Stratosphere Girl
- Regie:
- M.X. Oxberg
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Drama
- Land:
- Deutschland
1 Review(s)
13.06.2005 | 07:06Story:
Die 18-jährige Angela ist sich nicht sicher, wie ihr Leben nach der Schule weitergehen soll. Die begeisterte Comic-Zeichnerin hängt in der Luft und möchte auch nicht dringend in den ihr angebotenen Job einsteigen. Als sie eines Abends von einem japanischen DJ eine Adresse in Tokio erhält, entschließt sich Angela, dorthin auszuwandern und landet in einer Wohngemeinschaft mit vier anderen Mädchen aus Europa, die größtenteils aus dem Ostblock stammen. Angela muss schnell feststellen, dass sie hier in keinem Hotel sondern eher in einem ziemlich anrüchigen Ambiente gelandet ist, und so gestaltet sich dann auch ihr Job. Sie arbeitet zwar nicht gänzlich als Prostituierte, muss jedoch reichen japanischen Geschäftsmännern und deren erotischen Fantasien Gesellschaft leisten bzw. diese erfüllen. Dabei macht sie fast nur negative Erfahrungen. Zum einen gefällt ihr der Job nicht besonders, und zum anderen muss sie sich mit ihren neidischen Mitbewohnerinnen herumschlagen, die es allesamt noch schlechter angetroffen haben als Angela.
Diese jedoch lässt sich davon nicht unterkriegen. Statt Frust zu schieben, vertieft sie sich in die Kunst der asiatischen Manga-Zeichnungen und befriedigt so ihre künstlerische Leidenschaft. Als dann eines Tages eine ihrer 'Freundinnen' verschwindet und später tot aufgefunden wird, verarbeitet Angela die Ereignisse in ihren Comic-Zeichnungen. Davon zeigen sich manche vermeintlich Außenstehende aber alles andere als erfreut, denn Angelas Zeichnungen enthüllen mehr Wahrheiten als tausend Worte ...
Manchem wird beim Blick auf die Story direkt der Name eines anderen aktuellen Films in den Kopf schießen: "Lost in Translation". Die verblüffende Ähnlichkeit des Streifens von Sofia Coppola darf aber getrost als rein zufällig eingestuft werden, denn die Filme wurden ungefähr zur gleichen Zeit unabhängig voneinander gedreht, bieten aber beide wirklich gute Unterhaltung.
Die europäische Version von M.X. Oxberg wirft dabei aber einen noch detailgetreueren Blick auf den asiatischen Untergrund und die schmutzigen Geschäfte, die dort getrieben werden. Zugleich zeichnet der Regisseur selber auf exzellente Art und Weise ein dramatisches Menschenbild, indem er den Werdegang der jungen Angela schildert, dabei aber bewusst auf überschwängliche Emotionen verzichte. Trotzdem ist die Betrachtung des jungen Mädchens aus "Stratosphere Girl" nicht ausschließlich nüchtern sondern vielmehr tiefgreifend. Oxberg beschreibt in sehr bewegenden Sequenzen die Gefühle dieses Mädchens innerhalb eines teilweise sehr harten Thrillers und lässt dabei stellenweise einfach nur die Bilder selber sprechen. Die Dialoge sind manchmal sogar fast schon zweitrangig, denn hier zeigt sich das berühmte Sprichwort "Bilder sagen häufig mehr als tausend Worte" in seiner vollen Ausprägung.
Dem Regisseur ist es dabei gelungen, den Zuschauer ansprechend herauszufordern, denn nicht selten (und besonders am Ende) fragt man sich selber, welche der geschehenen Handlungen nun tatsächlich, und welche nur in Angelas fiktiven Zeichnungen passiert sind. Alleine dieser ständige Wechsel aus Fiktion und Realität macht "Stratosphere Girl" so unheimlich sehenswert, eine Meinung, die man auch auf der letztjährigen Berlinale teilte, bei der der Film prämiert wurde. Oxberg hat ein wirklich ergreifendes Drama zusammengesetzt, das von seinen melancholischen und traurigen, aber auch farbenfrohen Bildern lebt. Und um Bilder geht es schließlich in den gesamten knapp 80 Minuten - jetzt ist es nur noch an jedem selbst, herauszufinden, wie viele von ihnen echt sind ...
Die Aufarbeitung der DVD ist wirklich stark. Ein ausgesprochen scharfes Bild unterstützt die träumerische Atmosphäre ungemein. Dazu kommt die tolle Jazz-Musik von Nils Petter Molvaer, welche die exzellente Schauspielleitung von Hauptdarstellerin Chloé Winkel fabelhaft untermalt. Dabei ist das Ganze jedoch bewusst sehr spärlich gehalten, also nichts für High-End-Fanatiker. Aber wer so etwas von "Stratosphere Girl" erwartet, der hat auch den Sinn des Films nicht verstanden. Meine Empfehlung für diese bewegende Geschichte.
- Redakteur:
- Björn Backes