PERPETUAL FIRE: Gitarrist Steve Volta im Kreuzverhör

04.09.2009 | 12:55

Vor kurzem überraschten uns die italienischen Progressive-Metaller PERPETUAL FIRE damit, ihr zweites Album "Invisible" als kompletten Gratis-Download auf ihre Homepage zu stellen. Mastermind und Gitarrist Steve Volta erläuterte uns in einem sehr persönlichen Interview die Beweggründe, machte einen regelrechten Seelen-Striptease und berichtete noch ganz nebenbei von den aktuellen Aktivitäten einer alten italienischen Metal-Ikone.

Martin:

Hallo Steve! Erstmal herzlichen Glückwunsch zu einem großartigen Album und vielen Dank für die Möglichkeit zu unserem "Fern"-Gespräch vom hohen Norden Deutschlands in das sonnige Italien.

Steve:

Danke dir für die Möglichkeit, euch etwas über das neue PERPETUAL FIRE-Album erzählen zu können.Steve Volta

Martin:

Steve, du und die Jungs von PERPETUAL FIRE haben die Metal-Gemeinde ziemlich damit überrascht, euer komplettes neues Album "Invisible" als Gratis-Download über eure Hompage zu verschenken. Was war der Grund für eine solche ungewöhnliche Entscheidung?

Steve:

Einfach weil wir dachten, es wäre der beste Weg das Album rauszubringen. Leider haben wir keine andere Lösung finden können ... also, wir wollten keinen Kreuzzug gegen die Musik-Industrie starten, es war lediglich der einfachste Weg die Metal-Gemeinde direkt zu erreichen. Egal, wir machen Musik schließlich nicht wegen der Kohle, sondern aus Leidenschaft.

Martin:

Bands wie STRATOVARIUS oder THUNDERSTONE könnten stolz sein, Songs wie 'Invisible' oder 'Lost Forever' im Programm zu haben. Wie geht ihr damit um, dass euch niemand unter Vertrag nehmen wollte, während Hunderte ähnlicher Bands in eurem Genre das Glück haben?

Steve:

Tja, das war natürlich die finale Entscheidung "Invisible" so zu veröffentlichen, weil wir einfach keinen Vertrag bei irgendeinem Label erhalten konnten. Es wäre natürlich schön gewesen, aber es lag echt nicht an uns. Aber egal, dass wir hier mit STRATOVARIUS oder THUNDERSTONE verglichen werden, macht uns natürlich stolz.

Martin:

Was treibt dich persönlich Tag für Tag vorwärts, um trotz der vielen negativen Erfahrungen mit dem Business weiter zu machen?

Steve:

Wie ich vorhin schon sagte, wir spielen aus Leidenschaft und das ist unsere Kraft! Ich kann dir sagen, dass mich all diese negativen Erlebnisse zusammen mit einigen persönlichen Problemen im Mai dieses Jahres tatsächlich zu der verrückten Entscheidung brachten, aufzugeben und einen endgültigen Schlussstrich unter die Geschichte von PERPETUAL FIRE zu ziehen.

Martin:

Was dann zum Glück doch nicht geschehen ist. ;-) Steve, für mich spielst du in derselben Liga wie Gitarristen der Marke Victor Smolski oder Timo Tolkki und ich weiß, dass PERPETUAL FIRE bei weitem nicht alles ist, was dich beschäftigt hält.

Steve:

Oh, danke für die Blumen! ;-) Die beiden sind tatsächlich großartig. Also, ich spiele außerdem noch bei PANDAEMONIUM, einer Epic-Power-Metal-Band und mit Pino Scotto. Das ist ein völlig verrückter, sechzig Jahre alter Sänger, der hier in Italien sehr bekannt ist. Er hat eine eigene Talkshow auf "Italian Rock TV" und diskutiert dort auch sehr offen über Probleme im Musik-Business, Politik und soziale Missstände. In den Achtzigern war er Sänger der italienischen Heavy-Metal-Band VANADIUM. Ich spiele in seiner Live-Band und nehme mit ihm im Studio auf. Im Moment ist meine Arbeit die bei Pino Scotto.

Martin:

Lass uns über "Insible" sprechen. Warum habt ihr ausgerechnet dieses Stück als Titeltrack für das Album ausgewählt?

Steve:

Ich denke, 'Invisible' ist der eingängigste Song des Albums. Du musst wissen, dass dieses Lied sehr wichtig für mich persönlich ist. Ich habe die Lyrics bereits 2005 geschrieben und ich habe die Story erfunden ... nichts Reales, aber manchmal werden Albträume eben wahr. Sechs Monate nur Albträume damals, mein Leben veränderte sich dramatisch und selbst PERPETUAL FIRE schien bedeutungslos für mich zu werden. Tatsächlich verlor ich völlig den Boden unter den Füßen, ich fing an zu trinken und tat noch eine Menge anderer Dinge, um das wahre Leben und meine Gefühlswelt völlig auszublenden. Aber es ist unmöglich wirklich zu vergessen, man muss der Wahrheit ins Gesicht sehen und manchmal auch die Brücken zu seiner eigenen Vergangenheit abbrechen. Ich weiß nicht, ob ich wirklich wieder okay bin, aber langsam lerne ich mich in diesem Meer aus Schmerzen frei zu schwimmen...

Martin:

Während fast das gesamte Album sehr kraftstrotzend daher kommt und meistens enorm dynamisch nach vorne drängt, ist 'Eternity' eine sehr sentimentale Ballade, die sehr sparsam nur mit akustischer Gitarre und Streichern arrangiert ist. Was ist so besonders an diesem Lied?

Steve:

Die Lyrics von 'Eternity' erzählen von Frauen, Liebe und Religion. Ich bin dazu inspiriert worden durch ein Buch, das heißt "Der Da Vinci Code". Eine sehr spezielle Sicht auf Religion. Das Lied ist allen Frauen dieser Erde gewidmet, unseren Müttern, unseren Frauen, unseren Freundinnen, unseren Miststücken. Ich denke, Männer sollten Frauen wirklich mehr Respekt zollen, sie sind wie Blumen...

Martin:

'My Ship Is Burning' ist ein Lied über uns Wikinger aus dem hohen Norden? Habt ihr Italiener immer noch Angst vor uns, haha? Nein, im Ernst: Was steckt hier hinter den Song-Texten?

Steve:

Es ist ein Lied über den Krieg, gegen Krieg! Ein Soldat zieht in den Krieg und versteht nicht, warum sein Schiff lichterloh brennt, wofür?! Die Führer dieser Welt behandeln uns doch wie Puppen! Über Ihre Medien-Allmacht (Berlusconi lässt grüßen - d. Verf.) versuchen sie uns zu weiß zu machen, was wir zu denken haben. Sieh dir nur das italienische Fernsehen an: Sie sagen: "Denk nicht so viel. Guck schön Fußball, kauf dir eine schickes T-Shirt oder einen neuen Fernseher, aber kümmere dich nicht um irgendwelche Probleme, wir nehmen dir das Denken ab. Wähle einfach nur uns!"

Martin:

'Time Machine': Was würdest du tun, wenn du die Möglichkeit hättest, eine zu benutzen? Wo würdest du zuerst eingreifen?

Steve:

Ich würde zu Eva düsen und ihr sagen: "Beiß bloß nicht in diesen beschissenen Apfel!" Hahaha! ;-) Nein, im Ernst, ich weiß es nicht. Vielleicht würde ich zurück nach 2000 gehen und härter an PERPETUAL FIRE arbeiten. Im Moment denke ich nicht gern an die Vergangenheit. Der Text zu 'Time Machine' ist inspiriert worden durch einen Trip nach Helsinki. Ein Freund von mir hat sich da in ein Mädel verliebt, aber nicht genug getan, ihr Herz zu erobern. Ich könnte mir also vorstellen, dass er, hätte er eine Zeitmaschine, sich etwas mehr um das Girl kümmern würde. ;-)

Martin:

'Who We Are' klingt wie ein traditioneller Folk-Song. Wo liegen deine hauptsächlichen musikalischen Einflüsse?

Steve:

Yeah! 'Who We Are' ist ein Folk-Akustik-Song. :-) Die Idee dazu kam mir, als ich auf dem Fahrrad auf dem Weg ins Aufnahmestudio war, haha. Meine Haupteinflüsse sind Heavy Metal und Klassik. Mein Bruder ist ein professioneller Violinist und von Kindesbeinen an hörte ich ihn üben und neue Sachen studieren. Manchmal höre ich leichten 70er-Jahre-Rock, aber generell bevorzuge ich moderne Produktionen. Ich habe auch mal ein bisschen Jazz-Musik studiert, für die Theorie halt, aber zu Hause fühle ich mich in dieser Musik nicht.

Martin:

Welchen musikalischen Hintergrund haben die anderen Gruppenmitglieder? Stell sie uns doch mal bitte vor.

Steve:

Nun, da haben wir Roby Becalli, unseren Sänger. Er begann mit dem Nachsingen Perpetual Fire - Bandvon Songs von GUNS'N'ROSES und SKID ROW. Er mag besonders Tobias Sammet und André Matos. Er hat ein großartiges Talent, Gesangslinien zu komponieren und einen hervorragenden musikalischen Geschmack. Am Bass haben wir Mark Zampetti, er ist ein großer Fan von Yngwie Malmsteen, was irgendwie ein bisschen merkwürdig ist für eine Bassisten. ;-) Unser Neuzugang ist Cisco an den Drums. Er spielt seine Schlagzeugparts sehr heavy, ansonsten spielt er noch Death Metal und Hardcore. Es sind fantastische Jungs und ich bin wirklich stolz darauf, mit solch tollen Musikern zu spielen.

Martin:

Was ist dein Lieblingssong auf "Invisible" und warum?

Steve:

Weiß ich nicht! Echt nicht! Egal, ich liebe 'Invisible', 'Kissing The Shadows', 'Lost Forever', 'Winter's Night', 'My Ship Is Burning', 'Who We Are', 'Cold Rain'... Es ist für mich einfach unglaublich schwer einen Lieblingssong herauszusuchen. Es wird wahrscheinlich leichter sein, wenn wir die Stücke erstmal eine Zeit lang live gespielt haben.

Martin:

In einigen deutschen Heavy-Metal-Foren wird euer "Invisible"-Coup bereits diskutiert. Wie war die Reaktion in Italien und dem Rest der Welt auf das Album und auf den Download-Coup?

Steve:

Oh echt?! Ich hoffe, es sind positive Diskussionen, haha! Lasst uns wissen, was deutsch Metalheads über uns denken! Wir haben das Album seit Ende Juli auf unserer Website, sodass wir noch nicht viel sagen können. Auf Facebook und Myspace haben uns allerdings schon einige Leute mitgeteilt, dass wir gute Arbeit abgeliefert hätten. Und die Free-Download-Idee finden eigentlich auch alle geil. Nach all den Jahren fühlen wir uns einfach gut bei PERPETUAL FIRE. Wir planen einige Auftritte im Herbst, unser letztes Konzert ist schon verdammt lange her. Ich selbst bin seit März 2008 auf Tour und habe seitdem mehr als 150 Gigs in ganz Italien gespielt. Jetzt wird's mal Zeit für PERPETUAL FIRE!

Martin:

PERPETUAL FIRE klingt teilweise sehr ähnlich wie deine andere Band PANDAEMONIUM. Wo siehst du die wesentlichen Unterschiede und was macht PERPETUAL FIRE besser? ;-)

Steve:

Vor allem bin ich bei PANDAEMONIUM "nur" der Gitarrist. Für die zweite CD habe ich ein Instrumental-Stück geschrieben. Ich schreibe die Gitarrenlinien und mache die Arrangements. PERPETUAL FIRE ist meine eigene Band und hier bringe ich all meine musikalischen Ideen und Einflüsse ein, ich schreibe die Texte, produziere und manage alles. Ich weiß nicht ob PERPETUAL FIRE besser sind als PANDAEMONIUM - sie sind halt anders!

Martin

Gibt es weitere Pläne mit PANDAEMONIUM?

Steve:

Ja, wir werden unser drittes Album aufnehmen. Ich denke, es wird 2010 herauskommen.

Martin:

Was sind die weiteren Pläne mit PERPETUAL FIRE?

Steve:

Live spielen und so schnell wie möglich unser drittes Album aufnehmen! Ich werde bereits ab September neue Songs komponieren und die Aufnahmen sind für Januar 2010 geplant. Und dann hoffen wir endlich ein Label zu finden und eine großartige CD herauszubringen!

Martin:

Steve, ich wünsche dir und den Jungs von PERPETUAL FIRE alles Gute für die Zukunft. Möge endlich ein Label aufwachen und euch unter Vertrag nehmen. Let's stay tuned.

Steve:

Danke, Martin! Wir hoffen die Herzen der deutschen Metalheads zu erreichen und möglicherweise bald auch Gigs in eurem wunderschönen Land zu spielen!

Invisible - Album

Wenn ihr unser Album noch nicht heruntergeladen habt, geht sofort zu www.perpetualfire.net und tut es. ;-) Es gibt dazu noch ein cooles Booklet mit Fotos und allen Lyrics als PDF.

Wir sehen uns. Keep the flame alive!

 

Redakteur:
Martin Rudolph

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