PARKWAY DRIVE: Interview mit Winston McCall

25.10.2015 | 16:37

"Ire", das fünfte Album der australischen Metalcore-Institution PARKWAY DRIVE, markiert eine Zäsur im gewohnten Sound der Band. Grund genug für Powermetal.de mit dem Sänger der Band über das neue Album zu plauduern.

Es ist ein sonniger Junitag in Köln. Parken kann man in der Kölner Innenstadt somit vergessen und auch im Westteil der City ist man an diesem Nachmittag mit der Parkplatzsuche länger beschäftigt als einem lieb ist. Jedoch überwiegt die Neugier, das neue PARKWAY DRIVE-Album zu hören und ich werfe nicht das Handtuch aus Frust, dass nach einer Viertelstunde noch immer kein Parkplatz frei geworden ist.

In einem kleinen Theaterraum werden mir bereits acht Song von "Ire" vorgespielt, bevor es dann ins benachbarte Cafe geht, um PARKWAY DRIVE-Sänger Winston McCall ein paar Fragen zum neuen Album zu stellen. Erstaunlicherweise wirkt der Sänger recht nervös, wenn wir auf das neue Album zu sprechen kommen. Ich scheine einer der ersten Leute zu sein, die ihm Fragen zu "Ire" stellen.

Pm.de: Also, ich habe jetzt schon acht Songs vom neuen Album gehört. Ich finde es gut. Und ich glaube auch besser als "Atlas". (Winston lacht laut auf) Wieso musst du da lachen?

McCall: Das ist gut! Das ist auch das Ziel. Du bist einer der ersten von Außen, die das Album gehört haben und das ist was ganz anderes, als wenn man seiner Mutter oder Frau das Album vorspielt. Von daher, danke!

Spontan gefällt mir der dritte Song, 'Vice Grip', richtig gut. Er ist sehr melodisch und teilweise sogar rockig. Irgendwie hat es mich an die guten IN FLAMES erinnert. 'Bottom Feeder' hat mich spontan auch überzeugen können. Aber lass uns mal über das Album insgesamt sprechen. Ich habe wirklich keine Informationen dazu bekommen. Wann habt ihr die Songs geschrieben?

Das geschah innerhalb der letzten drei Jahre. Wir haben "Atlas" geschrieben und aufgenommen und waren dann an einem Punkt, wo wir uns gefragt haben, was wir nun machen sollen. Im Kontext von PARKWAY DRIVE und Metalcore haben wir alles gemacht, was wir wollten und auch konnten. Wir haben vier Alben veröffentlicht, die mit den gleichen Formeln arbeiten und jetzt wollten wir einfach etwas Neues ausprobieren. Wir haben also einfach Songs geschrieben, mit neuen Sounds experimentiert und auch versucht als Musiker zu wachsen. Ein Ziel war es, dass die Musik mehr fokussiert ist, und meiner Meinung nach klingt das neue Album auch total anders als die Vorgänger.

Dem stimme ich zu. Die Songs wirken nicht ganz so düster wie auf "Deep Blue" und "Atlas". Ich bin etwas überrascht, dass die neuen Nummern oft sogar recht rockig klingen.

Ja, genau. Wir wollten es von unserem bisherigen Schaffen abheben. In der Vergangenheit ging es immer darum, härter, schneller und brutaler zu klingen. Es waren irgendwie immer schnelle Riffs, schnelle Drums und schneller Gesang. Entweder war es Chaos oder halt hart, wenn die Breakdowns einsetzten. Dieses Mal sollten die Leute Jeffs Riffs aber hören und daher mussten sich die Drums anpassen und etwas simpler sein. Das passt natürlich sehr gut zu diesen großen rockigen Gitarrenriffs, an die man sich wohl auch am ehesten erinnern wird. Das Gleiche habe ich mit meinen Vocals gemacht. Sie sollten... menschlich sein. Man soll verstehen, was ich sage. Ich habe immer bis zum Anschlag gebrüllt, aber dieses Mal wollte ich mich mehr auf die Emotionen beziehen. Wir mussten in gewisserweise lernen, wie man Musik schreibt und uns dabei reduzieren.

Die ersten beiden Tracks waren aber schon noch ziemlich heavy. Aber ich verstehe, was du sagen willst. Es ist kein reines Gedresche mehr.

Genau das war die Idee. Das Album heißt "Ire", was so viel bedeutet wie "Wut". Wir wollten diese Wut auch in den Songs widerspiegeln, aber auf eine andere Art und Weise als sonst. Es soll eine Steigerung geben, in der sich die Aggression und Härte der Musik aufbaut. Ich denke, dass "Ire" das wohl aggressivste Album ist, welches wir je veröffentlicht haben, weil die Songs einem letztendlich ins Gesicht schlagen. Es ist nur eine andere Härte als man sonst von uns kennt.

Lass uns noch mal über diese rockigen Riffs reden. Wie kamt ihr darauf? Wer oder was hat euch dafür beeinflusst?

Das waren eigentlich keine bestimmten Bands, sondern das Ziel, mehr Höhepunkte innerhalb des Album zu kreieren. Mittlerweile wissen wir, was wir als Band können. Die Gitarren sind bei uns der melodische Part. Ich kann nicht melodisch singen und trotzdem ist das Album wirklich melodisch. Wir haben keine Pop-Punk-Refrains oder so, sondern setzen voll und ganz auf melodische Gitarren. Da wir unseren Sound reduzieren wollten, bestehen die Riffs aus weniger Gedudel, sondern aus diesen großen Akkordanschlägen. Das kann man sich wesentlich besser merken als Hörer, als irgendwelche abgefahrenen Riffs, die am Ende sicherlich ein cooles Cover bei YouTube geben, haha.

Was mir noch aufgefallen ist, ist dass es nur sehr wenige Breakdowns gibt. War das eine bewusste Entscheidung, um sich so von den ganzen anderen Breakdown-Metalcore-Bands abzusetzen?

Ja und nein. Es war kein bewusstes Ziel von uns, aber wir haben schon so viele Breakdowns in unseren Songs gehabt. Irgendwie hatten unsere Songs nur drei Bestandteile: Schnell, mittel und Breakdowns. Das ist völlig okay, aber wir wollten dieses Mal einfach mehr herausholen. Wir haben die angesprochenen Rock-Riffs, Akustikgitarren, Geigen, und trotzdem klingt "Ire" noch immer nach PARKWAY DRIVE. Außerdem gibt es mittlerweile so viele Breakdowns, dass wir einfach keine weiteren schreiben wollten. Die sind noch immer da, aber halt nicht mehr so viele wie zuvor.

Da läuft man natürlich auch Gefahr, dass das die 16, 17jährigen Kids auf den Shows nicht mehr anspricht, die scheinbar nur auf Breakdowns aus sind.

Ja, das stimmt. Aber als wir angefangen haben Musik zu machen und die Songs zu schreiben, die die Kids heute gut finden, da waren die 16jährigen vielleicht sechs oder sieben Jahre alt. Vor zehn Jahren waren wir aber ganz andere Menschen als heute. Heute geht es uns nicht mehr um Breakdowns und ich hoffe, dass die Leute trotzdem Spaß an unserer Musik haben und merken, dass wir die Wut nur anders ausdrücken als vor zehn Jahren.

Wenn du mal zehn Jahre zurück blickst, hättest du je gedacht, dass PARKWAY DRIVE mal die Band werden könnte, die sie heute ist? Also musikalisch wie kommerziell.

Absolut nicht! Wir waren halt Kids, die Breakdowns und schnelle Parts spielen wollten. Am besten noch alles gleichzeitig. Damals war es super und irgendwie wie Süßigkeiten von denen man nicht genug bekommen kann. Aber irgendwann kommt man an den Punkt, wo man erkennt, dass etwas mal nicht zu machen vielleicht genauso gut oder sogar besser ist als es zu machen. Wir haben gelernt unsere musikalischen Bestandteile zu perfektionieren. Nach all den Jahren wissen wir, wie man Songs schreibt, die vielsieitig sind. Außerdem sind wir auf der Bühne nicht mehr nach fünf Minuten total fertig, weil wir einfach drauflos rocken, wie in den Anfangstagen.

Auf euren Shows spielt ihr kaum noch Songs von euren ersten beiden Alben. Gibt es denn Nummern, die du wirklich gerne wieder live spielen würdest?

Auf den letzten beiden Touren haben wir mal wieder 'Horizons' gespielt. Das war super, weil ich den Song echt liebe! Den würde ich auch in Zukunft gerne wieder öfters in die Setlist packen. Puh, was gibt es denn da noch? Ich muss gestehen, dass mir nichts einfällt, wo ich mich wirklich drüber freuen würde, den Track zu spielen. Bei vielen Songs finde ich einen Part richtig gut und dann kommen vier Teile, wo ich mir denke "Was haben wir uns damals dabei nur gedacht?!"

Jetzt mal was anderes, was mich sehr interessieren würde - du kannst es dir auch aussuchen - entweder wir sprechen über deine liebsten Platten oder über deine erste Band.

Da nehme ich meine erste Band. Ich glaube da weiß kaum wer etwas dazu, haha.

Dann erzähl doch mal etwas über deine erste Band.

Wir hießen BLUEPRINT FOR A NIGHTMARE. Unser Drummer Ben war auch schon dabei. Wir waren eine Hardcore-Band, die es so ein, zwei Jahre vor PARKWAY DRIVE gab. Wir waren scheiße, also so wirklich richtig scheiße, haha. Wir haben halt einfach gespielt, was uns gefallen hat. Das war auch noch bevor Breakdowns in Mode kamen. Ich habe geklungen wie ein sterbender Hund. Es war halt schon richtig schlecht. Trotzdem haben wir ein Demo aufgenommen und ein T-Shirt gemacht. Mit der Band haben wir etwa zehn Konzerte gespielt. Wir hatten einen Van, haben da unsere Instrumente eingeladen und sind sogar einmal vier Stunden gefahren, um ein Konzert von sechs Songs zu spielen. Als wir fertig waren hat uns der Clubbesitzer 40 Dollar gegeben und wir waren richtig stolz wegen der Gage, haha. Wir waren so froh, dass wir Geld bekommen haben, welches wir direkt in Benzin gesteckt haben. Es war für uns das Größte und wir sind total ausgeflippt.

Wo habt ihr euch kennengelernt? Ganz klassisch durch die Schule?

Ja, genau, wir waren alle auf der gleichen Schule.

Wie war denn euer allererster Gig? Ein totales Desaster oder war es gut?

Damals war es gut. Wir waren halt schlecht. Luke (Kilpatrick, PWD-Gitarrist - SB) hat die Show damals sogar gesehen und meint auch, dass es der größte Mist war, den er je gesehen hat, haha. Aber wir sind total ausgerastet auf der Bühne und es standen vielleicht 30 Leute in dem Laden, trotzdem war es für uns ein absolutes Highlight damals. Heute sehe ich das etwas anders, haha.

Habt ihr jemals was aufgenommen?

Haha, ja, wir haben ein Demo mit vier Songs aufgenommen. Wir haben das mit so einem 8-Track-Aufnahmegerät gemacht und ich habe das sogar gemixt. Es klang furchtbar, wir haben es aber trotzdem auf CDs gebrannt und auf den Konzerten verteilt.

 

"Ire" ist kürzlich erschienen und auf Platz 8 der deutschen Albumcharts eingestiegen. Anfang 2016 folgt dann auch in Europa wieder eine ausgedehnte Clubtour. Wir halten euch auf dem Laufenden.


Redakteur:
Sebastian Berning

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