Wave-Gotik-Treffen 2016 - Leipzig

09.08.2016 | 20:45

12.05.2016,

Ist man noch Teil einer Jugendbewegung, wenn diese selbst schon 25 Jahre alt ist?

Die angekündigte Kaltfront hält sich am Sonntag noch dezent zurück. Es gibt zwar hier und da mal einen Schauer, aber an sich geht es noch. Am frühen Nachmittag steht der obligatorische Rundgang über den Südfriedhof an. Wie gewohnt sind an diversen Stellen Fotografen und ihre Models anzutreffen, um standesgemäß zu knipsen und zu posieren. Aber abseits der Hauptwege findet man jedes Jahr wieder aufs Neue schöne Plätze. Und dank guter Vorbereitung der Weggefährten erfährt jeder noch allerlei Wissenswertes über einige Grabmäler und zu den bestatteten Personen. Selbst der gute, alte Gothic Rock sollte hier zu Grabe getragen werden. Aber das ist eine andere Geschichte...

Nach dem beschaulichen Spaziergang steht der Felsenkeller erneut auf dem Programm. Hier wird den ganzen Abend Metal serviert, so dass sich ein längeres Verweilen lohnt. Leider kann der angrenzende Biergarten wegen der geringen Temperaturen nicht so ausgiebig genutzt werden.

Am frühen Abend hat sich die niederländische Symphonic-Black-Metal-Band CARACH ANGREN angekündigt. Die Jungs glänzen mit aufwändigem Corpsepaint und fiesem Sound. Und letztgenannter überzeugt voll und ganz. Das Publikum geht gut mit und so haben die Jungs das Publikum schnell auf ihrer Seite. Der Mix aus Black- und Horror-Metal zündet zweifellos. Nur am Sensen-Mikro von Sänger Seregor sollten sie noch ein wenig tüfteln, denn das Mäh-Gerät löst sich vom Mikrofon. Zum Glück geht das Ganze aber gut aus. Später taucht noch eine Dame auf und erfreut die Zuschauer mit Tanzeinlagen. Viel zu schnell ist der Gig vorbei, als sich die Band von ihrem Publikum verabschiedet und viel Applaus erntet.

Mit Black-Metal aus Landshut geht es weiter. Die Bayern von DARK FORTRESS wollen nun den Felsenkeller zum Beben bringen, was ihnen hervorragend gelingt. Wird das Set mit dem Opener neueren Kalibers, 'Venereal Dawn' vom gleichnamigen Album, noch recht verhalten vom Publikum aufgenommen, ändert sich das schnell mit den nächsten Stücken. 'Evenfall' oder 'The Valley' vom 2010er Album "Ylem" finden die Fans super. 'Iconoclasm Omega' ist heute der älteste Ausflug in das Schaffen der Band. Der Saal tobt und mit 'Baphomet' geht der durchaus schicke Auftritt zu Ende.

Bei guter Musik geht die Zeit immer viel zu schnell rum, denn jetzt ist mit MY DYING BRIDE bereits die letzte Band an diesem Abend an der Reihe. Auf der Bühne gibt es wohl kaum einen anderen Sänger, der so leiden kann wie Aaron Stainthorpe. Dieser tritt adrett gekleidet vor seine Fans und wirkt unnahbar. Auf ihm liegt bei den Gigs der Fokus. Das ist heute Abend nicht anders, was im Laufe der Jahre gesehen etwas schade ist, da die anderen Musiker nicht weniger eine gute Figur machen. 'Your River' eröffnet den Reigen des puren Selbstmitleides der Doom-Meister aus Halifax. Aber auch das Publikum leidet mit. Ab und an herrscht bedächtige Stille und eine gespenstische Atmosphäre. 'My Body, A Funeral' oder 'Thy Raven Wings' werden grandios vorgetragen. Immer wieder nimmt sich der Sänger eine kleine Auszeit, als müsse er sich sammeln. Wer jedoch schon einige Auftritte der Band gesehen hat, wird bestätigen, dass das immer so ist. 'The Cry Of Mankind'! Endlich und wie immer ganz groß. Mehr bleibt dazu nicht zu sagen. Einfach genießen und gut. Nachdem 'She Is The Dark' verklungen ist, kündigt Aaron den letzten Song für diesen Abend an. Dazu bemerkt er auch gleich, dass danach auch keiner klatschen braucht und "Zugabe!" rufen braucht. Zum einen kommt eh kein weiterer Song, zum anderen findet er das albern. Na das ist ja mal eine Ansage! Doch bevor niemand mehr klatschen braucht, erklingt 'Like A Perpetual Funeral'. Natürlich halten sich die Fans nicht an die Ansage und feiern die Band, die natürlich kein weiteres Stück spielt. Dennoch ein super Auftritt und ein gelungener Tagesabschluss. Nur 'Turn Loose The Swans' fehlte für das perfekte Glück.

Danach heißt es erst einmal wieder das Lächeln wiederfinden, was aber nicht wirklich schwer fällt. Im angrenzenden Raum des Felsenkellers ist eine NINE INCH NAILS-Party. Also kann man auch gleich hier bleiben, um den Abend gemütlich zu beenden.

Redakteur:
Swen Reuter

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