AMORPHIS - Eclipse
Mehr über Amorphis
- Genre:
- Rock
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 17.02.2006
- Two Moons
- House Of Sleep
- Leaves Scar
- Born From Fire
- Under A Soil And Black Stone
- Perkele (The God Of Fire)
- The Smoke
- Same Flesh
- Brother Moon
- Empty Opening
Ein neuer Fronter, noch dazu in einer solch gestandenen Band wie den 1990 gegründeten AMORPHIS, hat es selten leicht: Genauso wie einige Fans der ersten Stunde heute noch bedauern, dass der damalige Sänger und Gitarrist Tomi Koivusaari sich seit "Tuonela" ausschließlich auf die Sechssaitige konzentriert, so werden andere jetzt seinen Nachfolger Pasi Koskinen vermissen, der nach dem letzten AMORPHIS-Output "Far From The Sun" der Band der Rücken kehrte. Tomi Joutsen heißt der Neue hinterm Mikro, der auf "Eclipse" seinen Studio-Einstand gibt. Während die amerikanischen und russischen Fans Tomi Nummer zwei bereits live kennenlernen durften, ist der nebenbei bei SINISTHRA tätige Rastaman hierzulande ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. "Ja wie klingt er denn nun?", werden sich viele fragen. "Anders.", lautet die Antwort. Tomi J. ist glücklicherweise kein "Pasi-Klon", bringt seine eigene Persönlichkeit in die Songs ein und agiert dabei sogar wesentlich vielseitiger. Von leichtem finnischem Gothic-Tenor (an dem sich die Geister vermutlich scheiden werden) über AMORPHIS-typische schwelgerische Momente bis hin zu den lange Zeit vermissten Growls reicht dabei sein Spektrum.
Und die Songs? Nun, die erste Single-Auskopplung 'House Of Sleep' leitet ziemlich in die Irre, denn AMORPHIS sind keinesfalls zum Gothic-Act mutiert. Das alte und (nach einem kurzen Ausflug zu Virgin wieder) neue Label Nuclear Blast hat dem Stück eine gute Hit-Tauglichkeit bescheinigt, und tatsächlich geht die locker-flockige Mischung aus tiefem klaren Gesang mit einem großartigen hymnischen Refrain, poppigen Keyboardparts und dem altbekannten, leicht folkloristischen AMORPHIS-Gitarrensound sofort in die Beine. Der Opener des Albums, 'Two Moons', ist schon eher repräsentativ für "Eclipse": Ja, da sind sie, die rauen Shouts, die den Hörer niederwalzen, um ihn gleich darauf mit schwelgerischen Rock-Klängen zu umgarnen. Das mit Akustik-Gitarre und Flötentönen sehr gemächlich beginnende 'Leaves Scar' legt sogar noch eine Schippe drauf und prescht mit markigen Growls in den Strophen und klarem, aber druckvollem Refrain rasant nach vorne. Einziger Wehrmutstropfen nahezu aller Songs ist, dass sie nur als gekürzte Version auf dem Rezensions-Exemplar enthalten sind. Gerade bei 'Leaves Scar' wüsste ich zu gerne, was nach dem ruhigen Break noch passiert. 'Born From Fire' erzeugt durch Tomis facettenreiche Stimme und das brillante Gitarrenspiel der beiden kreativen Band-Köpfe, Esa Holopainen und Tomi Koivusaari, eine gewisse Dramatik. Wer bisher die psychedelischen 70er-Rock-Elemente der letzten Alben vermisst, kommt zumindest in der ersten Hälfte des gegen Ende ziemlich rasanten 'Under A Soil And Black Stone' auf seine Kosten, während das düstere 'Perkele (The God Of Fire)' die Fans der "Tales ..."- und "Elegy"-Phase in Verzückung versetzen dürfte. Toll auch der halb growlige, halb klare Refrain von 'The Smoke' und das leidenschaftliche 'Same Flesh'. Von folkloristisch-fröhlich bis finster grollend steigert sich die Spannung in 'Brother Moon', und das finale 'Empty Opening' führt noch einmal durch psychedelische Landschaften.
Orientieren sich AMORPHIS allein schon musikalisch wieder stärker an ihren Frühwerken, so besinnt sich die "Kalevala-Band" auch textlich wieder auf ein Buch aus dem finnischen Nationalepos. Das Konzept-Album, das in der Special Edition mit einem Bonus-Track namens 'Stone Woman' veröffentlicht wird, behandelt die tragische Geschichte Kullervos, basierend auf dem Stück des finnischen Poeten Paavo Haavikko.
Ein Schritt zurück, zwei nach vorne und einer zur Seite, so beschreiben Nuclear Blast die "neuen" AMORPHIS, und "Eclipse" als "Ten Thousand Lakes" trifft "Elegy" trifft "Far From The Sun". Hätte ich nicht besser formulieren können. Also Leute, gebt Tomi Joutsen die Chance, die er verdient!
Anspieltipps: Ein Album ohne nennenswerte Schwächen, mit großem Abwechslungsreichtum und einem gewissen Spannungsbogen sollte man nicht zerpflücken.
- Redakteur:
- Elke Huber