Verführerischer Mond
- Regie:
- Kaige Chen
- Jahr:
- 1996
- Genre:
- Drama
- Land:
- China, Hongkong
- Originaltitel:
- Feng Yue
1 Review(s)
08.06.2008 | 12:26Daten:
Regie: Kaige Chen
Buch: Kaige Chen (Geschichte), Kei Shu (Drehbuch), Anyi Wang
~ Filmografie Kaige Chen: ~
2007: Chacun son cinéma
2005: Wu Ji - Die Reiter der Winde
2002: Killing Me Softly
2002: Ten Minutes Older: The Trumpet
2002: Xiaos Weg
1999: Der Kaiser und sein Attentäter
1996: Verführerischer Mond
1993: Lebewohl, meine Konkubine
1991: Die Weissagung des Meisters
1987: König der Kinder
1986: Die Große Parade
1984: Gelbes Land
~ Darsteller: ~
Leslie Cheung als Yu Zhongliang
Li Gong als Pang Ruyi
Kevin Lin als Pang Duanwu
Caifei He als Yu Xiuyi (Zhongliang's Schwester)
Shih Chang als Li Niangjiu
Liankun Lin als Pang An
Xiangting Ge als Elder Qi
Yin Tse als Boss
David Wu als Jingyun
Jie Zhou als Frau von Zephyr Lane
Yemang Zhou als Pang Zhengda
Lei Ren als Yu Zhongliang (als Kind)
Ying Wang alsPang Ruyi (als Kind)
Lin Ge als Pang, Duanwu (als Kind)
Musik: Jiping Zhao
Kamera: Christopher Doyle
Schnitt: Xiaonan Pei
Bei der vorliegenden deutschen Veröffentlichung von Arthaus handelt sich um den in Deutschland bisher unveröffentlichten 127-minütigen Director's Cut. Diese Version ist laut Aussagen von Kinowelt direkt vom HD-Master aus China in anamorpher Qualität gemastert worden - d. h. es handelt sich dabei nicht um die schon seit Jahren im Handel befindlichen VHS-Version.
Auf diesen Film bin ich hauptsächlich aufgrund des Kameramanns Christopher Doyle gekommen - dessen Filme waren für mich eigentlich immer kleine optische Kunstwerke.
~ Kameramann Christopher Doyles fotografierte Meisterwerke (Auszug): ~
- Eros
- Dumplings
- Three ... Extremes
- 2046
- Infernal Affairs
- Hero
- Der stille Amerikaner
- In the Mood for Love
- Happy Together
- Verführerischer Mond
- Fallen Angels
- Chungking Express
- Days of Being Wild
Handlung:
Die Handlung findet im China des Jahres 1911 ihren Anfang. Das große Kaiserreich liegt in den letzten Zügen und ganz China befindet sich im gesellschaftlichen Umbruch. Die in den Jahrhunderten zu mächtigen Familienclans herangewachsenen Herrschaftshäuser sind inzwischen von Dekadenz und Opiumsucht gezeichnet.
Ebenso geht es dem Clan der Familie Pang - die Tochter Ruyi (Gong Li) und ihr Bruder Zhengda sind beide opiumabhängig. Ihren Schwager Zhongliang (Leslie Cheung) zwingen sie zu ihrem Vergnügen, kleinere Liebesspiele mit seiner Schwester aufzuführen.
Aufgrund dieser Demütigung verlässt Zhongliang den Palast des Clans, um in Shanghai eine lukrative Karriere als Krimineller bei einem örtlichen Unterweltboss zu machen. Das moderne China bietet inzwischen sehr viele Möglichkeiten, um mit Gaunereien sehr schnell reich zu werden.
Nach zehn Jahren stirbt das Oberhaupt des Pang-Clans, und da Zhengda, der legitime Nachfolger des Oberhauptes, durch seine Opiumsucht unfähig ist, den Clan zu führen, rückt seine Schwester Ruyi an seine Stelle. Als dem Unterweltboss in Shanghai bekannt wird, dass der ehemalige Clan Zhongliangs ein weibliches Oberhaupt hat, schickt er Zhongliang in deren Palast, um sich das Familienvermögen anzueignen.
Doch anstatt Ruyi um das Erbe zu bringen, verliebt sich Zhongliang in die schöne junge Frau. Dabei sollte er sie aufgrund der Quälereien seitens ihrer Familie eigentlich hassen ...
Kritik:
Einfach phantastisch inszeniert und nahe am "Idealfilm" - in so wenige Worte lässt sich "Verführerischer Mond" fassen. Die Geschichte - eine Mischung aus Sozialkritik, Liebesgeschichte, Familiendrama und Historienfilm - wird in einer äußerst packenden Art und Weise erzählt, ohne zu einem Zeitpunkt nur ansatzweise zu langweilen.
Im Film wurde vom Regisseur zusätzlich akribisch auf die damaligen historischen Ereignisse eingegangen, sodass der Zuschauer als kleine Zugabe ganz nebenbei eine Lehrstunde in chinesischer Geschichte erhält. Damit die Szenen so authentisch wie möglich wirken, mussten die malerischen Sets mit viel Liebe zum Detail und sehr aufwändig ausgestaltet werden - eine eindrucksvolle Leistung. Zu dieser optischen Pracht wurde auch der Musikscore passend ausgewählt, der zwischen typisch chinesischen Titeln und Zwanzigerjahre-Charleston bzw. Tanzmusik wechselt - auch das zeigt die Umbruchstimmung im China der 20er Jahre und vervollständigt so die authentische Atmosphäre.
~ Die Schauspieler: ~
Alle Schauspieler bis hin zum kleinsten Nebendarsteller verkörpern ihre Rollen ausgezeichnet und geben wirklich keinerlei Anlass zu Kritik. Besonders hervorzuheben sind allerdings die Leistung von Gong Li und Leslie Cheung - die beiden spielen einfach meisterhaft, und man möchte als Zuschauer die arme Gong Li als Pang Ruyi einfach nur tröstend in den Arm nehmen.
~ Die Technik: ~
Doch den größten Anteil daran, dass der Film so einen hervorragenden Gesamteindruck bei mir hinterlassen hat, das ist die technische Umsetzung bzw. die meisterhafte Kameraarbeit von Christopher Doyle. Er verwendet zu jeder einzelnen Szene die dafür ideale Kameraeinstellung. Es wechseln sich Handkamera, spektakuläre Kamerafahrten, Großaufnahmen etc. in einer vorher selten gesehenen meisterhaften Art und Weise ab - besser geht es nicht. Jede Szene wirkt dadurch wie ein Gemälde oder ein Kalenderblatt, an dem man sich fast nicht sattsehen kann. Doyles Arbeit zeigt, welche Kraft im Kino alleine durch Bilder erzeugt werden kann. Wirklich - aufgrund der dargebotenen überwältigenden Bilder hätte ich fast die Handlung aus den Augen verloren.
~ Meisterwerk? ~
Mischt man nun alle Zutaten wie Ausstattung, die gehaltvolle facettenreiche Geschichte und die sensationelle Technik, wird der positive Gesamteindruck potenziert und es entsteht das oben beschriebene Meisterwerk. Ich kann diesen Film jedenfalls nur empfehlen - jeder, der sich nur einigermaßen "Filmfreund" nennen will, sollte zugreifen. Kino pur, so wie man es sich nur wünschen kann.
Die DVD:
Wie oben erwähnt basiert dieser 127-minütige Direkto's-Cut-Version laut Aussagen von Arthaus/Kinowelt direkt auf dem HD-Master aus China. Das Bild ist dementsprechend in sehr gutem Zustand, Bildfehler wie Verschmutzungen oder Kratzer sind aber dennoch in geringem Umfang vorhanden. Die Bildschärfe objektiv zu beurteilen, fällt leider nicht leicht, weil der Regisseur aus künstlerischen Zwecken viele Filter und Weichzeichner verwendet hat. Ich würde aber behaupten, dass das Bild ausgezeichnet gemastert wurde - mit heutigen Qualitätsstandards kann die Bildqualität sowieso nicht verglichen werden, da der Film aus dem Jahre 1996 stammt und zusätzlich aus Asien, in dem mit den Original-Negativen nicht sonderlich sorgsam umgegangen wird.
Der 2.0-Stereoton ist auch sehr gut gelungen und fast rauschfrei umgesetzt. Er liegt in Deutsch sowie in der Originaltonspur Mandarin vor. In den im Director's Cut neu hinzugekommenen Szenen wird allerdings nur in Mandarin gesprochen - dafür sind diese zusätzlichen Szenen dann aber mit deutschen Untertiteln unterlegt.
Die Extras:
- Making-of (über 20 Minuten - leider nur in Englisch)
- Deutscher Trailer "Verführerischer Mond"
- Fotogalerie
- Der Pang Clan (Textinfos)
- Starinfos
- Interview mit Chen Kaige (Textinfos)
- Statement des Regisseurs (Textinfos)
- Zum Hintergrund des Filmes
Dazu gibt es noch Trailer zu weiteren Titeln des Labels:
- Million Dollar Baby
- Mr. & Mrs. Smith
- Breaking News
- Frühling, Sommer, Herbst, Winter ... und Frühling (einer meiner Lieblingsfilme von Kim Ki Duk)
- Fallen Angels (Wong Kar Wai)
- Silver Hawk
- Three Season
- Erde Wasser Luft
- Chinese Box (genialer Film!)
- Chungking Express (Wong Kar Wai)
- Eat drink man woman (Ang Lee)
Fazit:
Für mich ist "Verführerischer Mond" wirklich das erhoffte Meisterwerk, das ich erwartet hatte.
Einen Großteil der Faszination bezieht der Film ganz klar aus der fantastischen Kameraarbeit Christopher Doyles. Dazu gibt es aufwändige Kostüme zu bestaunen, und die stimmungsvolle Musik passt ausgezeichnet zu den detaillierten Filmsets. Darin findet eine sensibel erzählte, romantische Liebesgeschichte ihren Verlauf. Traumhaft - so muss echtes Kino aussehen.
"Verführerischer Mond" ist für mich ein nahezu perfekter Film, den ich jedem Cineasten ans Herz legen möchte, der auf sorgsam erzählte Geschichten Wert legt. "Gelegenheitsgucker" und Popcornkino-Fans werden allerdings ihre liebe Mühe mit diesem anspruchsvollen Film haben - sie sollten aber ungeachtet dessen ebenfalls zugreifen. Der überwältigende Genuss ist auf jeden Fall jegliche Mühe wert.
- Redakteur:
- Detlev Ross