DIAMOND HEAD - It's Electric
Mehr über Diamond Head
- Genre:
- NWoBHM
- Label:
- Snapper/SPV
- Release:
- 25.07.2006
- Am I Evil? (Intro)
- It's Electric
- Give It To Me
- The Prince
- Mine All Mine
- Lightning To The Nations
- Fallen Angel
- To The Devil His Due
- Alimony
- I Can't Help Myself
- Sucking My Love
- Streets Of Gold
- Helpless
- Am I Evil?
- In The Heat Of The Night
DIAMOND HEAD – der Name dieser Band wird jedem Metaller geläufig sein. Aber wie viele haben tatsächlich schon einmal einen Ton von dem einstigen Flagschiff der NWoBHM gehört? Den meisten wird die Kapelle in erster Linie aufgrund etlicher Coverversionen von METALLICA geläufig sein, von denen einige sogar ganz anständig klingen. Aber das ist ein anderes Thema. DIAMOND HEAD wurden in ihrer Glanzzeit gern als Konglomerat aus BLACK SABBATH und LED ZEPPELIN beschrieben. Eine geschmackvolle Beschreibung, die herrlich die Interaktionen der beiden Hauptakteure Brian Tatler (gt.) und Sean Harris (voc.) darstellt. Während der eine, nach Tony Iommi, die wohl markantesten Riffs der Metal-Geschichte erfindet, jongliert der andere mit Gesangsvariationen, die denen eines Robert Plant alle Ehre machen. Dies alles ist wunderbar nachhörbar in den Komposition der beiden ersten Werke "Lightning To The Nations" (gern auch als "White Label" – Album tituliert) und "Living On Borrowed Time". Völlig gleich, welche Nummer man anspielt, da funkelt Magie aus den Rillen, da werden Energien und Emotionen umgesetzt, wie selten anderswo. Ob man eine stampfend-treibende Nummer wie 'Am I Evil?', eine melodisch-verspielte Hitsingle wie 'Call Me' oder einen lasziv-bluesigen Ohrgasmus der Marke 'Don't You Ever Leave Me' auflegt, man ist fasziniert. Und das auch zwanzig Jahre nach Veröffentlichung.
Nun liegt uns ein aktuell mitgeschnittenes Livedokument vom 4.11.2005 vor, auf welchem lediglich Brian Tatler übrig geblieben ist. Des Weiteren hören wir Karl Wilcox hinter der Schießbude, der Brian seit dem Reunion-Werk "Death & Progress" begleitet, wie auch Basser Eddie Moohan. Jener stieß zwar erst während der Aufnahmen zu besagtem Album zur Band ist seither aber – mit einigen kurzen Auszeiten – ständiger Tieftöner. Neu hingegen ist Sänger Nick Tart, der erst seit dem letzten Studiooutput "All Will Be Revealed" in die gewaltigen Fußstapfen von Sean Harris gestiegen ist. Eine verantwortungsvolle Aufgabe, die er sich da aufgebürdet hat, denn es ist eine Sache mit neuen Kompositionen zu überzeugen, was er ohne Frage auf besagtem Studioalbum getan hat, aber eine gänzlich andere, bereits bekannte Kompositionen würdevoll mit neuem Leben zu erfüllen. Entsprechend skeptisch lege ich also "It's Electric" ein.
Nach einem kurzen 'Am I Evil?'-Intro, welches nicht allein aufgrund der Hinzunahme eines zweiten Gitarristen namens Mills sehr mächtig aus den Boxen bollert, kommt sofort die Bewährungsprobe für Nick Tart in Form des Titelsongs. Und auch wenn ich beim Chorus immer noch etwas irritiert gucke, muss ich ihm sofort attestieren, dass er eine superbe Leistung abliefert. Nick verfügt sowohl über das kehlig-raue, wie auch über das bluesige Element in seiner Stimme und kann so den kompletten Backkatalog der Band hervorragend intonieren. Dabei bringt er seine eigene Note mit ein, ohne großartig an den Vorgaben seines Vorgängers zu kratzen. So soll das sein.
Im weiteren Verlauf balancieren die Herren – ich verzichte in Anbetracht des Alters einiger Akteure bewusst auf die Bezeichnung "Jungs" – herrlich mit Oldies und Newbies hin und her. Etwas schade finde ich hierbei lediglich die Tatsache, dass man sowohl von der - als progressiv abgestempelten - "Canterburry", wie auch von der herrlichen Reunionscheibe "Death & Progress" jeweils nur einen Song ins Repertoire geholt hat. Sicher hat man gerade ein aktuelles Album zu promoten, aber dieses gleich mit vier Tracks zu berücksichtigen, finde ich dann doch etwas übertrieben. Versteht mich nicht falsch, 'Mine All Mine' und vor allem 'Alimony' treten den deutlichen Beweis an, dass Mr. Tatler immer noch in der Lage ist, hervorragende Songs zu schreiben, aber wo bleiben Kracher der Marke 'Ishmael', 'Home' oder 'Starcrossed'? Gut, jedes Konzert hat eine begrenzte Spielzeit und DIAMOND HEAD könnten locker drei Stunden spielen, ohne nur eine Sekunde zu langweilen, aber bei manchen Bands bin ich halt pingelig.
Dass die Freaks vor der Bühne sowohl neueres, wie auch altes Material abfeiern, zeugt nicht nur von einer gewissen Loyalität, sondern spricht natürlich auch für die Qualität der Nummern. Trotzdem kommt man nicht umhin festzustellen, dass beim gut dreißigminütigen Schlussblock – nicht nur – bei mir der Adrenalinspiegel in ungekannte Höhen wandert. Eingeleitet vom saftigen 'Sucking My Love', zelebrieren DIAMOND HEAD eine Lehrstunde in Sachen Heavy Metal. Wer bei diesen Riffs nicht mitgerissen wird, hat entweder kein Metal im Blut oder gerade eine Schachtel Valium inhaliert. Spätestens die furiose Version von 'Helpless' zeigt, warum METALLICA in ihren frühen Tagen von dieser Band so nachhaltig beeinflusst waren. Hätten sie es doch nur nicht irgendwann vergessen...
Schwamm drüber. Der dänisch/kalifornische Konzern soll hier kein Thema werden, dafür ist dieser Tonträger viel zu schade. Wenn Nick dem begeisterten Publikum die Frage stellt: "Are you evil?" ist klar, welche Granate gezündet wird. Und ja, in dieser Version ist 'Am I Evil?' einfach am effektivsten. Die ultimative Kombination aus unbändiger musikalischer Power und melodischem Gesang machen diese Komposition zum Genick brechenden Geniestreich. Der Headbanger schlechthin.
Und als wäre man nicht schon im siebten Himmel, beenden DIAMOND HEAD ihren Set mit dem gigantischen 'In The Heat Of The Night'. Es sage noch mal jemand, galoppierende Riffs seien von IRON MAIDEN erfunden worden. Hanebüchener Unfug.
Damit ist alles gesagt.
Anspieltipps: Am I Evil?, Mine All Mine, Helpless, The Prince, In The Heat Of The Night, I Can't Help Myself
- Redakteur:
- Holger Andrae