Wacken Open Air 2012 - Wacken

17.09.2012 | 20:51

01.08.2012,

Das altbewährte Motto 'Rain or Shine' - treffsicherer hätte es dieses Jahr nicht sein können. Wie innerhalb weniger Tage das weltweit beliebteste Metalfestival im Schlamm versinken konnte, klärt sich hier auf Powermetal.de!

Samstag

Es ist offiziell: Wacken verkommt zur Schlammschlacht. DELAIN fangen den Umständen entsprechend etwas später an, damit die größten Teiche trocken gelegt werden können. Wacken ist aber auch – oder erst recht – wenn es regnet und matscht, so finden sich auch bei den Holländern um die tolle wie charmante Sängerin Charlotte einige regenerprobte Metalheads ein. Die Gothic Metaller präsentieren ihr neues Album "We Are The Others", darunter die aktuelle Single 'Get The Devil Out Of Me', aber auch 'The Gathering' oder 'Control The Storm' sind einfach richtig gute Songs mit Hitpotential, gepaart mit fetten, drückenden Metalriffs. Sehr überzeugend!

[Jakob Ehmke]

Matsch, überall Matsch. Das bemerkt auch GAMMA RAY-Mastermind Kai Hansen, der mit seinen Burschen recht pünktlich um 13 Uhr (wieviel hat der Running-Order-Verantwortliche eigentlich getrunken?) den Happy-Metal-Reigen auf dem schlammigen Untergrund eröffnet. 'Dethrone Tyranny', 'Heaven Can Wait', das flotte 'Fight' und der Opener 'Empathy' vom noch aktuellen Werk geben dem Hamburger Auftritt die nötige Prise, zu der sich auch die hin und wieder aufkeimende Sonne gesellt. Mit 'Ride The Sky' und dem nicht mehr wegzudenkenden 'I Want Out' animiert der Wacken-Stammgast zum Mitgrölen und schließt nach viel zu kurzer Spielzeit mit 'Rebellion (on the fuckin' Kuhwiese) und 'Send Me A Sign' den raschen Riffreigen. Ein ordentlicher, wenn gleich auch nicht immens spektakulärer Auftritt.

[Marcel Rapp]

Das Innenfeld gleicht einem Kriegsfeld, zu dem NAPALM DEATH den Soundtrack à la 'Scum' und 'Nazipunks Fuck Off' liefern. Wie erhofft lassen die Briten eine Grindcore-Keule nach der anderen los, genau das richtige Menü zur Mittagszeit – die Wetten liefen dabei heiß, wie viele Songs die Band wohl in die Spielzeit unterbekommt. Sänger Barney geht voll auf in den Songs, zuckt sich quer über die Bühne und kann das Publikum mit seiner Ruhelosigkeit gekonnt inifizieren.

[Jakob Ehmke]

Es gibt Bands, die gehen einfach immer. PARADISE LOST ist definitiv eine von diesen. Klar klatschen sie einem nach Sonnenuntergang wesentlich mehr den Schinken um die Ohren, doch auch am Nachmittag schafft es Nick Holmes mit seiner Kombo für maximale Melancholie und bittersüße Verstimmung zu sorgen. Nachdem man von der angeblichen Wegfahrsperre des heutigen Tages gehört hat, schleppt man sich durch Schlammpfützen zur Party Stage. Dort angekommen, darf man wählen zwischen waden- und knietief im Dreckstehen. Zum Glück gibt es aber Spaßvögel, die freudig in die Matschhöhlen springen und alle anderen nass spritzen. Juchu, diesen lieben Gesellen wünscht man doch eine gewaltige – ach, ist ja auch egal. Zurück zur Musik: Mit aktuellem Album "Tragic Idol" am Start werden weitere Prachtstücke des Düsterrocks an den Mann gebracht. 'Erased' lässt maximale Gänsehaut aufkommen und 'One Second' uns in tieftraurigen Erinnerungen bzw. Gedanken schwelgen. Wenige Momente nachdem Nick sich freut, dass es nicht mehr regnet, fällt im übrigen erneut Wasser vom Himmel – welch Ironie! Wenn Leiden ein Lächeln auf die Lippen zaubert, dann waren PARADISE LOST am Start. Beide Tränensäcke hoch!

[Nadine Ahlig]

Mit 'Ghost In The Black' und der Hymne 'Strong As A Rock' gibt es nun eine Stunde Melodic-Rock vom Feinsten. Herr Pell betritt mit seinen Mannen die Bühne und lässt für kurze Zeit das schlechte Wetter vergessen. Neben einem tollen Medley gibt es mit 'Mystica', 'Tear Down The Wall' und dem abschließenden 'Nasty Reputation' AXEL RUDI PELL-Ware erster Güte, auch wenn an manchen Stellen der Sound etwas zu wünschen übrig lässt. Dennoch sitzen die markanten Pell-Riffs und Schattenboxer Johnny Gioeli zeigt einmal mehr, dass er zu einem der charismatischsten und besten seines Faches gehört. Das weiß auch die Masse und entlässt mit Applaus das Quintett in den wohlverdienten Feierabend.

[Marcel Rapp]

"Die Motherfucker, die!" – SIX FEET UNDER um Tieftöner Chris Barnes schlagen zurück! Da die Sonne wieder scheint, kommen entsprechend viele Metaller aus ihren Löchern vor die Bühne gekrochen. Man kann von den letzten Alben halten was man will: 'Victim Of The Paranoid', 'Human Target', aber auch 'Reckless' vom neuen Album "Undead" oder 'The Day The Dead Walked' überzeugen auf ganzer Linie. Der angepriesene "alte Song" war dann eine große Überraschung: SIX FEET UNDER – übrigens in nahezu komplett neuer Besatzung – spielen tatsächlich 'Hammer Smashed Face' – und das verdammt gut! Den Abschluss macht wie gewohnt das AC/DC-Cover 'TNT'. Tolle Nummer!

[Jakob Ehmke]

Nach 2009 ist es mal wieder soweit: Die Testamentsvollstrecker legen am Samstagnachmittag den gesamten Matschacker in Schutt und Asche. TESTAMENTs Chuck Billy und Co. beginnen pünktlich, die Performance ist ordentlich, der Sound dröhnt wuchtig in die klatschende und von den Thrash-Göttern begeisterte Menge. Mit dem neusten Paukenschlag "Dark Roots On Earth" im Gepäck, welches oft angepriesen wird, werden Stücke wie 'Rise Up', 'True American Hate' und 'More Than Meets The Eye' zum Besten gegeben. Der stimmgewaltige, stets grinsende Frontmann hat die Massen bestens im Griff und die Riffs knallen derbe, sodass auch Klassiker wie das mächtige 'The Preacher' oder 'Into The Pit' nicht zu kurz kommen. So macht Thrash-Metal Spaß, so machen TESTAMENT Spaß.

[Marcel Rapp]

Spaß macht es jedoch keinen mehr sich zur W.E.T Stage zu schleppen. Glücklicherweise gibt es Bands, bei denen sich auch dieser Aufwand lohnt, wie zum Beispiel die portugiesische Feuer-Kombo MOONSPELL. Speziell für das Wacken Open Air hat man heute was ganz Besonderes in die Reisetasche gepackt – und zwar ein Mini-Orchester. Natürlich muss man hier erst einmal an gestrige DIMMU BORGIR Show denken. Wo sonst mächtige Gladiatoren auf der Bühne stehen, zeigen die Südländer sich heute von ihrer zerbrechlichsten Seite. 'Wolfshade' – dramatisch, bedächtig und sensibel. 'Opium' – empfindsam, gefühlvoll und explosiv. Die musikalische Wucht der Streicher untermalen perfekt die emotionsgeladenen Lyrics und lassen ununterbrochene Gänsehaut entstehen. 'Scorpion Flower' bekommt sogar weibliche Vocal-Unterstützung! Einziges Manko: An einem gewissen Punkt wünscht man sich doch wieder E-Gitarren und den klassischen MOONSPELL-Sound. So ist man doch leicht verwundert, als man zum Beispiel 'Alma Mater' erst beim Refrain erkennt, der an seiner üblichen Explosionsstärke leider verliert. Hochtheatralisch wird das das Set regulär abschließende 'Full Moon Madness' zu einem zehn-Minuten-Stück ausgedehnt. So unfassbar schön, dass die Stiefel mit dem Matsch zu einer Einheit verschmelzen. Man mag MOONSPELL als eine der romantischsten Metal-Bands bezeichnen – und genau diesen Titel haben sie mit diesem Konzert erneut bestätigt. Fantastisch!

[Nadine Ahlig]

DARK FUNERAL sind nun in der unglücklichen Lage, genau gegen Dani Filth und Co antreten zu müssen. Dass die Sonne genau ins Gesicht der Band scheint ist der Sache ein wenig abträglich, kommen doch dadurch einige Feuereffekte nicht so sehr zur Geltung wie das vielleicht geplant war. Mit 'The Arrival Of Satan's Empire' kommt man in den vollen Genuss des Auftritts von Sänger Nachtgarm und seinen Mannen. Und was hier abgeliefert wird, ist wirklich nicht schlecht. Die Band hat eine unglaubliche Präsenz, das Publikum wird immer weiter zum Mitmachen motiviert und kommt so voll auf seine Kosten. Die Songs prasseln nur so nieder, 'Vobiscum Satanas' und 'Slava Satan' schlagen richtig ein. Um die leider nicht ganz so große Partymeute weiter anzuheizen werden erstmal alle aufgefordert lauter zu schreien als das COF-Publikum. Gefühlt gelingt das dann auch beim dritten Versuch und mit Feuer geht es weiter. Ein knackiges 'Hail Murder' presst sich ins Gehör und wir sind kurz vor Ultimo. Noch 'The Dawn No More Rises' und zum krönenden Abschluss ein episches 'My Funeral', und die Zeit ist um. Ein wirklich gelungener Auftritt, der umjubelt zu Ende geht.

[Matthias Köppe]

Die Engländer von SYLOSIS feuern ein astreines Tech-Metal-Feuerwerk in Hochgeschwindigkeit ab – die Cicle Pits können das Tempo zu 'Empyreal' oder 'Eclipsed' gerade noch mithalten. Technisch versierte Soli versüßen die Songs und lassen einige Kinnladen runterklappen. Das Wackendebut der Herren wird sicherlich vielen in guter Erinnerung bleiben.

[Jakob Ehmke]

AMON AMARTH sind ein oft und gern gesehener Gast auf diversen Festivals, so auch hier. Der Platz vor der Bühne ist allerbestens gefüllt, die Wikingerfete kann also starten. Das Intro kommt mit viel Getöse daher und mit entsprechend viel Applaus werden die fünf aus dem hohen Norden begrüßt. Euphorisch wird begonnen, und die Menge tobt – das aber scheinbar nur in den vorderen Reihen. Je weiter man sich von der Bühne entfernt, desto mehr hat man das Gefühl auf einer Sommerparty mit musikalischer Untermalung zu sein. Das liegt aber gar nicht an der Band selber, die gibt sich alle Mühe. Vielmehr ist der irgendwie leise und drucklose wirkende Sound der Ursprung des Übels. Das überträgt sich natürlich auch auf das Publikum, denn wenn man nur nebenbei die Musik hört, wird der Rest der Zeit halt verquatscht. Die Männer oben auf den Brettern stört das natürlich wenig. Die liefern ein Feuerwerk an bekannten und beliebten Hits ab. Mit 'Death In Fire', 'Cry Of The Black Birds' und 'The Pursuit Of The Vikings' bleibt für die Fans kein Wunsch offen. Auch die Feuer- und Pyroeffekte wissen zu gefallen. Die Zugabe besteht aus 'Twilight Of The Thunder God' und 'Guardians Of Asgaard' und bringt so nochmal alle Mitfeiernden komplett zum Ausflippen. Wenn man von den Schwächen beim Sound absieht ein guter Auftritt, mit den Schweden ist halt immer gut feiern.

[Matthias Köppe]

Ob das nun die vorerst letzte Gelegenheit sein wird die Rock-Hyänen (Hyänen? Wieo Hyänen? Wie kommt man auf so etwas? - Der Lektor) der SCORPIONS auf den großen Bühnen zu sehen? Eine geplante Auflösung wird es wohl nun doch nicht geben, jedoch soll auf gehabte Mega-Tourneen verzichtet werden. Voller Vorfreude stürmt man zur True Metal Stage, um sich dieses Spektakel nicht entgehen zu lassen. Die Vorfreude hat sich gelohnt. Die Stimmung gleicht einem Ausnahmezustand, die Männer erfreuen sich bester Laune – auch wenn natürlich eine ordentliche Portion Sentimentalität aufkommt. 'Is There Anybody There?' lässt komische Gefühle in der Magengrube entstehen. Es wird viel gejammt und Feuerwerke hochgejagt – insgesamt ein Fest der Sinne. Doch verstört muss man sich eingestehen, dass am Himmel ein Blitz nach dem anderen abgefeuert wird. Plötzlich zieht ein ganz fieser Wind auf – das war es dann mit der nostalgischen Stimmung. Der Teil des Publikums, der die Möglichkeit hat zu fliehen, ergreift diese. Der Rest und die Wahnsinnigen, die für SCORPIONS dem Weltuntergang trotzen würden, bleiben stehen. Und belohnt werden sie – ein Kracher nach dem anderen wird ausgepackt, jedoch die ganz gewaltigen noch aufgespart. Die gibt es nämlich erst im Zugabeblock. Glücklicherweise hat es nun auch zu regnen aufgehört, sodass die geflohenen Seelen wieder zurück aus ihren Löchern gekrabbelt kommen und sich zu 'Coming Home', 'Still Loving You' und 'Rock You Like A Hurricane' gesellen. Das Besondere: Eine SCORPIONS Statue steht plötzlich auf der Matte zusammen mit Feuer versprühenden Tänzerinnen. Möge es nicht das letzte Mal gewesen sein!

[Nadine Ahlig]

Auch wenn das erschallende Intro eigentlich zum A-Team gehört, betreten SCHANDMAUL die Bühne, aber nur vier von ihnen, zwei Gesichter sind neu. Da die beiden Mädels der Band "frisch gekalbt" haben, wie sich Thomas so schön ausdrückt, spielen als Vertretung für Anna die Jutta von DIE IRRLICHTER den Dudelsack und ALLY THE FIDDLE für Birgit der Geige. Obwohl die gefühlte Hälfte des Areals vor der Bühne aus Schlammlöchern besteht und gleichzeitig SCORPIONS spielen, stehen unzählige Fans dicht gedrängt und feiern und tanzen zu einer bunten Mischung aus Klassikern wie 'Der Hofnarr' und Neuemem wie 'Auf hoher See'. Auch als starker Wind und Regen sich ebenfalls einen Auftritt erlauben, trübt das die Stimmung nicht im Geringsten, im Gegenteil: Jeder macht bei dem kleinen Spiel "Freeze, Slowmotion, Zombie" mit und zeigt, dass sich zum Affen machen ein riesiger Spaß sein kann.

[Philipp Heil]

Das dritte Mal dürfen sich die Fans auf dem Wacken nun über einen grandiosen Auftritt von MACHINE HEAD freuen, dem es trotz des Wetters an nichts fehlt. Der Regen ist gerade erst abgeklungenen, doch die harten Metaller stehen von der Bühne bis zu den Ständen im Schlamm und warten gespannt, dass die Neo-Thrasher endlich die Bühne betreten. Sobald der erste Ton von 'I Am Hell' ertönt, beginnt die Menge mitzuklatschen und zu toben – man kann die Spannung wahrlich spüren. Nachdem Robb Flynn zusammen mit McClain, Adam Duce und Phil Demmel die Bühne betritt, ist die Menge kaum noch zu bremsen. 'Are you ready?' hört man Flynn ins Publikum rufen und die Antwort ist eindeutig: Das Publikum ist nun entgültig nicht mehr zu bremsen. In den Instrumental-Parts wird mitgeklatscht und von der Bühne wird dem Publikum mit Flammen zum Song über eine Pyromanin so richtig eingeheizt. Beim zweiten Song 'Old' strömen immer noch Menschen auf den Platz. Es ist zwar nicht gedrängt voll wie man es gewohnt ist, doch für die Schlamm-Wetterverhältnisse ist es mit einem vollen Platz vergleichbar. Den Refrain von 'Imperium' kann man aus der Menge hören und die Metal Horns sehen soweit das Auge reicht. Als nächstes begeistern MACHINE HEAD das Publikum mit einem Song, den sie in Deutschland seit 15 Jahren nicht mehr und auf dem Wacken Open Air noch nie gespielt hatten: 'A Thousand Lies'. Beim Aufruf "Get up!" lässt sich das Publikum nicht zweimal bitten und springt um ihr Leben, was man derartig bei vielen anderen Bands wegen des Matsches kaum beobachten konnte. Zu Beginn des nächsten Songs steht Robb – die Bühne in grünes Licht getaucht, in mystische Stimmung gehüllt – allein auf der Bühne. Zärtliches Gitarrenspiel ist zu hören und er spricht langsam: "A lot of people come to me, ask me what the next song is about and I tell them it could be about a friend, it could be about a lover, it could be about a brother, it could be about parents, it could be about a cooperation, it could be about a religion. But that's what happens when a swarm of locust come and devour everything inside. And they fly away and leave you in the aftermath" - und kündigt den Song 'Locust' von ihrem neuen Album an, der von den Menschen handelt, die wie Heuschrecken alles zerstören. Ein Jubel geht durchs Publikum und das ganze Lied durch hört man es mitsingen.

Robb bedankt sich im Namen der Band beim Publikum, dass sie trotz Regen und Matsch gekommen sind, um ihre Musik anzuhören. "You are fucking amazing!" sind die Worte des Dankes. "Loose your mind, have fun, do anything, headbang and circle pit!" sind die einleitenden Worte zu 'Aesthetics of Hate'. Es wird geheadbangt, geklatscht, mitgesungen und es gibt sogar ein kleinen Circle-Pit vor der Bühne im Schlamm. "Feel free! Feel the music!" Welchen Song hätten diese Worte einleiten sollen als 'Darkness Within'. Ein Song über die Liebe zur Musik und welche Rolle sie in Flynns und unser aller Leben spielt, wenn sie tiefgründig ist und wenn wir sie zulassen. Nach dem Song 'This Is The End' spricht Flynn einen Fan aus der ersten Reihe direkt an, dass dieser nicht dort einfach nur stehen soll, um cool zu wirken vor den headbangenden Mädels, die ihm umgeben, sondern, dass er mitmachen soll: "You stay in first row just to look cool?" Die Überleitung zu 'Halo' ist "Wacken: I want to see you headbang!" und das ganze Publikum folgt diesem Wunsch – selbst der Herr aus der ersten Reihe. Eine tolle Show, die wie immer von vorne bis hinten überzeugt!

Setlist: I Am Hell (Sonata in C#), Old, Imperium, A Thousand lies, Locust, Asthetics of Hate, Darkness Within, This is the End, Halo, Davidian

[Jakob Ehmke in Dank an eine gute Freundin]

Würde man nicht bis zu den Knien im Schlamm stecken und dadurch daran gehindert werden sich zu bewegen, würde man bei MINISTRY wohl einfach nach hinten umfallen. Die glückliche Tatsache, dass Al Jourgensen seine einstigen Auflösungspläne nun doch nicht in die Tat umgesetzt hat, ist an dieser Stelle aber gar nicht gemeint. Kopfkino, Neurosen, Mentalkrieg – mit diesen Worten kann man beschreiben, was im Kopf vorgeht, während man die Show der Industrial-Metaller verfolgt. So kann man sich schon einmal dabei erwischen, nicht einen einzigen Blick auf die Bühne zu werfen. Hauptaugenmerk der Show liegt auf den Videoleinwänden, die solch bizarre und zum nachdenken zwingende Szenen zeigen, dass man es um die Uhrzeit schon gar nicht mehr verarbeiten kann. Von Kriegsszenen über sich ihr eigenes Grab schaufelnden Hühnern über Bilder, die letztendlich nur noch aus zusammenhangslosen Szenen und Farbkombinationen bestehen. Extrem gesellschaftskritisch und psychotisch-verstörend. Die neuen Songs der aktuellen Scheibe '99 Percenters' und der Titelsong 'Relapse' flutschen und der Klassiker 'New World Order' ballert einem die Schädeldecke weg. Unfassbar, dass man MINISTRY noch einmal erleben durfte – unfassbar, dass sie solch eine hirnzermarternde Show abgeliefert haben!

[Nadine Ahlig]

WATAIN haben die Ehre, das WOA würdig zu beenden. Eine schwarze Messe ist dafür auch bestens geeignet. Die finsteren Nordmänner haben sich in der letzten Zeit zu meinen, sagen wir mal, Lieblingsirren entwickelt. Kranke Bühnenauftritte, dazu Geschichten über verwüstete Hotels oder Satansanbetungen hinter der Bühne nähren in gewisser Weise einen Kult und passen immer auch ins Bild. Beim Ankommen an der Party-Stage sieht man schon alles in Flammen stehen, diverse Fackeln und Dreizacke sorgen für heimeliges Ambiente. Und es gibt ein seltsames Gebilde an den Drums - bei genauerem Betrachten erkennt man ganz klar einen kleinen Altar, der aus Knochen und Schädeln dahingezaubert wurde. Garniert mit Kerzen gibt das durchaus ein feines Bild. Es ist also angerichtet für die letzte Schlacht, und die lässt nicht lange auf sich warten. Mit viel Nebel und Feuer werden die ersten Songs dem durchaus zahlreichen Publikum entgegengeschleudert, ab dem ersten Ton fliegen allerorten die Haare wild auf und ab. Hier haben anscheinend alle Lust auf eine fette Black-Metal-Party, schließlich bleibt ja auch der letzte Eindruck für knapp ein Jahr im Hirn haften. Jetzt wird auch der Sinn des Altars klar, denn in fast jeder Pause zwischen den Songs kniet sich Sänger Erik Danielsson erstmal davor und scheint zu beten. Und was in den vielen Feuern verbrannt wird, bleibt vermutlich immer ein Geheimnis. Aber es riecht zwischendurch immer mal sehr merkwürdig. Trotzdem gilt die volle Konzentration der meisten dem musikalischen Geschehen. Und das kann sich durchaus hören lassen, mit 'Sworn To The Dark' oder 'Devil's Blood' geht es immer weiter in die Schwarzmetall-Hölle (in den Himmel wäre falsch ausgedrückt, oder?). Das Spektakel wird immer weiter angeheizt von Sänger Erik, der seine Hände auch zu gern in die Flammen hält. Da zuckt die Feiergemeinde immer mal kurz zusammen, doch dann geht es weiter mit dem Wahnsinn. 'Stellarvore' und 'Hymn To Quayin' läuten das Ende der Show ein. Noch einmal geben Band und Fans alles, um sich gebührend aus Wacken zu verabschieden. Dann ist abrupt Schluss, die schwarze Messe ist vorbei. Mit ganz viel Applaus geht dieses absolute Highlight zu Ende, eine geniale und nahezu aberwitzige Stunde wird beendet. Fazit: So muss Wacken! So muss Black Metal!

[Matthias Köppe]

Nachdem die Veranstalter sich bedankt haben, ist es nun Zeit für die allerletzte Band und damit für den Überraschungsact. Dieses Jahr haben EDGUY dieses Los gezogen. Doch wo sonst helle Aufregung und Party ist, ist heute gähnende Leere vor der Bühne. Die Leute haben einfach die Schnauze voll. Viele sträuben sich gegen die Empfehlung bis zum Morgen zu warten und nutzen jetzt die Möglichkeit das Gelände zu verlassen. Während ein Großteil also gerade die Autos bepackt und sich mit einer Träne im Auge vom Festival verabschiedet, trällert Tobi "...We never cry for love. We're 'Superheroes'."...

[Nadine Ahlig]

...und so geht das Wacken Open Air 2012 zu Ende – mit der Vorfreude auf trockene Klamotten und der Hoffnung, dass wir nächstes Jahr wettertechnisch etwas mehr Glück haben werden, wenn es nun zum 24. Male heißt "if rain or shine". Bestätigt sind im Übrigen schon DEEP PURPLE, NIGHTWISH, AMORPHIS, DORO, SABATON, RAGE, ANTHRAX, ARCH ENEMY und SUBWAY TO SALLY. Also – see you there, Metalheads!

Redakteur:
Nadine Ahlig

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