Party.San 2016 - Schlotheim

10.09.2016 | 17:25

11.08.2016, Flugfeld Obermehler

Beim Party.San Metal Open Air 2016 gab es wieder amtlich eins auf die Schwarzmetall- und Todesblei-Bretzel – präsentiert von POWERMETAL.de.

Ob melodischer Schweden-Metall à la AT THE GATES, die härtere Gangart von CARCASS oder düster-melancholische Klänge von PARADISE LOST – im thüringischen Schlotheim wurde auf zwei Bühnen wieder einiges für Metalheads geboten. Rund 9.000 Besucher pilgerten auf den Flugplatz Obermehler, darunter wie immer das Team von POWERMETAL.de. Wieder mit eigenem Stand, an dem die Zeltbühnenbands alle Autogrammwünsche erfüllten. Und neben gespitztem Bleistift und gezückten Fotoapparaten erneut mit zahlreichen Videokameras, um euch bald das neueste offizielle Filmchen zum Party.San zu präsentieren. Freut Euch jetzt schon auf OBITUARY, EQUILIBRIUM und VIDARGÄNGR, bis dahin viel Spaß beim Schmökern des nun folgenden Berichts!

Die schwedischen Black Metaller MÖRK GRYNING waren seit 2005 aufgelöst und spielen hier und heute einen ihrer ersten Reunion-Gigs. Teilweise mit Kunstblut beträufelt und in eine Kapuze gewandet (keine schlechte Idee angesichts des kühlen Windes), spielt die Band sehr überzeugend auf. Motiviert und ohne hörbare Spielfehler klingt MÖRK GRYNING fast so, als sei die Band nie weg vom Fenster gewesen. Die Resonanz des Pubikums wird freudig von Shouter Avatar zur Kenntnis genommen. Seiner Frage "Seid ihr gut?" schickt er sogleich die Worte "Wir sind auch gut!" hinterher. Zwischendrin wirft die Band  Langspielplatten ihres Anfang 2016 wiederveröffentlichten Debütalbums "Tusen år har gått" (1995) ins Publikum, auf die sich einige flinke Zuschauer wie die Geier stürzen. Feine Sache. Nach einer kurzweiligen Dreiviertelstunde werden die Sverige-Schwarzheimer nach ihrem Live-Comeback mit Applaus verabschiedet.

Setliste: Dagon, Journey, Tusen år har gått, The Final Battle, Templars, Ont blod, World Of The Dragon, Mörkrets gryning.


Wüsste man es nicht besser, so könnte man vom Fleck weg bei erstmaligem Hören der Musik von GRUESOME vermuten, dass die noch lebenden DEATH-Mitglieder posthum ein Album mit bis dato unveröffentlichten Songs von den "Scream Bloody Gore"-Sessions zusammengestellt haben. Eine authentischere Huldigung an die Musik des leider verstorbenen Ausnahmemusikers Chuck Schuldiner ist jedenfalls kaum denkbar. Vom Verfasser dieser Zeilen seit längerem freudig herbeigesehnt, betritt die Band um Matt Harvey (EXHUMED, ex-DEKAPITATOR) endlich die Bühne. Zahlreiche Party.San-Besucher erleben einen zackig dargebotenen, von messerscharfen Gitarren dominierten Auftritt, der sich gewaschen hat. Die Vocals von Matt Harvey gleichen denen von Chuck sehr deutlich. Fast so, als stünde der Meister (R.I.P.!) leibhaftig in Schlotheim auf der Bühne. Der Bewegungsradius der Musiker strebt zwar gegen Null, aber man merkt den Protagonisten und Bassistin Robin Mazen an, dass GRUESOME hungrig darauf ist, die Musik der Band dem Publikum aggressiv vor den Latz zu knallen. Es ist übrigens die erste Show der Band auf deutschem Boden überhaupt. Geboten wird erwartungsgemäß ein starker Mix aus Stücken des "Savage Land"-Albums und der ebenfalls sehr überzeugenden EP "Dimensions Of Horror". Besonders guter Resonanz erfreuen sich die Stücke 'Savage Land', 'Trapped In Hell' sowie 'Raped By Darkness', die das Publikum nachhaltig in Fahrt versetzen. Der eine oder andere DEATH-Coversong darf natürlich nicht fehlen. Als die ersten Takte von 'Open Casket' erklingen, ist der Jubel groß. Am Ende eines Sets, der straff durchgezogen wird und ohne viel Palaver auskommt, gibt es mit 'Land Of No Return' einen weiteren Klassiker des frühen Schaffens von Chuck Schuldiner. Logo, dass das Publikum hier steil geht wie Schmidts Katze. Mein Nacken jedenfalls ist nach dieser deftigen Dreiviertelstunde schon ziemlich beansprucht. GRUESOME hat definitiv den ersten musikalischen Höhepunkt des 2016er Party.San abgeliefert. Fazit: Geilomat!

Setliste: Savage Land, Trapped In Hell, Forces Of Death, Raped By Darkness, Open Casket (DEATH-Cover), Closed Casket, Hideous, Dimensions Of Horror, Seven Doors, Land Of No Return (DEATH-Cover).

[Martin Loga]

Die Kinder der Nacht bei Tageslicht? Das kann doch nichts werden. Und wie es das kann. TRIBULATION arbeitet sich klammheimlich zu einer großen Nummer und sind ständig auf Achse (zuletzt auch auf ausgiebiger US-Tour). Dass die Vier auf der Bühne so unglaublich viel Spaß machen, liegt allen voran an den beiden Klampfern Adam und Jonathan. Der Bewegungsradius und die sehr impulsive Choreographie der Gitarristen allein ist eine Augenweide. Unglaublich, dass es TRIBULATION dennoch schafft, Ohrenstreichler des aktuellen Albums "Children Of The Night" wie 'Strange Gateways Beckon', dem Überhit  'Melancholia' oder 'In The Dreams Of The Dead' megatight zu performen. Was jedoch schon auf der vergangenen Clubtour nicht ganz funktioniert hat, hat auch auf der Festivalbühne etwas gehakt: Die älteren, wesentlich Death-Metal-lastigeren Songs tönen insgesamt etwas matschig aus der P.A. und passen auch nicht ganz zu TRIBULATION anno 2016. Nichtsdestotrotz ein tolles Signal an die Fans der ersten Stunde - das gibt weitere Pluspunkte auf der Sympathieskala. Ein frühes Highlight des noch jungen Festivals.

[Haris Durakovic]

Es fängt langsam an zu dämmern, als die Berliner Truppe NECROS CHRISTOS auf der Bühne auftaucht. Zwar ist das Wetter nicht so gut wie bei ihrem letzten Besuch 2012, aber das tut der Begeisterung unter den Fans des okkulten Todesbleis keinen Abbruch. Die Stimmung ist düster und durchdringend. Das mag zwar nicht Jedermanns Sache sein, doch schafft es NECROS CHRISTOS, eine gigantische, schwere und vor allem schwarze Soundwand aufzubauen. Man merkt einfach, wie sehr die Jungs hinter Ihrer Musik stehen. NECROS CHRISTOS überzeugt heute auf ganzer Linie!

[Felix Bischoff]

Die norwegischen Virtuosen ziehen nicht nur Die Hards vor die Bühne. Sicherlich sind viele darunter, die sich mit dem Schaffen von Mainman Sverd und Co. bestens auskennen. Doch auch viele Nasen stehen vor der Bühne, die zuvor noch keine Note der Avantgardisten gehört haben. Schließlich ist das (ehemalige) Line-Up von ARCTURUS mit Mitgliedern von DIMMU BORGIR, BORKNAGAR, MAYHEM, ULVER oder COVENANT Grund genug, die Neugier anzufeuern. Und die Jungs enttäuschen nicht. Der Sound passt und vor allem Goldkelchen Simen aka ICS Vortex präsentiert sich in allerbester Verfassung. Die hochkomplexen Gesangspassagen meistert der sympathische Frontmann mit Bravour. Während Fans ARCTURUS feiern, überwiegt Skepsis beim Rest. Das Gesamtwerk der Norweger ist einfach zu komplex, zu extrovertiert für diejenigen, die Oldschool Black Metal erwartet hätten.

[Haris Durakovic]

Erst vor kurzem ist mir MGLA zum ersten Mal ins Auge gesprungen. Zufällig ein paar Tage vorm PSOA bei Amazon als Vorschlag unter "könnte ihnen auch gefallen". Also gehe ich sozusagen komplett unbedarft ins Rennen. MGLA (ist das polnische Wort für Nebel) ist schon seit 2000 aktiv und bis vor dem letzten Studioalbum "With Hearts Toward None" eher ein 2-Mann-Studio-Projekt gewesen, bestehend aus Darkside und M. Zu "With Hearts..." hat man dann auch mit Live-Auftritten angefangen und sich dafür Live-Musiker ins Boot geholt. Aufgetreten wird in Lederjacken, Kapuzenpullis drunter und vermummten Gesichtern. Auf die Ohren gibt es absolut spaßbefreiten, im Midtempo angesiedelten Black-Metal mit tollen Gitarrenmelodien und predigendem Gesang. Ab und zu wird das Gaspedal durchgedrückt, der Gesang wird keifig und dann klingt MGLA für meine Ohren am besten. Wahrscheinlich würde das Eine ohne das Andere aber nicht so gut funktionieren. Der Gesamteindruck ist nämlich wirklich cool. Das sehen auch alle vor der Bühne so und genießen den Auftritt sichtlich. Natürlich keine Moshpit-Mucke aber nach jedem Song wird ordentlich gejubelt. Auch ich habe meinen Spaß und werde mir bestimmt das ein oder andere Scheibchen der Polen zu gemüte führen. Daumen hoch, alle beide!

[Thorsten Seyfried]

Als um zehn Minuten vor elf Uhr die ersten Riffs von 'Redneck Stomp' aus den Boxen dröhnen, fliegen auch schon die ersten Bierbecher durchs Publikum. Das passt zum Oldschool Death Metal von OBITUARY. Die fünf US-Amis aus Florida schieben mit 'Centuries Of Lies' dann ohne Umschweife die erste Uptempo-Granate hinterher, die direkt aufs Fressbrett geht. Ansagen? Wozu braucht man Ansagen (ich zähle ganze zwei), wenn man zum einen mit 'Visions In My Head' gleich den nächsten Kracher vom aktuellen Longplayer "Inked In Blood" vom Stapel lassen kann (ist hiermit auch gleich mal offiziell als Opener für das kommende POWERMETAL.de-Video zum Party.San auserkoren). Und zum anderen sieht man den Urgesteinen dennoch ihren Spaß an. Trotz langsam fortgeschrittenen Alters, ersten Falten und Rauschebärten lässt das Quintett unentwegt die langen Matten schwingen und ist während der kurzen Breaks immer wieder breit am Grinsen. Sänger John Tardy schüttelt die arschlangen Goldlöckchen, stampft im Rhythmus auf den Bühnenboden und feuert das Publikum an, während sein schweißgebadeter Bruder Donald am Schlagzeug im Laufe des Gigs erst den Sweater und dann das T-Shirt ausziehen muss. Allerspätestens mit Todesblei-Klassikern wie 'Intoxicated' oder 'Don't Care' frisst die Menge OBITUARY aus der Hand. Nach einer Dreiviertelstunde ist dann viel zu früh Schicht im Schacht. Großer Death Metal der alten Schule!

Setliste: Redneck Stomp, Centuries Of Lies, Visions In My Head, Intoxicated, Bloodsoaked, Dying,  Find The Arice, 'Til Death, Don't Care, Chopped In Half, Turned Inside Out, Slowly We Rot.

[Carsten Praeg]

Bei der Bandverteilung auf dem Platz zögere ich erst, als ich sehe, dass sich für PARADISE LOST noch kein Schreiberling gemeldet hat. Zu schwer liegen noch die Versuche um die Jahrtausendwende, neue musikalische Wege einzuschlagen, im Gedächtnis. Ich verweise nur auf einen Albumvergleich "Icon" mit beispielsweise 'Symbol Of Life'. "Na ja gut, mach halt", denke ich mir. PARADISE LOST ist schließlich eine meiner Jugendbands. Mit der Erwartung, bei den ersten, für mich "unerwünschten" Songs die Ohrstöpsel noch tiefer in die Ohrmuschel zu schieben und dabei an die Musik von Tetris zu denken, werde ich dann doch positiv überrascht - und wie! Das befürchtete Szenario bleibt nämlich die gesamte Show über aus. Der Opener ist 'No Hope in Sight' vom neuen Album "The Plague Within", weitergeführt mit Liedern der Alben "Shades of God" und "Gothic". Zu meiner Überraschung wird fast 10 Jahre musikalische Bandgeschichte komplett ausgeblendet - Achtung: Eigene Meinung - was kein großer Verlust ist! Mein persönliches Highlight ist 'Ember's Fire' vom "Icon"-Album, neben 'True Belief' (welcher übrigens nicht gespielt wird - schade!) einer meiner persönlichen All-Time-Evergreen-Songs, die nun bald schon seit 20 Jahren dort ihren festen Platz haben. Zusammenfassend kann man sagen, dass PARADISE LOST an diesem Abend eine weise Auswahl an Stücken getroffen hat. Grandios, Jungs! Eure Aufbrüche zu neuen musikalischen Ufern seien euch vergeben!

Setliste: No Hope In Sight, Pity The Sadness, As I Die, Hallowed Land, Rapture, Flesh From Bone, Eternal, Beneath Broken Earth, The Enemy, The Last Time, Ember's Fire, Say Just Words.

[Benjamin Kutschus]

Redakteur:
Martin Loga

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