MONO - München

26.04.2009 | 13:08

09.04.2009, Feierwerk

Schluss mit lustig am dritten Tag meiner persönlichen "Münchner Artrockwoche". Vier vollkommen entrückte Japaner von einem anderen Stern sorgen für ein überirdisches Musikerlebnis: MONO live.

Nachdem PURE REASON REVOLUTION ein wahres Freudenfeuer für Gesangsfetischisten (und nicht nur für diese!) entfachten, geht es bei den Japanern MONO zwei Tage später um etwas komplett Anderes. Zunächst einmal agieren MONO rein instrumental, stilistisch gehören die Japaner in das Postrock-Genre, und wie bei vielen dieser Bands, zu denen beispielsweise ISIS, OSTINATO oder die RED SPAROWES gehören, geht es bei MONO darum, Songmonumente zu erschaffen, die meistens auf dem Fundament einer einfachen, zarten Melodie aufgebaut werden und sich über die Minuten hinweg in Soundorgien verwandeln. MONO paaren diesen Ansatz kompositorisch geschickt mit Einflüssen aus der Filmmusik, und gerade das neue Album "Hymn To The Immortal Wind", das mit einem 36-köpfigen Orchester aufgenommen wurde, klingt wie eine eigenwillige Kreuzung aus ENNIO MORRICONE und MOGWAI. Da diese Art der Musik zurzeit im Underground sehr popülär ist, verwundert es nicht, dass sich mehr als doppelt so viele Leute im Münchner Feierwerk versammeln als bei GAZPACHO und PURE REASON REVOLUTION zusammen!

Dass dieser Walls-of-Sound-Stil immer auf dem Grat zwischen langweilig und genial wandelt, wird bei dem lokalen (?) Support-Act VERSTÄRKER deutlich: keine schlechte Band, sehr ordentliche Songstrukturen, schöne Steigerungen und Sounderuptionen, aber trotzdem zieht es mich nach einer Weile eher an den MONO-Merchandize-Stand. Diese Band verkauft noch Vinyl. Und was für edle Teilchen: Doppel-LPs mit Klappcover und gradiosem Artwork. Sollte man sich eigentlich schon aus rein ästhetischen Gründen kaufen. Gott sei Dank habe ich kein Geld dabei.

Nachdem VERSTÄRKER am Ende dann ziemlich genervt haben, vor allem durch absolut schrecklichen Gesang und eine lange Umbaupause, kommen endlich die vier kultigen Japaner. Nein, nur drei, denn eines der Menschlein ist eine Frau. :) Und sie ist auch für lange Zeit die Einzige, die überhaupt von den hinteren Rängen sichtbar ist, denn die beiden Gitarristen sitzen in sich versunken, die Gesichter hinter langen schwarzen Haaren versteckt, auf Schemeln am Bühnenrand. Ein ganz klares optisches Zeichen, hier soll es um die Musik gehen und nur AUSSCHLIESSLICH um die Musik. Diese hat dann auch ihre ganz eigene Magie.

Mucksmäuschenstill ist es im Publikum, als MONO loslegen. Postrock-typisch mit sehr leisen, kaum wahrnehmbaren, gehauchten Gitarrensounds, von der Dynamik her an- und wieder abschwellend, langsam, aber stetig wachsend, um zum Finale in einem donnernden Crescendo an flirrenden, gefühlt millionenfach überlagernden Gitarren und Becken zu enden. Genau so soll es sein, das ist die MOGWAI-Philosophie, die zurzeit so viele Bands für sich entdeckt haben und auf ihre eigene Art interpretieren. Und dennoch sind MONO einzigartig und herausragend in dieser Szene. Denn wie MONO diese Musik von der Bühne bringen, mit so viel Hingabe und Gespür für die Dynamik, habe ich den Postrock noch nicht gehört. Im Prinzip darf man sich darüber aber nur kurz wundern, denn es sei gesagt, dass MONO Szene-Urgesteine sind, seit dem Jahr 2000 aktiv und mit mittlerweile fünf Alben also nicht Weiterentwickler, sondern Mitbegründer dieses faszinierenden Musikstils. Eine Band, die vor der Aufnahme ihres neuen Werks vier (!) Jahre auf Tour war. Und das zahlt sich aus: Dadurch, dass alle Musiker total in sich versunken und entrückt agieren und dabei instrumental absolut perfekt klingen, erreichen sie beim Publikum einen sehr mystischen, fast göttergleichen Status.

ALLE anwesenden Fans staunen teilweise Bauklötze ob der musikalischen Kraft MONOs. Die Stille bei den ruhigen Passagen ist ehrfurchtsvoll, vielleicht auch, weil das Publikum selten zuvor einen solch opulenten Sound serviert bekommen hat, denn MONO steigern sich immer wieder vom Quasi-Nichts in fast black-metallische Raserei, nach der es immer nur offene Münder geben kann, und das Klatschen nach den Songs ist respektvoll gedämpft, fast so, als wollte man die Götter nicht stören.

Zugaben gibt es keine, auch nicht ein einziges Wort ans restlos bediente Publikum. MONO sind von einem anderen Stern!

Redakteur:
Thomas Becker

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