OBITUARY - München

14.07.2014 | 12:53

11.07.2014, Backstage

Ein Einzelgig der Florida-Urgesteine OBITUARY im Münchner Backstage!

"Man, ist da viel los", schießt mir durch den Kopf als ich das Backstage betrete. Die Münchner Location holt sich die Florida-Death-Metal Urgesteine OBITUARY für einen Einzelgig ins Haus. Ein wirklich kluger Schachzug, denn Metalfans und OBITUARY verhalten sich auch noch 30 Jahre nach der Bandgründung so wie Motten und Licht. Der Club ist randvoll und die Luft steht. Mit von der Partie sind heute MYNDED und die Lokalhelden DUST BOLT. Man setzt also auf den örtlichen Untergrund und bietet auch kleineren Bands die Gelegenheit, einen Mainact supporten zu dürfen. Find' ich gut...


"Turn the fuckin' volume up, 'cause MYNDED are in town!" dröhnt es aus den Boxen. Die Straubinger Jungs um Frontmann Niko sind inzwischen feste Größen des lokalen Untergrunds und eigentlich immer Garanten für eine gute Liveshow. Auch heute liefern sie wieder feinsten Thrash der Güteklasse "Old School". Ihre erste EP "Humanity Faded Away" ist übrigens ein echter Anspieltipp. Die blutjungen Thrasher haben mit ihrem Debüt bewiesen, dass sie trotz ihres zarten Alters auf sehr hohem Niveau Heavy Metal zelebrieren können. Live macht das natürlich umso mehr Laune. Auch heute erfüllen das eckige und kantige 'Devastation', 'No Regrets' und natürlich 'Nuclear Downfall' genau ihren Zweck. Sie unterhalten und stimmen die Fans auf den Abend ein. MYNDED hat sogar noch einen passablen Sound und ihre Spielfreude verheimlichen sie nicht. So macht das Spaß.

DUST BOLT ist inzwischen mehr als eine Hobbyband oder ein Spaßprojekt. Ihr professioneller Anspruch sticht inzwischen unverkennbar ins Auge. Die vier Jungs haben sogar ein eigenes Bolt Mobil, das unübersehbar neben meiner Karre parkt und förmlich nach Thrash stinkt. Siffig und ramponiert. Wie dem auch sei, der Enthusiasmus der Band wirkt sich natürlich auch auf ihre Performance aus. Da sitzt jede Bewegung und die Jungs versuchen mit einer energiegeladenen Show, die Fans mitzureißen. Vor allem Basser Bene und Sänger und Gitarrist Lenny hüpfen auf der Bühne wie auf einem Trampolin herum. Für manch einen ist das sicher zuviel des Guten, macht aber trotzdem etwas her, zumal sie sich inzwischen auf der Bühne spürbar pudelwohl fühlen. Zumindest sorgt das Dauerfeuer an Crosswalks für den einen oder anderen Hingucker. Song wie 'Toxic Attack' und 'Violent Abolition' laden sogar die ersten Feierwütigen zu einem Anti-Aggressions-Training in den Moshpit ein. 'Agent Thrash' ist dazu ein echter Neckbreaker. Ihr Sound ist gut, allerdings nicht perfekt, trotzdem liefern die Jungs eine tolle Show ab.

Leider muss ich noch etwas loswerden! Death-Metal-Shows sind friedliche Veranstaltungen. Gerade bei einer so überschaubaren Szene sind auf Konzerten ernst gemeinte Pöbeleien einfach fehl am Platz. Trotzdem sind die erste Reihe und der Pit ruppige Orte (das ist auch gut so)! Da darf gebangt, gepogt und gethrasht werden. Wenn jemand damit nicht klarkommt, soll er sich die Show von weiter hinten oder von der Seite ankucken. Das ist eine einfache Grundregel der Höflichkeit, die der nette Herr neben mir anscheinend nicht kannte. Er fing aufs übelste an zu stänkern, weil er von allen Seiten Haare ins Gesicht bekam. Er wurde sogar handgreiflich und ging die Jungs und Mädls rings um ihn, die übrigens alle kleiner und wesentlich jünger waren als er, richtig heftig an. Das hat auf einem Konzert nichts verloren und verdirbt echt die Stimmung. Das ist Scheiße!

Trotzdem, kurz nach zehn lässt sich Trevor das erste Mal auf der Bühne blicken und stöpselt seine Klampfe in den Marshall-Einkanäler. Er reißt die Röhren richtig auf und lässt den Saal bereits beim Soundcheck für einen Moment andächtig verweilen. Langsame, stehende Quartakkorde, das Markenzeichen von OBITUARY, stimmen die Fans auf eine Show ein.

Ich greife gleich etwas voraus. Die Songauswahl ist fast perfekt und der Schwerpunkt liegt auf den ersten drei Alben. Ab und an kommt etwas Neues, aber der Grundtenor stimmt: Back to the roots! Mit 'Stinkupuss' geht's los, das von 'Intoxicated' und 'Bloodsoaked' begleitet wird. Der erste Teil der Show konzentriert sich tatsächlich auf die "Slowly We Rot" und die Stimmung unter den Fans steigert sich permanent.

OBITUARY machen trotz ihres Alters immer noch eine solide Figur auf der Bühne. Gut, John Tardy hat auf der Reunion-Tour noch einen fitteren Eindruck gemacht, aber im zarten Alter von 46 sei ihm das kleine Wohlstandbäuchlein vergönnt. Trevor Peres ist hingegen nach wie vor fit wie ein weißer Turnschuh und ein echtes Aushängeschild des Death Metals. Das ist wahrer Old School! Schade nur das Kenny Andrews meine Soundphilosophie nicht teilt und über eine Verstärkeremulation spielt. Das Effektgerät macht einfach nicht so viel her wie Trevors Marshall-Röhre. Death Metal muss für mich einfach natürlich, lebendig und dynamisch klingen und das können nur übersteuerte, vollgesättigte Röhren. Das kann man einfach nicht künstlich nachmachen.

Trotzdem haben OBITUARY zwar nicht den Besten, aber dennoch einen ziemlich druckvollen Sound, der sich hören lassen kann. 'Infected' von der "Cause Of Death" lässt die Menge jedenfalls richtiggehend erschaudern und die vorderste Reihe bangt zu den Taktschlägen von Donald, der das doomig-langsame Introriff begleitet. Nach zwei neuen Songs geht es mit einem Medley aus 'Chopped In Half' und 'Turned Inside Out' weiter. Beide Songs hätten zwar, wenn es nach mir gehen würde, an Stelle der neuen Nummern in voller Länge gespielt werden sollten. Nichtsdestotrotz flippen die Fans bei 'Bodybad' richtig aus und der Pit wird immer größer. Mit dem Song endet zugleich die Zeitreise ins Jahr 1990 und der "The End Complete"-Block beginnt mit der Uptempo-Nummer 'Back To The One'. Die Menge tobt und die Stimmung heizt sich bei 'Killing Time' und dem Titeltrack der "The End Complete" immer weiter auf. Nach 'Dead Silence', mit dem das reguläre Set endet, folgen sofort Zugabe-Rufe. Trevor bedankt sich nochmals bei den Fans und es folgen 'Inked In Blood', ein neuer Song, dann 'I'm In Pain' und natürlich 'Slowly We Rot'! Ein wirklich ordentlicher Gig geht damit zu Ende und meine Vorfreude auf die kommenden Festivalshows ist geweckt.

Redakteur:
Michael Sommer

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