Shunned House - Haus der Toten
- Regie:
- Ivan Zuccon
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Horror
- Land:
- Italien
- Originaltitel:
- La Casa sfuggita
1 Review(s)
07.09.2005 | 07:08Das unheimliche Haus am Abgrund der Zeit
Die Handlung des Films basiert auf drei Erzählungen des amerikanischen Horrorschriftstellers Howard Phillips Lovecraft: "The shunned House" (1937), "The Music of Eric Zann" (1922) und "The Dreams in the Witch House" (1932). Auf komplexe Weise werden diese drei Handlungsstränge miteinander verflochten, mit dem titelgebenden Haus als überzeitlichem Zentrum des Grauens, das immer wieder seine Opfer fordert: "Vergieß das Blut! Öffne das Tor!" lautet der Befehl des heimlichen Herrschers an diesem Ort.
Alex und Rita haben eine alte Villa in der Provinz erstanden. Sie ahnen nicht, dass in das heruntergekommene Anwesen seit Jahrhunderten Menschen hineingehen, ohne in einem Stück wieder herauszukommen.
Bald nach der Ankunft häufen sich böse Vorzeichen, gefolgt von erschreckend realistischen Halluzinationen. Dabei erfährt das junge Paar mehr über die unglücklichen Vorbesitzer, als es je wissen wollte. Denn die wahren Hausherren sind übersinnliche Kreaturen aus einer anderen Welt ... (Klappentext)
"The Shunned House is one of the most original, creepy and disturbing horrormovies of the new millennium." - Slasherpool.com
Offizielle Website des Films: http://www.shunnedhouse.com/
Warnung!
Der Film enthält mehrmals starke Stroboskop-Effekte und kann bei Epileptikern einen Anfall auslösen! Die DVD-Hersteller weisen extra darauf hin, und das ist kein Scherz. Im Übrigen enthält der Filme zahlreiche grausame Bilder, die von ultrakurzer Dauer (<0,1 sec.) sind und im Unterbewusstsein haften bleiben können. Ansehen auf eigene Gefahr!
Filminfos
O-Titel: La Casa sfuggita (Italien 2003)
Dt. Vertrieb: epix
Kauf-DVD: 15.09.2005
EAN-Code: 4009750221662
FSK: ab 16
Länge: ca. 90 Min.
Regisseur: Ivan Zuccon
Drehbuch: Enrico Saletti und Ivan Zuccon
Schnitt/Kamera: Ivan Zuccon
Musik: Acid Vacuum
Darsteller:
Marco Del Vespro: Michael Segal (ARMEE DES JENSEITS; DARKNESS BEYOND)
Luigi Montella: Emanuele Cerman (ARMEE DES JENSEITS)
Nora: Silvia Ferreri
Alex: Giuseppe Lorusso
Rita: Federica Quaglieri
Carlotta Zann: Cristiana Vaccaro
Handlung
Es ist nur durch eine radikale Vereinfachung möglich, die dreidimensional verknüpften Handlungsstränge annähernd zu beschreiben, ohne die Spannung zu zerstören.
PROLOG.
Ein etwa achtjähriger Junge kickt seinen Fußball in das seit langem leer stehende und halbverfallene "Gasthaus an der Wegkreuzung". Der Ball fällt in den Keller und bleibt in einer seltsam klebrigen Substanz stecken, aus der der Junge seinen Ball befreit. Gerade als er das Haus verlassen will, schnappt ihn eine Hand und reißt ihn zurück. Die Tür fällt zu, der Junge ward nie wieder gesehen. Genau deshalb wird das Haus ja gemieden - denn das bedeutet "The shunned house".
~ Haupthandlung ~
25 Jahre später. Alex ist ein Autor und möchte über das Gasthaus ein Buch schreiben, denn Mystery und Horror verkaufen sich ja gut. Er schleppt seine Freundin Rita mit, damit sie die Fotos macht. Allerdings hat die ständig paffende Busenschönheit kein gutes Gefühl dabei, in den muffigen und schimmligen Zimmern des alten Gemäuers nächtigen zu sollen. Deshalb versucht Alex, sie für die blutige Geschichte des Hauses zu interessieren, um sie bei der Stange zu halten.
1731 wurde es von einer Französin, einer gewissen Estelle Roulet, die man schon zuvor als Hexe angeklagt hatte, nach eigenen Plänen erbaut. Wie nicht nur Alex herausfindet, entspricht die Anordnung der Zimmerwände erstens der Zahl Null und zweitens dem Zeichen für Unendlichkeit, der liegenden 8.
Rita laufen kalte Schauer den Rücken hinunter, als Alex erzählt, dass das Haus bereits dreimal abbrannte und jedes Mal nach alten Plänen wiederaufgebaut wurde - jeweils nach einem Exorzismus. Und wer alles in dem Haus starb, hat Alex auf zwei Seiten einer langen Liste eingetragen. Er pickt nur zwei Männer als Beispiele heraus: Luigi Mantella aus dem Jahr 1890 und Marco del Vespro aus dem Jahr 1923. Nur die Gründe, warum sie hier starben, sind ihm ein Rätsel.
~ Nebenhandlung 1 (basiert auf "Dreams in the Witch House") ~
Luigi Mantella ist ein Mathematiker, der sich besonders mit der nichteuklidischen Geometrie des gemiedenen Hauses befasst. Er scheint nicht nur Schach mit einem Geist zu spielen, sondern auch mit Vorliebe dem Schlafwandeln zu frönen. Regelmäßig wacht er in einer Abstellkammer auf, ohne zu wissen, wie er dorthin gekommen ist. Eine Frau namens Nora interessiert sich für ihn, schläft mit Luigi und stellt dem Geist eine Falle. Als von ermordeten Babys aus der Nachbarschaft berichtet wird und Luigi am Morgen blutüberströmt heimkehrt, hat sie eine Menge Fragen. Aber die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen.
~ Nebenhandlung 2 (basiert auf "Die Musik des Erich Zann") ~
Marco del Vespro, 28, ist ein Journalist im besten Alter. Kaum ist er mit seiner Schreibmaschine in das Haus eingezogen, hört er aus den Räumen im Obergeschoss ein bezauberndes Geigenspiel, das ihn besonders inspiriert. Die Geigerin ist Carlotta Zann, die leider stumm ist, seit ihr ihr Vater die Zunge herausgeschnitten hat. Sie macht sich mit geschriebenen Botschaften verständlich - und ihrer Musik.
Eines Tages bittet sie den hilfreichen und höflichen Marco, ihr Fenster zu reparieren, das bei jedem Windstoß auffliegt. Dass es mit diesem Fenster und vor allem mit dem nachtschwarzen Abgrund dahinter eine besondere Bewandtnis hat, findet Marco leider ein wenig zu spät heraus. Die Musik wurde nicht für ihn gespielt, sondern um den Bewohner des Abgrunds fernzuhalten und zu besänftigen ...
~ Haupthandlung ~
Allmählich benimmt sich Rita etwas merkwürdig, findet Alex. Sie spricht im Schlaf: Das Gedicht, das sie dabei unbewusst rezitiert, ist vollständig in Französisch, obwohl sie, als sie wach ist, zugibt, nur "merde" als einzige französische Vokabel zu kennen. Alex hat Ritas nächtliche Sprachträumerei aufgenommen und das Gedicht aufgeschrieben. Der Name Estelle bringt ihn auf eine Spur: So hieß die Erbauerin und erste Besitzerin des Hauses. Könnte es sein, dass sie immer noch über ihr Gemäuer herrscht und nun von Rita Besitz ergreift ? Alex hört betörende Geigenmusik ...
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1:1,85/16:9 anamorph
Tonformate: D in DD 2.0 und DD 5.1, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: D, Englisch
Extras:
- Originaltrailer
- Teaser
- Deleted scenes (4; 3:20 Min.)
- Bildergalerie (3:00)
- Trailer zu "Bad Brains" von Ivan Zuccon
- Trailershow, u. a. zu "Armee des Jenseits" von Ivan Zuccon
Mein Eindruck
Da die drei Handlungen keineswegs in chronologischer Reihenfolge hintereinander erzählt werden, kreuzen sie sich miteinander, und die Folge ist ein ständiges Hin und Her von Schauplätzen und Akteuren im gemiedenen Haus. Allmählich erscheint das Haus als eine Art Mikrokosmos, in dem die Türen nicht nur räumliche Verbindungen darstellen, sondern auch zeitliche: ein Multiversum.
~ Das Haus der vielen Ebenen ~
Ein Multiversum ist bei dem Lieferanten der literarischen Vorlagen, H. P. Lovecraft, nur sehr selten zu finden. Auch andere Autoren wie etwa Michael Moorcock haben Multiversen in reichlichem Maße eingesetzt, um Hauptfiguren in mehreren Handlungssträngen oder Büchern, häufig unter verschiedenen Namen, auftreten zu lassen. Dieses spezielle Multiversum im "Gemiedenen Haus" jedoch ist die ureigene Konstruktion des Regisseurs, Cutters und Drehbuchautors Zuccon.
~ Viele Rätsel ~
Zuccon bemüht sich, drei Schicksale im Haus so zu erzählen, als würden alle drei von einer bis zum Schluss unbekannten Macht gelenkt. Wenn man sich bemüht, den einzelnen Erzählsträngen zu folgen, ergibt sich daraus in der Tat ein Rätsel, das dem Film Spannung verleiht. Die Spannung wird durch den Umstand erhöht, dass sich das jeweilige Schicksal der Hauptfigur zu einem bang erwarteten Höhepunkt entwickelt. Was steckt hinter Carlotta Zanns Fenster? Warum ist das Haus in Form des Unendlichkeitszeichens erbaut worden? Was verbirgt sich unter dem mit Schleim bedeckten Loch im Keller? Wo ist der Junge von vor 25 Jahren abgeblieben?
~ Die Großen Alten ~
Viele der Antworten werden im Verlauf des Films geliefert, manche Fragen bleiben offen. Einige der Bilder konnte ich nicht entschlüsseln oder zuordnen; es ist also ein zweites Ansehen des Films ratsam. Die Antworten erfolgen oft mit einem Schock oder deuten lediglich weitere, noch unheimlichere oder entsetzlicher Wahrheiten an - wie das so oft bei Lovecraft der Fall ist. Von seinen Großen Alten bekommen wir jedoch keinen einzigen zu Gesicht, noch werden sie auch nur mit einem Wort erwähnt. Sie sind nur zu hören ... Das Multiversum hängt nicht von der Kenntnis des HPL-Universums ab, sondern existiert eigenständig. Für den mit HPL unvertrauten Zuschauer ist das ein dicker Pluspunkt: Er hat die Chance, das Gemiedene Haus auf eigene Faust zu erkunden und zu enträtseln.
~ Warnung ~
Der Film enthält einige Szenen, die auf den Magen schlagen, und ich wundere mich, dass die DVD die FSK-Freigabe ab 16 erhalten haben. Aber die Gewalttätigkeit einer Szene erscheint - wie die Duschszene in "Psycho" - mehr im Bewusstsein des Zuschauers als auf der digitalen Leinwand. Es gibt eine wirklich blutige Szene, die mir auf den Magen schlug: Carlotta Zann reißt sich das Fleisch vom Unteram, um statt ihrer zerstörten Geige die Knochen ihres Unterams als Geigensteg zu benutzen ... Das dürfte aber nur in ihrer Einbildung stattfinden, denn sonst müsste sie ja auf der Stelle verbluten.
Die DVD
Die Bildqualität ist ebenso ansprechend wie die des DD-5.1-Sounds, bei dem Surroundklänge effektvoll eingesetzt werden. Was immer wieder überrascht, ist die Diskrepanz zwischen den Digitalvideobildern des Trailers und der geschnittenen Szenen und dem fertigen Film. Ich nehme an, man kann mit den modernen AVID-Maschinen nicht nur den Schnitt erledigen, sondern auch entsprechende Filter einsetzen, die das Bild so aussehen lassen, als sei es auf 35-mm-Film aufgenommen worden. Auch der elementar wichtige Schnitt wurde vom Regisseur erledigt. Ohne den richtigen Schnitt würde der Film seine drei Handlungsebenen nicht auf die Reihe bekommen.
Es ist begrüßenswert, dass die Deleted Scenes weggelassen wurden, denn entweder sind sie keine Verbesserung des Films oder hatten die Story in eine andere Richtung gelenkt. So besteht die erste weggelassene Szene darin, dass Alex in das ominöse Loch im Keller einen Kanister voll Säure kippt, um das Wesen, das darunter haust, zu vernichten. Das ergibt zwar in der literarischen Vorlage einen Sinn, aber nicht in Zuccons Film, der einen ganz anderen Schluss hat. Tatsächlich scheint es sich bei drei der Szenen um alternative Schlüsse zu handeln.
Bildergalerie, Teaser und Trailer bringen wenig Neues, doch im Trailer ist eine später weggelassene Aufnahme zu finden: "Rita" betritt eines der Zimmer völlig unbekleidet, und angesichts ihrer weiblichen Attribute ist das eine Augenweide. Leider dauert die Aufnahme nur wenige Sekunden.
Der Trailer zu "Bad Brains" macht ebenso Werbung für Ivan Zuccon wie der Trailer zu "Armee des Jenseits" in der Trailershow.
Unterm Strich
Es hat seit H. P. Lovecrafts Ableben anno 1937 eine ganze Reihe mehr oder weniger erfolgreicher Versuche gegeben, seine Ideen auf Zelluloid zu bannen (die Schreiber waren erfolgreicher), und Zuccons Film "The shunned House" ist nur ein weiterer Versuch. Statt aber den vorgezeichneten Pfaden zu folgen, setzt der Italiener auf eigene Kreativität und das Ergebnis ist eine anregende Neuinterpretation.
Der Film regt sowohl die Vorstellungskraft als auch die Lust am Grauen an. Der Laie ist sicherlich positiv überrascht, dass er keinerlei Kenntnis von Lovecrafts Leben oder Werken mitbringen muss, um den Film "genießen" zu können - genau wie Rita etwa. Zudem sind so viele Rätsel eingebaut, dass es sich lohnen dürfte, den Film mehrmals anzusehen, um dem Mysterium des Gemiedenen Hauses auf den Grund zu gehen.
Die Ausstattung der DVD ist hinsichtlich Sound und Bildqualität vorbildlich, das Bonusmaterial enthält leider keine Dokumentationen noch irgendwelche Infos über den Regisseur/Autor/Cutter Zuccon. Mir hat besonders seine Schnitttechnik und die auf alt getrimmte Optik gefallen. Letztere ist für die Darstellung eines 270 Jahre alten Fluchhauses unerlässlich.
Wer "The Shunned House" ansehen will, lässt sich auf einen Trip ein, genau wie bei jeder ernst zu nehmenden Story des Meisters aus Providence ...
- Redakteur:
- Michael Matzer