This Girl's Life - Mein Leben als Pornostar
- Regie:
- Ash
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- This Girl's Life - Uncut Version
1 Review(s)
12.05.2005 | 10:09Easy Listening mit Pornomaus Moon
Moon ist ein Pornostar im Internet. Freimütig gibt sie zu, aus gutem Hause zu stammen und Spaß an der Sache zu haben. Als sie jedoch ihren an Parkinson leidenden Vater pflegt, beginnt sie, ihre Karriere in Frage zu stellen. Die Dinge werden nicht einfacher, als Moon einen jungen Mann kennen lernt, mit dem sie versucht, eine Beziehung neben ihrem Job aufzubauen. (Klappentext)
Filminfos
O-Titel: This Girl's Life - Uncut Version (USA 2003)
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Länge: ca. 100 Min.
Regisseur/ Drehbuch/Produzent: Ash
Musik: Agartha und Halou
Darsteller: James Woods ("John Carpenters Vampires" 1998; "Casino" 1995; "Es war einmal in Amerika" 1984; "Videodrome" 1983); Juliette Marquis; Michael Rapaport ("Deep Blue Sea" 1999; "Palmetto" 1998; "True Romance" 1993; "Codename - Nina" 1998); Rosario Dawson (Men in Black 2, Sin City), Ioan Gruffud, Cheyenne Silver, Tomas Arana (Die Bourne-Verschwörung 2), Kip Pardue
Handlung
Moon Bond (Juliette Marquis), die hübsche 23-jährige Hauptfigur, führt uns an ihren Arbeitsplatz. Es ist das so genannte Primal House von Mister A, ihrem Arbeitgeber. Im ganzen Haus verteilt sind Webcameras montiert, selbstverständlich ist auch in Moons persönlichem Arbeitszimmer eine zu finden. Es fällt auf, dass hier als einziges Möbel ein riesiges Bett steht. Der Job, den Moon hier verrichtet? Live-Sex fürs Internet. Daher die vielen Webcams. Wie Live Sex funktioniert, demonstriert sie uns auch gleich leibhaftig, während der stramme, "unschuldige" Marco sie von hinten bedient. Marco himmelt sie an: Moon ist der hellste Stern am Websex-Himmel.
Aber Arbeit ist Arbeit, und Privatleben ist Privatleben. Wenn Moon gerade nicht mit ihren Kolleginnen Martine oder Cheyenne ausgeht und im Club Zigarren raucht (Hauptsache, was Dickes im Mund), dann pflegt sie zu Hause ihren kranken Vater (James Woods). Pops leidet an Parkinson und ist auf fremde Hilfe für die einfachsten Dinge angewiesen. Aber er weiß tolle Witze zu erzählen.
Fürs private Liebesleben hat sich Moon zu einem Blind Date verabredet. Der junge Mann - natürlich ebenfalls ein Schauspieler - kann zwar zauberhaft kochen, sich aber nur schlecht mit dem Gedanken anfreunden, dass seine potenzielle Freundin es mit haufenweise anderen Männern treibt - vor der Kamera. Das kann man irgendwie gut verstehen. Wie sich herausstellt, läuft da auch vorerst nichts. Pops braucht sie offensichtlich zu häufig und immer im entscheidenden Moment, aus dem sich etwas entwickeln könnte.
Für weitere Abwechslung sorgt die Bitte ihrer Freundin, deren Verlobten Daniel Taylor zu testen: Kann Daniel wirklich treu sein? Moon treibt den treubraven Daniel (Ioan Gruffud aus "The Gathering"), einen netten Lehrer, tatsächlich bis zum Äußersten. Doch wer ruft im entscheidenden Moment wieder an? Dreimal darf man raten.
Die Sache bringt Moon auf eine glorreiche Idee: Sie macht eine Sex-Ermittlungs-Agentur (SEA) auf und besorgt sich eine agententaugliche Knopfkamera, bevor sie den Testobjekten auf die Pelle rückt. Auftraggeber sind sogar Schwule, Hausfrauen und alle anderen Amateure sowieso. (Natürlich keine Profis - die haben ja einen passenden Geheimdienst.)
Unterdessen findet Pops Moons private Pornovideosammlung und rastet aus. Auch bei Moon selbst geraten die Dinge etwas außer Kontrolle: Terry, der Autohändler (Michael Rapaport), bekommt heraus, was sie mit ihrer SEA treibt und reagiert darauf alles andere als verständnisvoll - na, sowas - versteht der Mann keinen Spaß?
Die DVD
Art. Nr: 115731 || EAN: 4020974157315
Release: 21.04.2005
e-m-s
Technische Infos
Bildformat: Widescreen 1,78: 1 (anamorph)
Tonformat: Dolby Digital 2.0 / 5.1 (deutsch / englisch)
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Keine
Extras:
- Originaltrailer: ca. 3 Minuten
- Interview mit Juliette Marquis (englisch): ca. 9:40 Minuten
- Interview mit Rosario Dawson (englisch): ca. 10:30 Minuten
- Trailershow zu den DVDs: Evil (Ondskan); Cube Zero; Capital Punishment; Nero; The Machinist (mit Ethan Hawke und Christian Bale) sowie Oldboy.
Mein Eindruck
Moon gibt bei ihrem "Einstellungsgespräch" an, sie interessiere sich für den Job vor allem aus Neugier. Dass sie Sex mag, ist eh klar, aber die Naivität, die die 18-Jährige an den Tag legt, ist schon einigermaßen erschreckend. Überhaupt sehen wir in den ganzen ersten zwei Dritteln des Films nur schöne, gütige Menschen, die den kalifornischen Traum zu leben scheinen - sind alle wirklich so naiv? Erst im letzten Drittel treten die Schattenseiten dieser Existenzform zu Tage.
Dass alles nicht so heiter und sonnig ist im Staate California, zieht sich in der Figur von Moons Vater durch den ganzen Film, und deshalb kommt es auf die optimale Darstellung von Pops an. James Woods spielt so glaubwürdig, dass man geneigt ist, mal im Internet nachzuschlagen, ob er nicht selbst auch ein Opfer der Parkinsonschen Krankheit geworden sei - so wie etwa sein Kollege Michael J. Fox.
Selbst seine Witze sind eindeutige Hinweise, dass in Moons Existenz vielleicht nicht alles in Ordnung ist: Der erste Witz, den er wunderbar vorträgt, dreht sich darum, dass jemand auf dem Wasser zu gehen scheint. Eine klare Anspielung auf das Mysterium des Kinos, dessen Illusionsmaschine Wunder zu erzeugen scheint. Die Pointe des Witzes entlarvt das scheinbare Wunder. Der zweite Witz, den er sogar bei einem Damenkränzchen vortragen darf, deutet vorausschauend bereits an, dass diejenigen, die an so etwas kostenlose Belohnungen in Sachen Sex glauben, gewaltig eins auf die Nuss bekommen werde.
Dass es genau so kommt, als Moon als Sex-Detektivin arbeitet, überrascht diese wohl am meisten. Weil sie vor einer WebCam nur Zuschauer hat, die auf ihr Treiben nicht reagieren (können), fehlt ihr das Gespür dafür, dass irgendetwas, was sie beruflich tut, das Privatleben anderer Leute beeinflussen könnte. Dass sie die Familie des Autohändlers Terry zerstört, findet dieser keineswegs witzig. Die potenziellen Folgen könnten für Moon tödlich sein.
An dieser Episode demonstriert Regisseur Ash, was Moons bislang unentdecktes Problem ist: die emotionale Dissoziation, die es ihr bisher erlaubte, sich sozusagen losgelöst von externen Reaktionen in einem Spiegelland des Sexus zu sonnen und sich vorzumachen, alles sei in Ordnung. Als Terry ausrastet, erlebt sie einen Angstzustand, der ihr zur Warnung dienen sollte. Ob sie die Warnung ernst nimmt? Erlaubt ihr die narzistische Kultur der Pornoindustrie überhaupt den Ausbruch?
Dass es im "Valley", wo die meisten Pornofirmen in L.A. sitzen, nicht immer freundlich zugeht, zeigt der Fall ihrer farbigen Kollegin, die kurz vor dem Drehbeginn Bedenken bekommt, sich nacheinander von zwanzig Männern durchficken zu lassen. Kann man irgendwo verstehen, doch Mister A sieht das anders: Pro Minute fallen soundso viele Kosten an, und er gibt ihr eine kleine chemische Aufmunterung. Als auch ein Bonus von mehreren tausend Dollar nichts nützt, greift er zur verbalen Peitsche, um sie kirre zu machen. Er verhält sich wie ein Zuhälter, der Profit machen muss - um jeden Preis. Hier wird der Film zur ernst zu nehmenden Sozail- und Wirtschaftskritik.
Leider ein wenig spät kommt die Social Doku zum Vorschein, denn zuvor war es die Aufgabe des Films, in erster Linie zu unterhalten. Easy Listening Music plätschert ins Ohr und gleich wieder hinaus, so dass man sich in einem zeitlosen Jetzt wähnt, das ewig dauern könnte. Kalifornien ist ein Traum, der sich jederzeit in einen Albtraum verwandeln kann, wenn die Traumerzeuger à la Mister A die oberste Regel klarmachen und durchsetzen, die da lautet: Profit machen! Es gibt also doch kein kostenloses Lunch. Wir haben's ja geahnt.
Die DVD
Die Bildqualität sieht sehr professionell aus, doch das Bildformat verrät, dass es sich in Wahrheit um einen TV-Beitrag handelt. Das ist durchaus passend, wenn man bedenkt, dass dieser dokumentarische Spielfilm (Doku-Fiction?) illustrieren und aufrütteln will. Die Bildqualität entspricht High-definition Video, ist also ausgezeichnet. Auch die Tonqualität kann da mithalten: DD 5.1 ist ein sehr guter Standard, wenn er auch meiner bescheidenen Meinung nach nicht zu DTS gleichwertig ist, das ich bevorzuge, das hier aber wohl auch nicht viel brächte.
~ Die Extras ~
Neben dem Originaltrailer, der mit drei Minuten schon recht lang ist, finden sich auf der DVD eine Trailershow und zwei Interviews.
Die beiden nicht untertitelten, englischsprachigen Interviews sind höchst unterschiedlich. Juliette Marquis ("Moon") erzählt hauptsächlich ihre Biografie nach: Wie sie aus ihrer Geburtsstadt Kiew in die USA kam, sich dort für Theater interessierte, dann Schauspielschulen besuchte, in Europa modelte, in Holland eine Dokumentarfilmerin zur Freundin gewann und am Filmen Gefallen fand, wie sie nach L.A. kam und dort mit Annehmlichkeiten überschüttet wurde. Und so weiter.
Rosario Dawson (Moons Freundin "Martine") hingegen ist eine amerikanische Intellektuelle, die viel nachgedacht und somit einiges Schlaue zu sagen hat. Dazu gehört, dass sie sich fragt, ob es so etwas wie ein "Feminist Manifesto on Porn" geben könne, also ein "feministisches Manifest über Pornofilme". Können, dürfen, sollten weibliche Regisseure Pornos für, mit und über Frauen machen? Meist ist ja der männliche lüsterne Blick zu berücksichtigen, wenn eine Frau im Pornostreifen auftaucht. Doch Pornoseherinnen gibt es ja auch, und die wollen eindeutig mehr Erotik im Film als etwa ein Mann. Dass das Drehen von Pornos für die jeweilige Darstellerin auch erniedrigend sein kann, wird im Spielfilm gezeigt. Mister A macht eine seiner Grazien mit Drogen und Drohungen gefügig, weil diese Bammel hat, sich von zwanzig Männern nacheinander bumsen zu lassen.
Dawson schneidet zudem das Thema Kontrolle der Pornoindustrie an. Da es sich um eine globale Multimilliardenbranche handelt, die in der US-Öffentlichkeit aus falscher Moral totgeschwiegen wird, können sich darin illegale und entwürdigende Praktiken ungehindert ausbreiten - genau wie etwa im Drogenhandel und -konsum. Die Opfer sind zuerst immer die Sexarbeiter, weil sie die geringste Macht besitzen. Eine Liberalisierung der Moral und Gesetze würde, so hofft Dawson, zu mehr Transparenz der Branche und schließlich Kontrolle über die Industrie führen. Schöner Traum?
Am Schluss lässt sich die Schauspielerin über den Spielfilm aus: über die Independent-Produktion des Produzenten/Autors/Regisseurs Ash, der sich erstaunlich gut in die weibliche Psyche einfühlen kann. Sie beschreibt die Figur Martine, die sie spielt, ein wenig und erklärt ihre eigene Verpflichtung gegenüber der Aussage des Films.
Selten waren in gut zehn Minuten derart viele Wörter zu hören: Dawson spricht so schnell wie ein Maschinengewehr, und man muss sich stark konzentrieren, um die Sätze halbwegs verstehen zu können. Das ist selbst für Englischkönner schwer genug, weil die Sätze nicht untertitelt sind (ein hoffnungsloses Unterfangen), aber für Leute, die nur wenig US-Englisch verstehen, ist der Versuch aussichtslos.
Unterm Strich
Wer sich für eine Karriere im Porno-Business interessiert, wird kaum Erhellendes finden: Wie viel verdient ein Star im Monat? Solche und andere Fragen bleiben unbeantwortet.
Mehr erfährt man über das Leben eines Pornostars, insbesondere über das von Moon, die wenigstens noch eine Restfamilie hat. Dass das Sexleben auch gefährlich sein kann, zeigt die Episode mit dem AIDS-Test: Zittern und Zagen, bis das Testergebnis da ist.
Wer auf Doku-Erotik steht, der wird sich bei dem Streifen gut unterhalten, und wer von Porno-Drehs nichts weiß, erfährt vielleicht Neues. Am besten gefiel mir James Woods als parkinsongeplagter Vater, der nicht nur schmutzige Witze erzählen kann, sondern immer im unpassendsten Moment anzurufen pflegt. Von den Extras ist nur das Interview mit Rosario Dawson interessant, den Rest kann man getrost vergessen.
- Redakteur:
- Michael Matzer