Silent Hill - Willkommen in der Hölle
- Regie:
- Christophe Gans
- Jahr:
- 2006
- Genre:
- Horror
- Land:
- Japan/USA/Frankreich
- Originaltitel:
- Silent Hill
2 Review(s)
12.12.2006 | 07:29Handlung
Seit einigen Monaten leidet Sharon, die kleine Tochter von Rose und Christopher Da Silva, unter heftigen Albträumen, die sie in gefährliche Situationen bringen, da sie dabei schlafwandelt. Es zieht sie zu einem Ort namens Silent Hill, an den sie sich freilich nicht mehr erinnert, sobald sie erwacht ist. Während Christopher psychiatrische Hilfe suchen will, geht Rose als gute Amerikanerin das Problem arzneifrei und direkt an: Sie macht sich mit Sharon auf den Weg nach Silent Hill, denn diesen Ort gibt es wirklich.
Allerdings ist Silent Hill seit den frühen 70-er Jahren eine Geisterstadt. Nach einem Unfall waren damals riesige Kohleflöze unter der Stadt in Brand geraten. Sie konnten nie gelöscht werden, schwelen noch heute und füllen Silent Hill mit schwarzen, erstickenden Dämpfen. Die Stadt musste evakuiert werden, alle Zufahrtsstraßen wurden gesperrt.
Rose verschafft sich gewaltsam Einlass. Als sie in die Stadt einfahren will, überfährt sie beinahe ein kleines Mädchen, das plötzlich aus dem ewigen Qualm auftaucht, baut einen Unfall und verliert das Bewusstsein. Als sie erwacht, ist Sharon verschwunden. Statt dessen findet sie Cybil Bennett, eine Polizistin, die Roses verbotene Fahrt nach Silent Hill bemerkt hat. Gemeinsam gehen sie auf die Suche nach Sharon.
Die gestaltet sich erst mysteriös und dann lebensgefährlich. In den verlassenen Straßen treiben sich seltsam kostümierte Gestalten herum. In unregelmäßigen Abständen ertönt eine Sirene. Sie kündigt die „Dunkelheit" an, aus der seltsame, dämonenhafte Kreaturen brechen und die beiden Frauen attackieren. Fortschritte scheint ihre Odyssee erst zu machen, als sie auf andere Menschen treffen, die Silent Hill seit dem Feuer nie verlassen haben. In einer Kirche haben sie sich um die charismatische Christabella geschart, denn hier kann das Böse nicht eindringen. Leider sind Rose und Cybil vom Regen in die Traufe geraten, denn die Bewohner von Silent Hill sind religiöse Fanatiker, denen die lange Isolation geistig schlecht bekommen ist. Wer nicht für sie ist, gilt automatisch als Feind und „Hexe", die es auf dem Scheiterhaufen zu tilgen gilt. Dennoch weist Christabelle Rose den Weg zum Herz der Finsternis, denn dort wird Sharon gefangen gehalten. Den Weg dorthin wird Rose ohnehin nicht überleben, kalkuliert Christabella, so dass sie sich die Finger nicht schmutzig machen muss ...
Kritik
"Silent Hill" gehört zu den erfolgreichsten Videospielen überhaupt. In bisher vier (bald fünf) Teilen geraten diverse Pechvögel in diese Stadt zwischen den Dimensionen und müssen sich mit ihren Fleisch (und Zähnen) gewordenen inneren Dämonen herumschlagen. Da die Filmwelt das Originelle scheut und lieber auf bereits Bewährtes zurückgreift, werden in den letzten Jahren Videogames wie am Fließband verfilmt. Das Ergebnis ist in der Regel weder Fisch noch Fleisch, sondern ein geschmacksarmer Brei aus beiden Medien. "Silent Hill", der Film, bildet da keine Ausnahme.
Dabei schienen die Vorzeichen günstig. 50 Mio. Dollar stellen ein Budget dar, mit dem sich dank Verzicht auf teure Schauspielerstars der A-Kategorie schon etwas auf die Beine stellen lässt. Mit seinen Bildern kann "Silent Hill" denn auch überzeugen. Die Kulissen sind (alb-)traumhaft opulent, sehr stilisiert, ihre Künstlichkeit oft gar nicht verbergend. Dieser Stil ist gewollt; er greift die Optik des Videospiels auf und kombiniert ihn gekonnt mit der „Realität" der ersten Filmebene, die in der Welt spielt, die wir kennen. Sein Können bei der Inszenierung in eigenwilligen Kulissen hat Regisseur Christophe Gans bereits im Erfolgsfilm "Der Pakt der Wölfe" ("Le pacte des loups", 2001) unter Beweis gestellt, der ihn über Europa hinaus bekannt machte und ihn für "Silent Hill" empfahl.
Der hohe Wiedererkennungsfaktor soll die hartgesottenen Gamer besänftigen, die natürlich argwöhnisch beurteilen, womit ihnen die Filmleute zusätzliches Geld aus der Tasche locken wollen. Dem Vernehmen nach sind sie in diesem Punkt zufrieden. Ihr Rezensent gibt das unkommentiert so weiter, da er noch nie mit der Konsole in den schweißnassen Händen durch die Labyrinthe der verfluchten Geisterstadt geirrt ist. Ketzerisch stellt er höchstens die Frage, ob denn für besagte „Künstlichkeit" nicht doch auch technische Gründe verantwortlich sind. CGI bietet enorme Möglichkeiten, doch Hightech ersetzt nicht die Tricks aus mehr als einem Jahrhundert Filmgeschichte. Das menschliche Auge arbeitet vorzüglich, und es erkennt immer noch, wenn es gar zu offensichtlich überlistet werden soll. Vor allem im großen Finale, das in der Kirche von Silent Hill spielt, wird es mit den Spezialeffekten übertrieben – ein Overkill, der die Glaubwürdigkeit der Bilder tötet.
Auch sonst stutzt der Zuschauer mehrfach, wenn er Rose und Cybil vor allzu offensichtlich digitalen Schreckenskreaturen flüchten sieht. Überhaupt wurde irgendwann einfach zu oft und zu ausgiebig gerannt, gerauft und geschrieen. Auch Regisseur Gans und Drehbuchautor Avary kommen am ursprünglichen Konzept von "Silent Hill" als Videospiel nicht vorbei: Der Weg ist das Ziel, der Spieler will Rätsel lösen, dunkle Kammern erkunden, Monster killen. Hat er alle Aufgaben gelöst, ist der Spaß zu Ende.
Im Film funktioniert das nicht, die Zuschauer erwarten eine überzeugende finale Auflösung. Hier scheitert "Silent Hill", misst man den Film an seinem durchaus viel versprechenden Beginn: Religiöse Spinner treiben zum x-ten Mal ihr Unwesen, der Kampf mit dem Bösen schnurrt letztlich zur simplen Rache zwischen der Sekte und ihrem Opfer zusammen. Ist die Handlung so weit fortgeschritten, gibt es gar keine Überraschungen mehr.
Vielschichtig ist ohnehin nur das Konzept von Silent Hill als Ort zwischen den Welten. Der Wechsel zwischen den Dimensionen ist prächtig anzuschauen, wird mehrfach präsentiert, doch das führt die Handlung nicht wirklich weiter. Geradezu störend wirkt sogar jener Handlungsstrang, der Christopher Da Silvas Suche nach seiner Familie im „realen" Silent Hill beschreibt. Er soll das Geschehen für diejenigen Zuschauer erden, die das "Silent Hill"-Spiel-Universum nicht kennen, und bereitet den Schlussgag vor, von dem sich positiv nur sagen lässt, dass er kein Happy-End darstellt. Originell ist er jedenfalls nicht.
Schauspieler
Die Form bestimmt nicht nur den Inhalt, nicht selten triumphiert sie sogar über ihn. "Silent Hill" ist kein Film der schauspielerischen Glanzleistungen. Vermutlich war die Fantasie der Darsteller am meisten gefordert, wenn sie wieder einmal vor einer Blue oder Green Screen Erschrecken vor Ungetümen mimen mussten, die erst viel später per Computer ins Bild montiert wurden. Radha Mitchell leistet einen guten Job, d. h. sie fügt sich in das "Silent Hill"-Mittelmaß fugenlos ein. Wieso ein guter Schauspieler wie Sean Bean angeheuert wurde, bleibt rätselhaft. Er wird schändlich unterfordert in seiner überflüssigen Rolle als Ehemann.
Im ersten "Silent Hill"-Game war es übrigens ein Vater, der nach seiner Tochter fahndet. Heute ist es Mode, eine „starke Frau" (wie es neudeutsch so schön heißt) in den Mittelpunkt zu stellen. Hier sind es deren sogar mindestens vier. Rose zur Seite steht Laurie Hollie als kerniger weiblicher Cop; eine Rolle, die sie schon in knapp einhundert "Picket Fences"-Episoden Anfang der 1990er Jahre gut gemeistert hat. Völlig unter ihrer Maske verschwindet die wunderbare Deborah Kara Unger; wieso heuert man sie an, um sie in Lumpen und unter einem wirren Perückenschopf zu verstecken? Jodelle Ferland ist erträglich in ihrer – sogar doppelten – Kinderrolle, da sie die meiste Zeit verschwunden ist. Wieder einmal vergeudet wird das Talent von Alice Krige in ihrer Standardrolle als eisig-irre Fanatikerin; eine Art Borg-Queen des Zwischenreichs. Die arme Frau tut, was sie kann, doch auch in ihrem Fall siegt eindeutig das schlimmste aller Monster: das Klischee.
Daten
Originaltitel: Silent Hill
Kanada/USA/Frankreich/Japan 2006
Regie: Christophe Gans
Drehbuch: Roger Avary
Kamera: Dan Laustsen
Schnitt: Sébastien Prangère
Musik: Jeff Danna, Akira Yamaoka
Darsteller: Radha Mitchell (Rose Da Silva), Sean Bean (Christopher Da Silva), Laurie Holden (Cybil Bennett), Deborah Kara Unger (Dahlia Gillespie), Kim Coates (Thomas Gucci), Tanya Allen (Anna), Jodelle Ferland (Sharon Da Silva/Alessa Gillespie), Christopher Britton (Adam), Alice Krige (Christabella) uva.
127 min.
Anbieter/Vertrieb: Concorde Home Entertainment
Erscheinungsdatum: 28.09.2006 (Verleih-DVD), 08.11.2006 (Kauf-DVD)
Bildformat: Widescreen 16 : 9 (2,35 : 1) anamorph
Audio: Dolby Digital 5.1 (deutsch u. englisch), DTS ES (deutsch)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Deutsch für Hörgeschädigte
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge ca. 121 min.
FSK: 16
DVD-Features
Diese Besprechung basiert auf der Singel-DVD des Films, die ohne jedes Beiwerk daherkommt. (Vermisst man es wirklich?) Ab dem 8. November 2006 erscheint "Silent Hill" in einer edlen Steelbox, darin zwei Scheiben, von denen die zweite folgende Features präsentieren wird: Kinotrailer - Making Of – „Special Effects" – „Stars & Stunts" – „Cast & Crew" – Produktionsnotizen.
- Redakteur:
- Michael Drewniok
Hintergrund
1999 erschuf Akira Yamaoka mit "Silent Hill" einen Meilenstein der Videospiel-Geschichte. Hauptfigur dieses Survival-Horror-Spiels ist Harry Mason, der zusammen mit seiner Tochter Urlaub in dem verschlafenen Örtchen Silent Hill machen will. Kurz vor der Stadtgrenze verliert Harry jedoch bei einem Ausweichmanöver die Kontrolle über sein Fahrzeug und kracht in die Leitplanke. Als er wieder zu Bewusstsein kommt, ist seine Tochter spurlos im Nebel von Silent Hill verschwunden. Er macht sich auf, um sie zu finden.
Aus dieser anfangs recht simplen Geschichte entwickelt sich im Folgenden ein Horrortrip aller erster Klasse, der durch den gekonnten Einsatz von Licht und Dunkelheit sowie durch eine sensationelle Soundkulisse subtilen Schrecken im Spieler weckt. Parallelwelten, abstruse Monster und eine packende Handlung, an deren Ende ein dunkles Geheimnis wartet, machten "Silent Hill" zu einem der wichtigsten Titel der Playstation. Der Horror ging auf der Playstation 2 weiter, wo die drei bisher veröffentlichten Nachfolger erschienen sind (Teil 5 befindet sich gerade in der Entwicklung). Nach dem weltweiten Erfolg der bisherigen vier Videospielableger war es nur eine Frage der Zeit, bis irgendein Filmstudio die Rechte an "Silent Hill" erwirbt. Letzten Endes waren es nun Christophe Gans ("Der Pakt der Wölfe"), der die Regie übernahm, und Roger Avary ("Pulp Fiction", "Killing Zoe"), der sich um das Drehbuch kümmerte.
Handlung
Rose (Radha Mitchell) und Christopher DaSilva (Sean Bean) haben alles, was man sich wünschen kann: Sie sind wohlhabend, leben in einem wunderschönen Haus und haben eine hübsche Tochter. Doch ihre Tochter (Jodelle Ferland), Sharon mit Namen, leidet an einer mysteriösen Krankheit, die sie schlafwandeln lässt und dadurch immer wieder in größte Gefahr bringt. Die Ärzte machen der jungen Familie keine Hoffnungen und raten ihnen zu der Einlieferung ihrer Tochter in eine psychiatrische Anstallt. Dies will Rose jedoch nicht wahr haben und ergreift so schließlich kurzer Hand die Flucht. Ziel ist Silent Hill, die Stadt, deren Namen Sharon ständig im Schlaf vor sich hin murmelt.
Während Rose fest davon überzeugt ist dort die Antworten auf ihre Fragen zu bekommen, hält ihr Ehemann Christopher nicht viel von ihrer Idee. Er fürchtet die mysteriöse Geisterstadt. Kurz vor der Stadtgrenze taucht plötzlich eine seltsame Gestalt mitten auf der Straße auf, die Rose zu einem waghalsigen Ausweichmanöver zwingt. Ihr Auto gerät außer Kontrolle und sie verliert durch den Aufprall ihr Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kommt, ist Sharon verschwunden und es regnet Asche vom Himmel. Ein dichter Nebel umschließt die Stadt, die vollkommen heruntergekommen und menschenleer vor ihr liegt. Zusammen mit der Polizistin Cybil (Laurie Holden) aus der Nachbarstadt macht sie sich auf, ihre Tochter zu finden. Doch nur allzu schnell merken die beiden, dass Silent Hill kein gewöhnlicher Ort ist: Seltsame Gestalten wandern umher, menschenähnlich, aber monströs. Nachts wird die Stadt von der Dunkelheit umhüllt und verwandelt den tristen Ort in eine unwirkliche Hölle aus Stahl, die wenig mit dem Stadtbild bei Tage zu tun hat. Hier wartet der wahre Schrecken auf die beiden Frauen, die sich im Verlauf der Geschichte aufmachen, das dunkle Geheimnis der einst puritanischen Stadt aufzulösen. Dabei spielt die kleine Sharon die Schlüsselrolle…
Kritik
Wie unschwer zu entnehmen ist, basiert "Silent Hill" auf der gleichnamigen Videospielreihe aus dem Hause Konami. Das von Roger Avary geschriebene und von Spielentwickler Akira Yamaoka überwachte Drehbuch kommt dem Original dabei sehr nahe und lehnt sich nicht nur bei der Story dem Spiel an. Kennern des Videospiels wird am Anfang direkt die erste große Änderung des Films gegenüber des Spiels deutlich: Protagonist der 126-minütigen Handlung ist nicht der bekannte Held des ersten "Silent Hill"-Spiels Harry Mason, sondern die junge Mutter Rose DaSilva (Radha Mitchell).
Regisseur Christophe Gans begründet diese tief greifende Änderung wie folgt: „Wenn man eine so verstörende und Furcht einflößende Geschichte erzählt, muss man eine Art friedlichen Rettungsanker, einen ruhenden Pol mit einbauen. Ich habe mich dazu entschieden, dies dadurch zu erzielen, indem ich viele Frauencharaktere in die Handlung einbaue. Auf diese Weise wird die Geschichte komplexer und zur gleichen Zeit auch zweideutiger.“ Nach dem ersten Schock auf Grund des ungewohnten Protagonisten, findet sich der Film jedoch erstaunlich schnell auf den Pfaden des Videospiels wieder. Nahezu die gesamte Anfangssequenz des Films ist aus dem Spiel übernommen: angefangen bei der Fahrt nach Silent Hill (auch wenn die Motive hier andere sind), über den Unfall mit dem anschließenden Verschwinden von Tochter Sharon, zu dem ersten, genialen Kontakt zwischen Rose und ihrer Tochter im Nebel - hier stimmt alles! So wird Rose von ihrer Tochter in eine Gasse geführt, die nicht nur aussieht, als ob sie direkt dem Videospiel entnommen wäre, sondern auch noch mit exakt denselben Kameraperspektiven eingefangen wird. Nach nicht einmal 20 Minuten wagt sich Rose eine dunkle Treppe hinab - eine Sirene ertönt und die Dunkelheit greift um sich. Die Welt verändert sich langsam (und spektakulär), verrostete Gitter und blutende Wände kommen zum Vorschein, jegliches Licht wird vom Dunkel eingenommen und Roses Feuerzeug dient als einzige Lichtquelle. Als wäre das nicht genug, hängen seltsam entstellte Körper an den Gittern, die noch zu leben scheinen. Kurz darauf wird Rose von den sogenannten 'Grey Children' angegriffen, kleine, entstellte und kinderähnliche Wesen, die wie lebendige, schreiende Brandopfer aussehen und nach Roses Leben trachten.
Spätestens hier frohlockt das Herz eines jeden Videospielfans, da diese Sequenz 1:1 aus dem Spiel in den Film übernommen wurde und die einzigartige Atmosphäre der Vorlage perfekt einfängt. Der subtile Horror, die abstrusen Wesen, das spärliche Licht und die einzigartige Soundkulisse waren die größten Pluspunkte des Spiels und sind glücklicherweise auch ebenso grandios auf 35mm transportiert worden. Würde der Film über seine gesamte Spielzeit derart ablaufen, wir hätten es mit einem Meisterwerk der Filmkunst zu tun! Leider Gottes werden die atmosphärischsten Sequenzen des Films von einem unnötigen Subplot auseinander gerissen. Auf Wunsch des Filmstudios wurde Sean Beans (Boromir aus "Herr der Ringe") Charakter nachträglich in die Geschichte integriert, da in Gans ursprünglicher Version keine männlichen Charaktere vorkamen. Der Plot um Beans Rolle Christopher dreht sich um dessen Suche nach seiner Frau, die in der Parallelwelt von Silent Hill gefangen ist. Abgesehen von ein paar wenigen Hintergrundinformationen zur Stadtgeschichte bringen diese Szenen herzlich wenig und zerrütten die dichte Atmosphäre der Haupthandlung. Diese wird im Verlauf immer verwirrender, mehr wichtige (weibliche) Charaktere kommen hinzu, nur um die geglaubte Auflösung ein fürs andere Mal ad absurdum zu führen. Zum Ende verläuft sich der Film ein wenig in Religionskritik und schließt einen engeren Kreis um eine Sekte, die in der Vergangenheit der einst puritanischen Stadt Silent Hill durch wilde Hexenjagd große Schuld auf sich geladen hat. Diese Wende kommt für Fans der Vorlage überraschend und ist durchaus gewöhnungsbedürftig, regt jedoch auf Grund der verschiedenen Raum-Zeit Ebenen zum Denken an und lässt auch viele Fragen offen.
Neben der erwähnten herausragenden Atmosphäre, überzeugt "Silent Hill" vor allem durch seine großartigen Kulissen. Die Straßen sehen aus wie Silent Hill, die Häuserfassaden sind aus dem Spiel übernommen, der alles umschließende Nebel ist perfekt umgesetzt worden. All das baut eine enorme Atmosphäre auf, die bei einem Film wie "Silent Hill" der wichtigste Aspekt ist. Fans werden auch wichtige Gebäude aus dem Spiel wieder finden: Sowohl das Hotel als auch die (besonders am Anfang) wichtige Grundschule haben es in den Film geschafft. Und das Krankenhaus mit seinen deformierten Krankenschwestern hat zum Ende auch seinen großen Auftritt. Somit lässt sich das Setdesign treffend mit dem Wort „sensationell“ zusammenfassen.
Weiterhin müssen die tollen SFX lobend erwähnt werden. Entgegen aller Vermutungen wurde für "Silent Hill" kaum CGI verwendet, lediglich der Nebel und einige Effekte der Monster entstammen dem Computer. Was das Team um Patrick Tatopoulos ("Underworld"- Kreaturendesign) und Paul Jones ("Resident Evil: Apocalypse"- SFX Make Up) auf den Schirm gezaubert hat, ist wahrlich schauderhaft. Die widerlichen Monster aus der Höllen-Parallelwelt sehen faszinierend abartig aus, die Effekte überzeugen und die Darstellung der Schergen der Unterwelt ist auch unglaublich gut und nah am Vorbild dran. Alle Monster wurden übrigens von Schauspielern verkörpert, die in engen Latexanzügen die Kreaturen verkörperten und lediglich in der Post-Production mit CGI 'aufgewertet' wurden. Besonders erwähnenswert sind hierbei die sogenannten 'Dark Nurses', deren abgehackte Bewegungen durch zeitversetzte Aufnahmen noch schauerlicher gestaltet wurden. Highlight der Monsterriege ist und bleibt jedoch der bei Fans sehr beliebte 'Pryramid-Head' - ein Furcht erregender, 2.5 m große Charakter, der ein ein Meter großes Schwert mit sich schleift.
Auch die Kameraarbeit von Dan Laustsen ("Darkness Falls") weiß zu überzeugen, wartet sie doch mit vielen tollen Einstellungen auf, die zum Glück sehr häufig aus dem Spiel übernommen sind. Auf der visuellen Seite kann man "Silent Hill" also kaum etwas vorwerfen, was dies angeht ist der Film nahezu perfekt.
Die allgemeine Soundkulisse ist ähnlich genial und mit das Beste, was in den letzten Jahren im Film zu hören war. Stille, die durch leise, verzerrte Geräusche unterbrochen wird (u.a. durch das rauschende Radio aus dem Spiel - im Film durch ein Handy, bzw. Funkgerät umgesetzt), Schreie, die in der Dunkelheit untergehen, und die bedrohliche Sirene, die das Aufkommen der Dunkelheit signalisiert. All das fesselt und lässt den Zuschauer in den Film versinken. Leider ist der Score nicht so gut wie jener der Spielvorlage. Anfangs sollte Akira Yamaoka alleine, wie schon bei den vier Videospielen, den Score schreiben, wurde jedoch bald gezwungenermaßen von Jaff Danna ("Resident Evil: Apocalypse") unterstützt. So hört man die bekannten Mandolinenklänge aus den Spielen recht selten, dafür relativ unpassende Pianoklänge umso öfter. Wer die Spiele nicht kennt, wird sich an diesem Aspekt kaum stören, Fans werden diesbezüglich jedoch lauthals Kritik üben!
Was die Schauspieler betrifft, kann man erfreulicherweise sagen, dass alle Beteiligten ihre Sache gut machen, ohne dabei jedoch zu brillieren. Einzige Ausnahme ist die erst 10-jährige Jodelle Ferland, die hier gleich in einer Dreifachrolle zu sehen ist. Es ist wirklich beeindruckend, wie sie ihren drei Charakteren (auf die hier aus spoiler Gründen nicht weiter eingegangen wird) so unterschiedliche Persönlichkeiten vermittelt und sie so stark voneinander abgrenzt. Hier könnte der nächste große Kinderstar auf uns warten! Die Hauptcharaktere agieren souverän und recht stimmig, haben aber auf Grund des genretypischen Drehbuchs nicht allzu viel Gelegenheit sich zu entfalten. Radha Mitchell (Rose) wirkt glaubhaft, ihr langsamer Wandel von der besorgten Mutter zu einer widerstandsfähigen Kämpfernatur ist schlüssig und ansehnlich auf die Leinwand gebracht. Laurie Holden (Cybil - einer von zwei direkt aus dem Videospiel übernommenen Charakteren) ist das genaue Gegenteil von Rose, der harte, raue und kämpfende Teil dieses Teams. Der zweite aus der Vorlage bekannte Charakter, Dahlia, weiß ebenfalls zu gefallen. Deborah Kara Unger liefert ein verstörendes Spiel ab, bei dem man nie weiß, welche Absichten dieser Charakter verfolgt. Der restliche Cast ist funktionell und demnach auch gut, da es keine negativen Ausreißer gibt - sieht man von Sean Bean ab! Er hat am meisten zu leiden, da sein Charakter nie über die Rolle des störenden Lückenfüllers hinauskommt. Leider stören seine Auftritte mehr, als dass sie der Story dienlich sind, weshalb man sich wünscht, er wäre nie im Film aufgetaucht!
Dieser Umstand ist neben ein, zwei kleineren Längen und der am Ende doch recht wirren Story der größte Kritikpunkt des Films! Ein weiterer Punkt wird die Lager der Zuschauer spalten: der Goregehalt! Die Spielereihe "Silent Hill" bestach nie durch ausufernde Gewaltdarstellungen, besann sich stattdessen eher auf subtilen Horror, der sich größtenteils im Kopf des Zuschauers abspielte. Am Ende des Films gibt es förmlich ein Splatterfest, wo es alles zu sehen gibt, was einem Film das FSK-Siegel „KJ“ verschafft: in zwei Hälften gerissene Menschen, Amputationen, Enthauptungen, etc. In einem Genrefilm ist das durchaus zulässig und es wird Nicht-Kennern der Spiele auch sicherlich große Freude machen, zumal die Effekte sehr gut gemacht sind. Zu einer Verfilmung von "Silent Hill" will sich dieses Gorefest jedoch einfach nicht so recht ins Bild rücken lassen. Hier wäre weniger deutlich mehr gewesen (womit sich der Rezensent klar als Fan der Spielvorlage bekennt).
Fazit
"Silent Hill" ist nicht der Horrorfilm geworden, den viele erwartet haben. Viel mehr ist es ein kluges Mystery-Drama, das mit Elementen des subtilen Horrors spielt und durch seine großartige Visualisierung zu gefallen weiß. Durch die Nähe zur Vorlage ist "Silent Hill" zudem die beste Videospielverfilmung, da die wichtigsten Elemente der Spiele ihren Weg in den Film gefunden haben. Der Film ist sicherlich nicht perfekt, dafür gibt es einfach zu viele kleinere Mängel und Unstimmigkeiten. Fans der Spiele finden genügend Anleihen im Film (u.a. die oben genannten Perspektiven, das Radio und das Monsterdesign), Mystery- und Horrorfans bekommen einen langen, stimmungsvollen und stellenweise erschreckenden Film zu Gesicht. Auf Grund seines visuellen Stils und seiner wirren Story wird "Silent Hill" polarisieren (wie auch schon das Videospiel), bleibt dabei aber definitiv sehenswert!
Kinostart: 11. Mai 2006
- Redakteur:
- Martin Przegendza