entfesselte Silvesternacht, Die
- Regie:
- Marco Risi
- Jahr:
- 1998
- Genre:
- Komödie
- Land:
- Italien
- Originaltitel:
- L'ultimo Capodanno
1 Review(s)
06.05.2007 | 13:39Die Italienerin Monica Bellucci hatte in den letzten Jahren ein goldenes Händchen für zwiespältig aufgenommene Filme. So spielte sie in Gaspar Noés "Irréversible" (2002), an dessen erschütterndster Sequenz - einer quälend langen und äußerst brutalen Vergewaltigung - sie maßgeblich beteiligt war. Außerdem wirkte sie in Mel Gibsons plakativem Skandal-mit-Ansage-Splatterfilm "The Passion Of The Christ" (2004) mit, der erneut unter Beweis gestellt hat, dass oberflächliche Provokation - so sie sich an die richtigen Kreise richtet - auch im 21. Jahrhundert den gewünschten Effekt erzielen und letztlich die Kassen klingeln lassen kann.
Marco Risis auf dem gleichnamigen Bestsellerroman von Niccolò Ammaniti basierender "Die entfesselte Silvesternacht" ist zwar nicht so skandalträchtig oder umstritten wie die erwähnten Streifen, aber trotzdem keineswegs für Walt-Disney-Fans oder die ganze Familie geeignet. Der Italiener schickt seine Hauptdarstellerin und das übrige Ensemble durch eine tiefschwarze Komödie, die nichts für Leute ist, die zwischen Humor und ein bisschen Kunstblut keine Verbindung herstellen können.
Story:
Am Silvesterabend treffen die verschiedenen Mietparteien eines Wohnkomplexes ihre individuellen Partyvorbereitungen: Giulia erwartet ein paar Freunde, mit denen sie den Jahreswechsel begehen möchte; die beiden Verlierer Cristiano und Ossadipesce feiern notgedrungen für sich allein, weil sie mal wieder niemand eingeladen hat; der Rechtsanwalt Rimaldi konnte sich mit der Ausrede, auf Geschäftsreise gehen zu müssen, von seiner Familie loseisen und hat für diesen Abend eine zünftige Sitzung mit einer Domina eingeplant; und eine etwas betagte Gräfin hat neben einem ausgelassenen Fest mit vielen Gästen auch ein Schäferstündchen mit ihrem jungen Liebhaber auf der Rechnung ...
Kritik:
Marco Risis Film wäre keine skurrile Komödie, wenn nicht alles ganz anders kommen würde, als es die einzelnen Protagonisten vorgesehen haben. Der Regisseur lässt Stück für Stück das Chaos ausbrechen, und schon bald kommt es in den einzelnen Wohnungen des Mietshauses zu Konflikten. Giulia muss bereits vor ihrer Party erfahren, dass ihr Ehemann eine Affäre hat, was sie im Verlauf der Geschichte leicht außer Kontrolle geraten und zu einer unberechenbaren Furie werden lässt, und auch Rimaldi sieht sich neben den gewollten Schlägen der Domina plötzlich den ungewollten Anfeindungen von drei trotteligen Schlägertypen ausgesetzt, die allerdings ihrerseits absolut keinen Sinn für Humor haben.
Die Grundlage für abgedrehte Situationen wird von Risi gekonnt geschaffen, und über weite Strecken gelingt es auch, den Zuschauer mit der Durchgeknalltheit der Figuren bei Laune zu halten. Dennoch haben sich ein paar Längen eingeschlichen, was vor allem daran liegt, dass die im Mittelfeld angesiedelte Gag-Dichte unabsichtlich darauf hinweist, dass die Handlungsstränge nicht alle zum Ziel führen. Am gelungensten ist die Geschichte um Giulia, die aufgrund ihrer Hauptdarstellerin überzeugen kann (man nimmt Monica Bellucci ab, dass sie so ausklinken kann, wie es sich hier darstellt), während insbesondere die Rimaldi-Episode schleppend verläuft. Die Idee von schrägen Gangstern in schwarzen Anzügen war auch im Entstehungsjahr nicht mehr neu und aufregend, und die Dialoge verfehlen das angestrebte Tarantino-Niveau deutlich. In dieser Form bleibt nichts weitestgehend nichts und wird nicht zur Kunstform erhoben.
Unabhängig von den Kritikpunkten kann man dem Film eines nicht unterstellen: Inkonsequenz. Risi rückt den schwarzhumorigen Charakter seines Streifens in den Vordergrund, wo immer sich die Gelegenheit eröffnet, und zieht die einmal eingeschlagene Linie bis zum Ende durch. Keine Entschuldigungen, keine Rückzieher, keine Rechtfertigungen. Das ist immerhin respektabel und wurde von anderen Kollegen schon halbherziger gehandhabt. Zu einer Sternstunde des (italienischen) Films gerät "Die entfesselte Silvesternacht" dadurch zwar immer noch nicht, aber gute Unterhaltung ist streckenweise die Folge.
- Redakteur:
- Oliver Schneider