CULT OF LUNA - The Long Road North
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2022
Mehr über Cult Of Luna
- Genre:
- Sludge / Post Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Metal Blade Records
- Release:
- 11.02.2022
- Cold Burn
- The Silver Arc
- Beyond I
- An Offering To The Wild
- Into The Night
- Full Moon
- The Long Road North
- Blood Upon Stone
- Beyond II
Ruhige Fahrwasser.
Aus meiner ganz subjektiven Sicht waren die 10er Jahre des 21. Jahrhunderts die Höhepunktdekade des Post Metals. Die einstige Grundsteinlegung durch ISIS und NEUROSIS wurde zur Basis und Inspirationsquelle zahlreicher Bands, die den Amerikanern nach der Jahrtausendwende folgten und eigene Nuancen jenes Sounds entwickelten, der sich vor allem durch wechselnde Dynamik, massig Doom-Anleihen, scharfe Kontraste zwischen Sludge-Brutalität und Ambient-Atmosphäre und ausufernde Klanglandschaften auszeichnet. Mit CULT OF LUNAs "Vertikal" erfuhr das Genre 2013 seine musikalische Vollendung und wurde infolgedessen noch durch einige weitere Meisterwerke vor allem europäischer Vertreter veredelt.
Nun ist ISIS mittlerweile Geschichte, von NEUROSIS hat man etliche Jahre nichts gehört, daher zählt CULT OF LUNA aus dem schwedischen Umeå zu den letzten verbliebenen aktiven Größen des Fachs. Nach der eher experimentellen Kooperation mit Julie Christmas namens "Mariner" und dem starken, aber vielleicht etwas zu langem Doppelalbum "A Dawn To Fear" bekommt die Fangemeinde heuer mit "The Long Road North" eine klassische, gut einstündige Veröffentlichung vorgesetzt. Wie gehabt wechseln sich epische Zehnminüter mit kürzeren, atmosphärisch lückenfüllenden Stücken ab; wie zu erwarten und zu erhoffen bedarf es auch diesmal Zeit, Geduld und Muße, in die harschen, majestätischen, Beklemmung und Sehnsucht auslösenden Welten der Skandinavier einzutauchen.
Dabei ist der Auftakt namens 'Cold Burn' die perfekte Eintrittskarte in das CULT OF LUNA-Universum: die bedrohlichen Riffsägen, das treibende, diese unverwechselbar kalte Atmosphäre erzeugende Schlagzeugspiel, die immer noch schockierend harschen Schreie Johannes Perssons, die wehmütigen Melodieansätze – das ist CULT OF LUNA at its best; in diesem Moment wachsen Erinnerungen an 'In Awe Of' und ganz zaghafte Hoffnungen auf ein zweites "Vertikal". Das kontrastreiche 'The Silver Arc' nährt diese Hoffnung weiter und zeigt die Schweden nahezu in Bestform. Im weiteren Verlauf wird allerdings deutlich, wieso im Promoschreiben vom "schönsten" Werk der Nordeuropäer die Rede ist – zumindest, wenn man "schön" und "ruhig" artverwandt versteht. Nach dem etwas befremdlichen Interlude 'Beyond I', dem lange Zeit instrumentell verträumt durch die Nachtlandschaft wandelnden 'An Offering To The Wild' und dem akustischen Halftimer 'Into The Night' ist klar: "The Long Road North" ist ein vergleichsweise zurückgenommenes, eher nachdenkliches Werk dieser musikalisch gereiften Truppe, auf dem keine kreativen Ausbrüche gewagt oder hitverdächtige Angriffe unternommen werden, sondern die eigene Marke aus den wilden, sturmumtosten Fahrten früherer Epochen in ruhigere Fahrwasser geführt wird.
Mit 'Blood Upon Stone' gibt es kurz vor Schluss nochmal einen jener aufwühlenden und packenden Ausflüge in unwirtliche, lebensfeindliche Welten fernab der menschlichen Zivilisation, die CULT OF LUNA in diesem Genre perfektioniert hat – dann ist "The Long Road North" allerdings auch schon am Ende angelangt; der Ausklang 'Beyond II' lässt das Album nur noch sphärisch verklingen. Und trotz der erneut reifen Leistung der Schweden wird man den Eindruck nicht ganz los, dass dieser lange Weg nach Norden CULT OF LUNA nun in den ruhigen Heimathafen geführt hat und die Zeit der waghalsigen, epochalen Ausfahrten der Vergangenheit angehören. Möge die Zukunft mich eines Besseren belehren!
Anspieltipps: Cold Burn, The Silver Arc, Blood Upon Stone
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Timon Krause