SCHANDMAUL: Interview mit Thomas

10.10.2016 | 10:48

SCHANDMAUL wird volljährig, bringt ein neues Album heraus und geht im Herbst auf "Leuchtfeuer"-Tournee. Wenn das nicht mal genügend Gründe sind, um Sänger Thomas zum Gespräch zu bitten...

Thomas, bei der großen Abschiedsshow von UNHEILIG in Köln hat SCHANDMAUL den Grafen auf persönlichen Wunsch musikalisch unterstützt. Wie war der Abend denn für euch? Ich kann mir vorstellen, dass es ein ziemlich emotionales Konzert war.

Das Konzert fand ja im Stadion vor knapp fünfzigtausend Menschen statt. Die Tatsache, dass der Graf jetzt wirklich abtritt, war für die Menschen vor der Bühne genauso emotional aufgeladen wie für die Menschen auf der Bühne. Es war auf jeden Fall ein großes Erlebnis.

Demnächst geht es für SCHANDMAUL dann auf die eigene Headliner-Tour.

Ja, am 14. Oktober fällt der Startschuss für uns. Wir sind gerade mitten in der Vorbereitungsphase: Proben, Songs aussuchen und zusammenstellen - alles, was dazugehört eben. Und zwischendrin sind da ja auch noch solche Sachen wie die Promo-Termine für unser neues Album.

Begleitet werdet ihr auf der "Leuchtfeuer"-Tour von der Band KRAYENZEIT. Wie seid ihr auf die Krähen aufmerksam geworden?

Das ist eigentlich ganz einfach: Wir sind bei der gleichen Booking-Agentur und die Band hat bei uns angefragt. Sie haben uns ihre CD gegeben. Wir haben uns das angehört, die Musik hat gepasst und schon war alles im Kasten. KRAYENZEIT hat den Release des neuen Albums "Tenebra (VÖ: 26.08.) dann so getimt, dass er relativ zeitnah am Veröffentlichungsdatum unserer Platte war. Sie haben sich voll auf uns eingestellt - wir freuen uns schon sehr auf die Tour mit ihnen.

Kannst du uns denn schon verraten, worauf sich der neugierige Fan ansonsten bei eurer Tour freuen kann?

Wir wollen das maritime Motiv, das auf den Liedern und dem Booklet von "Leuchtfeuer" durchklingt, auch auf der Bühne optisch umsetzen. Wenn alles klappt, wie wir uns das vorstellen, wird der Zuschauer auf eine Art Kaimauer oder Hafen blicken und selbst das Meer sein. Ansonsten werden wir genau das tun, was wir immer machen mit schicken Lichtkombinationen - und dann selbstverständlich wir.

Du hast das Booklet schon angesprochen: Das Motiv auf dem Cover mutet ja echt schon fantastisch an. Habt ihr das selbst entworfen?

Das Artwork stammt von Dirk Rudolph und seiner Truppe. Den füttern wir mit Liedern und Texten, er saugt das alles auf und entwirft dann das Motiv. Und ich weiß nicht, wie er das macht, aber bisher war es jedes Mal so, dass wir die Entwürfe gesehen haben und dachten: "Wow!" Wir geben ihm unser Material und er macht daraus sein eigenes.

Euren Opener 'Orleans' habt ihr mit insgesamt 110 Instrumenten eingespielt. Wie wollt ihr das live darstellen?

Das werden wir natürlich herunterbrechen: Wir haben 'Orleans' ja mit Bläsern und Streichinstrumenten eingespielt - der Song wird nach hinten raus richtig fett mit Pauken und Trompeten. Das hat der Song so gewollt. Er hat zu uns gesprochen und gesagt: "Gebt mir ein bisschen mehr!" Wir haben ihn aber auch schon ganz anders und nur zu sechst gespielt, da haben wir sogar die E-Gitarren weggelassen. Das geht auch. Dafür müssen wir den Song nur anders aufbauen und besitzen dann zwar nicht mehr diesen Bombast wie auf der CD, klingen stattdessen aber mehr nach Rock'n'Roll oder Folk'n'Roll - nenn es, wie du willst. Ein anderes Beispiel ist da die Nummer 'Tjark Evers', die ursprünglich als Rock-Nummer geplant war. Hier hat der Song auch zu uns gesprochen und ist dann zu einer ruhigen Nummer mit Klavier geworden.

Ein Kleinod auf "Leuchtfeuer" ist dein Duett mit TARJA, 'Zu zweit allein'. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Und wieder sprach der Song zu uns. Ich dachte mir, dass es doch sehr gut passen würde, wenn ich das Lied mit einer zusätzlichen Frauenstimme einsingen würde. Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, wer es machen könnte: Einer von uns? Mit Birgit und Anna hätten wir ja genug Gesangspotential gehabt. An diesem Tag war aber auch einer der Buben von der Plattenfirma da und sagte, dass TARJA relativ zeitnah ein Album rausbringt. Die sei gerade da und wir könnten sie doch einfach mal fragen. Sie war gleich hellauf begeistert und hat dann mit diesem herrlichen finnischen Akzent ihren Teil dazu beigetragen. Wir hoffen ja sehr, dass wir sie in näherer Zukunft auch noch auf die Bühne gezerrt bekommen.

Ich habe im Übrigen gehört, ihr sollt beim Dreh zu 'Leuchtfeuer' ordentlich nass geworden sein.

Auf jeden Fall. Wir standen an der Elbe und sollten uns recht nah ans Wasser stellen. Dauernd sind große Pötte an uns vorbeigefahren und haben ordentlich Wellen gemacht. Alle anderen standen allerdings beim Dreh hinter mir und wir haben in die Kamera geschaut. Da kam eine richtig große Welle an den Strand. Ich habe allerdings nicht mitbekommen, dass alle anderen hinter mir wie die Störche weggestakst sind und habe mir gedacht, wir drehen einfach weiter. Aber das Wasser war schön warm.

'Leuchtfeuer' lässt sich ja auf ziemlich viele Arten interpretieren: Gesellschaftlich, persönlich... Wie war es denn wirklich von euch gemeint?

Den Text hat Ducky beigesteuert. Aber so wie ich ihn verstehe, ist es einfach allgemein wichtig, ein 'Leuchtfeuer' im Leben zu haben. Das kannst du interpretieren, wie du möchtest: Der Begriff ist so stark und ein großes Bild. Wenn du dir das vorstellst: Du bist auf stürmischer See, siehst in der Ferne ein Licht, fährst dorthin und weißt genau, dass du ankommst.

Euer Lied über die 'Loreley' zieht ihr ja in einer eher unbekannten Variante auf: Anstelle der gängigen Sage über die Sirene, die die Seefahrer ins Verderben lockt, habt ihr euch Brentanos Gedicht über ein unglücklich verliebtes Mädchen, welches sich von den Klippen stürzt, zum Vorbild genommen.

Wir haben sogar weiter recherchiert und den Mythos der Loreley komplett aufgedröselt: Der Felsen befindet sich an einer der schnellsten Stellen am Rhein in einer Kurve mit ganz vielen Felsenriffen unter Wasser. Außerdem pfeift der Wind und wirft so ein Echo, daher kommt diese Legende der Loreley. Es ist aber auch immer schlimm: Andere Leute haben darüber Folianten geschrieben und wir haben dafür nur diese eine Seite, auf die der Songtext passt. Das ist enorm schwierig, das Ganze so zusammenzupressen.

Setzt ihr euch mit allen Legenden, die ihr musikalisch umsetzt, so intensiv auseinander?

Auf jeden Fall. Selbstverständlich nicht seit dem ersten Album, aber im Laufe der Zeit haben wir den Ehrgeiz entwickelt, dass derjenige, der die Textseite aus dem Booklet reißt und damit zur Klassenlehrerin geht, auch davon ausgehen kann, dass jedes Wort richtig ist. Das Gleiche mit Halloween. Was ist das Erste, woran du denkst?

Kürbisse.

Genau, Kürbisse, Amerika und verkleidete Kinder, die von Haus zu Haus rennen. Dass die ganze Geschichte ursprünglich aus Irland kommt und der Kürbis mal eine Rübe war, darüber wird sich keiner klar. Darüber singen wir auch im 'Jack O'Lantern'. Wenn man sich wirklich mit einer alten Legende auseinandersetzt, kann man da viel recherchieren. Das macht Spaß, aber dann dauert es natürlich auch ein oder zwei Jahre, bis ein neues Album fertig ist.

Mit dem neuen Album feiert ihr auch eure Volljährigkeit als Band: SCHANDMAUL gibt es nunmehr seit achtzehn Jahren. Worauf schaust du da zurück?

Ein Berufskollege von dir hat einmal geschrieben: "Achtzehn Jahre wird man in achtzehn Jahren." So ging es uns auch. Wir haben uns unsere Volljährigkeit schon fast erarbeitet. So eine Band ist immer auch eine Beziehung. Das kann schon zu zweit schwierig sein und wir sind zu sechst. Aber da bin ich schon sehr stolz darauf, dass wir das nun schon achtzehn Jahre durchgezogen haben.

Redakteur:
Leoni Dowidat

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