Perlen der Redaktion: Tobias Dahs' Highlights 2023

02.01.2024 | 15:30

Nach den etwas dürren Jahren der Pandemie wird uns seit dem vergangenen Jahr endlich wieder großartige Musik um die Ohren gefeuert. So war ich schon 2022 von der Auswahl für meine Jahresbestenliste begeistert, doch 2023 konnte das Vorjahr noch einmal locker toppen und so umfasste meine "Shortlist" am Ende 60 Einträge, aus denen ich dann schmerzhafterweise für unseren Jahrespoll und diesen Artikel 20 Höhepunkte auswählen musste. Was in meinen Jahrescharts gelandet ist, lest ihr in den folgenden Zeilen.

Los geht es natürlich wie immer mit der goldenen Medaille, bei der die Entscheidung anno 2023 allerdings recht leicht fiel, denn mit "i/o" hat sich Prog-Guru PETER GABRIEL nach 18 Jahren mehr als eindrucksvoll zurückgemeldet. Nicht nur versüßte uns der ehemalige GENESIS-Fronter dabei das Jahr mit Single-Veröffentlichungen zu jedem Vollmond, auch in seiner Gesamtheit macht das neue Album eine großartige Figur und präsentiert Gabriel so eindringlich und futuristisch wie eh und je, hat aber gleichzeitig auch Hits und fast schon tanzbare Tracks im Gepäck, die im besten Sinne an die "So"-Ära denken lassen. Angesichts solcher Highlights wie dem Titeltrack, 'Panopticom', 'Four Kind Of Horses' oder 'The Court' war es am Ende dann auch eine leichte Entscheidung, Mr. Gabriel den Platz auf dem Thron zuzusprechen.

Weit überraschender kommt da schon die Nennung von IN FLAMES auf dem zweiten Platz, denn die Vorgänger des aktuellen Langdrehers "Foregone" haben es zuvor nicht einmal mehr auf meine Shortlist für die Jahresendabrechnung geschafft. Anno 2023 gelang Anders Fridén und Co. aber endlich die Verbindung der modernen Eingängigkeit, die IN FLAMES seit "Reroute To Remain" charakterisiert, und den Melodic-Death-Wurzeln, was den neuen Langdreher zu einem gelungenen Querschnitt durch das bisherige Schaffen der Schweden macht. Dazu sitzt das Songwriting und beschert uns mit 'The Great Deceiver', 'Meet Your Maker' und 'State Of Slow Decay' direkt drei absolute Klassiker. Wo wir von Klassikern sprechen, fällt die Überleitung zu den ROLLING STONES nicht schwer, auch wenn die britische Rocklegende schon lange kein Album mehr veröffentlicht hat, das den Klassikerstatus erreicht hätte. Im zarten Alter von 80 Jahren melden sich Keith, Mick und Ronnie aber mit einem Album zurück, das so frisch klingt, als wäre es in den frühen Achtzigern erschienen. Mehr noch, ich würde behaupten, dass "Hackney Diamonds" schlicht das beste STONES-Album seit "Some Girls" ist und damit natürlich auf dem Treppchen landen musste.

Und auch hinter den Medaillenrängen ist das Feld in diesem Jahr unheimlich stark. KVELERTAKs "Endling" hat mir mit seinem schweißtreibenden Rock unheimlich viele spannende Stunden vor dem Player beschert, während KALMAH mit dem selbstbetitelten Langspieler erneut das bestgehütete Geheimnis des finnischen Melodic Death Metals bleibt. JASON ISBELL positioniert sich mit seiner Band THE 400 UNIT und dem großartigen Album "Weathervanes" dagegen als veritabler Nachfolger von BRUCE SPRINGSTEEN und seiner E-STREET BAND, schreibt der Amerikaner inzwischen doch einfach grandiose Rocksongs, die Herz und Hirn berühren, gleichzeitig aber auch so eingängig sind, dass sie einem nicht mehr aus dem Kopf gehen wollen. Und wo wir gerade von Rockmusik mit Country-Einfluss sprechen, darf auch MORGAN WADE nicht unerwähnt bleiben, die sich mit ihrem Zweitwerk "Psychopath" als weitere große Hoffnung in diesem musikalischen Sektor positioniert hat.

Übrigens haben auch nicht nur die ROLLING STONES ein großartiges Comeback gefeiert, auch BEFORE THE DAWN kehrte dank "Stormbringers" mit einem Paukenschlag und jede Menge großartiger Melodien auf die metallische Bühne zurück, während die Wiedervereinigung von BLINK-182 dank des melancholischen und toll komponierten "One More Time ..." ebenfalls als voller Erfolg gewertet werden kann. Zu kurz kommen darf in der Top 20 natürlich auch mein liebstes Genre nicht und so finden sich mit dem tollen "The Black Stream" von NIGHT IN GALES, "The Sun And The Darkness" von SYMBIONTIC und dem absolut grandiosen "Destination Dystopia" von BURDEN OF GRIEF auch gleich drei Langspieler hier, die mein melodisches Todesstahl-Herz in diesem Jahr haben höherschlagen lassen.

Natürlich sollen aber auch nicht nur etablierte Acts ihre verdienten Lorbeeren bekommen, denn auch 2023 konnten sich wieder ein paar Newcomer in mein Herz spielen. An vorderster Front rangiert dabei im Ranking SVALBARD mit dem Album "The Weight Of The Mask", das mit spielender Leichtigkeit Hardcore und melodischen Black Metal miteinander verheiratet und mir zahlreiche hartnäckige Ohrwürmer beschert hat. Die Prog-Flagge hält dagegen das neue Projekt von Phil Collins' Sohn Simon Collins hoch, das auf den Namen EMOLECULE hört und mit "The Architect" ein futuristisches, elektronisches und gleichzeitig auch hart rockendes Debüt an den Start gebracht hat.

Bei so vielen positiven Aspekten müssen wir natürlich auch kurz über die Album-Enttäuschung des Jahres sprechen, bei der für mich METALLICA mit "72 Seasons" das Rennen macht. Dabei sei gesagt, dass ich den Jubel vieler Fans angesichts des Albums verstehen kann, denn irgendwo in dem viel zu lang geratenen Riff-Monolithen versteckt sich sicher ein tolles Album. Damit dieses aber zum Vorschein kommen könnte, müssten sich Hetfield, Ulrich und Co. wohl nochmal eine externe Hand ins Boot holen, die den Vierer davon abhalten könnte, jede noch so gute Riff-Idee mit hunderten Wiederholungen in den Abgrund zu führen.

Wie üblich wollen wir diesen persönlichen Rückblick aber nicht mit einem so negativen Blickwinkel beenden, weshalb ich mir meine Konzert-Highlights für den Schluss aufgehoben habe. Die Krone streicht aber auch hier ein alter Bekannter ein, denn PETER GABRIEL lieferte mit seiner atemberaubenden Show zum neuen Album "i/o" auch meinen Konzert-Höhepunkt des Jahres. Dicht dahinter kommt ELTON JOHNs letzte Deutschlandshow in Köln über die Ziellinie, bei der der Brite noch einmal alle Hits seiner grandiosen Karriere zelebrierte. Der Preis für das beste Tour-Paket geht dagegen an BEFORE THE DAWN und WOLFHEART, die im Siegburger Kubana einfach einen perfekten Abend für alle Liebhaber von Melodie und Härte zelebriert haben.

 

Rang

Band Album
01. PETER GABRIEL i/o
02. IN FLAMES Foregone
03. THE ROLLING STONES Hackney Diamonds
04. KVELERTAK Endling
05. KALMAH Kalmah
06. JASON ISBELL & THE 400 UNIT Weathervanes
07. BEFORE THE DAWN Stormbingers
08. MORGAN WADE Psychopath
09. SVALBARD The Weigth Of The Mask
10. BURDEN OF GRIEF Destination Dystopia
11. EMOLECULE The Architect
12. SOEN Memorial
13. BLINK-182 One More Time ...
14. NIGHT IN GALES The Black Stream
15. BLACK STONE CHERRY Screamin' At The Sky
16. NOEL GALLAGHER Council Skies
17. CRYPTA Shades Of Sorrow
18. SYMBIONTIC The Sun And The Darkness
19. THULCANDRA Hail The Abyss
20. THE IRON ROSES The Iron Roses

Redakteur:
Tobias Dahs
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