SCANNER, RAVENSTINE & NECK CEMETERY - Oberhausen

20.01.2024 | 14:50

12.01.2024, Resonanzwerk

Doppel-Release-Konzert von SCANNER und RAVENSTINE mit Special Guest NECK CEMETERY.

Der 12.01.2024 ist das Erscheinungsdatum für die neuen Alben von SCANNER und RAVENSTINE. Zu diesem Anlass haben sich die beiden Bands, die ihre Wurzeln im Ruhrgebiet haben, im Resonanzwerk Oberhausen eingefunden, um zusammen mit NECK CEMETERY als Special Guest den Release ihrer neuen Werke gebührend zu feiern.

Gott sei Dank, ohne das Blitzeis des Vortages gestaltet sich die Anreise problemlos. An dieser Stelle: Stefan, vielen Dank fürs Fahren! Pünktlich um 19:00 Uhr öffnen sich die Türen der Halle, Gespräche am und um den Merch-Stand herum mit alten Bekannten und einigen der Musiker verkürzen die Wartezeit auf den Startschuss um 20:00 Uhr.

NECK CEMETERY kommt auf die Bühne und hat das Publikum, das sich in den ersten Reihen noch recht spärlich zeigt und es sich erstmal an den Stehtischen gemütlich gemacht hat, recht schnell motiviert und nach vorn gezogen. Was aber auch kein Wunder ist, wenn man mit Songs wie 'F.O.A.D. ' oder 'Castle Of Fear' in das Set einsteigt. Die Saitenfraktion sowie Sänger Jens Peters sind permanent in Bewegung und man sieht den Akteuren an, wieviel Spaß ihnen der Auftritt macht.

Jens lebt die Inhalte der Songs, er singt einen Puppenkopf an oder schwingt ein Schwert und hüllt sich in zu den Songtexten passende Masken. Das ganze Konzept ist schlüssig und wirkt absolut nicht aufgesetzt, sondern einfach nur charmant und passt einfach zur ehrlichen Mucke der Jungs. Überhaupt trifft die Band die richtige Mischung, bedient sich textlich bei Horror- und Actionfilmen, Serienmördern und auch den typischen Metal-Klischees. Sie bietet das Ganze mit zeitlos-klassischem Heavy Metal mit toller Gitarrenarbeit dar, bewahrt sich aber das Augenzwinkern und den Spaß auf der Bühne, ohne dass das Konzert der Kölner zu einer Karnevalsveranstaltung wird. Wenn es nicht erst Freitag, der 12te gewesen wäre, hätte ich mir, während 'Behind The Mask' eventuell Sorgen gemacht, dass sich gleich Jason Voorhees durchs Auditorium schnetzelt.

Viel zu früh biegt NECK CEMETERY mit 'The Night False Metal Dies', das mit Knochenkreuz, Pyros und ganz, ganz viel Posing gefeiert wird, in die Zielgerade ein. Der letzte Song ist die Bandhymne 'Neck Sematary', wobei es sich natürlich um eine textlich und musikalisch etwas abgewandelte Version des RAMONES-Hits 'Pet Sematary' handelt. Was dazu führt, dass der Song auch den Metalheads bekannt ist, die bislang NECK CEMETERY nicht kannten und so für entsprechend laute Publikums-Chöre sorgt.

Mit viel Applaus und sicher dem einen oder anderen neuen Fan (gelle, Stefan?) geht die Band sichtlich zufrieden von der Bühne. PS: Jungs, danke für das Logo- und das "Metalheads against Fascism"-Shirt. Handgemacht und für je 15€? So geht Fan-Nähe! Und dass ihr den ganzen Abend lang für jedes Gespräch zu haben wart – sehr cool.

Setliste: F.O.A.D; Castle Of Fear; Judgement Night; Secret Of Steel; Castle Of Fear; King Of The Dead; Behind The Mask; The Night False Metal Dies; Neck Sematary

Danach wird das Resonanzwerk plötzlich voll. RAVENSTINE scheint sich zu einer größeren Nummer gemausert zu haben, als ich das aufgrund des guten Debüts aus dem letzten Jahr gedacht hätte. Die multinationale Band präsentiert neben Songs des ersten Albums auch Tracks aus dem neuen Album "2024". Bandgründer Martin Sosna hat eine illustre Truppe um sich geschart, von den vor allem Bassist, Gitarrist, Sänger und Tausendsassa John A.B.C. Smith hervorsticht. Meine Güte, der Mann hat Rockstar-Qualitäten. Was ein Derwisch, was für eine Ausstrahlung. Und diese Rock-Röhre! Wenn John Corabi den DEAD DAISIES mal wieder von Bord geht, hier ist euer Mann.

Das Material von RAVENSTINE ist weniger Metal-lastig und deutlich rockiger als das von NECK CEMETERY oder SCANNER, aber dabei unglaublich abwechslungsreich. Balladen? Funky Bassläufe? Gitarrensounds jenseits des Metal-Kosmos? Ja, alles da. Die Vocals der Band sind aufgeteilt zwischen dem hauptamtlichen Sänger Zak Tataj, der jedoch immer mal wieder die Bühne verlässt, um das Mikro John oder auch mal Martin oder Gitarrist Ian zu überlassen. Und natürlich gibt es auch genügend gemeinsame, mehrstimmige Passagen.

Auch Drummer Hanno Kerstan zeigt, welche Bandbreite er am Schlagzeug zwischen dem Dampfhammer-Rock von 'Push It To The Limit', dem funky-groovenden 'Black Is The Brightest Color', einer balladesk beginnenden Midtempo-Hymne vom Schlage 'Fly Eagle Fly' und einem schwermetallischen Brett wie 'Killing Spree' abrufen kann. Wenn man dann noch weiß, wie er bei MYSTIC PROPHECY die Felle verdrischt, kann man vor dieser Leistung nur den Hut ziehen.

Während des Sets tauscht John den Bass zeitweise gegen eine dritte Gitarre – und an dieser Stelle geht mal ein Lob an den Sound im Resonanzwerk raus. Auch wenn der Gesang in den ersten ein, zwei Reihen etwas leise war, so konnte man jedoch jedes Instrument glasklar heraushören! Es ist eine Freude, den zwei, bzw. dann drei, Männern an den Saiten zuzuhören und jederzeit mitzubekommen, wer da gerade was spielt. Das hat man auch schon ganz, ganz anders erlebt. An Bewegungsfreude herrscht auf der Bühne ebenfalls kein Mangel, und abwechslungsreich wie die Songs ist auch das Erscheinungsbild der einzelnen Musiker. Auch hier wird der individuelle Style jedes Bandmitglieds gepflegt. Von Hemd und Krawatte bis zu Jeans & Leather ist alles vertreten, was man als Rockmusiker so trägt.

Mit der Corona-ist-zu-Ende-Hymne 'Freedom Day' muss leider auch dieser sehr kurzweilige Auftritt irgendwann mal zu Ende gehen. Ich bin ehrlich gespannt, wohin der Weg von RAVENSTINE noch führt. Die Band hat das Potential, auch Fans über die Metal-Szene hinaus zu gewinnen.

Setliste: Sirens; Black Is The Brightest Color; Kindred Spirits; Still Alive; A Long Way Home; Killing Spree; Eazy Cum – Easy Go; Fly Eagle Fly; Push It To The Limit; In The Light; Ravenstine; Lady Luck; Freedom Day

 

 

Nach dem Ende des Auftritts wird es etwas leerer in der Halle, viele Fans (oder waren es evtl. Freunde und Verwandte?) waren wohl wegen RAVENSTINE da. Nach erneut recht kurzer Umbaupause legt SCANNER aus Gelsenkirchen mit einem Set los, das einmal quer durch die wendungsreiche Bandgeschichte pflügt.

Nach der Hinzunahme von Dominic Rothe als festem, zweiten Gitarristen musste das Szene-Urgestein den gesundheitsbedingten Abgang ihres langjährigen Drummers Boris Frenkel, der auf dem neuen Album eine Mega-Performance hingelegt hat, verkraften. Mit Sascha Kurpanek konnte aber ein neuer Schlagzeuger gefunden werden, mit dem nun innerhalb kürzester Zeit und zwischen den ganzen Feiertagen am Jahresende das Set geprobt werden musste, wodurch dieses etwas kürzer ausgefallen ist, als eigentlich gewollt. Hieraus resultiert auch, dass nur zwei Songs vom neuen Meisterwerk "The Cosmic Race" ins Programm genommen wurden. So erzählt es Bassist Jörn Bettendrup vor dem Konzert, und der gute Jörn verdient hier eine extra Erwähnung, ist er doch der einzige Musiker, den ich in meinem Review zur neuen SCANNER-Scheibe namentlich unerwähnt gelassen habe.

Mit dem Titelstück vom 2015er Album "The Judgement" gelingt der Band ein Auftakt nach Maß, dem mit 'Puppet On A String' ein Song von "Ball Of The Damned" folgt. Bandleader Axel Julius wirkt konzentriert, wogegen auf der anderen Bühnenseite Basser Jörn und Gitarren-Neuzugang Dominic aufgrund der sehr guten Publikumsreaktion das Lächeln kaum aus dem Gesicht bekommen.

Mit 'R.M.U.' geht es zum ersten, aber nicht zum letzten Mal an diesem Abend zurück in die 80er zum Debüt-Klassiker "Hypertrace", bevor 'After The Storm' zeigt, dass SCANNER auch auf "Mental Reservation" in den 90ern tollen Metal gespielt hat, als andere diesen für tot erklärt haben.

Auch bei SCANNER ist in den ersten Reihen der Gesang anfangs etwas leise, nach einem kleinen Hinweis an den Mischer ist das jedoch behoben und Sänger Efthimios Ioannidis ist auch direkt vor der Bühne in seiner ganzen Pracht zu hören. Mit ihm hat SCANNER hoffentlich den endgültigen Sänger gefunden. Egal, aus welcher Phase ein Song stammt und welche großen gesanglichen Fußstapfen er dadurch zu füllen hat, mit seiner starken Bühnenpräsenz und stimmlicher Klasse braucht er sich vor keinem seiner Vorgänger zu verstecken. Hier im Set nachzuhören u.a. beim eingängigen 'Wonder' oder 'Not Alone'. Große Klasse.

RAVENSTINE-Drummer Hanno ist während des Auftritts ebenfalls vor der Bühne, hat er doch auch eine Zeitlang bei SCANNER gespielt und verfolgt den Auftritt der alten Weggefährten nun aus dem Publikum, eine großartige Geste!

In der Mitte des Sets kommt es nun zur Live-Premiere der ersten Single aus dem neuen "The Cosmic Race" Album. Zu 'The Earth Song' wird Gastsängerin Heike auf die Bühne geholt, die Efthi im Chorus und den Tribal-Vocals im letzten Songdrittel stimmgewaltig unterstützt. Gelungen! Leider fällt der zweite neue Song, 'Dance Of The Dead' dem Ausfall eines für den Track wichtigen Effektgerätes zum Opfer. Schade, aber nicht zu ändern. Mit 'F.T.B.' kommt der zweite Song vom direkten Vorgängerwerk zu Setlisten-Ehren, bevor es Klassiker hagelt. In der Ansage zum konsumkritischen Song 'Buy Or Die' vom 1989er Album "Terminal Earth" auf das Angebot am Merch-Stand und das dort zu erwerbende Angebot zu verweisen, ist bei den absolut fairen Preisen für LPs, Shirts etc. auch kein Widerspruch und zeugt von feinem Humor. Im Anschluss folgen drei Klassiker vom Debüt, den Anfang macht das von der ursprünglichen LP-Version des Albums entfernte 'Terrion', das sich aber zu einem All-Time-Favorite gemausert hat und ebenso wie die folgende Midtempo-Walze 'Across The Universe' laut bejubelt und mitgesungen wird. Was kann am Ende des Sets anderes kommen als das pfeilschnelle, euphorisch gefeierte 'Warp 7'?

Wie verspochen spielt SCANNER Songs aus fast allen Alben, lediglich "Scantopolis" wird nicht berücksichtigt. Der Schwerpunkt der Setliste liegt aus naheliegenden Gründen auf den Songs der ersten beiden Alben. An diesem Abend fällt die Präsentation der zweiten Single aus dem aktuellen Werk ja leider, wie schon erwähnt, der Technik zum Opfer, und die anderen Songs des Albums sind dem Publikum, aufgrund der erst heute erfolgten Album-Veröffentlichung, noch nicht geläufig, so dass SCANNER auf die Klassiker setzt. Ich persönlich hätte gern zwei, drei Songs mehr vom sehr starken Album "The Cosmic Race" gehört, aber das wird hoffentlich auf der kommenden Tour, die sich zurzeit in Planung befindet, der Fall sein.

Aber auch so war das ein bockstarkes Konzert, dass definitiv Lust auf mehr macht! Axel und Efthi: Vielen Dank, dass ihr euch nach dem Auftritt noch die Zeit genommen habt, ein wenig zu plaudern.

Setliste: The Judgement; Puppet On A String; R.M.U.; After The Storm; Wonder; Not Alone; The Earth Song; F.T.B.; Buy Or Die; Terrion; Across The Universe; Warp 7

Fazit: Alle drei Bands liefern in Oberhausen super Auftritte ab und starten das Konzertjahr 2024 in einer Art und Weise, wie man es sich kaum besser wünschen kann. Dazu kommen faire Preise für den Eintritt und das Merch, z.B. Shirts 15 – 20 Euro, alte SCANNER -Shirts für 5€ und nahbare Musiker!

Vielen Dank an alle Beteiligten und an Heike Leppkes für die Fotos!

Redakteur:
Maik Englich

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