Teufel führt Regie, Der
- Regie:
- Fernando di Leo
- Jahr:
- 1973
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Italien
- Originaltitel:
- Il Boss
1 Review(s)
05.02.2005 | 09:22Italien bescherte den Filmfans schon immer mal wieder ein ganz eigenes Subgenre. So verdankt man den Italienern den Italo-Western oder auch den Kannibalen-Film. Ein anderes dieser Genres ist der Polizei- bzw. Mafia-Film, auch "Poliziotti" genannt, zu deren führenden Vertretern die Filme des Regisseurs Fernando di Leo zählen, der auch bei dem hier besprochenen Film "Der Teufel führt Regie" Regie führte (und nicht der Gehörnte aus der Hölle).
Lanzetta (Henry Silva) ist bei der Mafia der Mann fürs Grobe. Im Auftrag seines Ziehvaters Guiseppe Daniello (Claudio Nicasto) erledigt er einige Mitglieder eines feindlichen Clans. Cocchi (Pier Paolo Capponi), der diesem Clan angehört, schwört Rache und veranlasst die Entführung von Daniellos Tochter Rina. Das bringt Daniello derart aus dem Gleichgewicht, dass dessen Boss Don Corrasco (Richard Conte) befürchtet, er könne dem eigenen Clan Schaden zufügen. Daher lässt er ihn durch Lanzetta "entsorgen" und übergibt diesem schließlich den Posten Daniellos. Die anschließende Befreiungsaktion für Rina gelingt, aber mittlerweile ist das ganze Ordnungsgefüge außer Kraft, so dass Lanzetta sich mitten in einem Bandenkrieg wiederfindet, in dem die Freunde schwer von den Feinden zu unterscheiden sind.
Ein richtig derber Seventies-Cocktail aus Sex & Crime ist es, den uns der Regisseur Fernando di Leo mit "Der Teufel führt Regie" auftischt. Hier hintergeht jeder jeden, und gestorben wird im Minutentakt. Dabei sieht man den Morden leider das geringe Budget des Films an, denn wirklich gut gelungen sind die Bluteffekte leider nie. Dennoch sind Morde und Anschläge selten so kultig trashig inszeniert worden wie bei "Der Teufel führt Regie".
Schon die Anfangssequenz kann man beinahe als legendär bezeichnen. Während da nämlich einige hohe Tiere der Mafia sich im Pornokino vergnügen und schlechte Altherren-Witze von sich geben, entert Lanzetta diesen Ort, um dem Kinosaal vom Vorführraum aus mit einigen Granaten kräftig einzuheizen. Das Ganze ist auch hier billig umgesetzt, aber so herrlich absurd, dass es doch Vergnügen bereitet. Dazu kommt noch der bizarre, stimmungsvolle Soundtrack von Oscar-Preisträger Luis Enriquez Bacalov, den auch Tarrantino für seine "Kill Bill"-Filme engagierte.
Allerdings wirken die übermäßigen Metzeleien des Films trotz der sie ständig begleitenden Absurditäten mit der Zeit etwas ermüdend. Vor allem im letzten Drittel kommt es einem so vor, als hätte der Regisseur nur eine vor ihm liegende Liste mit den bis dahin noch lebenden Charakteren nach und nach abgehakt.
Was sich jetzt aber vielleicht so anhört, als hätte man es mit einem hirnlosen Filmchen, dem es nur um brutale Action geht, zu tun, ist mitnichten so. Die italienischen Filmemacher verstanden es schon immer ziemlich gut, auch ihren Unterhaltungsfilmen noch eine Message oder einen tieferen Sinn mit auf den Weg zu geben; noch dazu, weil man so doch eher die Massen erreicht als mit irgendeinem Intellektuellen-Film. Und da überrascht es wohl wenig, dass sich di Leo mit diesem Polizei- bzw. Mafia-Film die Mafia-Politik der Regierung vorgenommen hat, um diese in unzähligen Dialogen zwischen Cocchi und dem geschmierten Kommissar Torri, zwischen Torri und dem Polizeipräsidenten, zwischen dem Polizeipräsidenten und einem Vertreter der Antimafia usw. in die Mangel und die Kritik zu nehmen – ein Aspekt übrigens, der in der ursprünglichen deutschen Fassung fast vollständig unter den Tisch des Schneideraums vom hiesigen Verleiher fiel. Aber dank der kürzlich erschienenen ungekürzten DVD von Koch Media kann man nun auch hierzulande den durchaus aufschlussreichen Dialogen lauschen.
Und so ist "Der Teufel führt Regie" dann doch etwas mehr als nur ein billiges Actionfilmchen. Denn di Leo weiß auch das geringe Budget des Films zwar nicht zu kaschieren, aber damit doch so umzugehen, dass dem Film ein gewisser Charme nicht abzusprechen ist. Ein gutes Beispiel dafür sind die Darsteller, die allesamt aus der B-Riege stammen. Dennoch gibt es einige bekannte Gesichter wie das von Henry Silva oder Richard Conte, die zwar sicher nicht zu den besten Schauspielern zählen, aber dennoch die ideale Besetzung für ihre Rollen darstellen. Oder gibt es jemandem, der Henry Silva den eiskalten Mafia-Killer nicht abnimmt?
Unterm Strich bleibt ein schräg-trashiger Mafia-Film mit vielen, manchmal ermüdenden Schießereien, der nebenbei noch einen Kommentar zur Verstrickung der Mafia mit der Politik und Wirtschaft abgibt. Und das ist – die kürzlich erfolgte Verurteilung des Berlusconi-Vertrauten Marcello Dell'Utri wegen Verbindungen zur Mafia zeigt's – auch nach über 30 Jahren noch aktuell.
Die DVD von Koch Media präsentiert den Film im Widescreen-Format mit wahlweise deutschem oder italienischem Ton. Die Qualität ist dabei sehr wechselhaft. Das verzeiht man aber gerne, wenn man bedenkt, dass der Film erstmals ungekürzt in Deutschland erscheint. Die ehemals geschnittenen Szenen liegen allerdings nur in Italienisch mit Untertiteln vor, da sie vermutlich nie synchronisiert wurden.
- Redakteur:
- Andreas Fecher