BURIED INSIDE: Interview mit Nick Shaw

25.01.2005 | 13:59

Am 7. Februar dieses Jahres erscheint die zweite Platte von BURIED INSIDE, einer sehr hoffnungsvollen Newcomerband aus Kanada, die auf "Chronoclast" ein sehr interessantes Konzept in eine geniale musikalische Noisecore-Verpackung gesteckt hat, die alle Anhänger von NEUROSIS und MASTODON zum Wahnsinn treiben sollte. Episch, melodisch, brutal, aggressiv, das sind nur einige Attribute, die man diesen jungen Kanadiern zuschreiben muss, und wenn sich BURIED INSIDE nicht mit einem Schlag (auch szeneübergreifend in Richtung Metalcore) sofort in die Herzen der Kritiker und Fans spielen werden, dann läuft mal wieder so einiges schief. Nick Shaw erklärte mir das ausführliche Konzept und stellte sofort mal klar, dass man in Zukunft noch einiges von BURIED INSIDE erwarten darf.


Björn:
Hallo, wie geht's?

Nick:
Wunderbar, danke der Nachfrage!

Björn:
Den Namen BURIED INSIDE habe ich jetzt, wo mir eure neue Scheibe in die Hände gefallen ist, zum ersten Mal gehört. Kannst du mir und unseren Lesern die Band mal genauer vorstellen?

Nick:
Aber sicher doch. Die Band besteht aus fünf Leuten und stammt aus Ottawa, Kanada. Wir sind seit einigen Jahren in der Szene aktiv und haben einige kleine Tourneen mit Bands wie CREATION IS CRUCIFIXION gspielt. Im letzten Jahr haben wir ein Album namens "Chronoclast" eingespielt und einen Vertrag bei Relapse Records unterschrieben.

Björn:
Ihr habt aber doch vorher noch ein anderes Album, "Suspect Symmetry", herausgebracht, oder?

Nick:
"Suspect Symmetry" haben wir zusammengestellt, als wir 2001 einige kleine Touren gespielt haben. Es wurde von uns in Eigenregie aufgenommen und auch das Design stammt von uns. Wir haben mit dem Studiobetreiber einen Deal ausgehandelt, in dem stand, dass wir nachts aufnehmen dürfen, wenn wir die Monatsrechnung für Wasser und Herizung übrnehmen würden. Aber das war nur ein minimaler Betrag. Wir haben das Album dann in Partnerschaft mit unserem Freund Vincent Ramsey hier in Kanada auf seinem Label Cyclop Media herausgebracht. Später wurde es dann auch als limitierte Vinyl-Pressung auf einem deutschen Label namens React With Protest veröffentlicht. Dieses Album hat seine Momente, es gibt auch einige Sachen, die ich noch immer sehr mag, aber man kann schon deutlich heraushören, dass die Band noch nach ihrer Bestimmung suchte.

Björn:
Habt ihr den Deal mit Relapse Records denn auf Grund dieser Scheibe bekommen?

Nick:
Nein. Relapse haben uns einen Vetrag angeboten, der auf den Aufnahmen nach "Suspect Symmetry" beruhte. Zusamen mit Matt Bayles haben wir hier in Ottawa ein paar Sachen aufgenommen, die selbst finanziert wurden, ganz ohne Unterstützung eines Labels. Matt hatte schon einige andere Platten für Relapse aufgenommen und organisierte gerade das neue Album von MASTODON. Er glaubte, dass unser Material ganz gut dazu passen würde, und schlug vor, dass wir mal mit Relapse reden sollten und anfragen, ob sie nicht an einem Deal interessiert wären. Genau das taten wir auch und irgendwie hatten Relapse auch nichts dagegen. Jetzt konnten wir endlich die Sachen aufnehmen, die wir bereits zuvor geschrieben hatten, und BURIED INSIDE und Relapse werden auch in Zukunft noch einige Platten zusammen veröffentlichen.

Björn:
Auf Relapse Records sind ja wirklich eine Menge geile Bands, und irgendwie hat jede einzelne von ihnen etwas Spezielles an sich. Weißt du, was ich meine? Wie denkst du darüber?

Nick:
Relapse haben schon einen Haufen großartiger und verschiedenartiger Platten herausgebracht, was natürlich sehr positiv ist. Und obwohl offensichtlich nicht jeder Mitarbeiter dieses kleinen Labels jedes einzelne Album, das von ihnen veröffentlicht wird, mag, funktioniert das Label als Kollektiv sehr gut, und sie scheinen auch alle daran interessiert, Bands unter Vertrag zu nehmen, deren Musik sie lieben, ganz egal, ob die Band nun klein oder einmalig ist.

Björn:
Wenn die Fans euch denn jetzt bestätigen würden, dass ihr auch eine dieser speziellen Bands seid, wir würdet ihr reagieren?

Nick:
Puh, das ist eine sehr brutale Frage, und sie ist schwer zu beantworten. Wir klingen wie Tiere; in der Nacht ruhig, aber tagsüber gefräßig und ungebändigt. Alles was ich sagen kann, ist, dass Relapse schon immer mit Bands gearbeitet haben, die ein gewisses Potenzial haben. Und obwohl wir uns nicht erst letzte Nacht zusammengetan haben, sind wir eine Band, die einen eigenständigen Sound hat. Daher denke ich auch, dass Relapse an uns und das Potenzial, das hinter uns steckt, glauben.

Björn:
Dann lass uns mal über eure neue Scheibe reden. Das Teil hat mich wirklich weggeblasen. Wir habt ihr diesen immensen Sound hinbekommen?

Nick:
Indem wir uns Löwen für das Betätigen unserer Instrumente geliehen haben. Sie sind sehr lernbegierig!

Björn:
Meiner Meinung nach vereint ihr die besten Elemente von Bands wie MASTODON und NEUROSIS. Ist das auch deine Meinung?

Nick:
Das klingt wie eine Übertreibung oder ein Zitat, das auf Sticker gedruckt und dann vorne auf's Album geklebt wird.

Björn:
Nun ja, aber ihr mögt diese Bands, oder?

Nick:
Ja, definitiv!

Björn:
Haben sie euch denn in Sachen Sound auf irgendeine Weise beeinflusst?

Nick:
Für mich ist es unvermeidlich, an NEUROSIS zu denken, wenn ich über brutalen, epischen und apokalyptischen Metal philosophiere. Weißt du, sie sind einfach ein Fundament in dieser Art von Musik. Ein Freund hat mir mal erzählt, wie oft er damals so um 1992-93 herum weite Strecken gefahren ist, nur um NEUROSIS zu sehen. Das ist jetzt schon zwölf Jahre her! Sie sind für viele Leute über die ganzen Jahre sehr wichtig gewesen. Und es läst sich nicht verleugnen, dass auch alle Mitglieder unserer Band dazu gehören. Obwohl ich MASTODON mittlerweile auch sehr mag, muss ich aber sagen, dass wir den größten Teil von "Chronoclast" geschrieben haben, bevor wir ihre Musik kennengelernt haben.

Björn:
Welche anderen Bands haben euch denn anfangs beeinflusst?

Nick:
Über die ganzen Jahre sicherlich so einige Bands aus Ontario und Quebec. Jeder von uns lebt jetzt schon seit sehr vielen Jahren hier und wir haben Hunderte von Shows besucht und manche Bands schon Dutzende Male gesehen. Sich Bands live anzusehen, bewegt mich viel mehr als ihre Platten zu hören.

Björn:
Ihr habt eure neue Scheibe "Chronoclast" genannt. was bedeutet das?

Nick:
"Chronoclast" ist eine Kobination von zwei griechischen Wörtern: Kronos, was soviel wie Zeit bedeutet, und klan, das für zerbechen steht. Übersetzt heißt "Chronoclast" also soviel wie 'die Zeit zerbechen'. Das Album ist dafür am Ende nur ein Instrument.

Björn:
Ich mag diesen Mix aus brutalen Sounds und im Hintergrund versteckten Melodien sowie diese ganzen hypnotischen Riffs. Wenn du eure Musik in einzelne Elemente aufsplitten müsstest, welche einzelnen Zutaten würdest du da entdecken?

Nick:
Ich würde es in fünf Elemente aufspalten. Sie haben alle einen Namen und spielen alle ihren Part. Schau einfach auf die Credits im Booklet.

Björn:
Wie würdest du eure Musik denn generell beschreiben?

Nick:
Sie ist nicht christlich!

Björn:
Den Begriff 'Time' habt ihr ja aus dem Albumtitel herausgefiltert und in jeden einzelnen Songtitel integriert. Ist "Chronoclast" in diesem Sinne ein Konzeptalbum?

Nick:
Die Gedanke hinter diesem Album ist, die Leute mit verschiedenen Auftrittsweisen der Zeit zu konfrontieren. Es besteht eine Gefahr in Dingen, die natürlich erscheinen oder so wahrgenommen werden, wozu auch diese zeitliche Disziplin gehört, nach der wir leben. Wenn du nämlich glaubst, dass dies natürlich, unbefangen und unveränderlich ist, ist das Resultat, dass sie dich politisch lähmt. Das Album macht auf seine eigene einfache Art und Weise deutlich, dass, ob du dem Ganzen Aufmerksamkeit schenkst oder nicht, Zeitpolitik auch Machtpolitik ist. Es besteht eine Befangenheit in jeglicher Zeitberechnung. Was ich meine ist, dass man ein Muster von Chauvinismus und Imperialismus betrachtet, wenn man sich Zeitsysteme und -regeln, denen wir folgen, vor Augen führt. Das geht von jüdisch-chritlichen über britische bis hin zu kapitalistischen, usw. Und du und ich und jeder andere wird sich ihnen beugen, sie verinnerlichen und sein ganzes Leben Systemen widmen, an deren Erschaffung wir gar keinen Anteil hatten. Um das Ganze klar und verständlich zu machen, handelt das ganze Album von diesen Eckpunkten, die so viele Punk/Hardcore-Bands auf ihren Alben haben, so wie Chauvinismus, Imperialismus in der Technologie, Religionen, Kapitalismus usw., nur dass sie eben im Kontext von Zeitsystemen ausgerdrückt werden.

Björn:
Woher stammt die Idee und vor allem die Inspiration zu diesem Thema?

Nick:
Sie ist dadurch entstanden, dass unser ganzes Leben von Zeit kontrolliert wird.

Björn:
Uns was bedeutet dir persönlich dieses Thema?

Nick:
Genügend, um ein ganzes Album darüber zu schreiben.

Björn:
Von den ganzen Songs auf "Chronoclast", welcher ist da am wichtigsten?

Nick:
'Time As Commodity' ist meiner Meinung nach der dringlichste, aber auch der komplizierteste Song. Er beschäftigt sich mit den unvermeidlichen wirtschaftlichen Veränderungen, die sich ergeben habe, während wir, zumindest hier in Kanada und wahrscheinlich auch in einem großen Teil von Europa, ganz langsam von materiellem Kapitalismus zu von Zeit bestimmtem Kapitalismus voranschreiten. Noch einmal: Zeit handelt auch von Macht! Ein spürbarer Aspekt diesbezüglich ist Zeit als Währung oder Ware. Wenn Zeit wie Geld ist, dann muss es auch Zeitreiche und Zeitarme geben. Und das wiederum bezieht sich direkt auf die Zugriffsmöglichkeiten, die man hat. Daher scheint mir dieser Aspekt der wichtigste zu sein, auch wenn er etwas kompliziert ist.

Björn:
Soweit ich weiß, wird eure Platte auch auf Vinyl veröffentlicht. War das ein wichtiger Punkt in eurem Plattenvertrag oder eher eine Art unerwarteter Bonus?

Nick:
Oh ja, wir wollten diese Platte sehr, sehr gerne auf Vinyl haben. Viele Leute, die wir kennen, wollen ihre Alben auf Vinyl haben, weshalb wir das Album auch mit einer Art A- und einer B-Seite geschrieben haben, auf der sich die beiden Seiten jeweils spiegeln.

Björn:
Sammelst du selber auch Vinyl?

Nick:
Manche von uns weniger, manche mehr. Aber ja, ich liebe Vinyl!

Björn:
Und was hältst du im Gegensatz von der CD?

Nick:
Die Musik ist die selbe, es ist nur eine Frage der Beförderung. Auf der einen Seite hast du ein 12x12-Gatefold, auf der anderen Seite ein 14-seitiges Booklet.

Björn:
Im Sommer 2005 sollen wir BURIED INSIDE in Europa sehen - zumindest habe ich das über eure Promoauskunft in Erfahrung gebracht. Wie sieht es also diesbezüglich aus?

Nick:
Obowhl ich dir gerne mehr erzählen würde, kann ich noch nichts dazu sagen. Wir werden ab dem 2. Februar für sieben oder acht Wochen durch die Staaten touren, und danach werden wir auch irgendwann sehr bald nach Europa kommen. Die Tour durch Europa ist aber erst sehr grob geplant, weshalb ich noch nicht sehr viel darüber weiß. Hoffentlich bekommen wir eine Chance und werden mit einer anderen Relapse-Band zu euch kommen.

Björn:
Habt ihr denn überhaupt schon außerhalb eurer Heimat gespielt?

Nick:
Wir haben bereits einige Male in den USA gespielt, aber das ist es auch schon. Das hat sich auch zumeist auf kleine Punk-Rock-Touren beschränkt, bei denen wir in Häusern, Garagen und heruntergekommenen Clubs gespielt haben.

Björn:
Was erwartest du dir von den europäischen Zuschauern?

Nick:
Haha, ich erwarte definitiv stabilere Umgebungen als in den Staaten, zugänglichere Menschen, großartige Akzente, Siedler und Power-Metal-Leute. Alleine auf Grund der Interviews mit Europäern erwarte ich, dass ich Leute treffen werde, von denen ich noch eine Menge lernen kann.

Björn:
Wann gibt es denn wieder neuen Stoff von BURIED INSIDE?

Nick:
Wir planen, bereits im nächsten Jahr eine neue Platte aufzunehmen, und jetzt, wo wir mit Relapse zusammenarbeiten, wird sie auch sehr schnell auf den Markt kommen.

Björn:
Wie sieht es eigentlich mit eurem Debüt aus. Kann man das noch irgendwo bekommen? Oder gibt es Pläne für einen Re-Release?

Nick:
Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung. React With Protest haben unter Umständen noch einige LPs, aber es war eben nur eine kleine Pressung. Ich bezweifle, dass wir den alten Stoff in irgendeiner Form noch einmal herausbringen werden. Wie die meisten Bands sind wir vielmehr daran interessiert, neue Sachen zu veröffentlichen. Vielleicht werden wir aber eine geringe Anzahl von CDs mit auf Tour nehmen, man wird sehen.

Björn:
Irgendwelche letzten Worte?

Nick:
Vielen Dank für dein Interesse, ich hoffe, wir sehen uns im Sommer!

Redakteur:
Björn Backes

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