Tigerland
- Regie:
- Joel Schumacher
- Jahr:
- 2000
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA/D
1 Review(s)
14.05.2005 | 09:06Story
Im Jahr 1971 sind die USA eine gespaltene Nation: Während ein Teil der Bevölkerung gegen den Vietnamkrieg protestiert, bereitet ein anderer Teil sich darauf vor, an ihm teilzunehmen. Fort Polk, Louisiana, ist einer der Orte, an denen junge Männer für den Krieg ausgebildet werden. Auch "Tigerland" befindet sich hier, ein dem vietnamesischen Dschungel beklemmend ähnliches Areal, auf dem Rekruten zum Abschluss ihrer Ausbildung den Ernstfall simulieren, bevor sie nach Vietnam geschickt werden.
Roland Bozz (Colin Farrell, "Alexander", "Der Einsatz", "Nicht auflegen!", "S.W.A.T.") ist einer dieser Rekruten, wenn auch kein typischer, sondern der Rebell der Einheit. Er weigert sich, sich dem harten Drill unterzuordnen, lehnt sich offen gegen die gnadenlosen Ausbilder auf und bereitet seine Flucht vor. Dass zwischen ihm und Jim Paxton (Matthew Davis, "Pearl Harbor", "Blue Crush") mehr und mehr eine Freundschaft entsteht, ist ihm dabei alles andere als lieb. Und dann ist da auch noch der Kriegsfanatiker Wilson (Shea Whigham), der absolut heiß auf auf den Krieg ist und neben Hass auf Bozz auch noch Hass auf jede Art von Minderheit schiebt. In der Hölle von Tigerland bietet sich schließlich die Chance zur Eskalation.
Gesamteindruck
Eine ganze Weile vor dem skandalumwitterten "Alexander" und auch lange vor kommerziell(er)en Kinoerfolgen aus dem Action- und Thrillergenre wie "S.W.A.T." oder "Der Einsatz" lebte Irlands Exportschlager Colin Farrell den Traum (fast) aller Jungen aus und spielte unter der Regie von Joel Schumacher in diesem Kriegsdrama Soldat. Zwar darf Farrell den erfolgreichen "Abschlepper" markieren und seinen Ruf als Macho untermauern, dennoch wird schnell klar, dass der damals kaum 20-jährige Schauspieler mehr zu bieten hat. Obwohl sich Roland Bozz bemüht, seine Kameraden und Vorgesetzten nicht hinter die Fassade blicken zu lassen - und dabei meistens Erfolg hat - ermöglicht Farrell dem Zuschauer ebendies und ebenfalls erfolgreich. Im Verlauf des Films darf der Zuschauer beobachten, wie der Nonkonformist Bozz mehr und mehr seine Maske fallen lässt und deutlich wird, dass sein erstes Interesse eben nicht dem Selbsterhalt gilt.
Doch nicht nur Farrells Leistung verdient Lob. Auch die ihm zuarbeitenden übrigen Darsteller, allen voran Matthew Davis als Bozz' Freund "Jim Paxton" und natürlich der ewige Widersacher Shea Whigham als "Wilson" liefern durchweg eine überzeugende Darstellung ab. Speziell Whigham lässt im geneigten Publikum vor dem Bildschirm glaubhaft den Eindruck entstehen, er habe die Grenze zwischen Realität und Wahnsinn längst überschritten. Vergleiche zu Vincent D'Onofrios Darstellung des Amokläufers in "Full Metal Jacket" drängen sich förmlich auf.
Schumachers Inszenierung ist durchweg stimmig. Obwohl auf die langsam entstehende Freundschaft zwischen Paxton und Bozz ein Fokus gerichtet ist und auch die diversen anderen, größtenteils freundschaftlichen, zwischenmenschlichen Verstrickungen ihren Teil Aufmerksamkeit bekommen, wird kein Zweifel daran gelassen, wie unmenschlich mit den Rekruten umgegangen wird und wie unmenschlich das gesamte System eigentlich ist. Speziell die Darstellung der Problemcharaktere, denen Bozz dabei hilft, dem Wehrdienst zu entgehen (u. a. Clifton Collins Jr., "187", "Traffic - Die Macht des Kartells"), ist ein nachdrücklicher Ausdruck von Sozialkritik, die im Film immer wieder spürbar wird, ohne dabei aber dem Zuschauer den moralischen Zeigefinger ins Auge zu stechen.
Die Geschichte wird in ungeschönten, teils krassen Bildern erzählt. Geschickt setzt der Regisseur dabei ein Spektrum an Beleuchtungstricks und Kameraeinstellungen ein, um in bestimmten Szenen die Aufmerksamkeit des Zuschauers nach seinen Vorstellungen zu leiten und bewusste Schwerpunkte zu setzen.
Die FSK-Freigabe ab 16 Jahren erscheint alles in allem angemessen. Zwar gibt es keine wirklich abstoßende Gewalt, aber es ist doch stets eine relativ gewalttätige Grundstimmung spürbar, die sich immer wieder entlädt. Auch die diversen Schauplätze zwischenmenschlicher Dynamik bedürfen einer gewissen Reife, um sie richtig verarbeiten zu können.
Die DVD
Die DVD enthält neben dem Hauptfilm mit einer Spielzeit von rund 97 Minuten noch etwa 15 Minuten Bonusmaterial. So werden vier Szenen des Colin-Farrell-Castings gezeigt, 2 TV-Spots, eine Featurette und einige Trailer.
Insgesamt ist die DVD dreisprachig gehalten. Sowohl die Menüs als auch die optionalen Untertitel sind spanisch, englisch oder deutsch (im Fall der Untertitel "für Hörgeschädigte") verfügbar. Ausserdem finden sich deutscher, englischer und spanischer DD-5.1-Ton auf der Scheibe.
Das Fazit
"Tigerland" ist ein beklemmendes Drama vor dem eher hintergründigen Schauplatz des Vietnamkriegs. In Zeiten, in denen junge Amerikaner im Irak und anderswo ihrem Land dienen, gewinnt dieses Werk eine neue, hochaktuelle Brisanz. Der Film erzählt eine Geschichte, die durchaus im Bereich des Glaubhaften liegt, und setzt dabei auf eine stimmige Mischung aus krassen Bildern mit Schockeffekt und dezenterer Kost. Sehr empfehlenswert für jeden Fan von Dramen in militärischer Kulisse. Sehenswert auch für Fans des Hauptdarstellers.
- Redakteur:
- Sebastian Hirschmann