DEATH - Individual Thought Patterns
Mehr über Death
- Genre:
- Progressive Death Metal
- Label:
- Century Media
- Overactive Imagination
- In Human Form
- Jealousy
- Trapped In A Corner
- Nothing Is Everything
- Mentally Blind
- Individual Thought Patterns
- Destiny
- Out Of Touch
- The Philosopher
[Klassiker]
Bisher wurden DEATH sträflich vernachlässigt in unserer Platten-Datenbank. Auf die gelobte Besserung sollen nun auch Taten folgen, weshalb ich vor meinem CD-Regal und der schweren Aufgabe stand, die nächste Langrille der Musiklegende auswählen zu dürfen.
Sicherlich zählen die beiden Death Metal-Meilensteile "Scream Bloody Gore" und "Leprosy" mit zu den wegweisendsten Scheiben überhaupt, und auch mit "Human" konnte sich Meister Schuldiner anno 1991 erneut ein "besonders wertvoll" an die Kutte kleben - damit traten DEATH eben mal so die Progressive Death Metal-Welle mit begnadeten Bands wie CYNIC, ATHEIST oder PESTILENCE los.
Meine Wahl fiel letztendlich auf das ´93er-Kleinod "Individual Thought Patterns", welches meines Erachtens die schlechthin technisch anspruchsvollste DEATH-Scheibe aus der neueren Phase darstellt. Ein kurzer Blick auf die Musiker, welche Evil Chuck dieses Mal um sich geschart hatte, klärt das schnell auf: Niemand geringeres als Drum-Tier Gene Hoglan und der definitiv beste Basser der extremen Metal-Szene, Fretless-Gott Steve DiGiorgio, bildeten die Rhythmusfraktion. An der zweiten Sechssaitigen stand Chuck KING DIAMOND-Klampfer Andy LaRocque zur Seite. Und auch wenn alle nachfolgenden DEATH-Langeisen rein musikalisch gesehen nicht schlechter waren, so kann man bei "Individual Thought Patterns" doch mit Fug und Recht vom mit Abstand stärksten Musiker-Aufgebot in der illustren Bandgeschichte reden.
Das gipfelte dann in Break-Orgien wie dem äusserst verspielten Opener "Overactive Imagination", einem für DEATH sehr überraschend melodieverliebten "Nothing Is Everything" oder dem mit Rhythmuswechseln nur so gespickten "Trapped In A Corner".
Im direkten Vergleich mit dem Vorgänger "Human" wirken die "Individual Thought Patterns" wie ein Quantensprung: Vorbei war´s zunächst mal mit dem typischen Death Metal-Riffing, Chuck schraubte sich stimmlich in deutlich höhere Sphären und überhaupt wurde alter musikalischer Ballast - insofern denn bei DEATH davon die Rede sein kann - über Bord geworfen. Verspielte Gitarrenleads und vollkommen unkonventionelles Riffing sowie fast schon eine dreamtheater´sche Anzahl an Taktwechseln und kleinen Solospielereien bestimmte das Bild. Von Gene Hoglan hatte man bereits nach dem ersten Hördurchlauf die gedankliche Vorstellung eines mutierten Oktopus im Kopf, und was DiGiorgio auf seinem Tieftöner bot, reichte fast an die wirren Jazz-Fills von der noch vertrackteren CONTROL DENIED-Scheibe heran. Zwar bemüht sich der gute Mann, oftmals die Gitarrenfraktion zu begleiten, geht dabei aber mindestens genauso oft auf musikalische Streifzüge durch teils atonale Sphären, die wohl auf Ewig ihm vorbehalten bleiben werden. Und schliesslich verleitete Schuldiner-Gegenpart LaRocque den Meister zu den wohl harmonischsten und schönsten Soli seiner Karriere - allerdings auch zu einigen beabsichtigt dissonanten Klängen, welche sonst eher der Welt des Free-Jazz vorbehalten sind.
Das machte summa summarum die Platte sicherlich zu eines der am schwersten zu konsumierenden DEATH-Outputs, wobei es allerdings zu bemerken gilt, dass alle Songs trotz des unglaublich hohen Niveaus stets schlüssig und nachvollziehbar sind, zumal auch nie die Fünf-Minuten-Marke überschritten wird.
Ich persönlich fühle mich in der sehr frickeligen Welt von "Individual Thought Patterns" pudelwohl und meine, dass DEATH auch in diesem Stadium der Entwicklung doch bessere Songs schrieben als die mir etwas zu abgefahrenen ATHEIST.
Somit möchte ich diese Scheibe - nicht zuletzt auch wegen der wertvollen Lyrics von Chuck, die dieses Mal äusserst philosophisch gestaltet wurden und wirklich Tiefgang bieten - jedem Musikliebhaber ans Herz legen, der sich die extreme metallische Gangart auch auf höchstem Musikniveau vorstellen kann.
Anspieltipps: Overactive Imagination, Trapped In A Corner, Mentally Blind, The Philosopher
- Redakteur:
- Rouven Dorn