HONIGDIEB: Interview mit Sir Hannes Smith
01.01.1970 | 01:00Andy:
Zuerst einmal: Euer Gig auf dem Breeze war ja wieder mal der Hammer!
Sir Hannes:
Wir waren musikalisch krasse Außenseiter, sind aber nach Aussage des Veranstalters mit am besten angekommen, haben für viele verwirrte und grinsende Gesichter gesorgt.
Andy:
Bei euch hat man nicht nur das Gefühl, dass euch eure eigene Musik Spaß macht, nein, ihr lebt eure Musik aus.
Sir Hannes:
Klar leben wir unsere Musik. Ich bin jeden Tag eine Mischung aus Robin Hood, Eulenspiegel und Vampir, verkleide mich nicht für die Bühne - bin immer völlig outstanding.
Andy:
Wenn ich so deine Verkleidungen ansehe, hast du massig Spaß daran, mit den Fans zu interagieren.
Sir Hannes:
Ja, ich bin selber auch ein sehr großer Fan vom HONIGDIEB, da passieren immer spontane Sachen auf der Bühne, jeder Auftritt ist anders - es gibt nichts Vergleichbares. Beim Breeze hat mich anscheinend ein Mädchen aus der ersten Reihe mit dem Handy unter meinem Rock fotografiert, was sonst eigentlich umgekehrt Jungs an der Rolltreppe fabrizieren. Ich gebe dem Publikum auch einen bestimmten Rahmen zum Mitspielen. Das ist immer spannend!
Andy:
Wie kommst du denn so auf deine schräge Kleidung?
Sir Hannes:
Nun, ich bin ein Weltenbummler, da findet man immer was unterwegs, habe zudem sehr viel Phantasie und mache mir auch Sachen selber.
Andy:
Der Name HONIGDIEB klingt ja witzig - wie bist du denn auf diesen Namen gekommen?
Sir Hannes:
Ich hatte 200 Namensvorschläge aufgeschrieben, wie zum Beispiel "Bittersüß", habe dann 200 verschiedenen Leuten jeweils die zwanzig besten gezeigt, und die haben ihre jeweiligen drei Favoriten angekreuzt. Mein Favorit HONIGDIEB hat sich mit über 100 Punkten durchgesetzt.
Andy:
Die Band HONIGDIEB, wie lange gibt es die schon?
Sir Hannes:
Ich habe den HONIGDIEB nach dem Abschiedskonzert Dezember 2001 ins Leben gerufen. 30 Musiker angecheckt, alleine 12 Schlagzeuger und seit circa zwei Jahren hat sich eine feste Band daraus kristallisiert.
Andy:
Was hast du denn so vor HONIGDIEB getrieben?
Sir Hannes:
1978 eine der ersten Punkbands, THE IDIOTS, gegründet. IDIOTS waren wohl die extremste Punkband, ich warf bei dem Song 'EDEKA' (Ein deutscher Esel kauft alles) Schweineköpfe ins Publikum, schlug mir Flaschen auf dem Kopf kaputt... alles sehr exzessiv, trank in viereinhalb Sekunden drei 0,2 Liter Bier auf Ex. IDIOTS hatten weltweit Kultstatus, Jello Biafra von den DEAD KENNEDYS bestellte sich bei mir die erste 5-Track-Single. Der Mille von KREATOR trägt auf der "Out Of The Dark"-CD ein IDIOTS-Shirt.
Andy:
Ich habe gesehen, dass du ein eigenes Label hast, das "Idiots Records" heißt. Erzähl mal ein wenig darüber – wieso, warum und weshalb?
Sir Hannes:
Label hatte ich nur am Anfang, da kamen ein paar Punk- und Oi-Sachen raus, IDIOTS, DIE MÄNNER, RIMSHOUT. Später habe ich vor fast zwanzig Jahren meinen Plattenladen "Idiots Records" aufgemacht, der immer noch mit "Musikcafé Banane" existiert. Hier waren schon fast alle Bands mal zu Besuch, METALLICA, SISTERS OF MERCY, NAPALM DEATH, CARCASS. Ich könnte eher die aufzählen, die noch nicht da waren.
Andy:
Wer von euch schreibt und komponiert die Texte und Songs?
Sir Hannes:
Musik, Texte, Live-Performance und sämtliche Konzepte sind von mir.
Andy:
Kann man sagen, dass du die Grundideen hast, und alle geben dann Ihre Ideen dazu?
Sir Hannes:
Mit mir spielen so ziemlich die besten Musiker, die ich im Ruhrgebiet für meine Band bekommen konnte, selbstverständlich habe ich auch ein Ohr offen, wenn sie mal eine Idee zu einem meiner Songs haben.
Andy:
Wenn ihr probt, habt ihr da einen eigenen Probenraum oder teilt ihr euch den mit anderen Bands?
Sir Hannes:
Wir proben im eigenen Studio von unserem Bassmann, ganz cool mit Sauna und Bar.
Andy:
Wie oft probt Ihr?
Sir Hannes:
Ich arbeite circa sechs bis acht Stunden täglich am HONIGDIEB, dann eine bis zwei Proben in der Woche mit dem Gitarristen und eine bis zwei Proben mit der kompletten Band.
Andy:
Bei vielen Bands ist es so, dass diese neben ihrer Musik noch etwas anderes tun, um Geld zu scheffeln. Wie ist das denn bei dir beziehungsweise bei euch?
Sir Hannes:
Wir leben, bis auf unseren Gitarristen, alle von der Musik.
Andy:
Euer Debüt-Album ist ja draußen. Erzähl mal etwas darüber. Wie lange habt ihr an dem Album gearbeitet?
Sir Hannes:
Ich habe vier Jahre daran gearbeitet.
Andy:
Schon wieder unterwegs, um neue Ideen für ein neues Album zu finden? Gibt es da in naher Zukunft was?
Sir Hannes:
Das neue Album haben wir im März 2004 schon fertiggestellt. Ich arbeite jetzt an neuen Songs für die dritte CD.
Andy:
Tourt ihr auch derzeit?
Sir Hannes:
Wir werden in der nächsten Zeit sehr viel live aktiv sein.
Andy:
Lückenfüllerfrage: Dein Lieblingsessen? Dein Lieblingsgetränk?
Sir Hannes:
Bratkartoffeln, italienischer Kaffee, Tee verschiedener Sorten.
Andy:
Ernstes Thema gleich danach: Was hältst du eigentlich von diesen MP3-Tauschbörsen? Das Internet ist ja eine Plattform für junge Bands, um sich einer breiten Masse ohne große Kosten zu präsentieren. Bands legen ihre eigenen MP3 auf die Seite - Alben werden kopiert und somit einem noch breiteren Publikum zur Verfügung gestellt. Was meinst du denn zu diesem Thema?!
Sir Hannes:
Von Bands, die man richtig gut findet, kauft man sich das Original.
Andy:
Kannst du ungefähr abschätzen, wie groß eure Fangemeinde ist?
Sir Hannes:
Es kommt jetzt meine fünfzehnte CD heraus, mittlerweile wurden viele, viele Tausende von Tonträgern verkauft.
Andy:
Bekommst du eigentlich viel weibliche Fanpost?
Sir Hannes:
Aber hallo! Da sind oft sehr schöne Sachen dabei, z.B. Einladung in eine einsame Berghütte, Urlaubseinladungen verschiedener Art oder Partys mit Flaschendrehen und Sandwich nach Wahl.
Andy:
Das "ein Star sein" ist ja eigentlich nicht leicht, wie gehst du damit um? Wie schaut's privat aus?
Sir Hannes:
Nun, ich habe eine Fee, einen Mops und einen befreundeten Esel, die manchmal ein wenig traurig sind, da ich jeden Tag zwölf bis fünfzehn Stunden arbeite. Sonst bin ein Arschloch, wie jeder andere auch, bemühe mich, ein liebenswertes zu sein, fege immer noch in Originalpolizeiuniform den Dreck vor meinen Läden weg, um auch zu zeigen, dass ich nichts Besseres bin als irgendwelche anderen Menschen. Wenn ich auf der Straße nach einem Autogramm angesprochen werde, erfülle ich natürlich diesen Wunsch und freue mich darüber, jemand anderen so einfach glücklich zu machen. Eigentlich egal, ob ich in Thailand, Hawaii oder China unterwegs bin (auch privat) - es sind mittlerweile immer irgendwelche Leute dort, die mich kennen und sich dann auch sehr über ein gemeinsames Foto oder ein Autogramm freuen.
Andy:
Ich glaube, das war es so weit von meiner Seite ... Die letzten Worte zum Schluss von dir?
Sir Hannes:
Mehr Farbenspiel! Mehr Respekt vor der Natur, Mensch und Tier! Mehr Liebe und Sex statt Langeweile!
Andy:
Danke für das Interview, euch allen weiterhin viel Erfolg und Spaß bei der Musik!
Sir Hannes:
Danke dir, lieber Andy, für deine Mühe!
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Andy Grzybowski
- Redakteur:
- Gastautor