AGATHODAIMON: Interview mit Sathonys

09.03.2022 | 21:10

Die Düster-Metaller AGATHODAIMON haben sich wiedervereinigt und sind mit einem neuen Album am Start. Und wo "In Darkness" vor neun Jahren aufgehört hat, knüpft "The Seven" nahtlos an. Die Stimmung, die Riffs, der Vibe innerhalb der Band, alles klingt sehr stimmig und in sich geschlossen. Wir sprachen mit Bandkopf Sathonys über das Comebackalbum, die Atmosphäre und fühlten dem einen oder anderen Song auf den Zahn.

Hallo Sathonys. Bei AGATHODAIMON geht es wieder hoch her. Doch bevor es ans Eingemachte geht: Wie geht es euch? Wie ist die Stimmung im AGATHODAIMON-Bandlager.
Gut, den Umständen entsprechend. Corona bremst immer noch deutlich aus, aber immerhin haben wir das Album jetzt quasi am Start und können hoffen, dass es in den nächsten Monaten weitere Lockerungen bezüglich Konzerten geben kann.

Im Februar 2020 habt ihr bekanntgegeben, dass ihr AGATHODAIMON wieder auferstehen lassen wollt. Was habt ihr zwischen der Auflösung 2014 und der Reunion 2020 so getrieben und was waren eure Beweggründe, die Band zu reformieren? Von wem ging das Ganze aus?
Die Band lag seit 2014 mehr oder minder auf Eis. Ich hatte damals die Band aufgelöst, weil ich mich um meine Familie kümmern musste und AGATHODAIMON nicht halbherzig nebenbei weiterlaufen lassen wollte. Um 2018 herum war wieder abzusehen, dass wir langsam wieder weitermachen konnten. Ashtrael und ich hatten uns daraufhin nach Mitmusikern umgesehen, um das Line-up wieder zu komplettieren.

Vorher bei Massacre Records, damals bei Nuclear Blast. Nun seid ihr bei Napalm Records angekommen. Welche Vorteile bieten sich euch dadurch? Seid ihr aktiv auf Labelsuche gegangen oder hat Napalm Records bei euch angeklopft?
Wir hatten ein Demo mit drei Songs produziert, welches wir gerade an einige Labels verschicken wollten. Und genau zu dieser Zeit klopfte Napalm bei uns an, noch bevor wir das Tape an alle favorisierten Label verschickt hatten. Das war natürlich ein großes Plus, da wir nicht das Gefühl hatten, dass ein Label halbherzig in ein Signing einwilligt, sondern Napalm quasi proaktiv auf uns zukam, noch bevor sie neues Material hörten. Die Demo-Songs sagten ihnen ebenfalls zu, und einige der Mitarbeiter kannte ich sogar von früher, so ergab sich das Ganze recht organisch.

"The Seven" heißt euer neues, nunmehr siebtes Album. Mit welcher Zielsetzung seid ihr an die Arbeiten herangetreten? Gab es irgendwelche Veränderungen zu damaligen Songwriting-Sessions?
Es war Ashtrael und mir natürlich wichtig, dass es musikalisch harmoniert, und die neuen Mitmusiker sich stilistisch mit der Band und dem bisherigen Schaffen identifizieren können. Insofern hatte ich wenig Bedenken, dass wir uns letztlich musikalisch von der vorigen Linie entfernen. Es ist mir immer wichtig, dass sich alle Musiker in die Band einbringen können. Was natürlich ebenso heißt, dass sich neue Einflüsse auch bemerkbar machen. Das ist dann auch eher der Punkt, wo ich versuche, ein wenig zu dirigieren oder Einfluss zu nehmen, um den Stil der Band zu bewahren. Allerdings war dies nur sehr selten bzw. minimal nötig, da das Feeling diesbezüglich einfach von Anfang an stimmte.

Euer neues Album knüpft recht gut an "In Darkness" an: Man erkennt euren unmissverständlichen Fingerabdruck wieder, ihr habt euren Sound aber gekonnt ins Jahr 2022 transportiert. Worin liegen eurer Meinung die Unterschiede zwischen beiden Alben aus musikalischer Sicht?
Erstaunlicherweise sehe ich gar keinen großen stilistischen Wandel zwischen beiden Alben, obwohl neue Musiker beteiligt waren. Natürlich klingen die neuen Songs auch etwas anders, aber sie hätten auch auf "In Darkness" stehen können. Im direkten Vergleich ist "The Seven" noch etwas härter ausgefallen, es gibt weniger Doom-lastige Parts, aber die Atmosphäre ist ähnlich düster.

Hand aufs Herz, würde "The Seven" anders klingen, wenn wir derzeit nicht unter der Pandemie leiden würden? Inwieweit haben sich Themen wie Einsamkeit, das Bewusstsein der eigenen Sterblichkeit und oder auch Wut auf das Songwriting übertragen?
Ehrlich gesagt, dazu bedarf es keiner Pandemie. Die hat eher depressive Auswüchse verstärkt, aber direkt Einfluss aufs Songwriting hatte sie nicht. Erschwert hat sie manches, da wir längere Zeit nicht gemeinsam proben konnten, und so viel über Internet passieren musste. Glücklicherweise war die Lage entspannter, als wir auf die Feinarbeit vor dem Studiobesuch zusteuerten, hier konnten wir wieder verstärkt gemeinsam die Songs vorbereiten.

Ihr habt 'Ain't Death Grand' als ersten Appetizer eures kommenden Albums auserwählt. Wenn ich mich nicht täusche, war es auch der erste Song, den ihr in der reformierten Band zusammen kreiert habt, oder? Inwieweit symbolisiert diese Single die Grundstimmung auf dem Album? Was macht den Song eurer Meinung nach als Repräsentant für das gesamte Album aus?
Der Song war gewissermaßen die Bewährungsprobe, inwieweit wir als Band in der aktuellen Besetzung zusammen harmonieren. Es fühlte sich schon erleichternd an, dass es so gut klappte. Ich hatte natürlich darauf gehofft, aber nicht zwingend damit gerechnet, dass wir nach der Auszeit wieder eine funktionierende Bandkonstellation finden würden. Und was den Song generell betrifft, so hat er einfach einen tollen Groove, ordentlichen Drive und ein paar nette Spannungsmomente. Und es macht Spaß, ihn zu spielen. Insofern waren wir uns alle recht schnell einig, dass wir ihn als erste Auskopplung nehmen.

Verfolgt ihr auf "The Seven" einen konzeptionell roten Faden? Welche Geschichten erzählen Songs wie 'Ghost Of Greed' oder die beiden 'In My Dreams'-Teile?
Der Titel ist ja bewusst offen gehalten, da wir gern mehrdeutig bzw. mehrgleisig fahren, aber es ist natürlich nicht einfach nur unser siebtes Album, sondern beschäftigt sich auch mit den sieben Todsünden als kleinen Aufhänger. 'Ghost Of Greed' ist da natürlich offensichtlich und handelt von der Gier im Menschen, und wie wir quasi den Planeten opfern: kurzfristiges Wohlergehen für einige wenige, ohne Rücksicht auf die Folgen. Und 'In My Dreams' zielt primär auf den Neid und die Eifersucht ab, etwas oder jemand nicht besitzen zu können, so sehr man es sich auch wünschen mag.

Klär mich doch einmal bitte bzgl. 'Kyrie/Gloria' auf – worum geht es in dem vorletzten Track der Scheibe, wie lautet die Hintergrundstory?
'Kyrie/Gloria' handelt von Lust in all seinen Spielarten, aus christlicher Perspektive. Eine schwere Sünde, zumindest wenn sie von kirchlichen Würdenträgern begangen wird, wie in jüngster Vergangenheit des Öfteren in den Medien zu hören war. Wir drehen zu dem Song in Kürze ein weiteres Video.

Ich finde das Artwork auch recht aussagekräftig. Wer hat es entworfen und wie steht es in Verbindung zum düsteren Touch auf eurem Tonträger?
Das Artwork wurde von Credo Quia Absurdum entworfen, ein Künstlerpaar aus Portugal. Ich hatte sie auf dem Rock am Ring-Festival in 2018 getroffen und sie kurze Zeit später nach einer Zusammenarbeit gefragt. Wir sind absolut zufrieden und happy mit dem Resultat - es ist ja nicht nur das Cover, jeder Song hat ein eigenes Artwork enthalten, passend zur jeweiligen Sünde.

Übersetzt bedeutet euer Bandname "gütiger Dämon". Inwieweit lassen sich die gütigen Eigenschaften eines Dämonen auf eure Musik übertragen? Ist der Black Metal das Dämonische und die sinfonischen Momente mit Gothic-Anleihen eure gütigen Augenblicke?
Ganz so einfach ist es nicht. Ich wollte schon zur Gründung der Band nicht das typische, reine Klischee des Black Metal als Grundstein für die Band setzen, da wir alle auch noch andere Einflüsse hatten als "nur" Black Metal. Das griechische "Daimon" stammt aus einer Zeit, als es noch keine klare Trennung zwischen Gut und Böse gab. Selbst Homer nannte die Götter noch "Daimones". Außerdem war für mich die Bedeutung eine andere, wie gesagt gibt es bei uns immer ein paar Doppeldeutigkeiten. Ich bezog es auf das Rätsel des AGATHODAIMON, ein altgriechisches Zahlenrätsel, welches sich heutzutage nicht mehr eindeutig übersetzen lässt. Der Sage nach aber sollte der in die göttliche Weisheit eingeweiht werden, welcher imstande ist, es zu lösen. Das versinnbildlichte für mich ein wenig das Streben nach musikalischer Perfektion - man kann keinen perfekten Song schreiben, aber man kann zumindest versuchen, dem möglichst nahe zu kommen. Und ich war damals Co-Editor des Ablaze Magazins, das sich nach dem DARKTHRONE-Album "A Blaze In The Northern Sky" benannte, und dessen erster Song beginnt mit einem Agathos-Daimon-Chor.

Wie werden die künftigen Monate im Hause AGATHODAIMON aussehen? Und was glaubt ihr wie es für euch sein wird, wenn irgendwann Live-Shows folgen sollten, und wie diese für euch werden nach solch einer langen Abstinenz?
Wir hatten ja immerhin ein Konzert letzten November, als es kurzzeitig etwas lockerer zuging. Aber wir hoffen natürlich darauf, dass es im Frühjahr wieder mit annehmbaren Auflagen weitergehen kann. Kurz nach Release würden wir gern zumindest im näheren Umkreis ein kleines Konzert geben, und die verschobenen Festivals wie Ragnarök nachholen. Und wir halten Ausschau nach ein paar Festivals im Sommer, die noch einen Platz im Billing übrighaben. Live-Shows fehlen zumindest mir am meisten, nach dieser langen Auszeit...

Vielen Dank Sathonys, für Rede und Antwort und alles erdenklich Gute mit dem neuesten Album. "The Seven" erscheint am 18. März 2022 über Napalm Records.

Redakteur:
Marcel Rapp

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