GRIFTEGARD: Interview mit Ola Blomkvist

27.08.2009 | 16:52

GRIFTEGARD haben nach der EP "Psalm Bok" jetzt mit "Solemn Sacred Severe" ihren ersten Longplayer veröffentlicht. Tieftrauriger Doom in der Tradition von WARNING und WHILE HEAVEN WEPT. Gitarrist und Texter Ola Blomkvist stand Rede und Antwort.

Für die meisten unserer Leser dürftet ihr noch ein unbeschriebenes Blatt sein. Vielleicht kannst du dich & deine Band erst mal vorstellen.

Ich bin Gitarrist und Texter bei der schwedischen Doom-Metal-Band GRIFTEGARD, die ich zusammen mit Per Brodesson (gt.) im Jahr 2005 gegründet habe. Wir hatten zuvor schon gemeinsam bei THE DOOMSDAY CULT gespielt, die sich 2004 aufgelöst haben. Ein Jahr später haben Per und ich begonnen, unter dem Namen GRIFTEGARD gemeinsam an Songs zu arbeiten. Wir haben dann Pers Bruder Lars dazu gebracht, Schlagzeug zu spielen. Als er sich entschied auf das Drummer-Karussell aufzuspringen (mittlerweile spielt er bei MARDUK), brauchten wir lange, um jemanden zu finden, der verstanden hat, was es bedeutet langsam und mit Gefühl zu spielen. Dann trafen wir Jens Gustaffson und er hat uns sofort überzeugt. Er brachte dann mit Thomas Ericksson auch noch einen Sänger mit, der all unsere Erwartungen übertraf. In der Zwischenzeit war auch noch Dennis Olsson zu uns gestoßen, der bei THE DOOMSDAY CULT Schlagzeug gespielt hat, bei uns aber den Bass besetzt, da dies immer sein eigentliches Instrument war.

In dieser Besetzung haben wir dann bald angefangen, drei Songs zu schreiben: 'Pagan Altar Cometh', 'Charles Taze Russell' und 'Paul Gustave Dore'. 'Pagan Altar Cometh' haben wir für eine Vinyl-Doom-Metal-Compilation aufgenommen, mit dem Namen "Knock 'em Down To Size". Sechs Songs auf einer 7", veröffentlicht von Metal Coven. Die Nummer ist nur knappe drei Minuten lang und ist ein schneller Song. Für unsere Verhältnisse. Und als solcher ist er nicht sehr repräsentativ für die Musik, die wir heute machen. Die anderen beiden Songs haben wir ursprünglich in Eigenregie als CD-R unter dem Namen "Psalmbok" veröffentlicht. Es gab 81 Kopien in einer speziellen Verpackung. Sie war gebunden wie ein mittelalterliches Buch, mit einem Buchrücken aus Leder, Reliefdruck und mit "gealterter" Papphülle. Ich habe eine Mischung aus Soja und Kaffee benutzt, um die richtige antike Patina hinzubekommen. Es hat einen Monat gedauert, bis die ganze Edition fertig war. Später wurden sie noch als 12" EP auf Vinyl veröffentlicht. Vigridr von NACHTGNOSIS hatte ein Exemplar des "Psalmbok" gekauft und hat sie dann als Vinyl noch mal aufgelegt und sie war innerhalb eines Jahres ausverkauft.

Per hat dann irgendwann ein paar CDs bei Ván Records bestellt und bei der Gelegenheit dem Label unseren Song 'The Mire' mitgeschickt. Als Sveinn, der Besitzer, den Song hörte, ist er ausgeflippt und hat uns sofort einen Deal angeboten. Und da sind wir nun, mit einem fertigen Album, das am 11. September veröffentlicht wird.

Dieses hört auf den Namen "Solem Sacred Severe" und ist purer Doom. Wann hast du denn deine Leidenschaft für den Doom Metal entdeckt?

Ich höre Doom Metal seit Ende der 80er, Beginn der 90er Jahre. CANDLEMASS war die Band, die meine Augen für den Doom geöffnet hat und gleich nach dieser Erleuchtung kamen SOLITUDE AETURNUS, TROUBLE und COUNT RAVEN, die mich für immer verändert haben. Für uns als Band war es immer klar, welche Richtung wir einschlagen würden. Es konnte nur purer Doom Metal werden oder nichts.

Wenn ich die Texte richtig interpretiere, sind diese ziemlich religiös. Warum funktionieren Religion und Doom Metal so gut zusammen?

Nun, wir sind keine religiöse Band. Wir haben aber einen geistlichen Ansatz, musikalisch und textlich, aber wir haben keine religiöse Ansichten. Wir sind also weder pro noch contra Religion. Als Texter der Band und als Person kann ich nur sagen, dass ich ein Suchender bin. Ich habe die Wahrheit links, rechts und im Zentrum der Welt und Gesellschaft gesucht, in der Philosophie und der Wissenschaft, in verschiedenen Religionen. Dabei habe ich entdeckt, dass die Wahrheit in flüchtigen Eindrücken der Einsicht und in kleinen Schritten kommt. Schritte, die zusammen genommen, dich zu einer sehr paradoxen, unterschiedlichen Ansicht über die Welt bringen. Weißt du, ich habe gelernt, dass um so tiefer du bestimmte Themen analysierst, um so mehr Widersprüche wirst du finden. Und deshalb habe ich festgestellt, dass es der richtige Weg ist, einen offenen Geist für alle Arten von Religion/Spiritualität/Möglichkeiten zu haben. Zumindest so lange ich nicht die absolute Erkenntnis in einem erleuchtenden Moment der Einsicht habe. Deshalb predige ich auch nicht in meinen Texten darüber was man zu tun oder zu lassen hat. Und ich schlage mich nicht auf die "gute" oder "böse" Seite. Jeder muss einen eigenen Weg gehen. Alles, was ich mit meinen Lyrics erreichen möchte, ist, dass ich Teil des Auslösers bin, damit die Leute anfangen, in ihr Innerstes zu sehen, um die Wahrheit zu finden, von der ich glaube, dass sie jeder von uns in sich verborgen hat und nach der jeder sich sehnt. Ob er das nun bemerkt oder nicht. Und es ist möglich diese Wahrheit zu finden, wenn man genug Zeit und Mühe aufwendet. Zumindest versuche ich dies zu glauben. Dennoch werden einige sich nie die Mühe machen, auch nur mit der Suche anzufangen und so werden sie völlig blind bleiben in ihrem gesamten Leben. Und das ist meiner Meinung nach eine echte Tragödie für diese Person.

Um auf deine Frage zurückzukommen, warum Doom und Religion so gut zusammenpassen. Ich denke, es liegt an den kraftvollen, religiösen Symbolen und Archetypen, die sich perfekt mit dem akustischen Anschlag namens Doom Metal ergänzen. Zudem bringt einen die Langsamkeit der Musik in eine grüblerische Stimmung, wo einem Gedanken an Strände, Hexen oder Motorräder fern sind und man eher an Golgatha oder Spirituelles denkt.

Das neue PARADISE LOST-Album nennt sich "Faith Divides Us - Death Unites Us" und die Band will damit ausdrücken, dass die Erde ein besserer Ort wäre ohne Religion, da sie der Grund für viele Kriege ist. Was denkst du darüber?

Ich denke, das ist ein brillanter Albumtitel. Einfach, aber gnadenlos auf den Punkt. Wenn man sich die Welt heutzutage ansieht, könnte der Titel offensichtlich aktueller nicht sein.


Themenwechsel. Gerade in einigen Internetforen gibt es häufig die Diskussion darüber, welche Bands echten Doom spielen und welche mit Doom nichts zu tun haben, auch wenn sie unter dem Genre laufen. Was denkst du darüber und warum ist Doom Metal so ein spezielles Feld für viele Fans?

Ja, diese Diskussion ist ganz schön ermüdend. Ich denke, dass die, die sich selbst treu sind, auch auf andere echt wirken, "true" sind eben. Der Rest ist eine Frage der persönlichen Vorlieben. Persönlich nenne ich Musik Doom Metal, die cleane Vocals, epische Arrangements und Texte, die zur Bezeichnung Doom passen, hat.

Warum das so speziell für manche Fans ist, ist schwierig zu beantworten. Ich denke, du kannst die selbe Art von Fanatismus auch im Black Metal finden. Das hat einfach was damit zu tun, dass die Musik und die Texte innerhalb der verschiedenen Stile, in den Seelen der Hörer nachwirken, wie sie es sonst in keiner Spielart tun. Innerhalb des Kontextes des jeweiligen Genres haben beide eine philosophische, irgendwie unnahbare Dimension. Brutal Death Metal klingt brutal für jeden, der es hört, aber Black und Doom Metal dringt bis in die Untiefen der Seele vor und das auf sehr subtilen Wegen. Es ist einfach keine Musik für jedermann. Entweder du hast es oder eben nicht. Beide Stile, wenn du sie so spielst, wie ich sie mir vorstelle, lassen ja auch genug Platz, damit deine Fantasie arbeiten kann. Es ist wie ein gutes Buch oder ein tolles Gedicht - der Text stößt deine Vorstellungskraft an und malt lebendige Bilder ganz nach deinen eigenen Vorstellungen, nicht der von sonst irgendjemandem. Nicht wie in einem Film oder eben in in technischem Death/Prog/Power Metal. Wenn man dem Verstand nur genug Platz lässt, um sich zu entfalten, ist er zu den unglaublichsten Kreationen fähig. Ich denke, der Schlüssel ist Minimalismus, nicht die Grenzen zu hoch zu legen mit einem Riff-Overkill und Arrangements, die dir exakt erzählen, wie die Musik zu sein hat. Ich denke, daran liegt es, warum die Leute diese Musik so speziell finden, sie ist so nah an dem, wer sie wirklich sind, tief im Innern.

Gibt es schon Pläne für eine Tour, speziell in Deutschland?

Ja, die gibt es. Wir planen eine gemeinsame Tour mit unseren Labelmates von THE DEVIL'S BLOOD. Es gibt auch schon bestätigte Daten:

19.11.2009 Turock, Essen
20.11.2009 Hellraiser, Leipzig
21.11.2009 Roxy, Flensburg
22.11.2009 K17, Berlin

Cool, notiert! Zum Abschluss, ein Satz über die folgenden Bands...

STRYPER? Lächerlich, aber Kult.

WARNING? Haben vielleicht das beste Doom-Album aller Zeiten veröffentlicht: "Watching From A Distance"

SAVIOUR MACHINE? Wenn es jemals puren Doom & Epic Metal gab, dann hier.

CANDLEMASS?
Roots.

EXTOL? 'Jesus Kom Til Jorden For Å Dø' ist ein großartiger Song!

SOLITUDE AETURNUS? Der Ursprung der Verehrung.

THE DEVIL'S BLOOD?
Eine Band von diesem Kaliber kommt vielleicht einmal pro Dekade.

COUNT RAVEN?
Eine der Säulen des Doom

BLACK SABBATH?
Das Alpha und das Omega des Metal.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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