GATE 6: Interview mit Tony ten Wolde und Erik Masselink

22.11.2012 | 08:01

Die Niederländer GATE 6 haben mit "God Machines" ein erstklassiges Debütalbum abgeliefert, das auch als Eigenproduktion unseren Soundcheck aufmischen konnte und im Oktober die Silbermedaille entgegen nehmen durfte. Grund genug, um mit Bandkopf Tony ten Wolde und Sänger Erik Masselink zu sprechen.

Tony, Erik, erst einmal herzlichen Glückwunsch zum überragenden Album "God Machines". Da GATE 6 eine neue Band ist, könnt ihr unseren Lesern bitte einen kurzen Überblick über den Werdegang bislang geben?

Tony:
Erik und Martin (Kuipers, dr.) sind beide ehemalige Mitglieder der holländischen Progressive-Metal-Band SYMMETRY, die die EP "To Divinity" (1998) und die beiden Alben "Watching The Unseen" (2000) und "A Soul's Roadmap" (2004) veröffentlicht hat. SYMMETRY hat sich dann 2006 aufgelöst und es hat die Musiker in verschiedene Bands wie THE BARSTOOL PHILOSOPHERS oder MAYAN verschlagen. Jacques (Suurmond, b.) und ich haben hingegen zehn Jahre lang zusammen bei MARATHON musiziert und mit ihnen zwei Studioalben und ein Live-Album aufgenommen. Ich habe bei MARATHON noch Keyboard gespielt und bin jetzt an die Gitarre gewechselt. Und Jan (Koster, kb.) ist ein langjähriger Freund von mir, der in ein paar regionalen Bands gespielt hat. Ich habe dann mit Jan im Jahr 2005 angefangen Musik zu machen, Erik wurde uns von einem Freund empfohlen und dann nahm die Geschichte schließlich ihren Lauf.


Ihr habt im Grunde bereits im Jahr 2005 angefangen an dem Album zu arbeiten. Wie sehr haben sich die Songs in dieser zeit verändert und wie hat sich die Idee zu "God Machines" entwickelt?


Tony:
Als Jan und ich damals anfingen zusammen Musik zu machen, hatten wir keine Ahnung, dass dies einmal in GATE 6 und "God Machines" enden würde. Wir hatten noch nie zusammengearbeitet, obwohl wir schon sehr lange miteinander befreundet sind und ich war ganz überrascht, wie leicht es uns gefallen ist, zusammen Songs zu komponieren. Wir hatten viele Ideen, eine Vorliebe für Progressive Rock, viel Inspiration und keine Ahnung, wo wir eigentlich hin wollten. Kann es bessere Voraussetzungen geben?

Als wir dann nach einem Sänger gesucht haben, hatten wir bereits zehn Songs oder so fertig, von denen am Ende fünf oder sechs auch aufs Album gekommen sind. Die Songs, die wir letztendlich auch für das Album genommen haben, haben deutlich von Eriks Input profitiert, wo er doch ein echter Metalhead ist. Zur gleichen Zeit haben wir aber auch Erik ermutigt, ein paar andere Ansätze bei seinem Gesang auszuprobieren. Ich denke, das ist es, was man eine für beide Seiten vorteilhafte Beziehung nennt. Und auch Martin hatte einen großen Einfluss auf das Songmaterial, da er viele rhythmische Änderungen einbrachte.

Ich kann mich gar nicht mehr recht erinnern, wann genau Erik mit dem Namen "God Machines" ankam, aber ich weiß noch, wie er mich inspiriert hat, dieses kleine Intro zur Story zu schreiben. Die tatsächlichen Lyrics zum Song 'God Machines' kamen aber erst viel später, da Erik die irritierende Eigenschaft hat, erst mit komplett unsinnigen Texten zu arbeiten und erst auf den letzten Drücker die eigentlichen Lyrics zu schreiben. Aber am Ende hat alles gut gepasst.

Musikalisch höre ich auf "God Machines" eine großartige Mischung aus melodischer, progressiver und emotionaler Musik. War das euer Ziel die richtige Balance dieser Elemente zu finden? Wie muss man sich den Songwriting-Prozess vorstellen?

Tony:
Der von dir angesprochene Mix kommt ganz automatisch, wenn wir miteinander Musik machen. Unser Songwriting-Prozess ist auch recht einfach. Jan und ich schreiben die Basis des Songs, also den Rhythmus, die Riffs, die Themen, die Songstruktur. Erik baut darauf dann die Melodie auf und passt seine Texte an. Manchmal mussten wir dann die Struktur des Songs noch etwas ändern, aber meistens hat es gut gepasst.

Erik:

Die Struktur der Musik ist so offen, dass ich mit den Melodien machen konnte, was ich wollte. Dadurch gab es ein paar Parts, die mich so direkt angesprochen haben, dass ich sofort Melodien und Worte in meinem Kopf hatte.


Textlich gibt es auf "God Machines" eine grobe Konzeptstory zu hören, in der das Internet ein Bewusstsein entwickelt und die Weltherrschaft übernimmt. Wenn ich aber alles richtig verstanden habe, gibt es aber nicht nur eine abstrakte Sci-Fi-Geschichte, sondern berührt auch eher persönliche Themen.


Erik:
Genau, "God Machines" ist nicht wirklich ein Konzeptalbum, sondern folgt einem groben roten Faden. Die Story basiert hauptsächlich auf "Blade Runner", dem Film von Ridley Scott. In "Blade Runner" sind die Replikanten der Nexus-Serie optisch identisch zu erwachsenen Menschen, aber besitzen überlegene Kraft, Beweglichkeit und variable Intelligenz. Sie sind fast menschlich.

Alle Songs handeln von introspektiven Möglichkeiten. Damit ist gemeint, dass man in der Lage ist, die Konsequenzen des eigenen Handelns zu beurteilen, in sich selbst hineinzuhören und Gefühle, Gedanken, Erfahrungen, Erinnerungen beobachten und adressieren zu können. Das ist eine Gabe, die wir als Menschen haben. Zum Beispiel nach Antworten zu suchen in 'Man To Be' oder innerer Friede in 'I Am' oder Erinnerungen und Konfusion in 'Father Son'.

Im Titeltrack nehmen wir den Menschen diese Möglichkeiten weg, sodass sie 'God Machines' werden. Die Frage ist, was passiert, wenn das Internet ein Bewusstsein erlangt? Was, wenn technische Freaks übernehmen und dir Dinge implantieren? Dein Hirn digitalisieren? Dann sind wir nicht länger menschlich und das ist dann vielleicht der Preis, den wir für die Technologien bezahlen müssen.

Ein Song wie 'Man To Be' klingt so emotional überzeugend, dass der Text sicher autobiographische Züge hat. Oder gibt es einen anderen Grund hinter der großen Überzeugung, die hinter den Emotionen steckt?

Erik:
Ja, ich singe da wirklich über mich. 'Man To Be' ist über eine sehr dunkle Zeit in meinem Leben, die ich vor langer Zeit hatte, als ich mit mir und der Welt um mich herum zu kämpfen hatte. Gerade bevor ich die falsche Abbiegung nehmen konnte, habe ich jemanden getroffen, die mir beigebracht hat, andere Perspektiven zu sehen, in sich selbst hineinzuschauen, zu beobachten und zu adressieren. Sie ist immer noch bei mir.

Ihr habt "God Machines" ohne Label oder Vertrieb veröffentlicht. Ist es ein Ziel für euch ein mögliches nächstes Album über ein Label zu veröffentlichen? Oder ist GATE 6 "nur" ein ziemlich teures und zeitintensives Hobby und ihr seid froh über jeden, der eure Musik kauft und liebt?

Tony:
Ich bin nicht sicher, ob für ein Label noch die Notwendigkeit besteht, auch wenn wir gerne eine Plattenfirma hätten, die uns bei der Promotion unterstützt. Ich bezweifele aber, dass ich jemand anders unsere Musik aufnehmen, mixen oder produzieren lassen würde. Das war jetzt mein erster Versuch mit Mix und Produktion, wobei ich etwas Hilfe von Erik de Boer (ex-HARROW, ex-SYMMETRY) hatte, der ein brillanter Sound Engineer ist. Ich habe dabei eine Menge gelernt und habe eigentlich vor, diese Übung noch ein paar Mal durchzuziehen.

Und was die Verfügbarkeit des Albums angeht, stehen wir eigentlich gar nicht so schlecht da, dafür, dass wir kein Label und keinen Vertrieb haben. Man kann "God Machines" über unsere Webseite und diverse Mailorder bestellen sowie digital bei CD Baby und in Kürze via Bandcamp ordern.

Wie geht es denn mit GATE 6 weiter?

Tony:
Wir haben auf jeden Fall Pläne für ein neues Album, von dem wir hoffen, dass wir es in weniger als sechs Jahren fertigstellen können. Wir haben schon einiges an tollem Material zusammen. Und natürlich haben wir auch Pläne, live zu spielen. Da wir bisher keinen Bassisten hatten, haben wir Bas Hoebink, der nicht nur ein exzellenter Grafikdesigner (hat das Albumartwork von "God Machines" gestaltet - PK), sondern auch ein toller Bassist ist, gefragt, ob er nicht beides für unser nächstes Album machen möchte und er fand auch, dass das eine weise Entscheidung ist.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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