STORMWITCH, MISSION IN BLACK - Burgrieden

30.09.2019 | 20:14

28.09.2019, Riffelhof

Der zweite Gig der Sturmhexen nach dem Bruch des Line-ups.

Auch im Riffelhof zu Burgrieden hat der Sommer nun ein Ende und ab sofort geht es Schlag auf Schlag in Sachen Heavy Metal und Hardrock. Fast jede Woche wird in nächster Zeit in einer der schönsten Konzert-Locations im Oberschwäbischen eine feine Truppe nach der anderen auftreten. Am 05.10.2019 spielen die reformierten Illertal-Veteranen GRAVESTONE eine längst ausverkaufte Show zusammen mit den ebenfalls reunierten heimischen Metallern STRANGER, für welche die Tickets bei Ebay schon schwarz für über hundert Euro gesichtet wurden; eine Woche später, am 12.10.2019, geben sich die Lokalmatadoren MORBID ALCOHOLICA die Ehre und richtig internationales Flair ist am 22.10.2019 mit Dave Meniketti und Y&T geboten.

Heute jedoch ist der Riffelhof für die Sturmhexen von der Alb geschmückt und herausgeputzt, und mit gut zweihundertfünfzig zahlenden Gästen auch ganz stattlich gefüllt. Alte Fans natürlich, die es in der Gegend ja sehr zahlreich gibt, doch auch viele nachgewachsene Metalheads und sicherlich auch ein paar Schaulustige, denn vor einiger Zeit hat es ja bekanntlich mehr als heftig gescheppert im Line-up der alten Schwabenstahllegende STORMWITCH. Hierzu haben wir unserer Chronistenpflicht ja zuletzt bereits ausführlich Genüge getan, doch so sehr sich diverse überambitionierte Unterstützer beider Lager in den in sozialen Medien auch nach wie vor bekriegen mögen, das Leben geht weiter, für die ehemaligen Kollegen, die nun die neue Band SKULL & CROSSBONES ins Leben gerufen haben, aber ebenso natürlich auch für Andy Mück und seine neuen Mitmusiker, die wir heute hier in Burgrieden begrüßen dürfen.

Vor der Halle angekommen, treffen wir auf viele gut gelaunte und neugierige Leute, der Klatsch und Tratsch zur ewigen Personalmisere der Hexenbande feiert fröhliche Urständ, unzählige Leute fragen herum, wo man vielleicht noch GRAVESTONE-Tickets bekommen könne, und es tummelt sich die Meute entspannt an den Essens- und Getränkeständen, im Biergarten und im Vorhof. Aber auch im Inneren des Riffelhofes wird bereits ausgiebig gefachsimpelt. Die meisten Fans, mit denen man spricht, geben sich ein wenig peinlich berührt ob der in aller Öffentlichkeit ausgetragenen Zwiste und haben dennoch vor, beiden Fraktionen weiterhin eine Chance zu geben, denn alte Liebe rostet schwer. Deshalb sind wir heute hier, so hört man sie sagen, und so sehen wir das auch. Doch die Gespräche werden dann plötzlich unterbrochen, denn auf der Bühne, da regt sich was.

Es ist Zeit für den Special Guest, der wie STORMWITCH selbst von der Heidenheimer Alb ins Oberland gekommen ist. MISSION IN BLACK darf den Abend eröffnen, und das tut die seit 2010 aktive Truppe um die beiden Gründungsmitglieder Daniel Tschöpe (Gitarre) und Andy Flache (Drums) mit jeder Menge Nachdruck. Die Band wird inzwischen von Steffi Stuber angeführt, die eine wirklich gute Frontfrau abgibt und das Publikum hervorragend dirigieren kann, und das nicht nur, weil sie die (schwäbische) Sprache des anwesenden Volkes spricht, sondern vor allem, weil sie gesanglich sowohl die klaren als auch die derberen Töne gut beherrscht und sich in Sachen Interaktion mit den Zuschauern nicht zurückhält. Das von Gitarrist Fabian Guist und Bassist Simon Schorp vervollständigte Quintett bringt die Meute mit seinem durchaus harten und modernen, dabei aber stets doch melodisch dominierten Power Metal europäischer Prägung wirklich gut zum Headbangen, zum Recken der Fäuste und hier und da auch ein wenig zum Mitsingen. Die Stimmung ist ausgelassen, die Reaktionen sind hervorragend und die Songs des Debütalbums "Anthems Of A Dying Breed" kommen wirklich gut beim Publikum an, was sich auch daran erkennen lässt, dass sich die Fans nach dem Gig längere Zeit am Merchandise-Stand drängen, um sich mit dem Album oder mit Shirts einzudecken und vor allem auch, um für das eine oder andere Foto mit Steffi und ihren Mannen zu posieren, die sich für jeden Fan ausgiebig Zeit nehmen. Ein toller Auftritt einer sympathischen Band. Wer Zeit hat, der sollte sich unbedingt überlegen, der Truppe bei Gelegenheit live eine Chance zu geben. Es gibt in nächster Zeit einige Gelegenheiten und es lohnt sich auf jeden Fall!

Dann ist es natürlich auch schon Zeit für den Headliner des Abends, und dafür, dass Andy Mück seinem treuen Gefolge ebenso wie sonstigen neugierigen Augen nun endlich auch in der schwäbischen Heimat seine neuen Mitstreiter vorstellt, die bisher nur die bajuwarischen Nachbarn beim "Trveheim" zu Gesicht bekommen hatten und die inzwischen auch Namen haben. Neben Andy selbst - am efeubewachsenen Mikrophon und wie immer in schwarzromantischem Gewande mit Rüschenhemd, schwarzem Umhang, Goethe-Hut und Rabenfeder-Cape - treten auf die Bühne vor dem bekannten STORMWITCH-Backdrop im Fledermaus-Design nun also die beiden sehr jungen Gitarristen Niklas Berger und Jonathan Kröner, sowie die etwas ältere Rhythmusgruppe mit Drummer Alex Sauer und Bassist Pietro Raneri, beide absolute Könner an ihren Instrumenten, die allerdings bislang weniger in metallischen Kreisen von sich reden machten, als vielmehr in anderen Genres und Bereichen. Pietro Raneri - den Andy scherzhaft als "extra aus Rom eingeflogen" ankündigt - etwa bei psychedlischen Rockbands wie DIE PSYCHONAUTEN und THE ANDY DEATH COMPANY und Alex Sauer als vielseitig aktiver Studio- und Livedrummer, sowie als Schlagzeuglehrer in Ulm. Ein solider Groove als Grundlage der Songs ist daher garantiert und die beiden Herren geben dem Auftritt ein stabiles Rückgrat. Die beiden Klampfer sind dafür echte, junge, hungrige Nachwuchsmetaller, was man ihnen nicht nur ansieht, sondern auch anmerkt: Nick und Johnny präsentieren sich auf der Bühne wild und spielfreudig, was die Band insgesamt ein wenig ungezügelter, schneller, härter, aber auch unkontrollierter wirken lässt. Nun mag sich mancher vielleicht über den einen oder anderen Verspieler im Eifer des Gefechts mockieren, während der andere im Gegenzug die Band als härter als je zuvor verehren möchte.

Die Wahrheit liegt aus meiner Sicht einfach irgendwo dazwischen: Andy Mück hat sich vier Musiker ins Boot geholt, um weiterhin mit seinem STORMWITCH-Programm durch die Lande zu ziehen, zwei davon sind erfahrene Musiker mit beachtlichen Meriten und die beiden Gitarristen haben einen Mordsspaß dran, vor einem gesetzteren Publikum eine Show abziehen zu können und Hymnen zu spielen, welche die meisten Leute vor der Bühne schon weit längere Jahre mitsingen, als die beiden Klampfer an Lebenszeit auf dem Buckel haben. Es wäre diesen vier neuen Musikern gegenüber ebenso unfair, zwanghaft die wenigen Haare in der Konzertsuppe zu suchen, wie es den zahlreichen ehemaligen Kollegen natürlich nicht gerecht würde, nun in den höchsten Tönen vom besten Line-up aller Zeiten zu flöten. Die fünf Leute indes, die heute auf der Bühne stehen, liefern einen absolut soliden Gig ab, scheinen auf der Bühne hier und jetzt Spaß zu haben und die Zuschauer im Hauptsaal des Riffelhofs machen gut gelaunt mit. Absolute Euphorie vermag ich zwar nicht konstant - aber doch immer wieder bei einigen - auszumachen, und die Stimmung ist insgesamt dennoch blendend, die Leute singen und klatschen mit und die Setliste ist im Endeffekt nicht so grundlegend anders als sie es mit dem vorigen Line-up war, was nur bedingt überrascht, da die Zusammenstellung doch primär durch Andy Mück und Managerin Liz verantwortet wurde und wird.

Schon kurz nach dem gewohnten Einstieg mit 'Dance With The Witches' und zwei Stücken vom aktuellen Album gibt es dennoch die erste Überraschung in Form des selten gespielten Klassikers 'Sword Of Sagon' und auch zwei oder drei weitere besondere Wünsche langjähriger Fans werden heute Abend berücksichtigt, was von Bandseite bereits im Vorfeld so angekündigt war. So ist beispielsweise 'Eye Of The Storm' wieder ins Set zurück gekeht, ebenso das bereits zum "Trveheim" entmottete 'Werewolves On The Hunt' und zur ganz besonderen Freude des Rezensenten sogar mein oft gewünschter und selten gespielter Lieblingssong von der "War Of The Wizards", namentlich das grandiose 'Wooden Drum', das offenbar nicht nur ich besonders gern habe, denn die Mitsingquote ist hier überraschend hoch, wenn man bedenkt, dass die Neunziger weder die klassische Bandphase waren, noch die erfolgreichste und ganz allgemein bei vielen Metalbands die Neunziger ja mal gerne von Fans und Musikern vergessen werden. Ja, allein diese paar Stücke sorgen schon dafür, dass der Abend keine Enttäuschung wird, zudem Andy Mück auch heute wieder gut bei Stimme ist und sich gesanglich keine Blöße gibt. Ansonsten entspricht die Setlist im Wesentlichen dem hälftigen Mix aus Achtziger-Klassikern wie 'Stronger Than Heaven' oder 'Ravenlord' und neueren Songs der Marke 'Witchcraft' und 'Songs Of Steel' aus der Phase nach der Jahrtausendwende, wie wir es seit etlichen Jahren gewohnt sind. 'Tears By The Firelight' ist hierbei zwar nach wie vor ein toller Song, doch irgendwie macht speziell dieses Stück nun eben ohne Wanschis Tochter Carolin an der Querflöte dann doch ein wenig nachdenklich, wie auch die laut Andy nach weit über dreißig Jahren für "Bound To The Witch" - endlich! - geschriebene und aufgenommene Bandhymne 'Stormwitch', denn da fragt sich der langjährige Fan dann halt doch irgendwie: Woher, wohin, mit wem, wie lange, wie oft noch? Wenn man allerdings mit einer Kanonade aus 'Rats In The Attic' und 'Call Of The Wicked', sowie im Zugabenblock mit 'Priest Of Evil' und dem obligatorischen 'Walpurgis Night' ein Konzert abschließen kann, dann gibt es am Ende doch kaum jemanden, der die Nachdenklichkeit nicht eine Weile in den Hintergrund rücken lassen kann und nicht mit einem breiten Grinsen aus der Halle geht.

Sei es, wie es wolle: Es ist nicht schwer, den Tenor der weit überwiegenden Zahl der heute anwesenden STORMWITCH-Fans aus dem Gezwitscher der Vögelein vor und nach dem Gig heraus zu filtern. Die meisten Fans möchten - ungeachtet durchaus vorhandener persönlicher Sympathien - einfach alle involvierten und seit Jahren geschätzten Musiker weiterhin unterstützen und auch live Spaß an den Liedern haben können, ohne dass zu jeder Regung eines der beiden Lager irgend jemand online Gift und Galle spuckt oder gar andere Fans mit hinein ziehen und zur Parteinahme zwingen will. Leute, das ist einfach übrig. Lasst es sein und gönnt jedem seine Freude an der Musik. Die konnte heute jeder haben, der sich darauf einlassen wollte. Und die werden wir bestimmt auch bei den Exkollegen haben, wenn es so weit ist.

Zum Schluss geht unser herzlicher Dank einmal mehr an das tolle Team im Riffelhof. Security und Bedienung waren wie immer sehr freundlich, das Essen hervorragend, und die Organisation - und hier vor allem der Sound - in ganz besonderem Maße gelungen. Wir freuen uns riesig auf die nächste Woche mit GRAVESTONE und STRANGER.

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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