10 Jahre metal.de - Stuttgart

20.01.2007 | 16:16

27.10.2006, LKA - Longhorn

Zehn Jahre werden wir schon von metal.de mit Reviews, News, Konzertberichten erfreut. Das muss gefeiert werden! So entschloss man sich, ein kleines Festival ins Leben zu rufen, welches ein ziemlich interessantes Billing zu bieten hatte:

CRIMINAL
UNDERTOW
DISILLUSION
NEAERA
EQUILIBRIUM

Frohen Mutes betrat ich also das beliebte LKA und bekam sogleich die Jungs von CRIMINAL mit ihrem "Thrashcore-Ableger" zu hören. Der Posten als Opener wurde voll ausgenutzt, und die Stimmung des Publikums blieb auf einem konstant hohen Pegel. Sogar einige kreisende Matten waren auf der verdammt vollen Tanzfläche in Sicht. Die Bühnenbewohner selbst legten einen professionell gespielten Gig hin, welcher sich durch sauberes, treibendes Drumming, eine kraftvolle Shout-Stimme, einen klasse Sound und viel Mitmachlaune auszeichnete. Allerdings war dieser Auftritt nur solide, etwas Besonderes jedoch nicht. Hier fehlte es stark an Abwechslung und Eigenständigkeit.

Direkt nach dem Gig ging ich hoch zu den Bands in den Backstage-Bereich und konnte erst meinen Augen nicht trauen: Ein riesiges Büfett lag dort zu meinen Füßen. Angerichtet war es mit Fleisch, Fleisch und nochmals Fleisch. Na gut, das ein oder andere Häppchen Gemüse ließ sich auch finden. Die Vegetarier und Veganer (zu denen vor allem NEAERA gehören) brauchten ja auch ihre Streicheleinheiten. Das Fleisch jedoch konnte mir nichts und niemand wegnehmen. Ich schlug erbarmungslos zu und dachte mir: So muss das Paradies aussehen: gute Bands und Fleisch. *g*

Nach erfolgreicher Magenbefüllung traten die Metalcore-Verrückten UNDERTOW auf. Neben den nervigen Lala-Gesängen gab es nette Shouts und rhytmische Drums zu hören. Durch den Sound wurde die Qualität des Auftrittes ein wenig schlechter, aber verdorben wurde dabei nichts. Einige Besucher konnten sich aufraffen und mit Bangen ein wenig zum Gesamtbild beitragen. Technikfanatiker standen enttäuscht an der nächsten Ecke und weinten über das deutlich geringere spielerische Können der Bande. Insgesamt war die Vorführung leider wieder nichts Besonderes. Da gab ich mich doch lieber mit einem kühlen Hefe zufrieden.

Nun waren DISILLUSION dran. Diese Jungs hatten das Pech, ziemlich stark zu polarisieren. Während ihres Wirkens auf der Bühne zeigte sich dies beim Publikum, welches wie angefroren herumstand und ein lasches Höflichkeits-Klatschen nach jedem gespielten Song von sich gab, sehr deutlich. Die Protagonisten selbst störten sich nicht daran und spielten ziemlich müde ihr Material herunter. Dabei klangen sie zwar professionell und boten den Fans eine wirklich gute Mischung ihrer Diskografie [und warum stehen auf der angegebenen Setlist bis auf eine Ausnahme nur "Gloria"-Songs? - d. Red.], langweilten jedoch den Großteil der anwesenden Gäste mit ihrer recht eigensinnigen Black/Death/Gothic/Progressive-Mischung. Der Sound an sich war eher verwirrend, da der Frontmann ab und zu das Mikro und damit zwischen Hall-Effekt und Standart-Ton wechselte. Sehr merkwürdig. Größtes Phänomen war jedoch die Tatsache, dass bei brechend voller Halle nur eine Hand voll Metaller das Haar schüttelte.

Setlist:
The Black Sea
Save The Past
Alone I Stand In Fires
Avalanche
Dread It
Don't Go Any Further
Gloria

Nach diesem zwiespältigen Auftritt ging's noch mal nach oben, um sich ein wenig zu entspannen. So eine große Menge an Leuten kann ziemlich stressig sein. Kaum war ich oben, machten sich auch schon NEAERA auf den Weg nach unten, und ich beschloss, mir die Sache vor allem wegen des Blicks auf die Drums von der Treppe aus anzusehen. Meine Kollegen befanden sich zu dem Zeitpunkt im Bühnengraben und machten Witze über den Sänger. Jener wusste sich aber zu helfen und forderte die Fans am Anfang des Konzerts auf, mal eine kräftige Crowdsurfer-Front zu bilden, damit die Jungs im Graben mal was zu tun haben. Und ich muss sagen, dass ich selten Gesichter gesehen habe, welche so schnell ihre Mimik verzogen wie diese.

Aber als guter Kumpel marschierte ich natürlich geradewegs in den Graben, um den Buben mal unter die Arme bzw. unter die Arme von massiv verschwitzten Oben-ohne-Metallern, welche gerade durch ein Haarmeer auf mich zuflogen, zu greifen. Als dann noch der Sänger samt Mikro durch die Menge getragen wurde, wusste ich auch nicht mehr, wohin mit meinen Armen. Und dann noch nebenbei Notizen machen. Oje! Diese Aktion dürfte deutlich genug machen, dass NEAERA genau den Nerv des Publikums trafen. Der Sound stimmte, die Stimmung war einfach klasse, und unter diesen Voraussetzungen gefiel selbst mir Metalcore. Denn hier wurde er in einer weitaus roheren und härteren Variante, welche schon sehr stark in Richtung Death Metal ging, dargeboten. THE BLACK DAHLIA MURDER wären ein guter Vergleich hierfür. Für mich war die Truppe das erste wahre Highlight des Abends, und viele der Anwesenden dürften mir dabei zugestimmt haben.

Setlist:
Mechanisms Of Standstill
Paradigm Lost
The World Devourers
Let The Tempest Come
Walls Instead Of Bridges
Scars Of Gray

Als die schweißtreibende Aktion zu Ende war, betraten die lang erwarteten Met-Vernichter EQUILIBRIUM das Podium. Ganz unerwartet wurde davon gekündet, dass hinter der Schießbude, sozusagen als kleines Schmankerl, ihr erster Drummer säße. Dieser wusste immer noch was mit den Stöckchen in seinen Händen anzufangen und trommelte unter Begleitung von schlecht gemischten Instrumenten, was das Zeug hielt. Wie immer startete das Ganze mit 'Wingthors Hammer', das die Menge zum Toben brachte. Mal abgesehen von der kaum hörbaren Stimme und dem grottenschlechten Sound im Allgemeinen hatte sie auch allen Grund dazu. Denn Spaß bereiteten EQUILIBRIUM allemal.

Wer das Quintett schon mal zu Gesicht bekommen hat, weiß, dass die Jungs und Mädels zu ihrem Dauerbrenner 'Met' immer eine oder mehrere Flaschen jenes gleichnamigen Getränkes in die durstige Meute reichen. Diesmal war das auch der Fall, und ihr dürft dreimal raten, warum ich mich in den Bühnengraben gesellte. Muhaha! Natürlich bekamen die "normalen" Gäste auch etwas ab. Aber erst, als wir uns an dem Tropfen gelabt hatten. Keine Sorge, dananch war immer noch mehr als genug in der Flasche.

Nachdem der Auftritt zu Ende gegangen war, wurden die "Zugabe!"-Rufe immer lauter. Zum krönenden Abschluss und sogar unter Überziehung des Auftrittes gab es noch 'Nach dem Winter' zu hören. Und da der Sound nun weitaus besser war, konnte man diesen auch wirklich genießen.

Ein guter Auftritt wurde definitiv hingelegt. Jedoch war dieser Gig alles andere als abwechslungsreich, wenn man bedenkt, dass die Band schon seit langem nur ein Album draußen hat. Sogar die Setlist wurde nie wirklich geändert. Und bei der Truppe scheint sich eine reine Routine entwickelt zu haben, die das Gesamtbild eher lieblos erscheinen lässt. Wenn sie nicht bald etwas Neues bringen, haben EQUILIBRIUM ihre goldenen Zeiten bereits hinter sich [??? - d. Red.].

Setlist:
Wingthors Hammer
Unter der Eiche
Widars Hallen
Der Sturm
Met
Die Prophezeiung
Nordheim
----
Nach dem Winter


Wieder einmal ging ein spaßiges Konzert zu Ende. Trotz aller berechtigter Kritik am Sound, welcher gegen Ende wirklich abgrundtief schlecht war, hat der Abend Spaß und mich um eine Bühnen-Security-Erfahrung reicher gemacht. Die Stimmung war super, und alles verlief stressfrei und ohne Schlägerei. Nur die Preise im LKA werden wohl nie der Menschenwürde gerecht werden. Aber vielleicht gibt es ja doch noch Hoffnung ...

Redakteur:
Sebastian Schneider

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