VANDEN PLAS / NEO - Pirmasens
26.06.2002 | 14:3614.06.2002, Quasimoto
Ein Beweis, dass den Betreibern des Quasimoto in Pirmasens in Bezug auf Metal- und Rock-Konzerte nicht die Puste auszugehen scheint, war einmal mehr das Konzert der Pfälzer Bands VANDEN PLAS und NEO am 14.06.2002. Wie gewohnt, bei den optimalen Rahmenbedingungen, lag es nur an den Bands selbst, die zahlreich erschienen Fans (und Musiker) zu überzeugen (schätzungsweise 100-200 Leute).
Den Abend eröffnen durfte die Band um den Ex-DARK-Gitarrist und dann –Sänger Mathias Fickert (DARK war anfangs mal ne überregional bekannte Death Metal-Truppe aus KL, die dann immer melodischer und bekannter geworden ist). Mathias nennt sich neuerdings selbst Neo, so wie seine Band eben; nur, dass der Bandname als Abkürzung für New Extreme Obsession steht. Wer jetzt denkt, dass er so ein ähnliches Wortspiel bereits bei einer finnischen Band, die in letzter Zeit ziemlich erfolgreich war mit ihrem Romantic-Wave-Metal-wasweißich-Rock, der liegt nicht ganz falsch. Auch wenn NEO diese Vergleiche nicht sehr gerne hören, sind die Parallelen so offensichtlich, dass jeder, den man im Publikum befragt, die finnische Band mit den drei Buchstaben erwähnt. Auch die anderen Bandmitglieder haben sich Künstlerpseudonyme zugelegt. So heißt der Gitarrist Y/T (abgeleitet von seinem Namen Andreas Weiß) und der Keyboarder Flange. Für mich gehen die Pseudonyme in Ordnung, so lange die Leute auch dazu stehen und es nicht peinlich rüberkommt. Deshalb sehe ich bei NEO eigentlich keine Gefahr, obwohl schon so mancher in der Lautrer Musikszene verlauten ließ, sich zukünftig auch Pseudonyme zuzulegen, wie z.B. Verstärk, Verzerr oder SchlagZ.
Die Vergleiche mit der finnischen Band fangen beim Namen an, gehen weiter mit der Stimme und die Musik steht da auch nicht nach. So singt Neo auch in einer tiefen, angenehmen, ab und zu in die leicht zebrechlich wirkende Kopfstimme übergehenden Lage, die einen eigentlich unweigerlich an den gewissen Sänger aus Finnland erinnert. Qualitativ kann man auch nicht sagen, dass er das schlechter macht, weil er tonsicher und überzeugend rüberkommt. Zu wünschen wäre allerdings, dass Neo noch etwas mehr aus sich heraus geht (kann mich jetzt nur an einen etwas kraftvolleren Schrei beim BILLY IDOL-Cover “White Wedding“ erinnern). Das würde der Abwechslung in ihrer Musik sehr gut tun.
Obwohl Neo hervorragende Musiker (bekannte Gesichter in KL und Umgebung, Y/T kann ein Gitarrendiplom vorweisen) um sich gescharrt hat, birgt die Musik von NEO keine großen Überraschungen oder Außergewöhnliches. Die Songs decken auch ungefähr die Spannbreite seiner höllischen Majestät ab, von flotten eingängigen Rockern bis zu Romantic-Balladen. Alle Instrumente reihen sich sehr songdienlich ein und die fetten Triton-Keyboard-Sounds, die teilweise vom Band kommen müssen (weil Flange nur zwei Hände hat), tun ihr übriges, dass der Sound von NEO nicht weh tut, allerdings auch nicht richtig mitreißt. Da außerdem die Mehrzahl des Publikums wegen VANDEN PLAS gekommen ist, konnte der gewisse Funke nicht so recht überspringen.
NEO-Setlist
1. One Room
2. Fields Of Fire
3. Temptation
4. She´s The Drug
5. Love Undone
6. Alone
7. Longing
8. 16 Days
9. Loving The Rain
10. White Wedding
Als VANDEN PLAS dann nach kurzer Umbaupause während ihrem spielerischen Intro nach und nach auf die Bühne kamen (angefangen beim Keyboarder Günter Werno bis hin zum Sänger Andy Kuntz), wurde der Platz vor der Bühne dichter und es schien eine Welle der Begeisterung durch das Publikum zu gehen, die bis zum Ende dieses Abends anhalten sollte. Da VANDEN PLAS musikalisch sehr anspruchsvoll sind, war diese Begeisterung auch eher an zufriedenen Gesichtern und mitwippenden Füßen zu beobachten als am wilden Headbanging.
VANDEN PLAS haben sich mittlerweile einen eigenständigen und doch eingängigen Stil erarbeitet, der seine Ursprünge im DREAM THEATER- und QUEENSRYCHE-Sound sowie im melodischem Hardrock hat. Wenn man sich bei der ersten Platte “Colour Temple“ doch etwas stark an manche Songs der grad genannten Bands erinnert fühlte, ist die Musik mittlerweile dermaßen vielschichtig und komplex, dass sie den Qualitätslevel mit diesen gut halten kann und man dabei nur noch an VANDEN PLAS denken muss. So lässt Günter Werno (u.a. bekannt durch seine Engagements bei KAMELOT oder D.C. Cooper) in seinen Keyboard-Passagen auch mal andere Stile und unerwartete Töne einfließen, die das Ganze interessanter aber dennoch eingängig klingen lassen. Die Duelle zwischen ihm und dem technisch versierten Gitarristen Andreas Lill ließen dann schon manche Münder offen stehen. Ansonsten kamen von der Gitarre geile Bratriffs im Heavy Sound, die dem ganzen die nötige Härte verliehen. Sein Bruder am Schlagzeug sorgte durch sein absolut tightes, technisch komplexes aber dennoch einfach klingendes Spiel zusammen mit dem Bassisten Thorsten Reichert für den Groove und die Power. Diesem perfekten musikalischen Hintergrund stand der Sänger Andy Kuntz (aus dessen Familie stammt auch der Fußballer Stefan Kuntz) in nichts nach. Durch die langjährige Bühnenerfahrung (mittlerweile ja auch mit der ganzen Band auf Theaterbühnen, u.a. derzeit im Pfalztheater in Kaiserslautern bei der Rocky Horror Picture Show) weiß er, wie er sich zu bewegen hat und was er wie zu singen hat. So hat sich VANDEN PLAS von einer unterbewerteten lokalen Band mittlerweile zu einem absolut professionellen Progressive Metal-Act auf internationalem Niveau entwickelt. Das einzige, was vielleicht für einige etwas gewöhnungsbedürftig sein könnte, ist der zwar sehr tonsichere und eigenständige aber auch manchmal etwas nasal klingende Gesang von Andy Kuntz. Im Progressive-Bereich gibt es allerdings sehr wenig Sänger von der Klasse von ihm.
Der Sound war fett und differenziert und das Bühnenbild war geschmackvoll mit zweit Statuen sowie den aktuellen Cover-Backdrops angereichert.
Dieses Konzert war als CD-Release-Party schon im April angekündigt. Da in diese Zeit aber der Tod von Andy Kuntz´s Vater fiel musste der Termin verschoben werden. Zu Ehren seines Vaters spielte VANDEN PLAS an diesem Abend dann eines ihrer besten Stücke von ihrem aktuellen Album, nämlich „Healing Tree“.
Die Setlist war für eine CD-Release-Party auch eher ungewöhnlich. Da man im ersten Set nur Material der vorhergehenden CDs zum Besten gab. Erst nach dem zweiten Intro wurden dann fünf Stücke der aktuellen CD „Beyond Daylight“ präsentiert. Die neuen Stücke waren vielleicht sogar noch einen Tick ausgereifter als die vorherigen, aber letztlich ist alles Geschmackssache. Auf alle Fälle braucht man sich bei VANDEN PLAS wohl keine Gedanken zu machen, dass denen die Puste ausgeht.
Davon werden sich dann wohl die meisten von Euch beim „Bang Your Head“-Festival selbst ein Bild machen können.
VANDEN PLAS-Setlist:
Intro
1. Push
2. Iodic Rain
3. Into The Sun
4. We´re Not God
5. How Many Tears (Acoustic in französisch)
Intro 2
6. Nightwalker
7. Cold Wind
8. Healing Tree
9. Free The Fire
10. Beyond Daylight
11. Rainmaker
12. I Can See
13. Far Off Grace
- Redakteur:
- Tilmann Ruby