ELECTRIC CALLBOY, HOLDING ABSCENCE und FUTURE PALACE: Gute und schlechte Überraschungen - München

04.04.2023 | 21:48

30.03.2023, Olympiahalle

Viele Aufs und Abs gab es vergangenen Donnerstag in der Olympiahalle in München. Dort waren die beiden deutschen Bands ELECTRIC CALLBOY und FUTURE PALACE sowie die Briten HOLDING ABSCENCE mit der weltweiten "TEKKNO TOUR" zu Gast.

Der spontan um eine Viertelstunde nach hinten verschobene Einlass ist bereits um 17:45 Uhr. Pünktlich stehe ich inklusive Begleitung dann auch vor der Olympiahalle. Dort stoßen wir jedoch direkt auf das erste Hindernis: Der richtige Eingang muss gefunden werden. Mit Hilfe der Security kann dieses Problem jedoch relativ schnell gelöst werden. Doch leider wartet bei der Anmeldung für den Foto-Pass bereits die erste schlechte Überraschung auf mich: Fotografieren ist nur bei ELECTRIC CALLBOY erlaubt. Das ist wirklich schade und darum werden diesen Artikel auch nur Fotos vom Headliner schmücken. Etwas enttäuscht machen wir uns auf in die Halle, die Kamera darf ich nicht mal mitnehmen, sondern vertraue sie der Security an. Die Halle füllt sich langsam, es ist aber auch noch viel Zeit bis zur ersten Band. Ich komme mit einer Kollegin, die ebenfalls dort fotografieren darf, ins Gespräch; sie nahm einen anderen Eingang und durfte die Kamera behalten. Merkwürdig.

Um 19:00 Uhr startet das Berliner Trio FUTURE PALACE die Show. Das macht die Band auch ziemlich gut. Die Musik ist eingängig, für den eingefleischten Metaller vielleicht etwas zu elektronisch, aber ich bin da tolerant. Auch das Publikum lässt sich erstaunlich schnell zum Mitfeiern und Hüpfen motivieren. Frontwoman Maria Lessing spricht hin und wieder das Publikum an, macht etwas Werbung und bereitet es auf die kommenden Headliner vor: "Die Show ist crazy!". Bühnenpräsenz hat sie und singen und screamen kann sie auch. Dabei untermalt wird sie von Manuel Kohlert an der E-Gitarre und Johannes Frenzel am Schlagzeug, die ihre Arbeit ebenfalls sehr gut machen. Die Lightshow ist schön, als Alleinstellungsmerkmal hat die Band Leuchtelemente, die an Halogenröhren erinnern, mit auf der Bühne. Der Ton ist gut und auch sonst läuft der Auftritt reibungslos ab. Die meisten gespielten Songs kommen vom 2022er Album "Run". Besonders gut gefällt mir der Song 'Paradise', den Maria als "Titelsong der Band" bezeichnet und mit dem das Trio zeigen will, dass man selbst in schlechten Zeiten nicht die Hoffnung auf eine bessere Zukunft verlieren soll. Da sollte Maria, die selbst mit Depressionen kämpft, genau wissen wovon sie spricht. Zuvor hat sie das Publikum angewiesen eine Wall of Death zu bilden. Nach einer halben Stunde endet das Set der Berliner. Ein guter Anfang.

Setliste: Dead Inside; Flames; Ghost Chapter; Defeating Gravity; Fever; Locked; Heads Up; Paradise

Nach einem kurzen Umbau betritt HOLDING ABSCENCE die Bühne. Das Publikum ist ungewöhnlich leise, nur Wenige scheinen die Briten zu kennen. Ich kannte die Band und habe mich sehr auf deren Auftritt gefreut - ich sollte jedoch leider etwas enttäuscht werden. Lucas Woodland hat eine sehr gute Bühnenpräsenz. Er schüttelt fleißig den Kopf, hüpft und läuft auf der Bühne umher. Leider scheint er sich jedoch erkältet zu haben, denn der Klargesang, der auf der Platte immer sehr schön war, ist live nahezu nicht existent. Dieser wird meist nicht gesungen, sondern eher gesprochen und geschrien. Die Screams bekommt er gut hin, muss aber auch zwischen jedem Song etwas trinken. Auch die restlichen Bandmitglieder schütteln den Kopf und hüpfen und laufen ein wenig umher. Störend kommt hinzu, dass auch die Tontechnik an diesem Abend nicht mitspielt. Sehr oft kommt es zu Tonaussetzern, bei denen mitten im Song für bis zu zwei Sekunden nichts zu hören ist. Dieses Problem bleibt bis zum Ende des Auftritts bestehen. Die Song-Auswahl ist dafür sehr gut. Gerade im Mittelteil des Auftritts sind mit 'Curse Me With Your Kiss', 'Like A Shadow' und 'Gravity' ein paar meiner Lieblingssongs der Band dabei. Ab 'Gravity' ist die Band dann auch gut mit dem Publikum warm geworden und organisiert einen Circle Pit und eine Wall of Death. Ab dem nächsten Song machen sich dann ganz ohne Aufforderung die ersten Crowdsurfer auf den Weg. Mit dem etwas ruhigeren Song 'Coffin' leuchtet die Arena im Licht tausender Smartphone-Taschenlampen auf und mit 'Afterlife' gibt es dann noch einen letzten Höhepunkt, mit dem die Band den halbstündigen Auftritt beendet. Hier klingt Lucas Woodlands Stimme dann schon wieder besser. Insgesamt ein ordentlicher Auftritt, der ohne die Technikprobleme und mit schönerem Gesang von Lucas das Zeug gehabt hätte einer der besten zu sein, auf denen ich bis jetzt war. Das ELECTRIC CALLBOY-Publikum macht den Auftritt noch ein wenig besser. Man merkt einfach, dass Partylaune da ist. Darum bedankt sich Lucas am Schluss des Sets bei allen mit: "Germany is fucking awesome!"

Setliste: Awake; Celebration Song; Curse Me With Your Kiss; Like A Shadow; Gravity; Aching Longing; Nomoreroses; Coffin; Afterlife

21:00 Uhr ist es schließlich soweit: ELECTRIC CALLBOYs Auftritt startet. Für den Headliner lässt man sich nicht lumpen: Eine Zugbegleiterin des Tekkno Trains begrüßt das Publikum von der großen Videoleinwand hinter der Bühne. Als ELECTRIC CALLBOY schließlich die Bühne betritt, gibt es eine Ladung Konfetti ins begeisterte Publikum und der 'Tekkno Train' fährt los. Es folgt eine gute Mischung von ELECTRIC CALLBOY-Songs der letzten sieben Jahre. Der Schwerpunkt liegt aber auf dem neuesten Album "TEKKNO".

Hier ist richtig Party im Publikum! Es wird laut mitgegrölt, Circle Pits befeuert und gecrowdsurft. Die Stimmung ist auf Festivalniveau. Auch schön ist, dass es auf diesem Konzert im Publikum etwas bunter zugeht. Nicht nur das klassisch schwarze Metal-T-Shirt kann man hier sehen, sondern auch den quietschlila Trainingsanzug.

Die sechs Jungs verstehen es wirklich, wie man eine gute Show macht. Zwischen den Songs gibt es immer kleine Comedy-Einlagen von Nico Sallach und Kevin Ratajczak. Der Humor verlangt jetzt kein Abitur, aber er funktioniert ganz hervorragend mit einem leicht bis mittelschwer angetrunkenen Publikum, das zum Feiern hergekommen ist. Überraschungen gibt es da auch für die Frontmänner: "Ich wusste gar nicht, dass man in München mit Bier punkten kann...", stellen sie leicht ironisch fest und listen anschließend Biermarken auf, die vom Publikum mit mehr oder weniger Gejubel belohnt werden. Die Jungs blödeln aber nicht nur rum, sondern können mit einem Dank an die Crew und dem Appell, dass das Publikum aufeinander aufpassen soll, auch Sympathiepunkte bei mir sammeln.

Die Bühne hat hinten statt einem klassischen Backdrop wie bei den beiden Vorbands, einen riesigen LED-Screen. Auf diesem sind Livebilder der Bandmitglieder, Ausschnitte der Liedtexte oder abstrakte Visuals zu sehen. Die Lichtshow ist sehr bunt gehalten und Pyro und Konfetti gibt es zuhauf. Langweilig wird einem beim Zuschauen also auf keinen Fall. Die sechs Bandmitglieder sind alle wild auf der Bühne unterwegs, werfen sich in Posen, schütteln den Kopf und man merkt, dass sie selbst wirklich Spaß an diesem Auftritt haben. In der Mitte des Auftritts bekommt der Schlagzeuger David Friedrich ein Solo und der Rest der Band eine kurze Pause. Das tut der Stimmung aber keinen Abstrich, das Publikum feiert auch ihn gebührend und dann geht es auch schon weiter mit 'Hypa Hypa'.

Maria Lessing von FUTURE PALACE kommt für 'Fuckboi' nochmal auf die Bühne und gibt unter der Jungstruppe ein sehr gutes Bild ab. Ihr Gesang und Rap passt sehr gut zum Song, da macht sie den Mädels von CONQUER DIVIDE, die ursprünglich den Frauen-Part des Liedes sangen, auf jeden Fall Konkurrenz. Danach wird ein Phallus-förmiger Flügel aufgebaut, an dem Kevin Ratajczak Platz nimmt und gemeinsam mit Dan an Saxophon und Gitarre, Nico Sallach und dem Publikum ein Medley aus den Klassikern 'Careless Whisper', 'Let It Got', 'When You Say Nothing At All' und 'I Want It That Way' veranstaltet. Zwischen jedem Teil des Medleys gibt es dann wieder eine kleine Comedy-Einlage. Das Publikum darf währenddessen fleißig die Taschenlampen schwenken. Das funktioniert grandios und macht Laune. Leider ist nach zwei weiteren Songs der Auftritt eigentlich schon wieder vorbei. Aber ELECTRIC CALLBOY lässt sich von den lauten "Zugabe"-Rufen doch nochmal für drei Lieder hervorlocken. Und für 'Pump It' und 'We Got The Moves' wechseln sie sogar zwei Mal das Kostüm.

Setliste: Tekkno Train; MC Thunder II; Hate/Love; The Scene; Castrop X Spandau; Supernova; Arrow Of Love; Mindreader; Best Day; Hypa Hypa; Crystals; Hurrikan; Fuckboi; Parasite; MC Thunder; Pump It; Spaceman; We Got The Moves

Insgesamt war ich am Donnerstagabend gerne in München. Enttäuscht wurde ich leider etwas vom HOLDING ABSCENCE-Auftritt und davon, dass es keine Möglichkeit gab die Vorbands zu fotografieren. Dafür wurde ich positiv überrascht von der mir vorher unbekannten Vorband FUTURE PALACE. Das Trio schaue ich mir nochmal genauer an! Aber auch der Headliner ELECTRIC CALLBOY machte richtig Spaß. Die Jungs hatte ich zwar schon auf dem Summer Breeze letztes Jahr gesehen, aber auf Tour sind sie noch besser. Vielleicht ist aber auch einfach das Publikum noch passender auf Tour.

Redakteur:
Noah-Manuel Heim

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