Keep It True - Lauda-Königshofen

13.05.2017 | 12:19

28.04.2017, Tauberfrankenhalle

Jubiläumsrunde XX in Königshofen mit epischem Headliner!

Frisch ausgeschlafen und mit einem üppigen Frühstck gestärkt geht es wieder nach Lauda-Königshofen, wo bereits zum High Noon die Metalsause weitergeht. Ich hoffe, der Rest der PM Crew hat auch so gut geschlafen, aber ich glaube, wir haben so gut wie keine Zeltenden mehr in der Truppe. Gut so, es war nämlich empfindlich kalt letzte Nacht. Also rein in die Halle und Matte schütteln!
[Frank Jaeger]

 

Die texanischen ETERNAL CHAMPION eröffnen den Reigen des extrem epischen zweiten Festivaltages und ich bin sehr gespannt, ob die Band die Qualität ihres erstklassigen Debütalbums "The Armor Of Ire" auch livehaftig reproduzieren kann. Gerade das im Vorfelde etwas lauter gewordene Genörgel an den Fähigkeiten von Sänger Jason Tarpey bereiten mir leichte Kopfschmerzen, sind es doch unter anderem seinen spitzen Spitzen, die einen Teil des Besonderen in der Musik der Ewigenandauernden Pilze ausmachen. Als die Band nach dem Intro 'Ride For Revenge' mit 'Retaliator' und dem Titelsong des Albums in ihren Set einsteigt, bin ich aber schnell beruhigt. Er singt zwar weniger beeindruckend als auf Konserve, aber immer noch überzeugend genug, um mich zu begeistern. Amüsiert über sein Schwert und Trinkhorn erfreue ich mich an 'The Last King of Pictdom' und 'Invoker'. Erfreulicherweise ist der Sound heute deutlich (!) besser als am gestrigen Freitag, sodass wir tatsächlich in den Genuss von recht knusprigen Klampfenklängen kommen. Geht also anscheinend doch. Nach 'Sing A Last Song Of Valdese' wird – wie schon mit durchschlagendem Erfolg am Vortage – der Werkzeugkasten ausgepackt. Eingeleitet von Tröten-Tönen aus dem (Met)Horn ertönt 'I Am The Hammer', welches sofort lautstark von großen Teilen der für diese Tageszeit schon recht gut gefüllten Halle mitgesungen wird. Das ist aber auch eine nach vorne marschierende Hymne! Jason begibt sich direkt an die erste Reihe der Fans, bekommt Zwischendrin mal ein modische Kopfbedeckung aufgesetzt, und singt mit den Frontrow-Maniacs diesen Soon-To-Be-Classic. Sehr fein. So endet ein mehr als gelungener Auftritt einer meiner Lieblingsnewcomer. Alle Schwerter fliegen hoch!
Setliste
: Intro (Ride for Revenge); Retaliator; The Armor of Ire; The Last King of Pictdom; Invoker; Sing a Last Song of Valdese; I Am the Hammer

[Holger Andrae]


Nachdem der ETERNAL CHAMPION mit Schwert und Tutehorn bereits den Tag episch eingeleitet hat, steht uns nun eine westgotische Invasion bevor. VISIGOTH aus Salt Lake City stürmt die Bühne und legt direkt mit dem Gassenhauer 'Dungeon Master' los. Epischer Power Metal, dazu textliche Huldigungen ans Pen & Paper Rollenspiel, gespielt mit überbordender Energie und von einem Heldentenor allererster Kajüte voller Inbrunst und Pathos intoniert, damit kriegt man mich immer und ich bin hocherfreut, dass die lang erwartete Liveerfahrung dem tollen Studiomaterial in nichts nachsteht. Mit dem 'Mammoth Rider' geht es episch stampfend weiter auf Rachefeldzug durch eine pulpige Steinzeit und die Stimmung in den vorderen Reihen ist exzellent. Diese Musik erzwingt quasi das lautstarke Mitsingen und so haben wir alsbald auch vor der Bühne einen tapferen Heldenchor zusammen, der auch Hymnen wie 'Blood Sacrifice' lauthals mitschmettert. Das recht begrenzte Songmaterial der EP und des Albums wird durch einen neuen Song 'Fatt'ghern (By Steel And Silver)' und ein Cover ergänzt, bevor es mit 'The Revenant King' zum überlangen, epischen Finale kommt. Die Band wirkt beinahe übermotiviert und freut sich den gesamten Auftritt mindestens so sehr wie das Publikum, endlich auf dem KIT spielen zu dürfen und diese Freude springt bereits ab dem ersten Ton über. Somit gehört dank überragendem Songmaterial und extrem viel Energie der Auftritt von VISIGOTH zu den Highlights des Festivals und der Schachzug, zwei eher epische Bands direkt hintereinander auf die Bühne zu stellen, erweist sich als voller Erfolg. In dieser Verfassung würde ich die Jungs gern bald wieder auf einer Bühne sehen.
[Raphael Päbst]


Immer wieder treten ja auf dem KIT Bands auf, die in ihren Reihen nur noch ein Originalmitglied wissen, die Resonanz bei solchen Auftritten, wie etwa GRIFFIN vor ein paar Jahren, ist oftmals geteilt. Einerseits freuen sich viele, die Songs einmal live hören zu dürfen, andererseits fragt man sich, ob das denn nun wirklich die Band ist, oder nicht eher eine Coverband mit einem Originalmitglied. DEVIL IN DISGUISE geht diesem Dilemma von vornherein aus dem Weg, denn hinter dem Namen verbirgt sich ein Tribut an den US-Metal-Geheimtip GLACIER. Die gleichnamige EP wird von vielen Anwesenden sehr geschätzt und bietet exzellenten, melodischen Heavy Metal mit gleich drei unterschiedlichen Sängern. Nachdem im letzten Jahr Gitarrist Sam Easley verstarb, wird heuer seinem Vermächtnis durch eine Aufführung der EP unter anderem mit Sänger Mike Podrybau gedacht. Vom Songmaterial her kann also nichts schiefgehen und so sind viele US-Metal-Fans in der Halle, um das GLACIER-Material einmal live erleben zu können. Die Fanunterstützung ist gut und die Band spielt die Songs kompetent und energiegeladen herunter. Am Frühen Nachmittag und nach den zwei Epik-Vollbedienungen ist der hochmelodische Stoff eine willkommene Abwechslung und der Auftritt wird so zur gelungenen Würdigung einer Undergroundperle. So vergeht die Zeit wie im Fluge und als die Band von der Bühne geht, blicke ich verwundert auf meine Uhr. Zwar war mir bewusst, dass es hier nur eine recht begrenzte Materialfülle gibt, dennoch bin ich leicht enttäuscht, dass man beinahe eine Viertelstunde zu früh am Ende angekommen ist. Dennoch, ein schönes Konzert war es allemal und der Verbleib in der Halle trotz der Verlockungen des Metal Markts und Zeltplatzes bei sonnigem Wetter hat sich gelohnt.
[Raphael Päbst]

 

Nach einem pfeffrigen Mittagsmahl geht es fix zurück in die Halle, denn mit TRAITOR'S GATE spielt eine NWoBHM-Band auf, deren EP ich ziemlich töfte finde. Allein der Titelsong 'Devil Takes The High Road' ist ein gern genommenes Genre-Highlight, welches auf etlichen selbst gehäkelten Sampler Verwendung findet. Aber schon beim eröffnenden Doppel 'Nothing To Lose' und 'Back Down' stellt sich Ernüchterung ein. Wo andere Musiker und Bands dieser prägenden Phase auch heute noch spritzig klingen, agieren die Herren hier extrem hüftsteif. Da hilft die gute Gesangsleistung von Sy Davis wenig, wenn selbst eine zackige Nummer wie 'Shoot To Kill' keine Initialzündung beim Publikum auslösen kann. Im weiteren Verlauf gibt es zwischen den bekannten Stücken auch einige neue Nummern zu hören, die aber allesamt hausbacken und bieder klingen. Die gedämpften Reaktionen des Publikums bestätigen leider meinen Eindruck, denn erst beim bereits erwähnten Überflieger will so etwas wie Stimmung in der Halle aufkommen. Klar, es ist schwer einen Titel vom Hook-Kaliber eines 'Devil Takes The High Road' schlecht zu spielen, aber auch während dieses Stückes habe ich den Eindruck, man spiele mit angezogener Handbremse. Schade, denn hier hatte ich deutlich mehr erwartet, weil die Originalakteure noch allesamt involviert sind. So bleiben die Briten die einzige gesehene Band, die mich nicht überzeugen kann. Sad but true.
Setliste: Nothing To Lose;Back Down; Shoot To Kill; The Devil Rides Again; New Gods; Love After Midnight; Soul Destroyer; Here Comes The Night; Devil Takes The High Road
[Holger Andrae]

 

Ganz anders die "andere" Band aus Ventura, deren Bassist und Sänger nicht gänzlich unschuldig am heutigen Headliner sein dürfte. Die drei Jungs von der Tankstelle satteln ihre fliegenden V's und galoppieren triumphzügig mit 'Welcome To The Night' und dem bezeichnenden 'Full Speed Ahead' sofort in die Herzen aller Anwesenden. Der beste Sound gesamten Festivals unterstützt die ungemein mitreißende Darbietung von NIGHT DEMON. Man merkt dem Trio zu jeder Sekunde die Erfahrung der letzten Monate an, denn mir fällt keine andere Truppe ein, die sich so dermaßen das Löchlein blutig gespielt hat. Das zahlt sich natürlich aus. 'Maiden Hell', das ungewöhnliche Tribut an die Eisernen Jungfrauen, und 'Heavy Metal Heat' sind nicht nur großspurige Songnamen, nein, es sind auch Riffattacken, die niemand mit vernünftigen Ohren ohne Luftgitarrenspiel erleben kann. Jarvis Lederbei bangt sich in den instrumentalen Momenten seitwärts die Rübe vom Hals und ist nach wenigen Minuten in Schweiß gebadet. Das ist Herzblut! Das ist Hingabe! 'Ritual' und 'Hallow Ground' setzen die irrwitzige Show fort, in der auch die beiden Mitstreiter mit jedem Gesichtszug jede Note zu leben scheinen. Da macht es einfach Spaß zuzuschauen und sich beinahe in Trance den Nacken selbst zu massieren. Weiter im Takt geht es mit 'On Your Own' und 'Screams In The Night' bevor bei 'The Chalice' das Maskottchen auf die Bühne kommt. Der kelchschwingende Sensenmann ist jedes Mal wieder eine gelungene Auflockerung. 'Dawn Rider', die EP-Hymne 'Night Demon' und das außergewöhnliche 'Darkness Remains' beenden den regulären Teil der Show. Sofort wird die Band lautstark aus eintausend Kehlen zurückgefordert. Dieser Aufforderung kommt man natürlich sehr gern nach und überrascht alle mit einer extrem gelungenen Version von 'Wasted Years', die von der gesamten Halle mitgesungen wird. Müsste ich jemanden erklären, wie zeitgemäßer Heavy Metal zu klingen hat, würde ich ihn auf ein NIGHT-DEMON-Konzert mitnehmen. Besser geht das nämlich nicht. Alles richtig gemacht!
Setliste: Welcome To tTe Night; Full Speed Ahead; Maiden Hell; Heavy Metal Heat; Ritual; Hallowed Ground; On Your Own; Screams In The Night; The Chalice; Dawn Rider; Night Demon; Darkness Remains; Wasted Years
[Holger Andrae]


Nach drei Jahren sind die ATLANTEAN KODEX-Bajuwaren wieder da, und vor ihnen haben die Fans schon großartige Auftritte der Jungspunde von ETERNAL CHAMPION, VISIGOTH oder NIGHT DEMON in den Knochen, und danach stehen absolute Überhighlights wie ASHBURY, FIFTH ANGEL oder natürlich CIRITH UNGOL an. Da ATLANTEAN KODEX auch ohne neues Material kommt, ist der Slot ein wenig undankbar (und kurz, in Relation zu den Songlängen). Aber die Jungs um Trummer und Becker machen das Beste daraus und hauen uns einen Gig um die Ohren, der nicht nur für mich zu den drei besten Sets an einem überragenden Samstag gehörte. Der Auftritt ist wesentlich tighter als vor drei Jahren, die Band wirkt besser eingespielt, auch Becker ist als Sänger besser in Form. So wird dieser Auftritt ein Siegeszug. Wer quasi nur Longtracks spielt und dabei stehts eine mitsingende Halle auf seiner Seite hat, macht etwas richtig. Um ATLANTEAN KODEX musste es nie einen Hype geben - sie sind einfach unheimlich gut. Dabei gibt es vier lange Nummern ihres letzten Überalbums, 'Pilgrim' vom Vorgänger und natürlich die selbstbetitelte Bandhymne (relativ früh den ersten Part, zum Schluss die Abschluss-Bridge). Und zu sehen, wie hunderte Leute "Sol Invictus" oder "Twelve Stars And An Azure Gown" mitfeiert, ist episch. Der ganze Auftritt gerät zu einer zutiefst emotionalen Geschichte. Vor der Bühne liegen sich die Jungs von ETERNAL CHAMPION in den Armen, die ersten Reihen sind so gesangsfest wie bei keiner anderen Band am KIT. Alle Achtung! Ein bisschen was zu mäkeln gibt es aber auch: Die Bassdrum ist zu laut abgemischt, und der Gig ist für eine Band mit solchen Hits klar zu kurz. Beim nächsten Auftritt bitte 20 Minuten mehr einplanen! Nach diesem Gig stehe ich ohne Sorgen da: Es gibt Bands, die die Nachfolge der alten Heroen auf den ganz großen Festival-Bühnen einnehmen können. Mit WYTCH HAZEL und ETERNAL CHAMPION hatten auf diesem KIT schon zwei Truppen groß aufgetrumpft, und auch ATLANTEAN KODEX gehören in diese Kategorie: Solche Bands dürfen die Festivals in ein paar Jahren gerne headlinen.
[Jonathan Walzer]


Da ja heute mein Tag der Tage sein soll, stand erst einmal das Sparen der Kräfte für die Herren vom Pass der Spinne auf dem Programm und so ist der Auftritt von Mrs. Leone dann auch der erste Gig, den ich mir am Samstag komplett anschaue. Sechs Jahre ist es her, dass LEATHER zusammen mit MALIBU BARBI-Kollegin Sandy Sledge beim KIT am Start war. Dieses Mal kommt die Sängerin mit ihrer Soloband, wobei sich natürlich alle auf die Klassiker der frühen CHASTAIN-Scheiben freuen. Grund zur Freude gibt es auch, denn natürlich ist ein Einstieg mit 'Ruler Of The Wasteland' ein Auftakt nach Maß, und direkt im Anschluss gibt's von jedem der ersten vier CHASTAIN-Alben einen Song. Zwar ist der Sound im Hallengrund ein wenig durchwachsen, doch oben auf der Tribüne klingt es ordentlich, was Leather und ihre Mitstreiter so vom Stapel lassen. Mit 'All Your Neon' und dem Titelstück hat Leather auch zwei Songs von ihrem Soloalbum "Shockwaves" im Gepäck, die sich recht nahtlos ins CHASTAIN-Werk einreihen, bevor die Klassikerparade mit vier weiteren alten Stücken aus David T. Chastains Feder weitergeht. Da Leather super in Form, gut bei Stimme und auch sonst sehr gut gelaunt wirkt und auch ihre Begleitmusiker nichts anbrennen lassen, verwundert es allerdings ein kleines bisschen, dass die zierliche Sängerin mit der rauen Stimme ihre Spielzeit nicht ganz ausnutzt und nach 'The 7th Of Never' bereits ihren Abgang macht; doch da wir ja alle heute noch so einiges vorhaben, fällt das nicht allzu schwer ins Gewicht. Dennoch: Ein oder zwei Songs mehr hätten wir gerne noch gehört.
Setliste: Ruler Of The Wasteland; Paradise; Chains Of Love; Black Knight; Shockwaves; All Your Neon; For Those Who Dare; Voice Of The Cult; Angel Of Mercy; The 7th Of Never
[Rüdiger Stehle]


Bereits zum dritten Mal sehe ich heute ASHBURY und meine Vorfreude ist einmal mehr groß. Denn was die Davis Brüder und ihre Mitmusiker auf den ersten beiden Konzerten bei Hammer Of Doom und Keep It True ablieferten, war grandios und bei dem vorhandenen Songmaterial erwarte ich auch heute nichts Anderes. Und natürlich werde ich auch dieses Mal nicht enttäuscht. Die Band ist einmal mehr super eingespielt, der Sound ist gut und die Lieder schlicht wunderschön. Auch wenn einige vermeintliche Puristen maulen, dass diese Musik nicht auf das KIT gehöre, da es ja kein Metal sei, hat sich eine große Menge in der Halle eingefunden und singt lauthals Kracher der Marke 'The Warning' oder 'Take Your Love Away' mit. Denn auch wenn hier viele unverzerrte Gitarren zu hören sind, hat ASHBURY vor allem im Metal Underground ihre Fans und gehört von Atmosphäre und Spirit klar auf dieses Festival. Schließlich geht es beim KIT ja auch nicht nur um einen bestimmten Sound sondern auch um Attitüde und Spirit und die stimmen bei den Arizona Boys absolut. Doch genug der Rechtfertigung und ein paar mehr Worte zum Set, der wie gewohnt aus dem Wunderalbum "Endless Skies" besteht. Und da auf dieser Platte keine einzige auch nur mittelmäßige Note zu hören ist und ASHBURY jederzeit in der Lage ist, diese Songs live perfekt zu reproduzieren, entwickelt sich auch der heutige Auftritt zu einem Triumphzug sondersgleichen. 'Mystery Man', 'Madman', die Hits reihen sich aneinander und ich genieße den Auftritt, der die Seele streichelt und zwischen all dem härteren Metal nochmal Kraft bringt, um die nachfolgenden Brocken voller neuer Energie anzugehen. An dieser Stelle im Billing sind ASHBURY eine Oase und ein Quell der Kraft und ich bin einmal mehr völlig hin und weg von dieser Ausnahmeband mit ihrem fantastischen Material.
[Raphael Päbst]

 

FIFTH ANGEL dürfte die einzige Band sein, bei der ich behaupten kann, dass ich alle bisherigen Gigs in Europa live erlebt habe. Der zuvor einzige Gig fand ja bekanntlich vor einigen Jahren ebenfalls hier in Lauda-Königshofen statt und war ein einziger Triumphzug. Das Line-Up sollte ursprünglich das "Time Will Tell"-Team ohne Sänger Ted Pilot sein, aber wegen einer Schulterverletzung musste Schlagwerker Ken Mary kurzfristig absagen und wurde durch Q5-Animal Jeffrey A. McCormack ersetzt, der bereits beim ersten Gig an den Kesseln saß und ja am Vortag mit seinen Mannen hier schon aktiv war. Die Vorfreude ist bei mir auch dieses Mal riesig, auch wenn natürlich die ganz spezielle Magie des ersten Gigs im Vorfeld nicht ganz aufkommen mag. Und als die Band mit 'The Night' startet, mag auch Euphorie erst gar nicht aufkommen. Der Bass klingt komisch, eine Gitarre ist viel zu leise abgemischt, der Gesang klingt in den ersten Sekunden ebenfalls unrund und ich fürchte bereits ein Sounddesaster. Glücklicherweise legt sich das bereits etwas zum Ende des Songs und beim folgenden 'In The Fallout' kehrt die Euphorie ein, die zuvor etwas zu verfliegen drohte. Jetzt singt, klatscht und bangt die Halle, Sänger Peter Orullian ist präsent und macht seinen Job als, ähm, Co-Pilot schlicht herausragend. Der Set beinhaltet eine Mischung aus den beiden Alben der fünften Engel und bietet somit natürlich ausschließlich Höhepunkte. Der höchste Höhepunkt ist aber zweifelsfrei 'Call Out The Warning', das von beinahe der gesamten Halle in großer Lautstärke mitgesungen wird. Das erinnert beinahe an die ROSS THE BOSS-Show vom letzten Jahr. Superb. Doch auch 'Seven Hours', 'Cathedral', 'Wings Of Destiny', 'Cry Out The Fools', 'Time Will Tell' oder das abschließende UFO-Cover 'Lights Out' sinnd absolute Stimmungskanonen, die allesamt ins Schwarze treffen. Vor dem Festival hatte ich mich am meisten auf DEMOLITION HAMMER und FIFTH ANGEL gefreut und diese Hoffnungen wurde mehr als erfüllt. Erneut ein absolut fantastischer Gig.
[Peter Kubaschk]


Es hängt noch immer an meiner Pinwand, das Ticket, das ich für den 8. Oktober 2016 gekauft hatte. An dem Tag spielten meine ewigen Helden von CIRITH UNGOL ihren ersten Gig seit 25 Jahren, und zwar in ihrer Heimatstadt Ventura im sonnigen Kalifornien. Zu gerne wäre ich dabei gewesen, doch ich bin kein großer Freund des Fliegens und noch weniger ein Freund von Einreiseschikanen. Also hab ich's dann nach langem Hin und Her doch sein gelassen. Begünstigt wurde mein Zögern natürlich auch ein wenig von der großen Ankündigung des "Big Epic Headliners" fürs Jubiläums-KIT, denn das Geheimnis war doch ein sehr offenes, um wen es sich da wohl handeln würde. Kaum war der Gig in Kalifornien gespielt, wurde CIRITH UNGOL dann auch endlich offiziell für Königshofen bestätigt, und dass ich seither dem nun unmittelbar bevor stehenden Ereignis mehr entgegen gefiebert habe, als jemals einer anderen Sache in metallischen Dingen, wird keinen verwundern.

Bereits der Anblick der Bühne ist am heutigen Samstagabend unwirklich. Sie sind wirklich da, die betenden Skelette hinter und auf der Bühne, und ja, da ist der große Gong hinter Robert William Garvens Schlagzeug. Schwer zu fassen, wenn es die eine Band ist, auf die du dein Leben als Metalfan lang gewartet hast. Zuerst hab ich dann auch vor, den Gig von weiter hinten anzuschauen. Ganz aufmerksam; keine Sekunde des Anblicks versäumen, doch dann fragt mich Frank, ob ich mit nach vorne komme. Zuerst lehne ich ab, dann kommt der erste Saitenanschlag und ich wie von der Tarantel gestochen dem guten Frank hinterher. Es zieht mich dann doch magisch an, das Chaos, das nun über uns hereinbrechen soll, und ja, ein kleines bisschen chaotisch soll er auch werden, der Gig. Den grandiosen Opener 'I'm Alive' muss die Band nämlich weitestgehend im Dunkeln spielen, weil das Bühnenlicht nicht anspringt, und auch im weiteren Verlauf des Gigs kommt es zu SPINAL TAP-Momenten, als eine wandernde Bockleiter hinter Rob Garven auf Reisen geht, um weitere Lichtprobleme in den Griff zu bekommen. Was habe ich Angst, dass das Ding kippt und uns den Drummer vom Sockel haut - doch es geht gottlob alles gut.

Das Schöne an der Sache, auch an den Pannen ist: Die Band lässt sich durch die Zicken und Tücken der Technik ebenso wenig beirren wie das Publikum. Was zählt ist, dass sie da sind: Tim Baker, Rob Garven, Greg Lindstrom, Jim Barazza und ihr Bass spielender Freund, Fan, Manager und Motivator Jarvis Leatherby. Und wie sie da sind, denn die Musiker trotzen sowohl dem Ungemach auf der Illuminationsebene als auch dem dieses Jahr insgesamt wieder eher nicht so optimalen Sound der Tauberfrankenhalle. Spätestens als zu 'Join The Legion' die erste Ungläubigkeit verflogen ist, reiht sich das Gefolge ein und feiert die Band nach Maß ab. Verdient, denn vor allem Tim Baker sorgt mit seiner scheinbar keinen Tag gealterten Raubvogelstimme für offene Münder und mit seinen ungewöhnlichen Bewegungen für ein seliges Grinsen. Er bringt die alten Klassiker nicht nur ohne Fehl und Tadel, sondern wirklich beeindruckend herüber, doch auch die Bandkollegen lassen sich nicht lumpen: Rob liefert einen Wahnsinnspunch, und während Greg die Rhythmusgitarre riffen lässt, haut Jimmy ein großartiges Lead nach dem anderen hinaus, und zwar sowohl jene aus der eigenen Zeit mit CIRITH UNGOL als auch jene aus der Zeit seines verstorbenen Kollegen Jerry Fogle. Und Jarvis? Ja, Jarvis gibt zusammen mit seinem Bass und Robs Schlagzeug das pumpende Herz der Band, doch er macht es dezent und nimmt sich deutlich zurück, wenn wir sein Auftreten bei CIRITH UNGOL mit jenem bei seiner Stammband NIGHT DEMON vergleichen. Hier will er sich nicht in den Vordergrund spielen, sondern hier ist die Band insgesamt die Attraktion.

Die Setlist ist großartig gewählt und führt die Meute programmatisch gekonnt durch den Abend: Klar, erst meldet sich die Band mit 'I'm Alive' zurück, ruft die Leute dann mit 'Join The Legion' auf, mitzumachen, was die auch ausgiebig tun, und danach geht's Schlag auf Schlag, Klassiker um Klassiker, und zwar von allen vier Studioalben gekonnt gemischt, zum Beweis, dass keines dieser Werke den anderen ernsthaft nachsteht. Das manchmal etwas übersehene "One Foot In Hell" kommt ebenso ausgiebig zum Zug mit einer tollen, brachialen Version von 'Blood & Iron', 'Doomed Planet' und 'Chaos Descends', wie das Debüt "Frost And Fire", das neben dem Opener und dem Titelstück auch mit dem vielleicht etwas überraschend gewählten, aber umso großartigeren 'Edge Of A Knife' am Start ist. Weitere magische Momente setzen immer wieder Highlights von "King Of The Dead" wie 'Atom Smasher', 'Black Machine' und das mit seinen tollen Gitarrenarrangements glänzende 'Finger Of Scorn'; und dass ihnen auch mit ihrem 1991er-Abschiedsalbum "Paradise Lost" ein großer Wurf gelungen ist, dass wissen die Männer vom Pass der Spinne, und daher beschließen sie die reguläre Spielzeit wie einst auch das Album mit der allmächtigen Trilogie, die kaum ein Auge trocken lässt.

Dass damit noch nicht Schluss sein kann, das ist klar, denn es fehlt noch so einiges, wie der Eingeweihte weiß, und so gibt's als Zugabe noch einen grandiosen Dreifachschlag, der sich gewaschen hat: 'Master Of The Pit', 'King Of The Dead' und natürlich die obligatorische Bandhymne 'Cirith Ungol'! Noch Fragen? Ich hoffe nicht, und ich glaube nicht, denn im Anschluss ist eine selige Stimmung über der Halle, die Band bedankt sich begeistert bei den Fans und umgekehrt.

So endet ein denkwürdiges Ereignis und ein denkwürdiges Festival. Was bleibt, am Ende des Tages, wenn man nach 25 Jahren erstmals seine Lieblingsband live gesehen hat? Wurden die Erwartungen erfüllt? Leute, ich kann's euch gar nicht sagen, denn ich hatte alle Erwartungen und keine Erwartungen. Und somit wurden sie gleichzeitig enttäuscht und übertroffen. Enttäuscht ist aber ein böses Wort, das ich gar nicht so meine: Es ist einfach so, dass heute Abend für mich aus einem legendären Mythos eine lebendige, menschliche Band geworden ist. Der Traum, diese eine Band irgendwann einmal live zu sehen, ist ausgeträumt. Das letzte große Ereignis, auf das ich immer hingefiebert habe, ist jetzt Geschichte, und eine solche Vorfreude, eine solche Anspannung werde ich bei einem Konzert wohl nie mehr haben. Die Frage stellt sich einfach, was jetzt noch kommen soll, und das erdet ein wenig. Auf der anderen Seite bin ich einfach nur glücklich, dass ich es miterleben durfte, denn es war wunderschön. Nicht, weil es ein Konzert gewesen wäre, wie von einem anderen Stern, sondern eben weil es so menschlich, so echt, so unvollkommen, und doch so wunderschön war, die Menschen mit den Songs auf einer Bühne erleben zu dürfen, die mir ein Vierteljahrhundert lang mit ihrer Musik so viel gegeben haben. Und wenn du dann am Ende des Gigs mit verklärten Äuglein da stehst, und ein Freund, den du zweimal im Jahr siehst, kommt, nimmt dich in den Arm und sagt dir: "Ich freu mich so riesig für dich!", dann weißt du, dass du hier und jetzt genau richtig warst. Danke!
Setliste: I'm Alive; Join The Legion; Atom Smasher; Edge Of A Knife; Blood & Iron; Black Machine; Frost And Fire; Finger Of Scorn; Chaos Descends; Doomed Planet; Chaos Rising; Fallen Idols; Paradise Lost; - Zugabe: Master Of The Pit; King Of The Dead; Cirith Ungol
[Rüdiger Stehle]

 

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Redakteur:
Frank Jaeger

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