Wunsch tatsächlich auch mal erfüllen zu könne, betreibt sie einen gefährlichen Job: Zusammen mit ihrer Freundin Yeo-Jin verkauft sie sich an wohlhabende Männer, wobei die Aufgaben in diesem Verbund klar verteilt sind. Yeo-Jin beobachtet von außen, ob die Polizei von dem verbotenen Geschäft nichts mitbekommt, und Jae-Young offenbart ihre Reize ihren Freiern, was ihr scheinbar auch eine Menge Spaß bereitet. Nach mehreren geglückten Versuchen funkt die Polizei aber doch dazwischen und erwischt die Mädchen, woraufhin die beiden die Flucht ergreifen.
Jae-Young verletzt sich dabei schwer und möchte vor ihrem Ableben noch einen letzten Wunsch erfüllt haben: Sie möchte den Letzten ihrer Kunden noch einmal sehen. Yeo-Jin versucht ihr Möglichstes, um dem nachzukommen, soll dafür aber mit diesem Mann ins Bett gehen. Als sie daraufhin im Krankenhaus ankommen, ist Jae-Young bereits tot.
Ihre Freundin fasst daraufhin den Plan, mit dem Adressbuch Jae-Youngs ausgestattet, sämtlichen Freiern noch einmal einen Besuch abzustatten. Ihr Vater, seines Zeichens Polizist, bekommt Wind davon, und bereitet der gesamten Sache ein tragisches Ende.
"Samaria" ist im Prinzip ein Drama in drei Akten, bei dem die Tragödien dreier völlig unterschiedlicher Charaktere dargestellt werden. Da wäre zum einen die lebenslustige und zu allem bereit erscheinende Jae-Young, die zur Erfüllung ihrer Träume alles tun würde, und dies auch umsetzt. Blind für jeden leichtsinnigen Fehler, stürzt sie sich in ihre Abenteuer, was ihrer Freundin Yeo-Jin von Mal zu Mal weniger behagt.
Diese hingegen hat eine sehr strenge Erziehung genossen und versucht immer wieder, durch die moralische Verurteilung der sexuellen Handlungen ihr Gewissen ins Reine zu bringen. Nach dem tragischen Tod ihrer Freundin steht sie plötzlich im Mittelpunkt, begeht aber schließlich dieselben Fehler wie Jae-Young und bringt sich damit in das zuvor noch von ihr kritisierte Abseits. Ihr Vater hingegen ist der Letzte in dieser schicksalsreichen Kette und versucht, die durch Kinderpornographie in ihm losgetretene Welle der Entrüstung in Form von brutaler Selbstjustiz zu lösen, zeigt dadurch aber immer mehr, dass er im Prinzip nicht viel besser oder überlegter handelt als seine Tochter bzw. Jae-Young und erlebt das Drama letztendlich auch nur aus einer anderen Perspektive.
Kim Ki-Duk setzt in diesem Film erneut auf schockierende und doch so lebensnahe Bilder, die sich vor allem zum Ende hin einbrennen. Trotzdem können sie aber nicht den tiefgreifenden, beabsichtigten Effekt des gesteigerten Nachdenkens über religiöse Moralvorstellungen durch die unterschwellige Anprangerung von Delikten wie sexuellen Übergriffen an Jugendlichen bzw. Selbstjustitz in Form eines blind agierenden Vaters erreichen. Obwohl die Intention des Films deutlich wird, ist die Eindringlichkeit der Botschaft von "Samaria" eher durchschnittlich übertragen worden, und das ist trotz der herrlich schlichten Bilder und der schmerzvollen Geschichte der Hauptkritikpunkt an diesem Film. Der Regisseur macht eine klare Aussage und nimmt eine Anti-Haltung gegen die gezeigten, gesetzlosen Inhalte ein, übermittelt sie aber nur auf durchschnittliche Art und Weise. Für gute Unterhaltung ist das zwar allemal ausreichend, für eine tiefgreifende, anspruchsvolle Diskussionsgrundlage aber viel zu wenig.
Die DVD von "Samaria" überzeugt mit einem wirklich farbenfrohen und kräftigen Bild, was ja gerade für die oft blass erscheinenden koreanischen Produktionen alles andere als der Normalfall ist. Insofern kann der digitale Silberling schon mal überzeugen, und diesen Eindruck bekommt man schließlich auch vom Ton, der in der deutschen Fassung besten Raumklang und keinen einzigen Aussetzer bietet. So kann sich besonders der schöne, melancholische Soundtrack entfalten, was dem Film bei der manchmal fehlenden Darstellung der eigentlichen Tragik hilft und insgesamt nicht zu unterschätzen ist.
Auch in Sachen Bonusmaterial kann sich die DVD sehen lassen, denn immerhin gibt es ein halbstündiges Making-of und einen Ausschnitt von der Pressekonferenz der Berlinale (ebenfalls rund 30 Minuten) sowie den üblichen Trailer. Von der Aufmachung her kann die DVD also durchaus überzeugen; der Film als solcher jedoch ist nur solider Durchschnitt.
- Redakteur:
- Björn Backes