With Full Force 2000 - Roitzschjora

28.10.2000 | 11:19

23.06.2000, Flugplatz

Sonntag, 25.06.00


Als erste Band am Sonntag schickten sich MANOS an, der Welt zu zeigen, daß man weder seine Instrumente beherrschen muss, noch in irgendeiner Art und Weise musikalische Kompetenz aufweisen muss, sondern alleine durch nicht mehr zu überbietende Peinlichkeiten und einen Haufen Dilettantismus auf einem Festival auftreten darf. Gegen diesen Trupp aus pseudo-komischen Chaoten wirken KNORKATOR wie die geballte Ladung Genialität an musikalischem Können und sinnvollen Texten. Knapp 30 Minuten dauerte mein Martyrium, unter anderem musste man sich den Auftritt des "Heiligen Huhnes" ansehen. Die wenigen Besucher, die sich bereits um diese Uhrzeit auf dem Festivalgelände eingefunden hatten wurden mit geteilter Meinung hinterlassen. Wer einen vollkommen durchgedrehten und kranken Humor hat (vorzugsweise gepaart mit Restalkohol vom Vorabend und Drogenkonsum), der kann MANOS sicherlich etwas abgewinnen. Der Rest hat diesen Auftritt frühzeitig wahlweise mit einem müden Lächeln oder kopfschüttelnd verlassen. Es war definitiv ein Fehler, am Sonntag so früh aufzustehen und sich diesen Müll anzusehen. Sorry... (Christian)

Nachdem die Jungs von MANOS mit ihrem "Heiligen Huhn" von der Bühne verschwunden waren, wurde es nun Zeit für den Auftritt einer der wenigen True Metal-Bands, die auf dem WFF vertreten waren. Die Jungs von ANGL DUST konnten jedoch einzig mit ihrem wohl bekanntesten Song "Let Me Live" überzeugen, den sie auch halbwegs gekonnt rüberbrachten. Der restliche Auftritt bestand aus einer relativ peinlichen Mischung aus nicht mehr als durchschnittlichen Songs, die mit einer gewaltigen Ladung Live-Inkompetenz versehen wurden. Dirk hatte Probleme, Töne zu halten, was jedoch im Gegensatz zum Auftritt von Gitarrist Bernd Aufermann noch zu verschmerzen gewesen wäre. Dieser verstand es doch tatsächlich auf vorzügliche Weise, jedes Solo durch sein schlampiges Spiel zu versauen und den Zuschauer mit einem kritischen Blick im schmerzverzerrten Gesicht zurückzulassen. Dieser reichlich unkoordinierte Auftritt einer Band, die an ihrer Live-Kompabilität noch ein gutes Stück zu feilen hat, dürfte wohl keinen überzeugt haben und so wurden Angel Dust mit einem müden Applaus verabschiedet. (Christian)

40 Minuten lang die Extrem-Sickos und Fäkal-Fetischisten, na prost! KNORKATOR verstanden es durchaus, für Stimmung zu sorgen. Insbesondere Sänger Gero, der nur im Badeanzug bekleidet (von dem er jede Stelle irgendwann im Set mal freilegte) vor der Menge erschien. Songs wie "Ich Will Nur Ficken" und "Böse" wurden zum Besten gegeben, "Ick Wer Zun Schwein" dagegen nicht. Schade war eigentlich nur, das der Schredder nicht funktionierte (ich wollte endlich mal wieder so richtig eingesaut werden), sodaß die vegetarische Kost (Gurken, Kartoffeln und Äpfel) per Hand ins Volk berfördert werden musste. Dabei bewies Gero, daß er im Sport Klassenbester war und warf die Kartoffeln ca. 70 Meter weit über die staunende Menge. Zum Abschluß gab's dann natürlich noch die ultimative Zerstörung auf der Bühne. (Stephan)
Mehr über Knorkator findest Du in dem Extrabericht (mit Fotos und kurzem Video) von Jürgen!

Kann man sich einen grösseren Kontrast vorstellen als den zwischen dem Kasperltheater von KNORKATOR und dem FolkMetal von SUBWAY TO SALLY? Wohl kaum. Die Potsdamer sind eine der tourfreudigsten deutschen Livebands und haben sich mittlerweile ein mehr als respektables Niveau erarbeitet. Da sie auch über ein entsprechend zahlenstarkes Following verfügen, war gute Stimmung praktisch garantiert. Und die gab es dann auch zuhauf, denn STS lieferten ihr Standardprgramm mit "Böses Erwachen", "Opfer", "Henkersbraut" und zahllosen weiteren Hits. Zwar wirkte die Band für meinen Geschmack fast schon zu routiniert, was allerdings der mittlerweile kurzhaarige Sänger Eric mit seiner gewohnt extravaganten Bühnenshow wettzumachen wußte. Das Publikum jedenfalls fraß der sympathischen Frontkugel wie eh und je aus der Hand und sang, schrie und grölte aus Leibeskräften. Live agieren die Ostdeutschen ohnehin einen Zacken härter als auf Konserve, so daß die ihnen zustehende Spielzeit von einer Dreiviertelstunde auch für Nicht-Fans zu einer kurzweiligen Angelegenheit geriet. (Rainer)

Nach einer kurzen Umbauzeit waren sämtliche Überreste von SUBWAY TO SALLY von der Bühne verschwunden. Ominöserweise wandelte sich die bevorzugte Farbwahl in ein grelles Pink um, was nur durch die Tatsache erklärbar ist, daß nun die bekanntesten Franken aller Zeiten, J.B.O., ihren Auftritt hatten. Zusehens kamen nun mehr Zuschauer an, um sich dieses Spektakel nicht entgehen zu lassen. Die Jungs um Sänger Vito haben noch nie ein enttäuschtes Publikum hinterlassen und so war auch hier der Spaß vorprogrammiert. Schließlich war es soweit und J.B.O. konnten in ihren pinkfarbenen Klamotten (Sehstörung als logische Konsequenz...) unter großem Jubel die Bühne entern. Was nun folgte war ein J.B.O.-typischer Auftritt. Lieder wie "Mei Alde Is Im Playboy Drin", "Schlaf Kindlein Schlaf" oder der Klassiker "Heut Ist Ein Guter Tag Zum Sterben" wurden vom Publikum begeistert mitgegrölt. Immer wieder gab es natürlich auch einige Überraschungen wie einen Gastauftritt von Tom Angelripper. Insgesamt also ein Auftritt, der sich ohne weiteres gelohnt hat und meines Wissens nur zufriedene Fans zurückgelassen hat. (Christian)

Ziemlich lange mußte man warten, bis die Mannen um Rob Flynn die Bühne enterten. Der MACHINE HEAD-Sänger verstand es immer wieder, mit total langweiligen und überzogenen Ansagen die Stimmung auf den Nullpunkt zu treiben. Anstatt dem total entsetzten Publikum zu erzählen, wie beschissen doch Britney Spears oder die Zurückstraßenjungs sind (sonst wären wir nicht dort!!!), hätte er lieber noch zwei Songs mehr spielen sollen. Aber wenigstens bei Klassikern wie "Ten Ton Hammer" oder "Davidian" war dann ordentlich was los, auch wenn man einigen Leuten anmerkte, daß sie eigentlich nur auf SLAYER warteten (die SLAYER-Rufe waren während der nervigen Pausen lauter, als die MH-Rufe - verständlich!). Dann wurde noch ein Cover-Medley, bestehend aus "Roots Bloody Roots" und "The Trooper", gespielt und dann war die Stunde auch schon wieder vorbei. Heute hatten MACHINE HEAD wirklich nur Vorband-Status, und das konnten sie auch nicht widerlegen. (Stephan)

Gibt es einen würdigeren Abschluß für ein mehrtägiges Festival (Abschluß insoweit, als es die Hauptbühne betrifft) als die mächtigen SLAYER? Wohl kaum. Ergo wollen wir die Helden auch mit gleich zwei Berichten würdigen.

Jaja, SLAYER sind schon die coolsten. Eine satte Stunde Verspätung und das, obwohl nur eine Marshall Wand und ein Schädel Backdrop aufgefahren wurden. Naja, vielleicht wollten Slayer nur warten, bis es dunkel genug für die wieder einmal sehr coole Lightshow war. Schon beim Opener "War Ensemble" bildete sich ein Moshpit, der bis zum Schluss mit mehr und minder großem Elan durchgehalten wurde. Spielerisch war natürlich alles klar, Kerry King und Jeff Hannemann sind nicht so schnell zu schlagen, der Drummer (wer verprügelt jetzt eigentlich das Kit bei SLAYER?) war auch erste Sahne und auch Araya war gut bei Stimme. Seine Ansagen schwankten zwar zwischen nichtssagendem Gelaber und Chauvi-Sprüchen (`This one is for all the little sluts in the audience: "Captor Of Sin"´), aber das tat der guten Stimmung keinen Abbruch, vor allem da sich alle drei Axtschwinger doch recht bewegungsfreudig zeigten und auch ordentlich bangten. Der einzige Nachteil bei SLAYER Shows: das neue Material wie "Bitter Peace" und "Stain Of Mind" (von der letzten Scheibe "Diabolus...") oder "Gemini" oder das brandneue "Here Comes The Pain" können einfach nicht mit Klassikern wie "Postmortem", "Hell Awaits", "Dead Skin Mask", "Altar Of Sacrifice", "Mandatory Suicide" oder "South Of Heaven" mithalten, bei denen auch deutlich mehr los war im Publikum. Natürlich wurden SLAYER noch zurückgebrüllt und das immer noch geniale "Angel Of Death" setzte den Schlusspunkt unter eine gute Show, die zwar nicht so cool war wie MAIDEN, trotzdem aber eine Menge Spass gemacht hat, wie der Besuch eines alten Bekannten, den man immer nur alle ein bis zwei Jahre sieht. Wie gesagt, eine Scheibe von SLAYER würde ich mir heute nicht mehr kaufen, aber live sind SLAYER noch verdammt geil und immer gut für kurzweilige neunzig Minuten. (Herbert)

Was soll man zu SLAYER schon groß sagen? Sie waren, sind und bleiben einfach das härteste, was es auf dem Metal-Markt gibt (und nicht etwa Manowar, wie die ja selber gern behaupten). Nachdem man wieder ziemlich lange warten mußte, bis es los ging, gings dann aber auch wie erwartet in die Vollen. SLAYER kamen, sahen und siegten. Vom ersten bis zum letzten Song wurden die Jungs um Shouter Tom Araya und Glatzenträger Kerry King gnadenlos abgefeiert. Das waren natürlich neben Songs vom letzten Output "Diabolus In Musica" überwiegend die ganzen alten Classics. "Dead Skin Mask", "Chemical Warfare", "Postmortem", "Captor Of Sin", "War Ensemble", "Mandatory Suicide" - einfach nur geil! Ein sichtlich von den Reaktionen beeindruckter Tom Araya nahm sich auch Zeit für ein paar ruhige Ansagen (nicht nach dem Motto: kreisch-ich hör euch nicht-doppelkreisch). Dafür explodierte dann ja auch eine Granate nach der anderen. Als Zugabe gabs dann auch die beiden SLAYER-Kultsongs schlechthin: "South Of Heaven" und "Angel Of Death". Damit war dann auch ein, nur schwer zu übertreffendes SLAYER-Konzert durch und jetzt konnte jeder halb scheintot aber glücklich zurückkriechen und ins Zelt fallen (und nicht nach Maiden! Alles Kinderkram, lieber Christian). (Stephan)

Soweit der Sonntag auf der Hauptbühne. Zuguterletzt noch die Höhepunkte der das Festival beschließenden Zeltnacht "The Last Supper", beginnend mit dem optischen Highlight GODDESS OF DESIRE. Und weil es gar so schön war haben wir gleich zwei Berichte davon, um der Band die Reverenz zu erweisen.

GODDESS OF DESIRE konnten erst eine halbe Stunde später als geplant beginnen und legten dann aber furios los (nicht nur die Mädels kamen gut an, mit ihrer bekannten Kunstblut-Feuerspuck-Wackel-mit-dem-Arsch-Show). Den meisten Beifall erntete aber ihr Evergreen "Metal forever", der in einer räudigen Variante daherkam. Ärgerliches zum Schluß: Nach 25 Minuten wurde dem Sänger kurz etwas zugeflüstert, worauf dieser sich ans Publikum wandte und in perfektem Deutsch sagte: "Scheiße! Auf meinem Zettel stehen noch 4 Songs, aber wir dürfen nur noch einen spielen." (Laut Plan waren übrigens 40 Minuten vorgesehen.) Dieser wurde dann auch gespielt, und als danach das Drumkit bereits weggefahren wurde, fiel ihm noch ein, ein neues Mitglied vorzustellen. "Achja, wir haben einen neuen Drummer. Da geht er hin." (während dieser, noch auf dem Drumkit sitzend, der Menge zuwinkte). Blieb bloß noch, auf die kommende Tour hinzuweisen, mit dem süffisanten Hinweis, dort dann sicherlich länger spielen zu dürfen. Dann seufzte der GOD-Sänger noch ein "Scheiße" ins Mikro und schlich sichtlich enttäuscht davon. Ohne weiteren Kommentar. (Stephan)

Brennende Totenschädel, ein Metal To The Metals Backdrop sowie sehr cool aussehende Axt und Schild Aufsteller, dazu vier in Nieten, Leder, Patronengurte und Fellumhänge gewandte Musiker, die mit Schwertern auf die Bühne kommen: kein Zweifel, die holländischen True Metal Warrior GODDESS OF DESIRE wollten das With Full Force in Schutt und Asche legen mit ihrer Show. Die "Midnight Overture" vom ersten Album war ein perfekter Einstieg , bevor die Jungs mit "Mistress Of Inferno" loslegten und sofort voll überzeugen konnten. Es folgten die hammercoolen Tracks "Ride, Whimps And Bastards" und "Metal Forever" sowie "Symbol Of Triumph", bei denen auch die beiden verdammt gut aussehenden Tänzerinnen Delilah und Lilith für Abwechslung sorgten, bevor dem Count signalisiert wurde, er dürfe nur noch einen Song spielen, obwohl er noch vier auf seiner Setlist stehen hatte. Seine Reaktion: "Scheisse!", aber er fügte sich und so setzte "Confusion Of Tongues" mit einer weiteren Einlage von Lilith und Delilah den Schlusspunkt unter eine hammergeile, aber leider viel zu kurze Show. Der Sound war gut, die Band war konzentriert und engagiert bei der Sache, die Bühnenshow und der Hintergrund waren erste Sahne, aber wie gesagt......... nichtsdestotrotz mein persönliches Highlight des Sonntags!!!!! (Herbert)

Es war der erste Auftritt von Tom Angelripper mit seinem neune Projekt DESPERADOS. Mit dem Intro aus "Spiel Mir Das Lied Vom Tod" gings los. Die Setlist setzte sich natürlich nur aus Songs der Scheibe "The Dawn Of Dying" zusammen, u.a. der Titeltrack, "Gone With The Wind" und "(Ghost) Riders On The Sky". Bei einer kleinen, durch technische Probleme bedingten Pause bewies Angelripper dann, daß er durchaus Talent zu einem Tele-Shopping-Verkäufer hätte, als er dem Publikum mitteilte, daß es jetzt jedes Jahr drei gute Platten kaufen könnte (er meinte natürlich SODOM, ONKEL TOM und DESPERADOS). Nach einer knappen dreiviertel Stunde war dann das siebte WFF Geschichte, und obwohl Onkel Tom wie schon bei SODOM etwas müde wirkte, war es ein würdiger Abschluß. (Stephan)

Soweit die Berichte über die einzelnen Auftritte. Ausdrücklich erwähnt sei noch einmal der fabelhafte Sound im Zelt sowie der am Freitag und Sonntag gute, am Samstag aber grösstenteils schwache (Gitarren teilweise kaum zu hören) Sound vor der Hauptbühne.
Kommen wir noch kurz zu einigen anderen festivalspezifischen Dingen.
Wetter: nach anfänglicher Hitze meist bewölkt; immer wieder leichte bis mittlere Regenfälle, ein starker Schauer am Samstagvormittag; teilweise (nachts!) recht kühl; insgesamt trotzdem erträglich
Security: sehr zahlreich (190 Mitarbeiter!), stets präsent, überwiegend freundlich, keine Schläger (hallo WOA `99!)
Campinggelände: viel Platz und genügend Müllbeutel
Sanitäre Verhältnisse: ausreichend "Dixies", tägliche Leerung; Zustand trotzdem recht eklig, was sich aber nicht vermeiden lässt; zusätzlich "richtige" Toiletten (sauber, Gebühr DM 1.-) und Duschen (ebenfalls sauber, Gebühr DM 2.-), allerdings mit gewissen Wartezeiten
Speisen/Getränke: jede Menge Stände, Getränkepreise zivil; praktisch keine Wartezeit
Einlaß: vom Camping- aufs Festivalgelände sehr schnell (max. 5 min). Allerdings unzumutbar lange Wartezeiten bei der Anreise; Fahrzeugkontrollen (vor allem auf Glasflaschen) sind im Interesse aller Festivalbesucher, keine Frage; Wartezeiten von 1 bis 2 Stunden sind auch okay, über 5 Stunden jedoch (z.B. bei Rainer) sind jenseits von gut und böse. Hier müssen sich die Veranstalter für das nächste Jahr etwas einfallen lassen, um die in Stoßzeiten endlose Schlange der Neuankömmlinge deutlich (!!!) schneller abwickeln zu können.

Fazit: die siebte Auflage des "With Full Force" Festivals war eine rundum gelungene Angelegenheit. Die äusseren Umstände waren -dank der abgesehen vom Anreisechaos guten Organisation- löblich und das wichtigste, die Musik, dank hochkarätiger Bands und einer sehr guten stilistischen Mischung hochgradig unterhaltsam.

Redakteur:
Rainer Raithel

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