Studie: Musikverhalten <---> Werte, Identität, Persönlichkeit

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Am Zentrum für angewandte transkulturelle Forschung der Victoria-Universität Wellington führt die Sozialpsychologin und gebürtige Quedlinburgerin Diana Boer derzeit eine breit angelegte Studie zum Umgang junger Menschen mit Musik in verschiedenen Kulturen durch. Untersucht wird die Bedeutung von Musik für die persönliche Gefühlswelt, die soziale Bindung, sowie die kulturelle Sinngebung. Ziel dieser Studie ist es, herauszufinden, in welchem Zusammenhang verschiedene Umgangsweisen mit Musik zu individuellen Facetten wie Persönlichkeit, Wertvorstellungen, Emotionen und Identität stehen. Dabei sollen auch die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Befunde in verschiedenen Kulturen deutlich werden.
Im vorbereitenden Teil der Studie kristallisierten sich in offenen Befragungen von 222 Teilnehmern aus 29 Staaten (81 davon aus Deutschland) sieben unterschiedliche Funktionen von Musik in der Bedeutungswelt der Studienteilnehmer heraus:
- Musik als Hintergrundkulisse
- Musik als Erinnerungsträger
- Musik zur Ablenkung
- Musik zur Gestaltung emotionaler Momente
- Musik zur Bewusstseinsveränderung bzw. Katharsis
- Musik als Mittel der Selbstreflexion und Kommunikation
- Musik als Beitrag zur sozialen Bindung
Die weitere Untersuchung beschäftigte sich mit den Präferenzen für bestimmte Musikrichtungen im Zusammenhang mit nationaler Identität und mit persönlichen Wertvorstellungen. Zielsetzung dessen ist es, festzustellen, wie Musik dazu beitragen kann, die eigene kulturelle Identität bei gleichzeitiger Integration in eine größere Gesellschaft zu bewahren. An diesem Teil der Studie nahmen 1005 Menschen aus Neuseeland, Brasilien, den Philippinen und Deutschland teil. Untersucht wurde, ob die Vorliebe für bestimmte Musikrichtungen mit bestimmten Wertvorstellungen oder mit nationaler Identität korreliert.
Es stellte sich heraus, dass eine Vorliebe für traditionelle Musikstile der jeweils eigenen Kultur auf den Philippinen, in Neuseeland und in Deutschland mit einer statistisch höheren Identifikation mit dem Heimatland einhergeht. Ähnliche Ergebnisse liegen auch für die nationale Populärmusik in Brasilien und auf den Philippinen vor.
Was die Zusammenhänge zwischen musikalischen Vorlieben und Wertvorstellungen anbelangt, so ergibt sich ein zwischen den einzelnen Staaten differenziertes Bild. In Anlehnung an das Wertemodell des Sozialpsychologen Shalom Schwartz lässt sich in sämtlichen untersuchten Ländern jedoch allgemein feststellen, dass Musikhörer mit einer Vorliebe für internationalen Rock, Metal, Hardcore und Punk eher nach Stimulation und Selbstbestimmung streben als nach Tradition, Sicherheit und Konformität. Tendentiell sind sie eher offen für Veränderungen und haben weniger konservative Wertvorstellungen. Als deutscher Sonderfall liegt bei dieser Hörerschaft zudem eine statistische Nähe zu Werten der Selbsttranszendenz vor. Ebenfalls untersucht wurden Zusammenhänge zwischen bestimmten Wertvorstellungen und der Vorliebe für Pop, HipHop, R'n'B und andere rhythmische Musiktile einerseits, sowie für klassische Musik, Jazz und Country andererseits.
Die Studie wird derzeit fortgesetzt,
um herauszufinden, in welchem Zusammenhang die oben genannten Funktionen bzw. Nutzungsweisen des Musikhörens mit dem persönlichen Befinden, der sozialen Identifikation, der Persönlichkeit und den persönlichen Wertvorstellungen der Hörerschaft stehen. Auch der Zusammenhang zwischen bestimmten Hörweisen und musikalischen Vorlieben soll dabei untersucht werden. Die zugrunde liegende Befragung richtet sich an Sprecher des Englischen, des Deutschen, des Spanischen, sowie (in Planung:) des Chinesischen.
Zum Fragebogen geht es hier:
- Quelle:
- http://www.jungedenkmusik.net
- Redakteur:
- Eike Schmitz
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