MAGNUM: Diskografie-Check Teil 1 | Platz 22 - 15

28.03.2024 | 23:55

Anfang Januar wurde die Rockwelt von der Bekanntgabe des Todes von MAGNUM-Mastermind, Gitarrist und Songschreiber Tony Clarkin erschüttert. Nachdem die Band zuerst noch den Release des aktuellen Silberlings "Here Comes The Rain" durchzog, folgte mit etwas Abstand nun die Ankündigung von Bob Catley, dass mit Clarkins Tod auch die einmalige Karriere von MAGNUM endet. So geschockt auch wir in der Redaktion von dieser Ankündigung sind, haben wir uns das verfrühte Ende der britischen Rocker trotzdem zum Anlass genommen, die 22 Studioalben noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und euch in unserem bekannten Diskografie-Check-Format aufzuarbeiten. Los geht es heute mit den ersten acht Plätzen:

22. Rock Art

Auch wenn wir uns von Anfang an darüber einig waren, dass es an sich keinen wirklichen "Stinker" in der Diskografie der Briten gibt, war auf Grund der eingereichten Listen recht bald klar, welche Scheiben wohl die weniger beliebten sein werden. Die "rote Laterne" ging im Endeffekt an das aus dem Jahr 1994 stammende "Rock Art". Die 1990er waren für MAGNUM generell eine schwierige Zeit, schließlich lag die Band mit ihrem Sound in etwa so nah am Zeitgeist wie der FK Austria Wien an der Champions League.

Den Wunsch, endlich auch in den USA erfolgreich zu sein, hatte die Band zwar auch 1994 noch nicht aufgegeben, die musikalische Entwicklung dürfte aber doch in die falsche Richtung gegangen sein. Nach den nun auch nicht gerade heftig aus der Hüfte geballerten Vorgängeralben entpuppte sich "Rock Art" als ziemlich verwässertes und auch klangtechnisch "weichgespültes" Werk. Ob die damals für die Band zuständige Plattenfirma (EMI) der Meinung war, mit jenen US-typischen Radioklängen, die eine Dekade zuvor noch den nordamerikanischen Markt beherrschten, allen Trends zum Trotz, diesen doch noch erobern zu können, weiß man zwar nicht, das Unterfangen ging jedenfalls definitiv in die Hose.

Inwiefern man es einzig der Entwicklung der Szene in dieser Zeit in die Schuhe schieben kann, dass die Herrschaften businesstechnisch gesehen eine weitere formidable Bauchlandung fabrizierten, wäre auch retrospektiv betrachtet zu einfach. Dem optisch zwar in der Tat kunstvoll inszenierten Album mangelte es nicht nur an Durchschlagskraft (mitunter war das Keyboard von Mark Stanway deutlich prominenter als die Sechssaitige von Tony Clarkin), auch mit wirklich zwingenden Melodien und Hooks wurde vergleichsweise gegeizt.

Dabei wären es wohl genau die gewesen, die MAGNUM "big in the USA" hätten machen sollen. Ansatzweise waren sie auch vorhanden, doch Tracks wie 'Hard Hearted Woman' oder 'Love's A Stranger' wurden im Studio sämtliche Ecken und Kanten entfernt. Kein Wunder also, dass sich für die Herrschaften damit weder neue Fans finden lassen konnten, noch die langjährigen getreuen wirklich zufrieden waren. Die Folge ist bekannt, denn anno 1995 wurde MAGNUM aufgelöst.

[Walter Scheurer]

21. Goodnight L.A.

Den ersten Versuch den US-Markt zu erobern, unternahm MAGNUM mit diesem Album. Genauer gesagt Polydor, das seinerzeitige Label der Band. Der Erfolg des 1988 veröffentlichten "Wings Of Heaven" dürfte die Plattenfirmenverantwortlichen dahingehend inspiriert haben, einen zusätzlichen Songwriter zu engagieren. Die Wahl fiel auf Russ Ballard, dessen Kompetenz die Rockwelt schon lange Jahre zuvor zu schätzen gelernt hatte. Des Weiteren war auch Jim Vallance mit von der Partie, auch von ihm erhoffte man sich ähnliche Hits wie jene, die er zusammen mit Bryan Adams komponiert hatte. Für die Produktion der ursprünglich"Born To Be King" genannten Scheibe ging es schließlich zu Keith Olsen nach L. A.. Man hoffte, mit dem Mann, der WHITESNAKE zum Erfolgsalbum "1987" verholfen hatte, MAGNUM endgültig in den Staaten etablieren zu können.

Das Material war zu einem Großteil auch bereits fertig, als man die Reise über den großen Teich antrat, um im Studio von Mr. Olsen das Album zu finalisieren. Ob es an der offenbar perfekt harmonierenden Konstellation während der Aufnahmen gelegen hat, oder das Label den Titel "Goodnight L.A." als erfolgsversprechender empfand, weiß man bis heute nicht. Fakt ist jedenfalls, dass man sich für den etwas plakativeren Titel entschied. Im Endeffekt ist es völlig egal, denn die Songs, allen voran die zusammen mit Russ Ballard komponierten 'Rockin' Chair' und 'Matter Of Survival', fanden in Europa nahezu denselben Zuspruch, der MAGNUM mit dem Vorgänger zuteil wurde. In den Staaten dagegen konnte die Band noch nicht einmal ansatzweise den erhofften Erfolg einfahren.

[Walter Scheurer]

20. The Monster Roars

Da das Auge bekanntlich mithört, war diese Scheibe von Beginn an etwas eigenartig. Wie konnte es nur sein, dass die Herrschaften NICHT erneut eines der bekannten, liebevoll gestalteten und detailreich ausgearbeiteten Motive ihres phasenweise als sechstes Bandmitglied bezeichneten Rodney Matthews verwendeten? Irritiert war die Fangemeinde jedenfalls schon dadurch. Zudem hatte man den Eindruck, die Fratze sollte den Titel verdeutlichen. Der entpuppte sich nämlich als ebenso nicht ganz stimmig mit den Songs.

Zum einen, weil im Vergleich mit den beiden davor aufgelegten Veröffentlichungen "Lost On The Road To Eternity" und "The Serpent Rings" der Bombast ein wenig nach oben geschraubt wurde, und auch der Balladen-Anteil höher ausgefallen war. Das soll die Qualität von Band-typischen, romantischen Märchen wie 'All You Believe In', 'Walk The Silent Hours' oder 'I Won't Let You Down' zwar keineswegs schmälern, ein höherer Anteil von Mid-Tempo-Kriechern wie dem Titelsong und 'Can't Buy Yourself A Heaven' hätten aber auch nicht geschadet. Noch mehr stramme Rock-Kamellen wie 'That Freedom Word' oder 'Come Holy Man' ebenso wenig. Das ist natürlich ebenso subjektiv eingefärbt, und einmal mehr Meckern auf verdammt hohem Niveau.

Als geschmeidiges Album ist "The Monster Roars" nämlich auf jeden Fall zu bezeichnen. Und von mangelnder Inspiration oder gar Berufsmüdigkeit waren diese Herren 2022 bekanntermaßen meilenweit entfernt. Nachzuhören unter anderem im locker-flockigen 'No Steppin' Stones'. Eine dermaßen mitreißende und wohl auch tanzbare Nummer bekam man von MAGNUM nämlich nur selten zu hören!

[Walter Scheurer]

19. Sleepwalking

Das in meiner persönlichen Liste an letzter Stelle platzierte Album wurde von der Kollegenschaft auf den 19. Rang im Klassement gehoben. Warum auch immer ich schon damals nicht so richtig warm geworden bin mit dieser Scheibe war mir nicht mehr bewusst, doch ein neuerlicher Versuch hat mich bestätigt. Die Band war nach dem eher missglückten Versuch mit Hilfe von Polydor den US-Markt zu erobern unter den Fittichen von Music For Nations wieder selbstbestimmter unterwegs.

Zudem hatte man mit Tony Clarkin nun endlich auch einen kompetenten Produzenten in den eigenen Reihen, der genau wusste, wie die Songs zu klingen haben. Dennoch waren die elf Songs im Vergleich zu früheren Elaboraten fast schon minimalistisch ausgefallen. Der Versuch, den Sound einigermaßen zu entschlacken, zugleich aber dennoch tauglich für etwaige Radiosender und die Fanohren zu gestalten, dürfte nicht einfach gewesen sein.

Dennoch lassen sich diverse Exponate als für MAGNUM untypisch minimalistisch und geradezu bieder betrachten. Unverständlich für mich bleibt bis heute, weshalb Meister Clarkin sein Instrument nicht deutlich stärker in den Vordergrund gestellt hat. Davon hätte der eine oder andere Track definitiv profitiert. Allen voran das in Richtung belangloser Pop-Rock-Kleinode tendierende 'Only In America', aber auch der Titelsong, der mich auch mehr als 30 Jahre später vorwiegend zum ersten Teil des Titels animiert.

[Walter Scheurer]

18. Magnum II

Nach dem kleinen, ersten Erfolg mit "Kingdom Of Madness" folgte MAGNUM nicht einmal ein Jahr nach der Veröffentlichung des Debüts mit dem zweiten Album. Nachdem das Erstlingswerk mehr als zwei Jahre in den Regalen von Jet-Records Staub angesetzt hatte, ist das nicht verwunderlich, hatte die Band doch durch zahlreiche Gigs viel mehr Erfahrung mit ihren eigenen Stücken und Tony Clarkin dementsprechend auch schon einige neue Lieder komponiert, die auch bereits ausgiebig auf Touren und einzelnen Konzerten in Pubs vor Publikum getestet worden waren.

So zog die Band wieder ins De Lane Lea Studio in London. Dort gab es aber eine entscheidende Neuerung: Hotelzimmer für die Band[1]! Denn für die Aufnahmen zu ihrem Debüt hatten die Musiker noch in der Cafeteria nächtigen müssen, weil für sie keine Hotelzimmer gebucht worden waren. Und noch etwas war verbessert: der Produzent. Jet Records, speziell David Arden, sorgte dafür, dass der ehemalige TEN YEARS AFTER-Bassist Leo Lyons der Band den richtigen Sound verpasste, der zuvor die letzten drei sehr erfolgreichen UFO-Alben produziert hatte[1].

Gleich zu Beginn startet das 'Great Adventure', einer der wenigen Songs, der stilistisch an die besten Songs des Debütalbums erinnert;progressiv, kraftvoll und auch ein bisschen antiquiert mit einem deutlichen Siebziger-Touch. Toni Clarkin erklärte, dass er die Inspiration zu diesem Lied auf einem Ausflug hatte. Allerdings ging dieser nur nach Weymouth und im Wohnwagen, was überhaupt nicht Tonis Geschmack war[2]. Mit 'Changes' wird es dann sehr kommerziell, was Clarkin auch bereitwillig zugab, denn das war seine Intention gewesen. Auffällig ist, dass man sich lyrisch von den Science-Fiction- und Fantasy-Themen verabschiedet hat.

Das kurze, zügige 'The Battle' knüpft wieder an "Kingdom Of Madness" an und tatsächlich klingt die Gesangsmelodie an einigen Stellen verblüffend ähnlich. 'If I Could Live Forever' war Clarkins Versuch, ein großes Epos zu schreiben, was ihm mit den folgenden Alben allerdings ungleich besser gelingen sollte. 'Reborn' ist auch auf der Habenseite von "II" einzuordnen, ist es doch komplexer als die neu gefundene kommerzielle Seite Clarkins und steht ebenfalls für die Fortführung des zumindest ansatzweise gefundenen Bandstils der Siebziger.

Das abwechselnd rockige und kitschige 'So Cold The Night' zeigt Clarkins Vielseitigkeit, wirkt aber auch ziellos, obwohl es gute Ansätze enthält, nur möglicherweise für zwei verschiedene Lieder. Und die Keyboards sind leider wieder nicht gut gealtert. Die zweite Single des Albums war 'Foolish Heart', ein weiterer Versuch der Band, einen Singlehit zu komponieren, was aber wie im Fall von 'Changes' ebenfalls scheiterte. Zum Abschluss gibt es noch die Ballade 'Stayin' Alive' und den erdigen Rocker 'Firebird', der in manchen Passagen zeigt, dass MAGNUM auch mit weniger Opulenz effektiv sein kann, allerdings sind einige der eingeflochtenen Ideen eher merkwürdig und schaden dem Lied mehr als sie nützen.

So sehen es auch unsere fünf Redakteure, die "II" auf einen der hinteren Plätze verbannen. Zwar sind gute Ansätze vorhanden und es ist mitnichten ein schlechtes Album, aber Jakobs 11. und mein 15. Platz sind die höchsten Platzierungen, Jonathan findet sogar, dass es auf den vorletzten Platz der 22 Studioalben gehört.

Das Album erschien mit einem silberfarbenen Cover mit dem Bandnamen und einer römischen "II". Effektiv ist das sicher, schön nicht und schon gar nicht inspiriert. Dachte man sich wohl auch bei den Labels und verpasste einigen Neuveröffentlichungen ein Weltraum-Cover von Rodney Matthews, was allerdings nun gar nicht mehr zum Inhalt passte.

Auf den Singles, die zwar nicht in die Singlecharts, wohl aber in die Heavy-Metal-Charts des "Sound" einsteigen konnten, gab es für die Fans noch etwas zu entdecken, so war die B-Seite von "Changes" ein Song mit dem Namen 'Lonesome Star', der nicht auf "II" zu finden ist und sicher nicht schlechter ist als einiges von dem Material, das später auf dem Longplayer zu hören war. Das gleiche kann man über 'Everybody Needs' leider nicht sagen, dem zweiten Non-Album-Track, der auf der zweiten Singleausgabe von 'Changes' aus dem Jahr 1980 zu finden ist[3]. Dieser ist nämlich ausnehmend grauenvoll. Diese und ein paar Live-Songs sind auf dem 2005er Re-Release des Albums zu hören.

MAGNUM ließ sich von dem kommerziellen Misserfolg von "II", ausgestattet mit einem Vertrag über fünf Alben, nicht beirren. Man tourte zuerst mit BLUE ÖYSTER CULT und dann mit KROKUS und anschließend eröffnete die Band auf der Europa-Tournee von UFO, was sie auch außerhalb des UK bekannter machte[4]. Diese Live-Aktivitäten wurden daraufhin auf der Live-Schallplatte "Marauder" und einer Doppel-Single dokumentiert, wobei letztere bis auf Platz 47 der UK-Single-Charts stieg und der Band einen echten Achtungserfolg bescherte[5].

[1] Ling, Dave (2005): Magnum; Liner notes im Booklet des Re-Releases von "II", Castle Music 2005

[2] Ling, Dave (2005): Magnum; Liner notes im Booklet des Re-Releases von "Kingdom of Madness", Castle Music 2005

[3] 45cat; https://www.45cat.com/artist/magnum; abgerufen am 15.2.2024

[4] Vielhaber, Martin (2022): 2. MAGNUM - T(w)oo Good For Success?; https://magnum-biography.jimdofree.com/; abgerufen am 15.2.2024

[5] Vielhaber, Martin (2022): 3. Marauders - But Only On Stage; https://magnum-biography.jimdofree.com/; abgerufen am 15.2.2024

[Frank Jaeger]

17. Breath Of Life (2002)

Sechs Jahre lang mussten Fans des melodischen Hard Rocks zwischen 1996 und 2002 ohne MAGNUM auskommen, denn schon lange bevor MÖTLEY CRÜE, KISS und SLAYER aus der "Farewell mit anschließender Reunion"-Taktik eine Maschine zum Gelddrucken gemacht haben, verabschiedete sich die Band um Mastermind Tony Clarkin auf einer Abschiedstour 1995, um sich dann doch mit "Breath Of Life" zurückzumelden.

Wobei auch das eigentlich nur ein Teil der Wahrheit ist, denn die Zusammenarbeit konnten Clarkin und Bob Cately auch in der Pause nicht lassen und veröffentlichten als HARD RAIN zwei gemeinsame Alben, die musikalisch gar nicht einmal so weit vom MAGNUM-Kosmos entfernt lagen. So klingt dann auch das Comeback "Breath Of Life" unter dem regulären Bandnamen und mit dem zurückkehrenden Keyboarder Mark Stanway und dem neuen Basser Al Barrow deutlich mehr nach einer Mischung aus HARD RAIN und MAGNUM, als nach einer schlichten Rückkehr zu den eigenen Wurzeln.

Wie gewohnt ist die musikalische Qualität dabei hoch und auch wenn der 17. Rang in unserer Endabrechnung nicht so aussieht, sind auch diese zwölf Songs eine feine Ergänzung für eine sowieso durchweg starke Diskografie. Einzig die ganz großen Hits, die man auch Jahre später noch immer aus dem Schrank zieht, finden sich hier nicht unbedingt. Dafür gibt es zahlreiche Deepcuts, die gerade auch mir bei einer erneuten Entdeckungsreise durchaus Spaß gemacht haben. 'Still' etwa ist eine cool treibende Nummer mit starkem Piano, während 'Everyday' einen gewohnt rockigen MAGNUM-Stampfer abliefert, der ebenfalls sehr viel Spaß macht.

Sogar die etwas epischere und fast schon proggige Seite der Briten darf in einem Song wie 'After The Rain' durchscheinen, der uns in kompakten vier Minuten auf eine spannende und abwechslungsreiche musikalische Reise mitnimmt. Und auch der abschließende Longtrack 'Night After Night' macht sehr viel Spaß, auch wenn wir hier natürlich meilenweit von Epen wie 'Don't Wake The Lion' entfernt sind. Am Ende sind es damit wohl wahrscheinlich der etwas dünne Sound und das recht überschaubare Schlagzeugspiel, das "Breath Of Life" von größeren Taten fernhalten.

Gerade der letzte Punkt ist dabei selbstverschuldet, denn bei all seinen Talenten ist Tony Clarkin, der hier selbst an den Drums saß oder auf Samples zurückgegriffen hat, für die Arbeit an den Percussions nicht die perfekte Wahl. Dabei ist es nicht so, als wären die Drums ein Störfaktor, doch setzen sie eben auch keine großen Akzente, die manche der zwölf Tracks eben noch hätten aufwerten können. Trotzdem gibt es mit Jakob Schnapp sogar einen Kollegen, der den Silberling auf dem vierten Rang der MAGUM-Diskografie sieht, während Frank und ich die Scheibe mit einem vorletzten und letzten Rang am kritischsten sehen. Doch noch einmal, das was im Falle der britischen Hard Rocker ganz unten in unserem Check landet, ist in großen Teilen immer noch besser als die Höhepunkte so mancher Diskografie im AOR-Bereich.

Der 17. Platz geht dann am Ende für "Breath Of Life" auch vollkommen in Ordnung und selbst wenn man die einzelnen Songs nicht zu seinen Lieblingen zählt, muss man doch froh sein, dass uns diese Scheibe eine der tollsten Hard-Rock-Bands zurückgebracht hat.

[Tobias Dahs]

16. Here Comes The Rain (2024)

Vom Comeback aus dem Jahr 2002 springen wir im Anschluss direkt an das verfrühte und überraschende Karriereende der britischen Rocker. Kurz bevor das noch immer aktuelle und nun auch letzte Album "Here Comes The Rain" in den Regalen der Läden auftauchte, verstarb Songwriter, Gitarrist und Produzent Tony Clarkin überraschend nach kurzer Krankheit. Bob Catley beendete folgerichtig zwei Monate später die Karriere der Band, denn ehrlich gesagt ist ohne Clarkins Songwriting eine Zukunft für MAGNUM nicht vorstellbar. Dafür, dass die Band während der Aufnahmen nicht wusste, dass sie hier gerade an ihrem finalen Werk arbeitete, hat sie uns aber einen würdigen Schlusspunkt für eine beispiellose Diskografie hinterlassen. Ich selbst und auch Jonathan hätten den Silberling dabei sogar noch etwas weiter vorne gesehen (11. und 14. Platz), doch insgesamt landet "Here Comes The Rain" vielleicht auch dank mangelnder Prüfung auf Langzeitwirkung und ausbleibender Ausreißer nach ganz oben im hinteren Mittelfeld der Diskografie. Im direkten Vergleich zum vorherigen Platz erscheint diese Einordnung aber durchaus angemessen, denn auch wenn ich initial einen noch besseren Eindruck von der Platte hatte, fehlt mit etwas mehr Abstand doch dieser ganz große Track, der sich auch auf lange Sicht als Klassiker des Katalogs etablieren könnte. Natürlich gibt es auch anno 2024 wieder diverse Höhepunkte zu entdecken. So ist der Titeltrack etwa ein wunderbar beschwingter Rocker mit tollem harmonischem Twist, 'The Day He Lied' ist ein mit epischen Keyboards untermalter Stampfer und 'Some Kind Of Treachery' eine wunderschöne Ballade, bei der Bob Catley gewohnt den Zahn der Zeit an sich abprallen lässt und so stark klingt wie in den Achtzigern. Mein persönlicher Liebling ist aber 'The Seventh Darkness', nicht nur weil hier sehr beschwingt und zwingend gerockt wird, sondern auch weil die sehr präsenten Bläser und das herrliche Saxophon der Nummer ein paar frische Nuancen verpassen. Ebenfalls sollte 'I Wanna Live' nicht unerwähnt bleiben, hat die Nummer doch vielleicht noch am ehesten das Potential dazu, als kleiner Hit durchzugehen. Dieser eine Song, der mir im Zusammenhang mit "Here Comes The Rain" sofort einfallen würde, fehlt aber wie eingangs bereits erwähnt, weshalb der Schwanengesang der Briten am Ende doch "nur" eine gute Mittelfeld-Platte ist. Zumindest, wenn die Band MAGNUM heißt und man für 50 Jahre einen so tollen Songwriter wie Tony Clarkin in den eigenen Reihen hatte, der sich die starken Songs mit spielerischer Selbstverständlichkeit aus dem Ärmel gezaubert hat.

[Tobias Dahs]

15. Brand New Morning (2004)

Dieses Album wird sicher von vielen als eher ungewöhnlicher Bestandteil der großen MAGNUM-Diskografie gesehen. Das 13. Studioalbum der Briten kam im Sommer 2004 auf den Markt. Ich hatte damals gerade angefangen, Metal-Magazine zu lesen (POWERMETAL.de war auch schon dabei!), und auf einem der damals beigelegten CD-Sampler eines Magazins hörte ich 'It's Time To Come Together'. Mein Erstkontakt mit MAGNUM, und ich wusste: Diese Band will ich besser kennen! Über die Jahre landeten dann etliche MAGNUM-Alben in meiner Sammlung, aber "Brand New Morning" gehörte erst einmal nicht dazu, denn weder in Second-Hand-Läden noch bei den Online-/Multimedia-Händlern wurde ich fündig. Zum Neupreis war mir das 2004 schlicht zu teuer. 2014, knapp zehn Jahre nach der Veröffentlichung, wurde ich dann aber doch fündig. Und spät, aber nicht zu spät, stieg das Album zu einer meiner meistgehörten MAGNUM-Platten auf.

Der Sound ist etwas "moderner" und "druckvoller" als auf manchen anderen Produktionen, aber man hört trotzdem ständig, dass es sich um MAGNUM handelt. Ähnlich wie der direkte Vorgänger "Breath Of Life" gibt es also durchaus einen gewissen zeitgeistigen Einfluss, den MAGNUM in anderer Form ja auch schon zu früheren Zeiten integriert hatte - man denke an die Alben um 1990 herum, die stark vom US-Radio-Sound geprägt worden waren. Hier ist der Sound dafür etwas erdiger, weniger eskapistisch. Aber die mehrstimmigen Gesänge, die feinen Gitarrenleads, die wunderbare Stimme von Catley, die warmen Keyboard-Sounds - all diese Elemente heben "Brand New Morning" auch von der typischen Rock-Scheibe dieser Ära ab.

Überragend sind gerade die ersten beiden Songs, sowie 'The Blue And The Grey'. Der Titelsong ist ein melancholischer Hammer, und der vom obigen Sampler erwähnte Track ist verantwortlich für die gute Laune eines jeden Hörers. Blau und grau wird es dann auf einem Trip ins höhere Alter. Der Song hat ein gewisses Gospel-Flair von den Chören her. Doch auch die anderen Titel müssen sich nicht verstecken. Für mich zwar nicht das beste MAGNUM-Album nach der Reunion - dieser Titel geht zurecht an "Sacred Blood, Divine Lies" (das sieht auch unsere Redaktion im Ganzen vorne bei den Post-Reunion-Alben). In unserem Ranking landete "Brand New Morning" auf einem eher mäßigen 15. Platz, was mich doch ziemlich überraschte. Aber wirklich überzeugt sind wohl nur Jakob und ich, die Rang 7 vergeben. Platz 19 bei Walter, 20 bei Tobias und Frank - das sind halt eher Plätze nahe am Ende der Diskografie. Für mich schwer nachzuvollziehen, sticht dieses Album doch auch aufgrund des Sounds für mich aus dem teils recht gleichförmigen Wirken späterer Jahre heraus.

[Jonathan Walzer]

 

Und damit sind wir auch schon am Ende des ersten Teils unseres Rückblicks auf die gesamte Karriere dieser Ausnahmerocker aus Großbritannien angekommen. Wie es in unserem Ranking weitergeht, erfahrt ihr in wenigen Tagen hier auf POWERMETAL.de.

 

Hier geht's zu Teil 2 und Teil 3 des MAGNUM-Diskografie-Checks.

Redakteur:
Tobias Dahs

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