Wrong Turn 2 - Dead End
- Regie:
- Lynch, Joe
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Horror
- Land:
- USA
1 Review(s)
28.11.2007 | 15:45Greenbrier Back Country ist eine laubwaldreiche, im Sommer sehr idyllische Region im US-Staat West Virginia. Der aufstrebende TV-Produzent Michael (der gefälligst "M" genannt werden möchte) und seine Partnerin und Lebensgefährtin Mara haben hier die Austragungsstätte für ihre Show "The Ultimate Survivalist: The Apocalypse" gefunden: Sechs junge, sorgfältig nach Quoten-Proporz ausgesuchte Männer und Frauen werden ohne Ausrüstung in den Wald getrieben und sollen dort - natürlich stets von Kameras beobachtet - 'überleben', was durch diverse dümmliche 'Tests' spannender gestaltet wird. Ex-Soldat "Colonel" Dale gibt vor der Kamera den Moderator & Einheizer und sorgt hinter den Kulissen dafür, dass niemand verletzt wird.
Weder er noch M ahnen, dass eine ihrer Kandidatinnen auf dem Weg zum Drehort eine falsche Abkürzung genommen hat und den heimlichen Bewohnern des Waldes in die Hände gefallen ist: Degenerierte Hinterwäldler, deren Körper und Hirne durch Inzucht und die giftigen Abwässer einer aufgelassenen Papierfabrik mutiert und zerfressen wurden, haben sie in eine Falle gelockt und in ihre Speisekammer befördert. Als sie feststellen, dass noch weitere leckere Gäste durch ihr Revier stolpern, nehmen sie dieses Angebot entzückt wahr.
Während hübsche Körper durchbohrt, zerschnetzelt und skalpiert werden, erweist sich Dale als harter Brocken, der den Kannibalen gewachsen ist. Er denkt nicht daran zu fliehen, sondern rüstet auf und macht sich daran, die unglücklichen Darsteller zu retten. Die haben sich - inzwischen arg dezimiert - zur Flucht in die Papierfabrik entschlossen, wo sie sich verbarrikadieren wollen. Wie könnten sie auch wissen, dass sie sich buchstäblich in die Höhle des Löwen begeben? Während Dale mit Pfeil, Bogen & Dynamit durch den Wald schleicht, wird in der Fabrik der Hauptgang des Tages vorbereitet; er liefert sich quasi selbst ins Haus ...
Das Gute oder wenigstens Erfolgreiche zieht nicht nur im Horror-Film Fortsetzungen nach sich, die in der Regel auf die Neugier der Zuschauer spekulieren und finanziell knapp kalkuliert sind. Die Schauspieler rekrutieren sich aus dem Meer gesichtsloser, aber hoffnungsvoller Nachwuchsmimen, die um Hollywoods Studios lungern, und müssen vor allem hübsch aussehen und billig anzuheuern sein. Der Einfachheit halber wird die Story des Originals bloß ein wenig variiert oder gleich noch einmal erzählt; "Wrong Turn 2" fällt in die zweite Kategorie.
Das Ergebnis ist - so hoffen die Produzenten - ein kostengünstiger Film, der mindestens die Hälfte des Vorgängers einspielt und so für hohe Gewinne sorgt. Womöglich schmeckt dem Publikum die aufgewärmte Blutsuppe, dann lässt sich aus dem Produkt sogar ein Franchise entwickeln. So weit sind wir in unserem Fall noch nicht, aber die Weichen sind gestellt: Die Story ist gleichermaßen simpel wie einsatztauglich - die Welt ist voller dämlicher Teenies, und Kannibalen sind fruchtbar, sodass die Hatz über Berg und Tal sich problemlos wiederholen ließe. (Der Schluss-'Gag' deutet es nicht nur an.)
"Wrong Turn 2" ist ein Film ohne jeden originellen Einfall. Das schließt die Todesarten, die doch die heimlichen Höhepunkte bilden und eine echte Geschichte ersetzen sollen, ausdrücklich ein. Fast könnte man in politisch korrekte Lobesworte verfallen und darauf verweisen, dass die Spezialeffekte, mit denen diverse Darstellertode zelebriert werden, in der Regel recht zurückhaltend in Szene gesetzt sind. Freilich liegen dem wohl vor allem Kostengründe zu Grunde. Hin und wieder floss das Geld ein wenig reichlicher, und dann wird wahrlich effektvoll gestorben!
Ansonsten wird variiert oder einfach übernommen, wie das so ist und sein muss, wenn ein Film "direct-to-DVD" und in 25 Tagen herunterzukurbeln ist. Das angepeilte Publikum goutiert möglicherweise eine einfallsreiche Story oder fähige Darsteller ohnehin nicht; es ist so gut konditioniert, dass es billigen Reißbrett-Horror erwartet und irritiert oder gar ablehnend auf Anspruch in jeglicher Form reagieren könnte. (Ist das sarkastisch geurteilt oder spiegelt es einfach die Realität wider?)
Wobei "billig" paradoxerweise längst nicht gleich "miserabel" bedeutet. Seit mehr als 100 Jahren werden in Hollywood Filme gedreht. Man weiß dort, wie man auch mit wenig Geld ansprechende Ergebnisse erzielt. "Wrong Turn 2" ist als Filmhandwerk bemerkenswert gut geraten. Die Sets mögen entweder von der Natur vorgegeben oder sparsam aufgebaut worden sein, aber hinter der Kamera standen Leute, die genau wussten, welche Bilder sie aus dem Vorhandenen quetschen konnten. Auch Schnitt oder Sound geben dem Geschehen Schwung und Spannung. Die Masken der Mutanten sind genau so scheußlich, dass sie Ekel erzeugen, ohne es dabei zu übertreiben.
Möchte man echte Gedankenarbeit in diesen Streifen investieren, könnte man sich sogar fragen, ob "Wrong Turn 2" im Vergleich mit "Wrong Turn" von 2003 nicht sogar der bessere Film ist: Im Splatter, der nur der Unterhaltung dient, ist der Inhalt wichtiger als die Form. Insofern ist "Wrong Turn 2" ehrlicher als das Original, denn die Fortsetzung repräsentiert den Splatter weitaus genrereiner.
Immer noch beliebt ist im zeitgenössischen Horror-Kino augenscheinlich das "Blair-Witch"-Prinzip. Die Figuren tragen in "Wrong Turn 2" kleine Kameras am Körper, durch die der Zuschauer immer wieder mitten ins Geschehen gezogen werden soll. Der Trick ist einfach und vor allem billig zu verwirklichen, er ist inzwischen allerdings auch abgegriffen bzw. wurde vom Fernsehen übernommen, das in seinen getürkten "Survival"-Shows gern mit dieser Methode arbeitet, um Spannung zu suggerieren.
Dem Tod in die Sense läuft man übrigens, wie es sich im US-Splatter gehört: Lustbolde, Schwätzer, Zicken und sexuell Abartige trifft es garantiert, während Pfadfinder, Jungfrauen (oder wenigstens halbwegs brave oder geläuterte Mädels) und Kämpfernaturen gute Chancen haben, das Finale zu erreichen. Werden sie doch gekillt, dann opfern sie sich selbstverständlich für verletzte oder gefesselte Gefährten. Nur eine Ausnahme gibt es, was ein irritierendes Element in die Handlung bringt: Überraschung. Das vergeht rasch, und irgendwann wird es sowieso schwierig, die Täter von ihren Opfern zu unterscheiden, denn alle schwingen sie tödliche Waffen gegeneinander und sind gleichermaßen mit Blut verschmiert.
Alles rennt, rettet, flüchtet: Mit dieser hübschen asyndetonischen Reihung ist die schauspielerische Herausforderung von "Wrong Turn 2" fast vollständig beschrieben. Für Crystal Lowe, die nicht nur Darstellerin, sondern auch Model ist, kommt das Setzen von Schlaglichtern hinzu, die im US-(Horror-)Kino als "erotisch" gelten: Sie ist es dieses Mal, die ihren BH aufhaken muss.
Aber auch (wenngleich knapp) bekleidet kann sich die Besetzung durchaus sehen lassen. Das tröstet über die Tatsache hinweg, dass sich die Mehrheit der Darsteller, die hier hoffnungsfrohen TV-Nachwuchs mimen, knapp vor 30 sind oder diesen Geburtstag bereits hinter sich gebracht haben ...
Da im dichten Wald Licht und Schatten die Sicht trüben und sich viele Szenen sogar in dunklen Räumlichkeiten abspielen, sind die Schauspieler mimisch stark gefordert. Vor allem Erica Leerhsen lässt die Gesichtszüge tanzen, damit sich ihre inneren Gefühle deutlich der Kamera offenbaren. Viel Dreck und aufgeschminkte Verletzungen verhüten aber hier und auch bei den anderen Darstellern das Schlimmste.
Die Abwesenheit echten Humors macht "Wrong Turn 2" zu einer schwer verdaulichen Angelegenheit. "Lustig" kommt vor, doch nur in Gestalt ausgeleierter Kalauer (für die hier ausgiebig der arme Steve Braun als notgeiler Jonesy zu sorgen hat). Ansonsten nimmt sich "Wrong Turn 2" schrecklich ernst, was einfach nicht funktioniert, da selbst der betrunkene Zuschauer die bodenlosen logischen Löcher im Drehbuch bemerken dürfte. (Oder ist es etwa ein - dann gelungener - Scherz, wenn man auf dem Gelände der Papierfabrik Fässer mit der Aufschrift "Giftabfall - gefährlich für werdende Mütter" stehen sieht?) Nötige Ironie bringt höchstens Henry Rollins als Klischee-Rambo Dale ins Spiel.
In die Rollen oder besser die Masken der Mutanten sind hauptsächlich Stuntmänner und -frauen geschlüpft, was angesichts des Körpereinsatzes einleuchtet, den sie an den Tag legen. Grunzen & Grimassieren ist darstellerische Kärrnerarbeit, die sie nebenbei und zufriedenstellend erledigen. (Warum sie nicht sprechen, aber Auto fahren können, verraten uns die Drehbuchautoren nicht - halt: In einer Szene unterhalten sich unsere Hillkillbillies doch - und dann nicht mehr.)
Daten
Originaltitel: Wrong Turn 2
USA 2007
Regie: Joe Lynch
Drehbuch: Turi Meyer u. Al Septien
Kamera: Robin Loewen
Schnitt: Ed Marx
Musik: Bear McCreary
Darsteller: Erica Leerhsen (Nina), Texas Battle [d. i. Clifton Quincy Battle] (Jake), Aleksa Palladino (Mara), Daniella Alonso (Amber), Steve Braun (Jonesy), Matthew Currie Holmes (M), Crystal Lowe (Elena), Kimberly Caldwell (Kimberly), Henry Rollins (Dale), Wayne Robson (Oldtimer), Ken Kirzinger (Vater), Ashlea Earl (Mutter), Clint Carleton (Bruder), Rorelee Tio (Schwester), Jeff Scrutton ("Three Finger"), Cedric De Souza (Neil), John Stewart (Wojo), Bro Gilbert (Chris) u. a.
Anbieter: Highlight Video
Vertrieb: Paramount Home Entertainment
Erscheinungsdatum: 04.10.2007 (Verleih-DVD) bzw. 25.10.2007 (Kauf-DVD)
Bildformat: 16 : 9 (1,85 : 1 anamorph)
Audio: DTS 5.1 (Deutsch), Dolby Digital 5.1 (Deutsch, Englisch)
Untertitel: Deutsch (für Hörgeschädigte)
DVD-Typ: 1 x DVD-9 (Regionalcode: 2)
Länge: 93 min.
FSK: keine Jugendfreigabe
DVD-Features
Dem obligatorischen "Making-of" folgt eine im Horrorfilm auf DVD ebenso verbindliche Featurette über die Special Effects. Ein seltsamer zweiminütiger Beitrag zeigt einen Musiker namens "P-Nut", der Bass in einer möglicherweise bekannten Rockband namens 311 spielt, am Set. Abgerundet wird alles mit Darsteller-Infos. Und dann reicht's aber auch!
- Redakteur:
- Michael Drewniok