MAD HATTER: Interview mit Frontmann Petter Hjerpe
15.03.2018 | 08:35MAD HATTER ist eine neue, aufstrebende Power-Metal-Band aus einem kleinen Örtchen in Schweden, der mit dem selbstbetitelten Album ein Traumstart nach Maß gelang. Gegründet wurde das Quartett letztes Jahr von den beiden MORNING DWELL-Mitgliedern Petter Hjerpe (Gesang/Keyboards) und Alfred Fridhagen (Schlagzeug), die durch Eric Rauti (Gitarre) und Magnus Skoog (Bass) komplettiert wurden. Der verrückte Hutmacher dürfte mit seinem hochklassigen Debüt alle HELLOWEEN-Fans der "Keeper Of The Seven Keys"-Phase ansprechen, die ihrer damaligen Scheiben im Laufe der Jahre etwas überdrüssig wurden, mittlerweile aber vielleicht durchaus offen für neue Songs im ähnlichen Stil sind. Hier trifft erstklassiges Songwriting auf hohe spielerische Kompetenz, das durch die außergewöhnlichen Fähigkeiten ihres Ausnahmesängers seine Vollendung erfährt. Wie meinen Zeilen unschwer zu entnehmen, zog mich der Hutmacher als bekennenden HELLOWEEN-Fan der ersten Stunde komplett in seinen Bann. Deshalb freue ich mich umso mehr, euch ein äußerst unterhaltsames und informatives Interview mit der fantastischen Stimme von MAD HATTER präsentieren zu dürfen.
Glückwunsch zu eurem mehr als geglückten Debütalbum. Petter, da ihr quasi Newcomer seid, stell deine Band doch bitte zuerst einmal kurz unseren Lesern vor.
Vielen Dank für die Glückwünsche! Wir sind eine neue Power-Metal-Band aus einer kleinen Stadt in Schweden. Die Band wurde 2017 von mir und Alfred Fridhagen (Schlagzeuger) gegründet. Alfred und ich musizieren auch noch gemeinsam bei MORNING DWELL.
In meinem Album-Review schrieb ich, dass euch mit eurem Debüt die beste HELLOWEEN-Platte geglückt ist, die nicht von den Hamburgern selbst stammt und das meine ich als absolutes Kompliment. Es gibt und gab schon unzählige Bands, die sich dieser Herausforderung stellten, aber maßlos daran scheiterten. Was ist euer Geheimnis? Von welchen Bands seht ihr euch hauptsächlich beeinflusst?
Dein Review ist wunderbar und wir sind sehr dankbar für das riesige Kompliment. Über die Jahre gab es tatsächlich schon einige Bands, die sich dieser Herausforderung stellten. Der Grund, warum wir das so gut hinbekommen, ist, dass wir nicht zwingend versuchen eine andere Band zu kopieren, sondern eher Wert darauf legen, ein gewisses Gefühl zu transportieren. Wir schreiben Songs, die wir selber hören wollen, aber andere Bands einfach nicht mehr produzieren und dazu fügen wir dann noch unseren eigenen Sound hinzu. Oft streben Bands dieses High-Fantasy-Gefühl an, weshalb die Musik dann teilweise zu kitschig wirkt. Wir haben stattdessen eher etwas Dunkelheit und Verrücktheit hinzugefügt. Außerdem spielen wir unsere Instrumente auf unsere eigene Art und Weise, ohne zu versuchen wie jemand anderes zu klingen. Natürlich bin auch ich von Sängern wie beispielsweise Kiske, Sammet, Dickinson oder Tate beeinflusst, aber ich singe trotzdem so, wie ich meine, dass meine Stimme am besten funktioniert. Wir haben auch nicht zu akribisch darauf geachtet, wie das fertige Produkt klingen wird, sondern haben mehr auf die Qualität der Songs geachtet. Natürlich habe ich gewisse Einflüsse beim Komponieren im Hinterkopf, da ich persönlich Bands wie HELLOWEEN, EDGUY, BLIND GUARDIAN, MASTERPLAN, STRATOVARIUS und HAMMERFALL höre.
Euer Songwriting ist bereits auf einem absolut hohen Niveau, deshalb meine Frage: Wer ist bei euch für das Songwriting zuständig und wie läuft dies ab?
Vielen Dank nochmals! Ich selbst bin bei uns für das Songwriting zuständig. Zuerst nehme ich alles selbst bei mir zu Hause auf und sende dann das Demo unserem Drummer Alfred, der dann sein eigenes Schlagzeugspiel einsetzt, sich jedoch an meine "sketch-drums" hält. Alfred ist natürlich ein weitaus besserer Schlagzeuger als ich es bin, weshalb ich für die Demos ein einfaches Schlagzeugspiel verwende, das er dann mit seinen Fähigkeiten verbessert. Ein weiterer Faktor, der zur Steigerung der Qualität des Albums beigetragen hat, war unser Produzent Ronny Milianowicz. Er hat zwar nur kleine Details des Demos verändert, fügte dadurch aber etwas Farbe hinzu und half uns auch die Chöre besser zu arrangieren. Beim Songwriting versuche ich es immer einfach zu halten. Als erstes etabliere ich einen stabilen Rhythmus, auf den ich dann Keyboards oder Gitarren aufbaue. Der Gesang kommt meist erst ganz zum Schluss. Dabei singe ich einfach mit zu den Songs, die ich aufgenommen habe, und probiere dann unterschiedliche Melodien aus. Ein weiterer wichtiger Schritt ist, meine Ideen erst ein paar Tage reifen zu lassen um eine nötige Distanz zu ihnen zu bekommen. Nur wenn es sich dann immer noch gut anhört, lohnt es sich auch die Idee weiterzuverfolgen.
Welche Themen verarbeitet ihr in euren Lyrics und wie wichtig sind diese für euch?
Auf dem Album geht es um zwei gänzlich unterschiedliche Seiten. Die eine Seite beschreibt die Sicht des verrückten Hutmachers, die andere ist die einer ganz normalen Person. Der Hutmacher ist gruselig und er will, dass wir uns mit ihm verbünden, er will uns sagen: "Die dunkle Seite ist wundervoll, ihr werdet schon sehen." Ein anderes Thema, über das ich ganz gerne schreibe und das auch gut zum Power-Metal-Genre passt, ist beispielsweise das "Löse dich von deinen Ketten"-Gefühl. Man fühlt sich verloren und schwach, aber das einzige, was einem dabei wirklich helfen kann, ist sich um sich selbst zu kümmern und sich alleine zu befreien. Keiner wird dir dabei helfen. Es gibt keinen Gott, zu dem du beten kannst und der dir dann hilft. Es geschieht alles nur in deinem Kopf. Der Bonus-Track 'Death Angel Sings' drückt aus, was ich über Religion im Allgemeinen denke. Es gibt keinen Gott und man sollte auch nicht an Märchen glauben.
Um dir ehrlich die Frage zu beantworten, wie wichtig mir die Lyrics sind: Ich bin der Meinung, dass die Musik deutlich wichtiger ist, als die Lyrics selbst. Ich persönlich höre mehr darauf, wie Musik klingt und sich anfühlt als darauf, welche Worte gesungen werden. Wenn ein Song aber gute Lyrics hat, kann dies jedoch durchaus eine neue Dimension hinzufügen und helfen, dem Hörer zu visualisieren, was er sehen sollte.
Ich höre immer wieder HELLOWEEN zu ihrer "Keeper Of The Seven Keys"-Ära und auch STRATOVARIUS heraus. Welchen Einfluss haben gerade diese beiden Bands auf dich?
Als Kind habe ich diese Bands sehr viel gehört, sie sind sehr wichtig für mich. Ich höre sie auch heute noch gerne und bekomme das gleiche Gefühl wie damals als ich angefangen habe, in die Power-Metal-Ära der späten 90er und 00er einzutauchen. Aber um ehrlich zu sein habe ich auf dem Album überhaupt nicht versucht, wie sie zu klingen. Diese Bands haben mich einfach so stark beeinflusst, dass ich immer Songs schreibe, die an selbige erinnern, ohne dass dies bewusst passiert.
Als ich jünger war und gerade erst angefangen habe, Musik zu komponieren, habe ich immer versucht "Keeper Part 3" zu schreiben. Jetzt, da ich älter bin, denke ich gar nicht mehr daran. Aber diese Bands haben mich für das ganze Leben beeinflusst, sodass alles, was ich schreibe, von ihnen, aber auch von weiteren Bands, inspiriert wurde.
Petter, du bist in meinen Ohren ein absolut klasse Sänger mit hohem Wiedererkennungswert, der geradezu prädestiniert für diese Art von Musik ist. Du hast einen ähnlichen Gesangsstil wie Michael Kiske, klingst aber trotzdem eigenständig genug. Im Gegensatz zu deiner anderen Band, MORNING DWELL, wo du öfters die höheren Tonlagen bedienst, singst du bei MAD HATTER meist in den mittleren Tonlagen, was mir ausgesprochen gut gefällt. Absicht oder Zufall?
Schön zu hören, haha! Vielen Dank! Kiske ist einfach Kiske. Niemand schafft es so zu klingen wie er. Das einzige was ich versuche, ist mit einer ähnlichen Haltung wie er an die hohen Töne ranzugehen. Jeder Mensch hat jedoch eine andere Stimme, sodass es nicht möglich ist, gänzlich wie jemand anderes zu klingen. Kiske ist eine große Inspiration und als ich jung war, habe ich immer zu HELLOWEEN und AVANTASIA gesungen und versucht, die hohen Töne zu treffen. Keiner hat mir das Singen beigebracht, also habe ich mir viel bei meinen Lehrern Kiske, Sammet, Tate und Dickinson abgeschaut. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum mein Gesang an sie erinnert.
Bei MORNING DWELL habe ich tatsächlich etwas zu hoch gesungen und meine Stimme war auch noch nicht so gut entwickelt. Der einzige Grund, weshalb ich mit dem Singen begonnen habe, war der, dass keiner, den ich kannte, diese Art von Musik gesungen hat. Dank MORNING DWELL habe ich jedoch viel üben können und Erfahrungen gesammelt. Als wir anfingen, mit MAD HATTER ins Studio zu gehen, war ich schon in deutlich besserer Form als bei MORNING DWELL. Wir sind außerdem einen Ton von E auf D runtergegangen, was Ronnys Idee war. So hat meine Stimme ihren eigenen, natürlichen Umfang gefunden. Um die eigene Stimme möglichst früh zu entdecken, ist es ratsam, bald mit dem Gesangsunterricht zu beginnen. Jetzt weiß ich jedoch, wie ich am besten üben kann.
Wie kam es zur Namensgebung und verfolgt ihr mit dem Hutmacher dahinter eventuell ein Konzept wie etwa IRON MAIDEN mit Eddie?
MAD HATTER war der Titel des ersten Songs auf unserem Demo. Wir waren der Meinung, dass die Stimmung des Albums sehr an Tim Burton erinnert hat und haben dann weitere dunkle Themen und Geschichten erkundet. MAD HATTER ist außerdem ein einfacher Name, den sich jeder merken kann. Wenn Menschen den Namen MAD HATTER hören, schießt ihnen gleich ein Bild vom verrückten Hutmacher in den Kopf, ohne dass sie wissen, wie unser Artwork aussieht. MAD HATTER ist also ein gutes Konzept, genauso wie MAIDENs Eddie. Also ja, wir werden ihn ähnlich wie Eddie nutzen. Man merkt ihn sich schnell und er ist ein interessanter Charakter.
Euer Artwork ist absolut klasse ausgefallen und hat mich direkt angesprochen. Welcher Künstler war dafür zuständig und welche Vorgaben hatte er dafür von euch?
Ein schwedischer Künstler namens Thomas Holmstrand ist dafür verantwortlich. Er hat bereits das Artwork für SHADOWQUEST, die Band unseres Produzenten, erstellt und ich glaube auch für DIONYSUS, als Ronny da noch gespielt hat. Ich habe mit ihm über die Themen der Songs und den Bandnamen gesprochen, im Anschluss haben wir uns über ein paar Ideen unterhalten und danach hat er einfach losgelegt. Die Entwürfe wurden dann ein paarmal hin- und hergeschickt bis sie letzten Endes unseren Vorstellungen entsprochen haben. Wir sind sehr zufrieden mit dem fertigen Artwork und man kann daran beinahe erkennen, wie sich das Album anhören wird.
So ein tolles Artwork schreit natürlich nach einer Vinyl-Veröffentlichung. Gibt es dafür schon Pläne?
Ja, ich liebe Vinyl und es wird definitiv eine Vinyl-Veröffentlichung geben. Es dauert aber leider etwas länger diese herzustellen, weshalb sie noch nicht erhältlich ist. Außerdem müssen wir auf unser Budget achten, da wir als Band erst angefangen haben und Vinyl sehr teuer ist. Aber ich verspreche euch, dass es bald soweit sein wird.
Welche Ziele verfolgt ihr mit eurer Band? Gibt es Pläne euer Album auch live zu präsentieren?
Heutzutage eine erfolgreiche Band zu werden, ist sehr schwer, aber eines unserer Ziele ist vor einem Publikum zu spielen, das unsere Songs kennt und diese mit uns zusammen singt. Im Moment sind noch keine Gigs geplant. Es ist schwer auf Tour zu gehen, da wir alle noch unterschiedliche Jobs haben. Wir mussten viel Geld in die Produktion unseres Albums stecken - vom Erstellen des Artworks bis hin zur professionellen Aufnahme in einem guten Studio. Bevor wir also auf Tour gehen, müssen wir noch einiges erledigen und uns dann gegebenenfalls von unseren anderen Jobs freinehmen.
Welche Überschrift würdest du gerne über euch lesen?
"MAD HATTER auf Tour mit HELLOWEEN" oder "MAD HATTER spielt in WACKEN".
Nenn mir bitte deine liebsten Metal-Alben aller Zeiten.
Es ist natürlich sehr schwer eine Reihenfolge festzulegen, aber hier sind ein paar meiner Lieblingsalben:
HELLOWEEN - Keeper Of The Seven Keys Pt.2
JUDAS PRIEST - Painkiller
STRATOVARIUS - Visions Of Europe LIVE
RHAPSODY - Dawn Of Victory
LUCA TURILLI - Kings Of The Nordic Twilight
DIMMU BORGIR - Puritanical Euphoric Misanthropia
EDGUY - Theatre Of Salvation
HAMMERFALL - Legacy Of Kings
METALLICA - Master Of Puppets
MASTERPLAN - Masterplan
FREEDOM CALL - Crystal Empire
Auf eurem Album kommen unüberhörbar Keyboards zum Einsatz, aber in meinem Infoschreiben taucht nirgends der Name des Musikers auf, der sie eingespielt hat. Verrätst du mir den Namen des Keyboarders und wie ihr seine Parts live umsetzen wollt?
Ich habe die Keyboards selbst eingespielt. Zuerst wollte ich Samuel Olsson von MORNING DWELL bitten, uns mit den Keyboards zu helfen, aber er ist nach Stockholm gezogen und hat selbst viel um die Ohren. Er hat unter anderem ein paarmal mit Joe Lynn Turner gespielt und ist immer unterwegs. Live werden wir Backtracks verwenden, wie es auch beispielsweise SABATON tut. Die Keyboards tragen einen wesentlichen Teil zur Atmosphäre der Musik bei, jedoch sollten die Songs auch ohne sie gut funktionieren. Das Keyboard ist nicht das wichtigste Instrument und seine Funktion ist nur, den Songs die nötige Farbe zu verleihen.
Die letzten Worte gehören natürlich dir, Petter. Was willst du unseren Lesern noch mit auf den Weg geben?
All die guten Reviews ehren mich sehr. Wir haben als Band gerade erst begonnen und hätten uns kein besseres Willkommen von all den Metalheads da draußen wünschen können. Macht weiter so! Das ist, was uns dazu bringt, mit der Musik weitermachen zu wollen.
Vielen Dank für deine Zeit und alles Gute für die Zukunft.
Die Freude ist ganz meinerseits! Ich wünsche das Allerbeste. Stay Metal!
- Redakteur:
- Mahoni Ledl