NECK CEMETERY: Interview mit Matt und Jörn

29.10.2023 | 18:22

Metal, Film und Freunde – was kann es Schöneres geben? Richtig und genau mit dieser Devise haben die Jungs von NECK CEMETERY ihr zweites Album eingehämmert und ihren konzeptionellen Fokus ein wenig auf das Kino der 1980er und 90er Jahre gelenkt. Dass dabei aber oder gerade deshalb solch ein Kracheralbum dabei herausgekommen ist, liegt auch am starken Old-School-Charme. Gründe en masse also Gitarrist Jörn und Tieftöner Matt ein wenig auf den Zahn zu fühlen.

Jungs, wie läufts?
Matt: Die Stimmung ist ziemlich gut. Wir sind super-happy, dass die Scheibe jetzt endlich rauskommt und unsere Fans zu hören bekommen, woran wir so lange und intensiv gearbeitet haben.
Jörn: Dem schließe ich mich gerne an. Die Zeit zwischen Aufnahmen und Veröffentlichung kann sich schon ziemlich ziehen. Und man hat natürlich auch so einen Impuls, die neuen Sachen direkt mit der Welt zu teilen. Da freut man sich schon, dass es jetzt endlich Fahrt aufnimmt.

Ihr hattet letztes Jahr auf dem "Rock Hard"-Festival quasi Heimspiel. Wie war das für euch, vor all den bekannten Gesichtern auf der Bühne zu stehen – vor allem, nachdem der Auftritt verschoben werden musste?
Matt: Ich war so aufgeregt, dass ich vorher den ganzen Tag nichts essen konnte. Endlich, nach zwei Jahren Pandemie, der erste Live-Auftritt. Und dann im riesigen Amphitheater. Richtig genießen konnte ich das erst hinterher.

Ihr habt mit dir, Jörn, einen guten Ersatz für Yorck gefunden, wie uns Flori von Reaper Entertainment mitteilte – weshalb der Wechsel?
Matt: Nach der Pandemie ging es natürlich auch bei Yorcks Hauptband SODOM wieder richtig mit Live-Shows los. Da hat die Zeit einfach nicht mehr gereicht, um auch mit NECK CEMETERY auf die Bühne zu gehen oder im Proberaum an neuem Material zu arbeiten.
Jörn: Und dann hat mich Jens angerufen und gefragt, ob ich nicht Bock hätte, bei NECK CEMETERY als Gitarrist einzusteigen. Das war vor ziemlich genau einem Jahr. Wir beide kennen uns schon seit gut 25 Jahren und er wusste, dass ich mich gerade wieder nach einer neuen Band umsah. NECK CEMETERY hatte ich natürlich die ganze Zeit verfolgt und war auch echt beeindruckt, was die Jungs alles auf die Beine gestellt hatten. Da hatte ich daher schon mächtig Respekt vor. Aber so eine Chance kommt halt auch nicht alle Tage, und deswegen wollte ich es auch unbedingt versuchen. Ich habe dann bei den Jungs vorgespielt, und es hat auch ziemlich direkt super harmoniert, glaube ich.

Trotzdem ist Yorck noch auf der neuen Scheibe zu hören.
Jörn: Genau, Yorck hat für den Song 'Eye Of The Snake', der übrigens auch noch größtenteils aus seiner Feder stammt, ein schickes Solo beigesteuert. NECK CEMETERY liegt ihm auch weiterhin sehr am Herzen. Schließlich hat er die Band ja auch mitgegründet. Außerdem ist er ja auch weiterhin ein sehr guter Freund.

"Bring Us The Head" erscheint Ende Oktober und vor einigen Wochen gab es in Form von 'Secret Of Steel' eine tolle Hommage an Arnies "Conan". Wie weit repräsentiert dieser Song die Platte eurer Meinung nach?
Jörn: Auf dem Album loten wir hier und da schon ein paar Grenzen aus. Jeder Song erzählt ja quasi eine andere Geschichte. Es finden sich daher teils melodischere, teils heftigere Parts wieder. 'Secret Of Steel' zeigt vor allem die klassische Heavy-Metal-Seite der Band, ist gleichzeitig aber auch relativ episch - passt also super zu einem Conan-Film-Thema und fügt dem Bandsound obendrein noch einmal ein paar neue Facetten hinzu.
Matt: Genau. Der Song bringt das, was wir textlich und musikalisch auf "Bring Us The Head" sagen wollten, sehr gut auf den Punkt. Das Grundgerüst ist eine Idee von Yorck, die wir mit Jörn zusammen im Proberaum ausgearbeitet haben. So gesehen verknüpft er auch beide Gitarristen.

"Born In A Coffin" erschien vor drei Jahren. Wie hat sich NECK CEMETERY musikalisch seitdem entwickelt? Also worin liegen eurer Meinung nach die musikalischen Unterschiede zwischen dem Debüt und dem kommenden Nachfolger "Bring Us The Head"?
Matt: Zunächst einmal sind wir sicherlich bessere Musiker geworden. Lukas hat zum Beispiel die Zeit während der Pandemie genutzt, um sein Double-Bass-Spiel zu verbessern. Und ich habe gelernt, bessere Bass-Lines zu schreiben. Ich denke außerdem, dass wir alle mit der Zeit ein besseres Gefühl für den Sound von NECK CEMETERY bekommen haben und entsprechend anders ans Songwriting herangegangen sind. Und dann haben wir jetzt mit Jörn noch einen neuen Lead-Gitarristen, der ganz anders an Soli und Melodien herangeht.
Jörn: Ja, das stimmt natürlich schon. Auch wenn ich versuche, mich mit meinem Gitarrenspiel in den Bandsound einzufügen, bringt jeder trotzdem immer etwas Eigenes mit ein. Ich glaube, dass ich meine Soli- und Lead-Parts vor allem eher etwas melodischer anlege. Der Song 'Judgement Night' ist dafür ein ganz gutes Beispiel. Der wirkt beim ersten Hören relativ straight, es befinden sich aber viele kleine Mini-Melodien und Riffs darin, die man anfangs vielleicht noch gar nicht direkt wahrnimmt, die den Song aber meiner Meinung nach ungemein aufwerten und interessanter machen. Das Kunststück ist dabei natürlich, dass alles trotzdem immer songdienlich ist und die Tracks nicht überfrachtet. Und das ist uns insgesamt auch ziemlich gut gelungen, finde ich.

Einen Vorgeschmack gab es vor Kurzem mit 'F.O.A.D.', das für "Fuck Off And Die" steht. An wen genau richtet sich die Message?
Matt: In dem Song geht es um den Filmklassiker "I Spit On Your Grave", in dem sich eine Frau an den Männern rächt, die sie zuvor brutal vergewaltigt hatten. Also sind erstmal solche Typen gemeint.
Jörn: Auf jeden Fall ist es ein durchaus heftiger Film, der ja auch aufgrund seines hohen Maßes an Gewalt bis vor Kurzem noch auf dem Index stand. Und Gewalt, gerade an Frauen, ist ja leider nach wie vor und erschreckenderweise immer noch ein aktuelles Thema. Von daher finde ich die Message auch heute noch sehr wichtig. Da fällt es einem natürlich leicht, voll und ganz dahinterzustehen.
Matt: Ich würde es sogar gerne noch generell auf Menschen erweitern, die anderen Gewalt antun. Sei es verbal, körperlich oder psychisch.

Mit 'Pet Sematary' habt ihr auch endlich den RAMONES-Klassiker aufgenommen und verewigt. Welchen Einfluss hatten die RAMONES und das "Brain Drain"-Album auf euch persönlich?
Matt: Die RAMONES waren ein allseits präsenter Teil meiner Jugend. Ich war viel mit Punks unterwegs, von denen einige echt riesige RAMONES-Fans waren bzw. immer noch sind.
Jörn: Das geht uns allen ähnlich, glaube ich. Mein erstes Bandshirt, das ich mir im Alter von zwölf Jahren oder so gekauft habe, war zum Beispiel von den RAMONES. Und allein die Tatsache, dass sich unser Bandname von dem Song 'Pet Sematary' ableitet, zeigt, dass uns einiges mit der Band verbindet.

Matt: Ich muss aber leider sagen, dass mir persönlich da immer ein bisschen die Härte gefehlt hat.
Jörn: Ja, musikalisch bewegen wir uns mit NECK CEMETERY da natürlich schon auf einem anderen Härtelevel. Aber letztlich bleibt ein guter Song eben auch ein guter Song. Und da ist es dann fast egal, ob 'Pet Sematary' wie im Original eher punkig oder in unserer Version metallischer interpretiert wird.

Besil hat euch ein sehr tolles Artwork gezaubert. Was macht die Arbeit mit ihm oder auch Martin Buchwalter, der für die Produktion der Scheibe zuständig war, so besonders?
Matt: Besil hat mit dem Artwork für "Born In A Coffin" bereits so unglaublich großartige Arbeit geleistet, dass er den visuellen Stil von NECK CEMETERY mit definiert hat. Beim Cover für "Bring Us The Head" hat er sogar noch einen draufgesetzt und sogar in Farbe gezeichnet, was er sonst nicht macht.
Jörn: Ja, das mit der Farbe war uns schon ein Anliegen. Vielleicht auch unterbewusst, weil die Filme, an die wir bei den Songs gedacht haben, auch alle in Farbe sind. Ansonsten hatten wir nur den Wunsch geäußert, dass sich alle Filme in irgendeiner Form mit kleinen Anspielungen auf dem Cover wiederfinden sollten. Und das hat Besil echt großartig umgesetzt.
Matt: Die Arbeit mit Martin zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er so ein entspannter Typ ist. Er achtet aber trotzdem sehr auf Details und lässt dich einen Part auch so lange wiederholen, bis er deine beste Performance eingefangen hat. Aber das Ganze findet in einer sehr angenehmen Atmosphäre statt.
Jörn: Und vor allem bringt Martin auch selbst noch einmal viele gute Ideen mit ein, die dann in Teile der Songs mit eingebaut werden und diese nochmal besser machen. Mit ihm kann man also im Studio auch richtig gut auf kreativer Ebene arbeiten.

Perfekte Konstellation also. Wir sind allesamt Kinder der 1980er und 90er Jahre und neben der Liebe zur Musik verbinden uns auch zahlreiche Filme dieser Zeit – ein Thema, das sich durch das neue Album zieht. Was war eurer Meinung nach das Besondere an den Filmen in dieser Zeit – gern auch im Vergleich zu den Streifen im Hier und Jetzt? Was hat "Terminator", "Armee der Finsternis" oder "Freitag, der 13." so besonders gemacht?
Jörn: Ich glaube, dass die Filmemacher damals noch mehr ausprobieren durften als heute. Das waren dann oft wirkliche Herzensangelegenheiten der Regisseure. Das merkt man dann sicherlich auch als Zuschauer, und dadurch haben wir dann eben auch eine besondere Beziehung zu den Filmen. Aber ich glaube, damals wurde dem Publikum auch generell durchaus noch etwas mehr zugetraut. Da war mehr Risikobereitschaft vorhanden und es ging weniger nur ums Geld. Heutzutage wird da oft auf Nummer sicher gegangen und vieles nach Schema F produziert.
Matt: Für mich ist das coole daran vor allem das etwas andere Erzähltempo, das sich von heutigen Produktionen unterscheidet. Und natürlich diese wunderbaren Spezialeffekte mit Modellen und optischen Tricks, an die in meinen Augen CGI einfach nicht heranreicht.

Einige Filme dieser glorreichen Epoche haben ein mehr oder weniger gutes Remake oder eine Fortsetzung bekommen, die sie nicht unbedingt gebraucht hätten. Fallen euch Filme ein, von denen es lieber keinen weiteren Teil hätte geben sollen?
Matt: Ganz klar "Terminator".
Jörn: Oh, ja. Da gab es wirklich mehr als genug gescheiterte Versuche, aus der Marke noch etwas herauszuholen. Aber das trifft für mich sogar fast noch mehr auf die "Jurassic Park"-Reihe zu. Da war nur der erste Teil richtig gut, ein echtes Meisterwerk sogar. Aber was danach kam, fand ich meist echt mies. Das war als Fan des Originals teilweise sogar richtig schmerzhaft.
Matt: Aber dass es auch heutzutage noch gute Fortsetzungen gibt, hat "Mad Max: Fury Road" sehr eindrucksvoll gezeigt, finde ich.

Denke ich an die 1990er Jahre im Kino-Format, denke ich an "Jumanji", "Twister", "Leon – der Profi" oder "Braveheart" – natürlich haben wir auch alle einen verfilmten "Guilty Pleasure". Verratet mir gerne euren, wir sind doch unter uns, hehe.
Matt: Gerade fällt mir keiner ein.
Jörn: Puh, das ist echt gar nicht so einfach. Ich mag nach wie vor Filme wie "Die Nackte Kanone" oder "Hot Shots". Da sind zugegeben einige Gags wirklich nicht besonders gut gealtert, aber ich sehe mir die Filme immer noch gerne an und habe durchaus meinen Spaß damit. Und wenn die guten alten Bud-Spencer-/Terence-Hill-Prügelorgien mal irgendwo laufen und ich zufällig einschalte, bleibe ich da auch immer hängen.

Wann und wie wird man euch in den kommenden Monaten auf der Bühne sehen? Die Songs sind prädestiniert für Live-Gigs.
Jörn: Das sehen wir genau wie du. Wir brennen auch schon darauf, die neuen Songs live zu spielen. Wir sind gerade in einigen Gesprächen zu weiteren Gigs. Da wird sicherlich noch einiges kommen. Am besten, ihr schaut immer mal bei unseren Social-Media-Kanälen rein. Da steht immer, was spruchreif ist. Ich persönlich freue mich vor allem auf den Gig mit MOTORJESUS. Einfach, weil ich da selbst riesiger Fan von bin.

Ein vorsichtiger Blick in die Glaskugel, da es euch seit nunmehr fünf Jahren gibt: Wo wird NECK CEMETERY in weiteren fünf oder gar zehn Jahren stehen?
Matt: Egal, wo wir dann stehen - ich wünsche mir, dass es uns weiterhin so viel Spaß macht.

Das aktuelle Album bockt von vorne bis hinten – großartige Scheibe. Was möchtet ihr unseren Lesern und euren Fans noch mit auf den Weg geben?
Jörn: Freut uns sehr, dass dir das Album so gefällt. Und kommt alle gerne zu unseren Live-Shows. Wir garantieren euch einen ordentlichen Abriss!
Matt: Vielen Dank für den Support. Und denkt daran: Augen zu und Metal auf die Ohren ist immer eine gute Idee.

Fotocredits: Nicole Stephan

Redakteur:
Marcel Rapp

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