HALFORD, ROB: Interview mit Rob Halford

17.07.2007 | 22:42

ROB HALFORD: "Das (neue) Album ("Nostradamus") besitzt Tiefe und es ist vielfältig. Es gibt auch viele verrückte Tempowechsel. Und manchmal ist es auch simplizistisch gehalten und prescht geradlinig vor."


Freitag, der 13. Juli. Abends, 23:00 Uhr. Das Telefon rasselt. Am anderen Ende der Leitung sitzt kein geringerer als Metal-Legende Rob Halford, seines Zeichens Frontmann von JUDAS PRIEST und Mastermind von HALFORD. Was hatte ich mich auf dieses Telefonat gefreut! Denn: Wie oft hat man einen solch hochkarätigen Musiker an der Strippe! Und dann nimmt sich Rob sogar eine halbe Stunde seiner sicherlich knappen Zeit, um meine Fragen zu beantworten! Fragen gab es massig, die ich dem "Metal God" stellte. Zum Beispiel löcherte ich ihn zum kommenden JUDAS PRIEST-Album "Nostradamus" und auch zu Robs neuer quasi Best-Of Compilation "The Metal God Essentials Vol. 1". Rob erwies sich dabei als ein ungemein höflicher und auch witziger Interviewpartner. Auch eine kultige Toureskapade aus der Anfangszeit von JUDAS PRIEST konnte ich dem Meister entlocken, die auf alle Fälle für einen ordentlichen Schenkelklopfer gut ist. Nicht verpassen!


Martin:
Hallo Rob! Es ist mir eine große Ehre, mit dir dieses Interview zu führen! Von wo aus rufst du mich denn an?

Rob Halford:
Ich bin gerade im sonnigen Kalifornien.

Martin:
Du hast gerade eine Zusammenstellung mit Songs deiner Solokarriere mit dem Namen "The Metal God Essentials Vol. 1" herausgebracht. Warum sind keine Lieder des zweiten FIGHT-Albums "A Small Deadly Space" darauf zu finden?

Rob Halford:
Tja, Martin, diese Songs werden auf "Vol. 2" zu finden sein. Da werden wir halt musikalisch etwas andere Songs, zum Beispiel von "A Small Deadly Space" draufpacken. Ich will auch einige Lieder draufpacken, die ich zusammen mit Trent Reznor für das TWO-Projekt geschrieben habe. Und auch "Vol. 2" wird eine interessante Zusammenstellung werden, die vielschichtig klingt und unterhaltsam sein wird.

Martin:
Der neue Track 'Drop Out' klingt im Mittelteil für eine Minute sehr stark nach dem PRIEST-Klassiker 'The Sinner'. Warum hast du denn diesen PRIEST-Part eingebaut?

Rob Halford:
Oh, das ist eine gute Frage. Okay, da habe ich noch nicht wirklich drüber nachgedacht. Die Sache ist die, dass alle Lieder für die HALFORD-Band von den anderen beiden Songwritern, also "Metal Mike" Chasciak (Gitarre) und von Roy "Z." Ramirez geschrieben werden. Mike kommt ursprünglich aus Polen und er lebt in New Jersey. Er spielt noch in einer anderen, großartigen Band, zusammen mit HALFORD-Schlagzeuger Bobby Jarzombek. Diese Band heißt PAINMUSEUM. Roy Z. lebt in Los Angeles und er schreibt die Musik zusammen mit Mike Chasciak für mich. Sie präsentieren mir die Musik in fertiger Form. Alles, was ich dann tun muss, ist die Gesangslinien auszuarbeiten und die Texte schreiben. Und dann ist der Song auch schon fertig. Wir setzen uns da keine Grenzen, wie Lieder der HALFORD-Band klingen müssen. Ich glaube nicht, dass sie da bewusst etwas einbauen wollten, was schon lange als Song existiert. Aber manchmal kann das im Metalbereich schon passieren.

Martin:
Ein weiterer neuer Titel ist 'Redemption (European Mix)', der doch etwas Industrial-like klingt. Welche Resonanzen von Fans und so weiter hast du denn bis jetzt auf diesen Titel hin bekommen?

Rob Halford:
Na ja, der Grund dafür ist, dass ich, als ich Musik für das erste FIGHT-Album schrieb, mit Attie Bauw zusammenarbeitete. Er lebt in Amsterdam. Und er ist einer meiner Freunde, den ich seit den "Painkiller"-Sessions kenne. Wir nahmen damals "Painkiller" mit ihm als Tontechniker in den "Miraval Studios" in Frankreich auf. Kurz nachdem wir das erste FIGHT-Album aufgenommen hatten, rief mich Attie Bauw an und meinte, dass er gerne einige Remixes der FIGHT-Songs erstellen möchte. Und ich meinte: Okay, das klingt gut. Mach ruhig einige Remixes. Das tat er dann auch. Und ich fand es wirklich spannend zu hören, dass den Songs durch diese Art und Weise eine ganz neue Dimension verliehen wurde. Wir haben ja dann die "Mutations"-EP herausgebracht, die Remixes der Lieder von "War Of Words" enthielt. Und ich habe ihn auch dieses Mal angerufen, ob er denn gerne etwas in dieser Richtung für "The Metal God Essentials Vol. 1" machen möchte. Ich denke, dass 'Redemption' eine interessante Art ist, diese Songs anders zu erleben.

Martin:
Ich kann mich erinnern, dass auf deiner Website vor längerer Zeit zu lesen war, dass du einen Wettbewerb startest, um neue Metalmusiker zu gewinnen, die dann einen Song mit dir komponieren und aufnehmen werden. Wer hat denn diesen Wettbewerb gewonnen? Wurde dieser Song für dein viertes Soloalbum unter den Banner HALFORD schon aufgenommen?

Rob Halford:
Also dieser Titel wurde noch nicht aufgenommen. Wir haben eine Hand voll Leute ausfindig gemacht, die darin involviert sein werden. Wir werden diesen besonderen Song zusammen komponieren und aufnehmen. Ich denke, dass das schon ein cooler Wettbewerb ist. Wir geben einem anderen Metalmusiker die Möglichkeit, mit dem "Metal God" zu arbeiten und eine aufregende Zeit mit mir zu teilen.

Martin:
Ist der tiefere Sinn hinter diesem Wettbewerb der, großartige neue Künstler für dein neues Label "Metal God Entertainment" ausfindig zu machen?

Rob Halford:
Es sieht danach aus, als ob das vielleicht der Fall sein wird. Dieser Wettbewerb wurde ja schon vor einer Weile gestartet. Noch bevor wir überhaupt das "Metal God Entertainment"-Label gegründet hatten. Aber wer weiß! Wenn jemand außergewöhnlich talentiert ist, dann werden wir diesem Musiker helfen, seine Karriere voranzutreiben. Wir haben das mit "Metal God Entertainment" in Zukunft vor. Auf längere Sicht haben wir uns etliche Ziele gesetzt, an deren Erreichung wir arbeiten werden.

Martin:
Bist du gegenwärtig allein auf die neue JUDAS PRIEST-Scheibe "Nostradamus" fokussiert oder schreibst du auch schon weitere Songs für das HALFORD-"IV"-Album?

Rob Halford:
'Drop Out' und 'Forgotton Generation' sind zwei von vielen Liedern, die wir zusammengestellt haben. In den letzten paar Jahren hatte natürlich das neue PRIEST-Projekt "Nostradamus" Priorität. Es ist das Projekt, in das meine ganze kreative Energie der letzte Jahren floss, und auf das ich fixiert bin. Wir arbeiten noch an "Nostradamus". Wir nehmen immer noch auf und ich hoffe, dass wir die Aufnahmen bis Ende 2007 beendet haben werden, damit das Album Anfang 2008 erscheinen kann.

Martin:
Rob, erzähl mir doch bitte darüber, wie die Idee aufkam, ein JUDAS PRIEST-Konzeptalbum aufzunehmen. Wie hat denn die Idee, das textliche Konzept um das Leben und die Prophezeihungen von Nostradamus aufzubauen, Gestalt angenommen?

Rob Halford:
Die Idee hat sich sehr überraschend entwickelt. Du weißt ja wahrscheinlich, dass unser Manager Bill Curbishley uns das Leben von Nostradamus als Thema vorschlug. Und wenn du dir dann überlegst, wie du das Leben eines Menschen wie Nostradamus als musikalisches Werk umsetzen kannst, dann bist du automatisch bei einem Konzeptalbum. Es lag dann an uns, diese Möglichkeiten auszuloten. Zunächst mal ging es darum, ein Album zu machen, das den PRIEST-Sound, den wir über viele Jahre entwickelt haben, enthält. Und als zweites natürlich, dass unsere Musik das Leben dieses außergewöhnlichen Mannes erzählt. Die Musik soll über die Dinge erzählen, die dieser Mensch vor über 500 Jahren erreicht hat. Aber Nostradamus ist auch heute noch Teil der Gegenwart. Fast jeder kennt ihn. Es gibt viele Bücher über ihn und auch Reportagen im Fernsehen. Für uns und PRIEST haben wir eine "double win"-Situation gesehen.

Martin:
Wie viel Zeit hat es dich denn in etwa gekostet, die Texte für "Nostradamus" zu schreiben? War es denn schwierig, für die Texte zu recherchieren, um sie dann später zu Papier bringen zu können?

Rob Halford:
Ja, ich meine alles, was du als Musiker tust, kostet viel Zeit, Anstrengung und Energie. Ich kann mich jetzt nicht genau erinnern, wie lange ich gebraucht habe, um die Texte zu schreiben. Ich habe halt über sein Leben recherchiert und dabei habe ich versucht, alle Schlüsselmomente in seinem Leben in textlicher Hinsicht zu verarbeiten.

Martin:
In welchem Stadium befindet sich "Nostradamus" derzeit? Wird es ein Doppelalbum werden?

Rob Halford:
Well, wir wissen noch nicht genau, ob es ein Doppelalbum werden wird oder nicht. Wir nehmen noch immer Musik auf. Alles, was wir aufnehmen können/wollen, ist fertig komponiert. Wenn du mit einem fertig komponierten Lied in das Studio gehst, dann gewinnt es allerdings erst im Studio an Gestalt. Ein Lied könnte länger oder kürzer werden. Du weißt nicht im Vorfeld, wie sich das entwickelt. Wir nehmen, wie gesagt, jetzt gerade noch auf. Wir werden eine genauere Vorstellung haben, wie viele Songs wir auf "Nostradamus" haben werden und wie lange die Spielzeit sein wird, wenn wir dann die Stufe des Mixing-Prozesses erreichen. Ich hoffe, dass wir die Aufnahmen bis Ende 2007 abgeschlossen haben werden. Wenn wir dann soweit sind, werden wir genau sagen können, wie viele Lieder auf unserem neuen Album sein werden und wie lange die Spielzeit ist.

Martin:
Wie sieht es denn mit dem Lied 'Lochness' auf eurem letzten Album "Angel Of Retribution" aus? Könnte es vielleicht einen Anhaltspunkt geben, wie das neue Album möglicherweise klingt?

Rob Halford:
Ich denke, dass in Bezug auf Inhalt und der Vielfalt, mit der sich 'Lochness' zeigt - dass dieser Titel so ziemlich alle Möglichkeiten aufzeigt, die wir auf einem Album musikalisch umsetzen können. 'Lochness' ist natürlich ein sehr langes Stück. Allein dieser Umstand verleiht ihm eine gewisse Wirkung. Ich vermute, dass von diesem Standpunkt aus gesehen, es kein Stück auf "Nostradamus" gibt, das so klingt wie 'Lochness' von unserem letzten Album. "Nostradamus" spiegelt hat all das wider, was JUDAS PRIEST Großartiges in den letzten 30 Jahren gemacht haben. Wenn du dir einen bestimmten Song ansiehst, dann muss du genau durchdenken, wie du diese einzelnen inhaltlichen Segmente und Teile umsetzen und portraitieren willst. Gerade im Hinblick darauf, dass dies alles (das Leben des Nostradamus - Anm. d. Verf.) sich in der Vergangenheit ereignet hat. Du erschaffst die Musik um diesen textlichen Moment herum. Das Album besitzt viel Tiefe und es ist vielfältig. Es gibt auch viele verrückte Tempowechsel. Und manchmal ist es auch simplizistisch gehalten und prescht geradlinig vor. Was wir halt mit JUDAS PRIEST machen, ist das, was wir immer getan haben. Wir versuchen fast alles zu zeigen, was man im Metalbereich machen kann und das seit 30 Jahren.

Martin:
Habt ihr auch zusammen mit einem Orchester Aufnahmen für "Nostradamus" gemacht?

Rob Halford:
Wir haben bis jetzt alle Aufnahmen für "Nostradamus" als Band selbst gemacht. Wir schließen keine Möglichkeit aus. Auch nicht die, noch mit einem Orchester aufzunehmen. Du kannst nicht im Vorfeld genau sagen, wie ein Stück klingen wird. Das zeigt sich erst, wenn die Aufnahme fertig ist. Sehr wichtig ist außerdem, dass wir die neuen Stücke auch live entsprechend umsetzen können. Darauf haben wir in der Vergangenheit auch immer bei JUDAS PRIEST geachtet. Alles, was wir im Studio aufnehmen, muss bei einer Live-Performance umsetzbar sein. Ich weiß zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht, welche "Extra-Dinge" wir auf das Album bannen werden. Das ist noch ein wenig zu früh, um das zu sagen.

Martin:
Was kannst du denn den JUDAS PRIEST-Fans sagen, die auf sehr harte PRIEST-Songs wie 'Metal Meltdown', 'Painkiller' oder 'Hellrider' abfahren? Werden sie auch sehr harte Stücke auf dem neuen PRIEST-Album "Nostradamus" finden?

Rob Halford:
Tja, um ehrlich zu sein werden die Fans noch ein wenig warten müssen und sehen, was auf sie zukommt! Wenn ich jetzt zu viel preisgebe, dann wäre es ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk, haha! Das ist so, wie wenn du das wunderschön eingepackte Geschenk unter dem Weihnachtsbaum siehst und dir überlegst, was da wohl drin sein mag. Und wenn man das Geschenk zu früh öffnet, dann verliert es an Wirkung. Ich kann den PRIEST-Fans in Deutschland versichern, dass wir etwas Besonderes aufnehmen. Das Album ist aufregend und ich denke, dass es den Fans sehr gefallen wird. Sie werden viel Spaß mit dem Album haben. Ich bitte deshalb noch um etwas Geduld. Wenn die Zeit soweit ist, dann werden wir dieses große Werk präsentieren.

Martin:
Du hast die Frage eigentlich schon beantwortet. Aber ich möchte noch einmal einhaken. Wann wird "Nostradamus" denn realistischerweise veröffentlicht werden? Anfang 2008 also?

Rob Halford:
Ja, das streben wir an. Wir werden es sehen, wenn es fertig ist. Das können wir jetzt nicht exakt terminieren. Wir stehen in engem Kontakt zu unserem Plattenlabel Sony BMG und wir wollen dafür sorgen, dass unsere Plattenfirma die Scheibe im ersten oder im zweiten Quartal 2008 veröffentlichen kann.

Martin:
K.K. Downing meinte kürzlich in einem Interview, dass "Nostradamus" so ziemlich das derzeit am besten gehütete Geheimnis der Metalwelt ist.

Rob Halford:
Ja, K.K. weiß ja, worüber er spricht. Das hat er richtig erkannt, haha.

Martin:
Rob, ich bin schon sehr aufgeregt, wie das neue Album klingen wird und ich freue mich schon sehr darauf.

Rob Halford:
Danke, danke.

Martin:
Welche Alben, die du in deiner langen Karriere aufgenommen hast, bedeuten dir persönlich am meisten?

Rob Halford:
Immer, wenn mir diese Frage gestellt wird, dann gebe ich folgende Antwort: ich schmeiß meinen "Ipod" an und höre mir verschiedene Lieder meiner Alben an und sage: Scheiße, da ist mir doch ein Fehler unterlaufen, haha! Alle Alben, die ich aufgenommen habe, haben etwas besonderes für mich. Angefangen von unserer ersten Scheibe "Rocka Rolla" (1974) bis zu "Angel Of Retribution". Ich schätze prinzipiell alle Alben, die wir aufgenommen haben. Natürlich habe ich Alben, die für mich herausstechen wie "Stained Class", "British Steel" und "Painkiller". Ich höre mir Songs von "Sad Wings Of Destiny", von "Sin After Sin" oder von "Ram It Down" an. Über die Jahre haben wir ja Hunderte von Songs aufgenommen.

Martin:
Als ich elf Jahre alt war, da war "Ram It Down" übrigens mein erstes JUDAS PRIEST-Album. Ich hörte es ständig. Ich finde, dass dieses Album stark unterbewertet wurde. Es ist eines meiner Lieblingsalben.

Rob Halford:
Wenn du dir Bands ansiehst, die eine lange Karriere hinter sich haben, da wirst du immer Alben finden, die irgendwie nicht so viel Aufmerksamkeit bekamen. Das könnte entweder daran liegen, dass für manche Alben stärker geworben wurde als für andere, oder dass es einfach nicht so gut ankam. Ich mag "Ram It Down" auch sehr. Es war wirklich aufregend, diese Scheibe aufzunehmen. Wir waren damals in den "Puk Studios" in Dänemark und es war tiefer Winter. Das Album hat einen recht speziellen Sound und gute Songs. Jeder klingt sehr individuell. Aber "Ram It Down" ist schon ein Brett.

Martin:
Hast du eigentlich musikalische Projekte im Sinn, die du vielleicht in Zukunft verwirklichen möchtest, wie zum Beispiel die Aufnahme eines Albums mit Musikern eines anderen Metal-Genres wie zum Beispiel Progressive Metal oder Black Metal?

Rob Halford:
Ja, darüber habe ich in den letzten Jahren oft gesprochen. Ich bin ein recht offener Musiker diesbezüglich. Ich liebe es, diese unterschiedlichen Möglichkeiten und Chancen auszuloten, die sich mir bieten. Ich meine, es gibt nichts Schlimmeres als ständig zurückblicken zu müssen und zu sagen: Was wäre passiert, wenn ich das damals so oder anders gemacht hätte? Ich liebe so viele unterschiedliche Metal-Genres und ich bewundere so viele andere Stile außerhalb des Metal. Ich denke mir dann oft, wie es denn wohl wäre, wenn ich mit solchen Musikern zusammen arbeiten würde und ob sich da etwas musikalisch entwickeln könnte. Aber der Tag hat eben nur vierundzwanzig Stunden, und die Woche nur sieben Tage. Und die Monate und Jahre vergehen. Die Zeit verrinnt schnell, wenn man Metalmusik macht. Und es ist auch schwierig, genau die richtigen Musiker, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu haben, um ein sich einem bestimmten musikalischen Projekt zu widmen und es Realität werden zu lassen.

Martin:
Ja, aber hast du ein bestimmtes musikalisches Projekt im Hinterkopf? Ich hatte mal gelesen, dass du vor einigen Jahren sagtest, dass du dir sehr gut ein Projekt mit dem EMPEROR-Gitarristen Ishan vorstellen könntest.

Rob Halford:
Ja, das sagte ich. Ishan war damals mit seiner Band hier in Los Angeles und wir sind in Kontakt getreten und haben unsere E-Mail Adressen ausgetauscht. Ich finde, dass er ein fantastischer Musiker ist. Er ist ein unglaublich begnadeter Gitarrist und Songwriter. Er hat großartige Scheiben mit EMPEROR und seinem Soloprojekt aufgenommen. Wir haben bei vielen Gelegenheiten über dieses Projekt gesprochen und ich hoffe, dass wir es eines Tages realisieren werden.

Martin:
Rob, hast du eigentlich einen absoluten Lieblingssong in der JUDAS PRIEST-Diskographie? Also mein absoluter Favorit ist und bleibt 'Victim Of Changes'.

Rob Halford:
Well, dies ist ein Song, auf den ich auch immer gerne zurückblicke. Dieser Song hat einen definitiven Metalsound, großartige Riffs und einen tollen Drumbeat. Und 'Victim Of Changes' hat auch einige Tempowechsel, es pendelt in Dynamik und Lautstärke. Der Song geht in eine sehr ruhige Passage über und endet später sehr markerschütternd und stampfend. Es ist ein großartiges Lied! 'Victim Of Changes' gehört definitiv auch zu meinen absoluten Favoriten.

Martin:
Sag mal, was war denn so aus deiner Sicht die abgefahrenste Story, die sich in deiner langen Karriere als Musiker auf Tour ereignet hat?

Rob Halford:
Oh, da gibt es so viele! Okay, ich werde dir eine Geschichte erzählen, die sich in Deutschland ereignet hat. Ganz am Anfang unserer Karriere mit PRIEST sind wir in Deutschland mit einem Van herumgetingelt. Wir machten überall dort halt, wo wir die Möglichkeit hatten, live aufzutreten. Ich kann mich jetzt nicht mehr genau daran erinnern, wann das war. Nach meiner Schätzung dürfte das so Mitte der 1970er gewesen sein. Wir waren damals in der Nähe von Stuttgart unterwegs. Damals gab es Beschränkungen in Bezug auf den Verkauf von Kraftstoffen in Deutschland. Man durfte damals nur in bestimmten Fällen und nur mit Erlaubnis die Autobahn benutzen. Und für den privaten Verkehr mit Kraftfahrzeugen war die Autobahn damals gesperrt. Die Polizei hätte dich damals schnappen können und das hätte dann Ärger gegeben. (Anm. d. Verf.: Die Story muss sich zur Zeit der sogenannten Ölkrise ereignet haben. Die Ölkrise dauerte etwa von Oktober 1973 bis 1975. Dann verbesserte sich die Weltwirtschaftslage wieder.)
Also es war dann jedenfalls so, dass es an diesem Tag verdammt kalt war. Weit unter 0 Grad Celsius. Es war sogar so kalt, dass der Dieselkraftstoff nicht einmal mehr zum Motor gelangte. Da muss irgendein Schlauch eingefroren sein. Wir hatten dann eine Panne und blieben am Randstreifen an der Autobahn liegen. Es war so, dass Glenn und K.K. Hilfe holen wollten. Auch unser damaliger Schlagzeuger war dabei. Aber ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, ob nun John Hinch damals unser Drummer war oder Alan Moore... Egal! Sie meinten jedenfalls zu mir und zu Dave Hill: Hört zu, ihr wartet hier und wir werden Hilfe holen. Also machten sie sich auf und liefen die Autobahn entlang zur nächstgelegenen Stadt. Es war schon spät in der Nacht, uns war sehr kalt im Van und wir hatten uns nach hinten verkrochen. Wir haben uns wirklich den Arsch abgefroren, uns lief permanent die Nase, wir hatten Hunger und wir hatten Durst. Als K.K., Glenn und unser Schlagzeuger dann endlich zurückkamen, waren wir eingeschlafen. Irgendwie muss nachts die Türe des Vans aufgegangen sein. Ian hatte damals sehr lange Haare. Und du kannst es dir nicht vorstellen: seine ganze Mähne war mit Eiskristallen und Frost bedeckt! Das war verrückt! Der sah aus wie ein eingefrorener Höhlenmensch! Die drei kamen dann in den Van und wir meinten nur: Hey, ihr habt uns hier zurückgelassen und uns war eiskalt! Und Glenn, K.K. und unser Schlagzeuger meinten dann: ah, sorry! Tut uns wirklich leid. Wir haben um Hilfe gebeten und die Leute haben uns was zu Essen angeboten, sie haben Wein aufgetischt und es waren auch einige nette Mädchen dort. Wir hatten echt einen tollen Abend! Aber wir haben euch was zum Frühstück mitgebracht. Her damit, wir haben riesigen Hunger, meinten ich und Ian. Als wir dann nachsahen, hatten sie deutsche Schokolade und eine Pulle Whiskey gekauft. Also gab es Schokolade und Whiskey zum Frühstück!
So, das war eine von vielen verrückten Geschichten, die wir erlebt haben.

Martin:
Das ist echt eine abgefahrene Geschichte!
Themenwechsel: Ich weiß nicht, ob du schon gehört hast, dass OZZY OSBOURNE die erste Person ist, die aus Birmingham stammt und die vor knapp zwei Wochen einen Stern auf dem neu eingerichteten "Walk Of Stars" in Birmingham erhielt. Der ist an der "Broad Street" gelegen.

Rob Halford:
Ja, ich habe davon gehört. Meine Schwester, die in Birmingham lebt, hat mir am Sonntag am Telefon davon erzählt. Das ist fantastisch.

Martin:
Wann wird Rob Halford seinen Stern in Birmingham bekommen?

Rob Halford:
Hahahahaha! Ich weiß es nicht. Es gibt sehr viele bekannte Künstler, die aus Birmingham stammen. Zum Beispiel OZZY OSBOURNE, LED ZEPPELIN, DURAN DURAN und so weiter. Es gibt wirklich sehr viele Künstler, die ihre Wurzeln in Birmingham haben. Wenn es dazu kommen sollte, dass ich einen Stern dort bekomme, dann wird das für mich ein großer Tag sein und sehr aufregend für mich werden.

Martin:
Welche Meinung hast du denn zur kürzlichen Reunion von BLACK SABBATH mit Ronnie James Dio?

Rob Halford:
Ich denke, dass diese Reunion wichtig ist. Ronnie James Dio war Frontmann bei BLACK SABBATH und die Alben mit Ronnie waren toll. Das ist fantastisch. Das freut mich und ist eine tolle Sache für alle.

Martin:
Also Rob, ich muss zugeben, dass ich einige Bootleg-CDs von JUDAS PRIEST in meiner Sammlung habe...

Rob Halford:
OK! Ich habe hunderte von Bootleg-Aufnahmen von JUDAS PRIEST und Dutzende DVDs.

Martin:
Du hast Hunderte in deinem Besitz? Wow! Findest du es spannend, Aufnahmen von dir mit JUDAS PRIEST zu hören, die ein Fan mitgeschnitten hat? Oder sammelst du sie einfach?

Rob Halford:
Ich finde es schon aufregend, mir solche Aufnahmen anzuhören. Und manche Aufnahmen, gerade aus jüngerer Zeit, sind ja auch qualitativ ziemlich gut. Dadurch zeigt sich ja auch eine gewisse Hingabe der Fans zu JUDAS PRIEST. Und die wahren Fans sammeln sowieso alles, was sie von JUDAS PRIEST kriegen können: Bootleg-Aufnahmen, T-Shirts, Poster und viele andere Dinge.

Martin:
Rob, wir sind am Ende des Interviews angelangt.

Rob Halford:
Alright, mein Freund! Es war mir ein Vergnügen, mich mit dir zu unterhalten. Danke für dein Interesse an dem, was der Metal God tut, und danke dafür, dass du all diese Informationen an die deutschen Fans weitergibst. Ich freue mich schon sehr darauf, im nächsten Jahr wieder in Deutschland zu spielen. Wir sehen uns auf einem unserer Konzerte.

Martin:
Definitiv! Ich danke sehr herzlich für dieses tolle Interview, Rob! Es war mir eine Vergnügen! Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und ich freue mich schon sehr auf das neue JUDAS PRIEST-Album "Nostradamus"!

Rob Halford:
Cheers! Bye!

Redakteur:
Martin Loga

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